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  • Professor Layton und das Geheimnisvolle Dorf

Test

von  Jan "DasJan" Schneider
10.11.2009
Professor Layton und das Geheimnisvolle Dorf
Getestet auf DS/DSi/Dsi XL, Sprache Deutsch
86%

Viele von uns dürften in jüngeren Jahren ihren kindlichen Hirnschmalz statt vor Monitoren bei der Lektüre von Rätselheften warmgeknetet haben. Je nach Altersgruppe standen dann Aufgaben wie „verfolge Susis Seile mit deinen Buntstiften“, „weißt du, wer Bobo das Bonbon geklaut hat“ oder „welche Zahl gehört an die Stelle des Dreiecks“ im Mittelpunkt. Der japanische Entwickler Level-5 hat das gute alte Rätselheft-Konzept etwas aufgebohrt, verschiedene Puzzletypen gebündelt und eine kindgerechte Krimigeschichte drumrumgestrickt. Da stellt sich die Frage, ob dieses Konzept ein komplettes Nintendo-DS-Spiel durchhält, ohne den Weg monotoner Wiederholung zu gehen, dem fast jedes Rätselheft mit mehr als 50 Seiten anheim fällt. Die kurze Version der Antwort: Aber holla! Die ausführliche Version folgt.

Enigmatische Erbschaft

Alles fängt an wie eine klassische Detektivgeschichte. Der schlaue Professor Layton und sein junger Adlatus Luke werden in das ferne Saint Mystère gerufen. Dort gerät eine Adelsfamilie in Unruhe, als nach dem Tod des Familienoberhauptes, dem Baron Augustus Reinhold, das Erbe zu verteilen ist. Der Baron hat in seinem Testament nämlich festgelegt, dass das Vermögen demjenigen gehören soll, dem es gelingt, den Goldenen Apfel zu finden. Der ist jedoch völlig unauffindbar, und so wird Layton – und damit der Spieler – mit dieser delikaten Aufgabe betraut.

Auf der Suche nach dem edlen Obst zieht Layton samt Anhang quer durch die Stadt, wobei man auf immer mehr Geheimnisse stößt, die es zu ergründen gilt. Was ist eigentlich dieses entfernte Grollen, das gelegentlich zu hören ist, und was hat es mit dem verlassenen Vergnügungspark im Nordwesten auf sich? Nicht allzu lang nach Laytons Ankunft verschwindet zudem die Kurbel für die Zugbrücke, die den einzigen Zugang zum Dorf öffnet, und bald passiert sogar ein Mord. Viel Arbeit für einen Ermittler, die messerscharfen Verstand voraussetzt.

Sie ziehen durch die Straßen bis nach Mitternacht

Tag und Nacht steuert man das smarte Duo durch die Straßen und Häuser des abgeschiedenen Örtchens mit seinen schrulligen Einwohnern. Auf dem unteren Bildschirm ist dabei ein Bild der Umgebung zu sehen, auf der man mit dem Stylus herumklicken kann, um Leute anzusprechen oder Gegenstände zu untersuchen. Layton und Luke sind darauf nicht sichtbar, erst bei Dialogen werden die Gesprächspartner eingeblendet. Nach einem Klick auf ein Schuhsymbol kann man auf dem Bild der Umgebung einen Ausgang auswählen – so läuft man durch die Spielwelt, die immer mal wieder um neue Räume ergänzt wird.

Allerorts begegnen einem die zahlreichen Charaktere von Saint Mystère, oft auch mehrere pro Bildschirm. Jeder ist in einem markanten Comicstil illustriert und hat sein ganz eigenes Äußeres, sodass keinerlei Verwechslungsgefahr besteht. In den Gesprächen geht es zwar um die verschiedensten Themen, meistens laufen die nicht-interaktiven Dialoge aber sehr schnell auf ein Ziel hinaus: „Hallo, Professor Layton.“ - „Hallo, schön Sie zu sehen.“ - „Mein Onkel hat mir heute Morgen ein Rätsel erzählt und ich bin immer noch nicht auf die Lösung gekommen. Ob Sie mir vielleicht helfen können?“

Immer nur das Eine

Und so endet beinahe jedes Gespräch mit einem Rätsel, dem eigentlichen Kern von “Professor Layton und das Geheimnisvolle Dorf”. Die decken ein breites Spektrum von leicht bis schwer ab und sind auch inhaltlich äußerst vielfältig. Unter Streichholzlegereien und Rechenaufgaben findet sich auch manch ein hübsch verpackter Klassiker unter den Puzzles. So darf man interaktiv ein Schaf, einen Wolf und einen Kohlkopf via Floß über einen Fluss transportieren und Damen auf einem Schachbrett anordnen. Doch da, wo ein bekanntes Rätsel zu finden ist, ist auch die originelle Variation nicht weit. Das Acht-Damen-Puzzle kennt jeder, die ebenfalls enthaltenen Varianten davon dürften den meisten neu sein.

Die Rätsel wurden allesamt liebevoll illustriert und sind oftmals interaktiv, sodass man bei Schiebepuzzles selbst Hand anlegen darf und geometrische Aufteilungen mit dem Stylus anzeichnen kann. Insgesamt ist die Qualität der Rätsel hervorragend – nur ganz selten mischt sich ein Wermutstropfen ins Bild, wenn beispielsweise Lösungen nicht eindeutig sind. Netterweise sind viele Rätsel optional, sodass niemand dazu gezwungen wird, das Acht-Damen-Problem zu lösen, wenn er keine Lust dazu hat.

Verdammt ich lös dich, ich lös dich nicht

Obwohl man der schicken wie zahmen Cartoon-Optik die junge Zielgruppe ansieht, ist Professor Layton im Schwierigkeitsgrad nicht unbedingt zurückhaltend. Gerade zum Ende hin haben sich einige knüppelharte Brocken eingeschlichen, an denen sich auch erfahrene Adventure-Junkies die Zähne ausbeißen können. Frust entsteht zum einen nicht, weil solche Rätsel freiwillig sind, und zum anderen, weil überall in der Spielwelt Münzen versteckt sind, die sich in den Rätseln gegen bis zu drei Hinweise eintauschen lassen.

Die Spielstruktur ist enorm motivierend gestaltet. Die zugrunde liegende Detektivgeschichte ist durchaus komplex genug, um mit ihren Wendungen auch Erwachsene prächtig zu unterhalten. Man fragt sich immer wieder, wieso das und weshalb jenes passiert ist und wird am Ende mit einer äußerst zufriedenstellenden Auflösung belohnt.

Immer wieder findet man versteckte Rätsel, die sich hinter Objekten in der Spielwelt verbergen. Und für jede gelöste Knobelei erhält man bestimmte Objekte, die im Spielmenü bei verschiedenen weiteren Metarätseln zum Einsatz kommen, welche, wenn sie gegen Ende des Spiels gelöst werden, ihrerseits wieder Knobeleien freischalten. Und selbst wenn alle 130 Aufgaben im Spiel gefunden und gemeistert sind ist immer noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: Per WLAN-Verbindung darf man sich nämlich noch über 20 weitere Rätsel freischalten. Mit all diesen Mitteln hält Professor Layton die Motivation immer wieder oben – ganz ohne klassische Inventarrätsel.

Schönes Saint Mystère

Auch die Grafik weiß zu überzeugen. Saint Mystère und Rätsel sind zauberhaft gezeichnet, lediglich mehr Animationen wünscht man sich manchmal herbei. Die gesamte Präsentation, die Interaktion zwischen Erkundungs- und Rätselpassagen und die Einbindung der Dialogsequenzen sind allerdings dynamisch genug arrangiert, dass weitere Animationen in den Bildern nur noch das i-Tüpfelchen auf der ohnehin sehr gelungenen Optik wären.

Hin und wieder wird man zudem mit Vollbild-Zwischensequenzen verwöhnt, die Schlüsselszenen im Anime-Stil zeigen und visuell großartig inszeniert sind. Darin erklingt dann auch englische Sprachausgabe – deutsch untertitelt. Im restlichen Spiel muss man DS-typisch auf das gesprochene Wort verzichten.

Der Soundtrack kann nicht ganz so überzeugen wie die Grafik. Er transportiert zwar gelungen die idyllische Abgeschiedenheit des Schauplatzes und gibt auch beim dritten Hinhören noch einen stimmigen Eindruck, insgesamt hätten aber etwas mehr Melodien nicht geschadet. Die einzelnen Stücke sind schön, leider hört man sehr oft immer dasselbe.

Rätselspaß für Jung und Alt

Es war nicht unbedingt zu erwarten, dass die Mischung aus kindgerechter Detektiv-Story und Rätselheft gut funktioniert, am Ende hat Level-5 bei der Umsetzung seines Konzeptes aber so gut wie alles richtig gemacht. So richtig, dass jeder rätselaffine DS-Spieler, ganz unabhängig von Alter und Talent, mit Professor Layton Spaß haben dürfte. Wer alle Rätsel ohne Hinweis lösen will, der wird auch als Experte jede Menge Hirnschmalz verwenden müssen, den Abspann kriegt man aber auch mit weitaus geringeren Ambitionen zu Gesicht.

Die Umsetzung ist, ob Geschichte, Grafik oder Gameplay, einfach rund. Kleinere Mankos wie die wenigen schwachen Rätsel oder der ordentliche aber monotone Soundtrack können da kaum die Freude am Knobeln trüben. Wer nach den mehr als 10 Stunden Spielzeit immer noch nicht genug hat, darf sich dann auch gleich an den Nachfolger begeben: Die Fortsetzung „Professor Layton und die Schatulle der Pandora“ ist bereits erhältlich.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Schon als Kind habe ich gerne in Rätselheften herumgekritzelt, manchmal in kreativen, manchmal in monotonen. Aber was tut man nicht alles so zum Zeitvertreib? Bevor ich Professor Layton im DS hatte, waren meine Bedenken groß, dass darin nur unkreativ aneinandergereihte Klassiker wiedergekäut werden.
Stattdessen hat mich die Qualität und Originalität der Rätsel überrascht. Viele sind erstaunlich ideenreich, die ebenfalls vorhandenen Klassiker sind schön verpackt und interaktiv gestaltet. Und alles wird in einer zauberhaften, schön gezeichneten Geschichte präsentiert. Richtig klasse!

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tolle Rätsel
  • Spannende Geschichte
  • Motivierender Spielaufbau
  • Liebevoll illustriert
  • Grandiose Zwischensequenzen
  • Für Anfänger und Profis geeignet
  • Sympathischer Titelheld
  • Soundtrack etwas monoton
  • Wenig Animationen
  • Ein paar Rätsel schwach