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Test

von  Michael Stein
07.09.2016
The Turing Test
Getestet auf Windows, Sprache Englisch
86%

Vor einigen Tagen erschien The Turing Test, ein Rätsel-Adventure von Bulkhead Interactive. Wir haben uns durch die 70 Sektoren einer Raumstation auf dem Jupitermond Europa gepuzzelt und schildern euch unsere Eindrücke.

Mensch und Maschine

Was ist mit der Besatzung der Raumstation auf dem Jupitermond Europa geschehen? Dieser Frage möchte Ava Turing auf den Grund gehen. Nach ihrer Landung wird sie von der künstlichen Intelligenz TOM empfangen. Diese überwacht die Station und stellt Ava vor Prüfungen, die nur von einem Menschen gelöst werden können. Die Besatzung habe sich versteckt und möchte angeblich auf diese Weise sichergehen, dass die Station nicht von anderen künstlichen Intelligenzen unterwandert wird. Das klingt erstmal unlogisch, doch im Laufe des Spiels entwickelt sich durch die Gespräche zwischen Ava und TOM eine philosophische Diskussion, die Licht ins Dunkel bringt. Wer ist schlauer, der Mensch oder die Maschine? Kann eine Maschine weitreichende Entscheidungen treffen, die Menschen aus moralischen Gründen nicht treffen können? Bis es zur endgültigen Aufklärung kommt, wird jedoch erstmal der Spieler gefordert. Und zwar nicht zu knapp.

Das würde wohl jedem von uns missfallen

Grafik vom Feinsten

Optisch überzeugt das Spiel von Anfang an mit einer schönen 3D-Grafik. Die klaren Konturen und die gut gewählte Farbgebung können in allen Bereichen überzeugen. Obwohl es in den Rätselsequenzen selbst eher karge Räume zu sehen gibt, wird das Gesamtbild immer wieder durch Bereiche aufgelockert, in denen es einiges zu sehen und zu entdecken gibt. Das Spiel ist in einen Prolog, sieben Kapitel und einen Epilog gegliedert, wobei jedes Kapitel zehn Rätsel enthält, die teilweise über mehrere Räume verfügen. Hinzu kommen noch sieben optionale Rätsel, die ebenfalls zum Teil recht groß ausfallen. Nach jedem Kapitel erreicht der Spieler einen Raum, der sich optisch von den Rätselräumen abhebt, zum Beispiel Mannschaftsquartiere, ein Labor oder auch einmal einen Außenbereich.

Da schmilzt das Hirn

Die Rätsel in The Turing Test beginnen recht harmlos, werden aber zum Ende hin richtig knackig. Das liegt auch daran, dass im Laufe des Spiels mehr Elemente hinzukommen, mit denen gearbeitet werden kann. Grundsätzlich basiert das Rätseldesign auf einem Gerät, das Ava direkt am Anfang des Spiels findet. Damit können Energiebälle in Fassungen geschossen oder aus diesen herausgesaugt werden. Das funktioniert auch aus der Entfernung, Ava muss lediglich Sichtkontakt zur Fassung haben. Anfangs enthalten die Rätsel nur blaue Energiebälle. Wird ein solcher in eine Fassung geschossen, hat diese Energie. Wird sie entfernt, wird die Stromversorgung unterbrochen. Im späteren Verlauf kommen grüne und violette Kugeln hinzu. Diese liefern die Energie in Intervallen, und zwar abwechselnd. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine grüne Kugel für ein paar Sekunden aktiv ist und wenn sie inaktiv wird, werden die violetten Kugeln für einige Sekunden aktiv. Ab einem gewissen Punkt kommen noch rote Energiebälle hinzu, die nur für eine bestimmte Zeit nach dem Einsetzen aktiv sind und dann inaktiv bleiben. Um sie neu zu aktivieren, müssen sie entfernt und neu eingesetzt werden.

Doch nicht nur mit diesem Element wird gearbeitet. Ab und zu findet Ava Energieboxen, die sie direkt in quadratische Halterungen einsetzen kann. Das funktioniert allerdings nur, wenn sie direkt davor steht. Die Boxen können außerdem aufeinander gestapelt oder auch zum Beschweren von Druckplatten benutzt werden. Hinzu kommen Energiebrücken, bewegliche Rampen, große Magnete, die auch an der Decke entlang bewegt werden können oder sogar ein Roboter, den Eva quasi als Sidekick durch die Gegend schicken kann. Letzterer ist ebenfalls in der Lage, Energiekugeln zu verschießen oder zu entfernen. Außerdem kann Ava diesem Roboter seine eingesammelten Kugeln wieder abnehmen, wodurch diese auch ohne direkten Sichtkontakt zur Quelle übernommen werden können.

In den späteren Rätseln wird zudem die Geschicklichkeit des Spielers auf die Probe gestellt. So muss zum Beispiel eine Energiebrücke schnell überquert werden, bevor ein roter Energieball inaktiv und die Brücke dadurch ausgeschaltet wird. Grobmotorische Spieler könnten hier manchmal verzweifeln, allerdings können diese Sequenzen beliebig oft wiederholt werden.

Informationen über die Crew<br /><br />lockern das Spiel gut auf

Tolle Klänge

Die Soundeffekte im Spiel passen sehr gut zu den Aktionen. Vor allem lohnt sich das Zuhören, denn an manchen Stellen findet man nur so heraus, was das Einschalten oder Ausschalten eines Stromkreises bewirkt. Hat sich gerade im Nebenraum eine Tür geöffnet oder wurde an einer anderen Stelle eine Energiebrücke aktiviert? Wer genau hinhört, weiß nicht nur, was passiert ist, sondern auch ungefähr wo. Allein deshalb lohnt sich das Spielen mit Kopfhörern, denn damit lässt sich die Richtung, aus der das Geräusch kam, besser lokalisieren. Die anfangs eher im Hintergrund vor sich hinklingende Musik ist zudem perfekt für diese Art von Spiel geeignet. Die tollen Ambient-Sounds werden auch nach Stunden nicht langweilig. Sie tragen sehr gut zur Atmosphäre bei und bilden einen Klangteppich, der sowohl beruhigend als auch spannend wirkt. Zu guter Letzt überzeugt das Spiel noch mit großartigen Sprechern. Die Dialoge zwischen Ava und TOM finden jeweils beim Betreten eines neuen Rätselraums statt und fügen sich ausgezeichnet in die Gesamtatmosphäre des Spiels ein.

Besser mit Controller

Das Spiel lässt sich auf dem PC mit Tastatur und Maus spielen, allerdings sind manche Tastenkombinationen etwas umständlich. Um zum Beispiel einen Magneten nach rechts zu bewegen, müssen die Tasten E und D gleichzeitig gedrückt werden. Das ist umständlich und ungewohnt, zumal diese Sequenzen nicht oft vorkommen. Allerdings bietet das Spiel auch volle Gamepad-Unterstützung, womit die Steuerung flüssiger von der Hand geht. Grundsätzlich wird in Shooter-Manier mit des Tasten W, A, S und D gelaufen, die Maus dient zum Umschauen. In den Spieloptionen kann eingestellt werden, ob der Mauscursor starr in der Mitte des Bildschirms bleiben soll oder innerhalb des Sichtfeldes bewegt werden kann. Ersteres hat sich im Test als praktischer erwiesen. Mit der Umschalttaste kann Ava in den Laufschritt versetzt werden, was bei einigen wenigen zeitkritischen Rätseln auch notwendig ist. Grundsätzlich ist die Standard-Schrittgeschwindigkeit jedoch angenehm. Die Leertaste wird zum Springen verwendet, was ebenfalls nur an wenigen Stellen nötig ist und kaum Geschick erfordert. Insgesamt ist die Steuerung einfach zu bedienen.

Lichtschranken sind ebenfalls beliebte Spielelemente

Und dann doch ein Wermutstropfen

Leider kann die Story bei the The Turing Test nicht mit dem hervorragenden Rest mithalten. Während die Dialoge anfangs noch Spannung vermitteln, werden sie im späteren Verlauf etwas fade und leider, wie so oft, kriegt das Spiel am Ende die Kurve nicht, um in einem echten Aha-Finale zu münden. Zudem werden schon sehr früh Informationen durch gefundene Gegenstände vermittelt, die Ava eigentlich dazu bringen müssten, Dinge zu hinterfragen. Stattdessen werden diese mehr oder weniger ignoriert. So bekommt der Spieler mehr Wissen vermittelt als das Alter Ego verwendet. Da der Spieler keinen Einfluss auf den Verlauf der Dialoge hat, bleibt er Zuhörer und wundert sich über die Naivität seiner Spielfigur. Das ist schade, denn gerade aus erzählerischer Perspektive wäre viel mehr möglich gewesen.

Fazit

Hätten die Entwickler erzählerisch noch eine größere Schippe draufgelegt, wäre dieses Spiel ein echter Hit geworden. Die grafische Präsentation, das Rätseldesign, die Soundkulisse, die Sprecher... das ist alles vom Feinsten. Nur die Story kann leider nicht mithalten. Dennoch ist The Turing Test zumindest ein großartiges Rätselspiel, das jedem gefallen sollte, der an Spielen wie Portal oder The Talos Principle Spaß hatte.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ganze 18 Stunden, verteilt über mehrere Tage, habe ich gebraucht, bis der Abspann über den Schirm lief. An einzelnen Rätseln habe ich eine ganze Stunde gegrübelt, bis ich das Prinzip dahinter vollständig verstanden hatte. Manchmal musste ich sogar eine Nacht drüber schlafen, bis der Groschen gefallen ist. In punkto Rätseldesign haben die Entwickler alles richtig gemacht und auch die audiovisuelle Präsentation ist sehr gelungen. Dass die Story gegen Ende stark schwächelt, ist schade. Dennoch hatte ich mit The Turing Test eine großartige Zeit. Wenn die Entwickler bei Bulkhead Interactive im nächsten Spiel erzählerisch ein bisschen was drauflegen und an den positiven Seiten dieses Spiels festhalten, könnten sie einen echten Hit landen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Knifflilge Rätsel
  • Schöne Grafik
  • Toller Sound
  • Ausgezeichnete Sprecher
  • Story flacht zum Ende ab