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Test

von  Hans Frank
28.11.2006
Ankh - Herz des Osiris
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Ankh - Herz des Osiris ist etwas, das es im Adventuregenre eher selten zu bestaunen gibt: Ein Addon - also ein Zusatzpack mit neuen Features und neuer Story, aber deutlich aus Komponenten des zu Grunde liegenden Teils aufgebaut. Herz des Osiris (in der Fangemeinde auch als Ankh 1.5 bezeichnet) ist dennoch etwas mehr. Die Geschichte ist relativ unabhängig vom ersten Teil und auch das Spielen ohne diesen ist möglich. Ob man trotzdem zuerst das erfolgreiche Adventure von letztem Jahr spielen sollte und ob es sich lohnt, dann auch diesen Teil anzufassen, lest ihr in unserem Test.

Assil, der Träger des Ankh

Wir erinnern uns: Assil war durch ein dummes Missgeschick Besitzer von zwei Dingen geworden: dem Ankh und einem Todesfluch. Aufgabe war es, das schlimmere von beidem wieder loszuwerden. Durch etwas Grübeln und Geschicklichkeit beim Um-die-Ecke-denken gelang dies auch recht zügig, und nebenbei wurde noch das Herz von Thara erobert, einer arabischen Revolutionärin.

Doch was ist passiert? Zu Anfang von Herz des Osiris sehen wir zwei Schurken in Besitz des Ankhs, die mit Oiris verhandeln. Doch wie konnten diese in Besitz des Ankh gelangen? Genau das zu klären, es wiederzubeschaffen und ganz nebenbei noch einen bösen Plan von Osiris zu vermasseln ist die Aufgabe des Spielers. In einer Rückblende sehen wir Assil in einer dreckigen Nebenstraße Kairos erwachen. Viele durchzechte Nächte und die Beziehung mit Thara haben offensichtlich keine gute Wirkung gezeigt und Assil weiß auch nicht, wo sein Ankh geblieben ist. Also macht er sich auf den Weg, um es zu suchen und Ordnung in sein restliches Leben zu bringen.

Die Sonne Kairos

Spieler, die den ersten Teil von Ankh nicht gespielt haben, dürften sich gerade am Anfang etwas verloren vorkommen, ist die Einführung doch recht kurz und basiert hauptsächlich aus Gegebenheiten eben dieses Teils. Doch immerhin hat man eine klare Aufgabe: Das Ankh wiederfinden. Diese führt den Spieler wieder zu allerlei skurillen Gestalten und typisch ägyptischen Arealen (zumindest solchen, wie wir sie uns klischeebehaftet vorstellen). Und auch der Humor darf natürlich nicht zu kurz kommen. Hier ist es den Entwicklern gelungen, den Charme und Witz des Vorgängers aufrecht zu erhalten und an manchen Stellen vielleicht sogar zu übertreffen. Gerade bei Anspielungen auf andere Adventures oder Produkte anderer Genres hat man es aber übertrieben und manchmal einfach kopiert. Die Atmosphäre erhält aber auch an anderen Stellen Dämpfer. Bestes Beispiel ist ein Fußballspiel, das eines der Schlüsselereignisse darstellt. Leider sind weder die Tribünen gut besetzt, noch sieht man auch nur einmal das Spielfeld und die Mannschaften. Das meiste, was passiert, muss man sich aus den Kommentaren eines Stadionsprechers selbst zusammenreimen.

Noch mehr Polygone

Die komplette Spielwelt ist in 3D gehalten. Einige Schwächen der Grafik des ersten Teils wurden zwar ausgemerzt, insgesamt ist die optische Gestaltung des Spiels aber immer noch nicht beim aktuellen Stand der Technik angekommen. Auch wenn alle Orte liebevoll ausgestaltet sind und einen gewissen Charme versprühen, hinkt die technische Umsetzung dem eigentlich hohen Anspruch der im Comicstil gehaltenen Grafik hinterher. So wirken viele Texturen zu wenig detailliert oder verschwommen, und viele 3D-Objekte haben eindeutig zu viele Kanten. Insgesamt sieht die Grafik aber etwas runder aus als im ersten Teil, neue oder besser eingesetzte Effekte wie farbiges Licht tun ihr übriges. Auch die Animationen der Charaktere können sich sehen lassen. Der Spieler hat die Auswahl zwischen verschiedenen Auflösungen. Maximal sind 1280x1024 Bildpunkte möglich.

Schade sind die längeren und vermehrt auftretenden Ladezeiten zwischen bestimmten Orten. Diese bremsen den Spielfluss unnötig ab.

Ägyptische Rhythmen

Der Titelsong des Vorgängers war für den Entwicklerpreis für die beste Musik in einem deutschen Spiel 2005 ausgezeichnet worden und auch in Ankh - Herz des Osiris gibt es wieder viele akustische Reize. Die Soundeffekte sind gewohnt gut und passen zum Comiccharakter des restlichen Spiels. Auch die musikalische Untermalung überzeugt mit ägyptisch klingenden Melodien.

Für die Sprachausgabe konnten, zumindest in den Hauptrollen, wieder die altbekannten Sprecher Ernst Meincke (Jean-Luc Picard), Oliver Rohrbeck (???-Detektiv Justus Jonas) und Thomas Danneberg (John Cleese) gewonnen werden. Diese vertonen ihre Rollen kompetent und mit dem richtigen Sprachwitz. Betonungen sind richtig gesetzt, die Sprecher wussten also offensichtlich, um was es bei den einzelnen Textpassagen ging. Die Dialoge sind wieder recht kurzweilig und nicht von zu hohem Anspruch. Das schadet aber nicht und macht sie perfekt nicht nur für stundenlanges Spielen am Abend sondern auch für ein wenig Entspannung während der Mittagspause.

Klassische Rätsel

Bei den Rätseln orientiert sich auch Herz des Osiris wieder klar an den Klassikern des Adventuregenres. Und das macht es sehr gut. Die Rätsel sind manchmal etwas verrückt, manchmal richtig knifflig aber auch meist logisch nachvollziehbar und gut aufgebaut. Schade sind hier die langen Laufwege und die fehlende Abkürzfunktion. Oft ist es klar ersichtlich, wo man einen bestimmten Gegenstand erhalten könnte, muss aber vorher durch halb Kairo laufen. Dies streckt das Spiel künstlich in die Länge. Sackgassen gibt es keine, Sterben kann man auch nicht. Schön ist, dass man wieder mit mehreren Charakteren spielen kann und so die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln und verschiedenen Orten erlebt. Insgesamt ist der Schwierigkeitsgrad ausgewogen, erfahrene Spieler werden aber keine größeren Probleme haben, wenn sie auch mal um die Ecke denken können. Es gibt auch so etwas wie Schleichpassagen. Die Wachen des Pharao verhalten sich hier aber so dämlich, dass es ausgeschlossen ist, entdeckt zu werden.

Navigation

Die Steuerung erfolgt ausschließlich mit der Maus. Mit der linken Maustaste untersucht man Gegenstände, mit der rechten interagiert man mit diesen oder mit seiner Umwelt. Da die meisten Adventures genau umgekehrt (links Benutzen, rechts Untersuchen) funktionieren, braucht es eine gewisse Eingewöhnungszeit. Das ist aber weiter kein Problem, da die Navigation der Charaktere und alle anderen Aktionen sehr sauber umgesetzt sind. Die Kameraschwenks sind jetzt um einiges durchdachter (und gleichzeitig auch noch cineastischer) als im ersten Teil, so dass keine Probleme mit Wegfindung und Ähnlichem mehr auftreten. Das Inventar befindet sich am linken, oberen Bildschirmrand und beschränkt sich auf die verkleinerte Darstellung der Gegenstände. Mit der Tabulator-Taste wird eine kleine To-Do-Liste angezeigt. Insgesamt können drei unterschiedliche Persönlichkeiten gesteuert werden, manchmal müssen sich diese auch gegenseitig helfen.

Zu guter letzt...

Auch mit dem neuesten Adventure aus dem deutschen Entwicklerstudio Deck13 kommen Adventurefans voll auf ihre Kosten (zumindest, wenn sie auch nur ein bisschen an Comicgrafik und Humor interessiert sind). Die Orientierung an den Klassikern aus dem Hause LucasArts ist wieder deutlich zu spüren. Sie ist aber deutlich garniert mit frischen Ideen und natürlich einer guten technischen Umgebung. Die 3D-Grafik dürfte, dank der sehr gut umgesetzten Point & Click Steuerung, auch die letzten 2D-ist-besser-Nörgler zufriedenstellen (und alle anderen, etwas aufgeschlosseneren, hoch erfreuen). Auch die Geschichte ist kurzweilig und bis zum Ende spannend aufgebaut. Ein Kritikpunkt des ersten Teils ist aber wieder vorhanden: Die Spielzeit. Wer damals schon nach gut sechs Stunden den Abspann über den Bildschirm flimmern sah, wird heute auch nicht viel länger brauchen.

thumb
Klassischer Kopierschutz Beim Kopierschutz berufen sich die Entwickler auf ganz alte Tugenden. Statt einen technischen Kopierschutz zu verwenden, ist im Spiel ein Rätsel eingebaut, das nur mit der der Kaufversion beiliegenden Codescheibe bewältigt werden kann. Eine schöne Idee (viele werden sich über eines der ersten Gimmicks bei einem Adventure seit langem freue), die vermutlich zwar etwas weniger effektiv als ein herkömmlicher Kopierschutz ist, bei Anwendern aber auch viel weniger Probleme machen wird (so ist es zum Beispiel möglich, ohne eingelegter DVD zu spielen).

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ankh - Herz des Osiris erfindet das Rad nicht neu, sondern setzt auf klassische Tugenden des Adventuregenres. Und das sehr gut. Der Spieler wird sehr gut unterhalten (auch optisch und akustisch). Ankh ist das perfekte Adventure für das gemeinsame Spielen mit Freunden oder um zwei bis drei Abende kurzweilig und mit ein paar garantierten Lachern garniert zu verbringen. Die nicht mehr ganz zeitgemäße Grafik kann man hier noch verzeihen, gerade wenn man beachtet, dass das Spiel nicht im Vollpreissegment erschienen ist. Für einen eventuellen zweiten Teil erwarte ich allerdings auch Verbesserungen an der Engine und eine insgesamt etwas höhere Spielzeit. Wer Ankh noch nicht gespielt hat, sollte dies besser nachholen, bevor er Das Herz des Osiris ausprobiert.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Humor
  • Sprachausgabe
  • Steuerung
  • Rätsel
  • ohne Vorgänger spielbar
  • nicht ganz aktuelle Grafik
  • zu kurz
  • Ladezeiten