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Test

von  Jan "DasJan" Schneider
19.12.2004
Forever Worlds
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Viele Adventure-Fans bescheinigen Titeln von Dreamcatcher / The Adventure Company pauschal mindere Qualität und wenden sich naserümpfend ab. Dass diese Vorurteile nicht gerechtfertigt sind, zeigen immer wieder auch gute Spiele wie Salammbo, Dark Fall oder Egypt 3. Auch wenn noch nicht der ganz große Wurf dabei war, haben viele Spieler Gefallen an diesen Titeln gefunden. Doch kommen Vorurteile dieser Art nicht von irgendwoher und mit Forever Worlds zeigt der Publisher wieder deutlich, von woher genau.

Was man so Story nennt

Im stilvoll gemachten Intro wird der Spieler in die Geschichte eingeführt. Auf der Suche nach ewigem Leben, das von einem magischen Baum ausgehen soll, ist der angesehene Paläontologe Doc Maitland spurlos verschwunden. In einem Brief, den er kurz zuvor an seine Tochter Nancy geschrieben hat, hat er ihr mitgeteilt, dass er glaubt, den Baum gefunden zu haben. Diese reist zusammen mit ihrem Freund zu dem Dschungel, in dem Maitland verschwunden ist. Während Nancy am Schiff wartet (der Doc könnte ja dort auftauchen), schlüpft der Spieler in die Rolle von ihrem Freund Jack, der den Dschungel erkunden will.

Ab hier wird es dann schwierig, der Geschichte, die erstaunlich wenig Sinn ergibt, zu folgen. Teile davon werden über eingeblendete Texttafeln erzählt, die aber nur erscheinen, wenn man bestimmte, oft recht kleine Hotspots entdeckt. Findet man diese nicht, muss man sich seinen Teil zur Geschichte denken, was aber recht aussichtslos ist. Andere Aspekte werden von Jacks Begleiter Ix erläutert, einer sprechenden Eidechse. Sicher ist, dass man den mythischen Baum recht schnell findet, durch diesen in verschiedene "Welten" reist, dabei seltsame Lichtgestalten trifft, sich selbst in verschiedene Gestalten verwandelt (was wegen der Ich-Perspektive recht schwer zu erkennen ist) und den Doc mehrmals wiederfindet, mal im Affenkostüm, mal in einem Schrank.

Was ungewöhnlich für ein Ego-Adventure ist, ist die Tatsache, dass es lustig sein soll. So sind die Dialoge im Spiel nicht todernst, sondern witzig geschrieben. Auch wenn der Grat zwischen "lustig" und "albern" hier recht schmal ist, gibt Forever Worlds doch den Anlass für den ein oder anderen Schmunzler oder gar Lacher. Echte Witze und unfreiwillige Komik geben sich dabei desöfteren die Klinke in die Hand.

Was wohl niemand mehr Rätsel nennt

Richtig weh tun die Rätsel. Während man die Sinnfreiheit der Story noch mit einem zwinkernden Auge abtun kann, sind die aus der Luft gegriffenen Rätsel einfach nur ärgerlich. Hier haben die Entwickler so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Angefangen bei recht kleinen Gegenständen, die unmotiviert an einem beliebigen Baum im Dschungel lehnen bis hin zu völlig unlogischen Kombinationen von Gegenständen.

Beispiel gefällig? An einer Stelle findet man in einem Tempel eine geschlossene Tür vor. Außerdem ist ein Brunnen und ein Opfertisch in dem Raum. Nun muss man zunächst auf den Brunnen klicken, um in den Rätsel-Modus zu kommen. Anschließend ist ein kleiner Leinensack exakt an die richtige Stelle vor den Brunnen zu legen, ohne einen Hinweis darauf, dass der Sack an dieser Stelle wichtig ist und ohne dass der kleine Hotspot irgendwie besonders gekennzeichnet ist. Dahinein müssen dann Steine gelegt werden. Den gefüllten Sack nimmt man wieder an sich, legt ihn auf den Opfertisch und die Tür geht auf. Warum man die Steine nicht einfach im Inventar in den Sack füllen konnte, wird nicht erklärt.

Die meisten Rätsel im Spiel sind Inventarrätsel dieser Art und kaum eins ergibt mehr Sinn als dieses Beispiel. Dazu gibt es noch das ein oder andere Logikrätsel mit Knöpfen und Schaltern, die zumindest in sich etwas schlüssiger sind. Im Großen und Ganzen erhält man den Eindruck, das ganze Spiel sei in ein paar nächtlichen Brainstorming-Sessions von Softwareentwicklern entstanden und hat nie die Bearbeitung eines Autors erfahren.

Was dem Gameplay dann den Gnadenstoß versetzt, ist die völlig inakzeptable Steuerung. Forever Worlds wird klassisch aus der Ich-Perspektive gesteuert, was bei anderen Entwicklern auch gut funktioniert. Hier gibt es aber das Problem, dass die Blickrichtung nach einem Schritt nicht dieselbe ist wie vorher, sondern praktisch beliebig variiert. So gerät selbst das Entlanglaufen eines fast geraden Weges im Dschungel zur Glückssache. Noch umständlicher wird es, wenn man in einer Steinwüste ankommt, in der es so gut wie keine Orientierung gibt und man theoretisch in jede Richtung laufen könnte. An einer Stelle wird dieser Bug sogar für das Erschweren eines Labyrinth-Rätsels ausgenutzt.

Ähnlich unfair sind die Hotspots in Rätseln, die nur sichtbar werden, wenn der Spieler den richtigen Gegenstand darüber hinwegbewegt. Alle anderen Gegenstände oder der normale Mauscursor zeigen überhaupt keine Reaktion.

Was man mal Grafik nannte

Bei all der Kritik lässt sich ja vielleicht etwas Positives über die Grafik sagen. Und tatsächlich, sowohl das interessant arrangierte Intro als auch die gerenderten Zwischensequenzen wissen optisch einigermaßen zu überzeugen. Leider fällt dagegen die Qualität der Ingame-Szenen deutlich ab. Da hat man schon Schlechteres gesehen, aber in 2004 erwartet man einfach mehr von vorgerenderten Hintergründen. Viele Orte sind schlicht detailarm, andere stören durch hässliche Texturen oder repetitive Formen. Animationen sind eher selten und oft schlecht in die Umgebung eingebettet. Visuelles Highlight sind hier klar die "Füller", halbtransparente Wesen, die irgendwie mit der Geschichte zusammenhängen.

Auch von der Musik darf man nicht wesentlich mehr erwarten: Ab und zu ist da was, aber es bleibt farblos und austauschbar. Gelungener wäre da die ambiente Soundkulisse, die für Vogelzwitschern im Dschungel und Windrauschen in der Steinwüste sorgt, wenn sie denn nicht bei jedem Schritt, den man tut, neu gestartet werden würde. Besonders hervorzuheben ist nur die Sprachausgabe, für die Toneworx zuständig war. Es wurden wie gewohnt professionelle Sprecher verpflichtet, die ihre Arbeit so gut machen, wie es das Spiel eigentlich gar nicht verdient hätte.

Forever schlecht

Nein, so nicht. Über die hanebüchene Story lässt sich ja noch streiten, aber das schikanöse Gameplay ist einfach unverschämt. Mit hübschen Zwischensequenzen und guter Sprachausgabe lässt sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Forever Worlds ansonsten spielerischer Unfug ist - selbst wenn einem der Humor zusagt. Da kann man eigentlich dankbar sein, dass das Spiel nicht allzu lang ist und hoffen, dass nicht zu viele Adventure-Neulinge nach diesem Fehlkauf unserem Genre endgültig den Rücken zuwenden.

thumb
Vorsicht, Falle! Anders als auf der Verpackung angegeben, läuft Forever Worlds unter Windows 98 definitiv nicht! Ab der Second Edition des Betriebssystems soll man das Spiel zum Laufen kriegen, wie genau lest ihr in unserem Technik-Forum.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Da werden Erinnerungen an Cypher wach, das bis dato schlechteste Adventure, was ich zu Ende gespielt habe. Ob Forever Worlds dieses noch unterbietet ist schwer zu sagen, beide halte ich für Zeitverschwendung. Da gibt es wirklich besseres, was man mit seiner Zeit anstellen kann, vielleicht ja sogar draußen vor der Tür.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Sprachausgabe
  • Nette Zwischensequenzen
  • Unverschämte Rätsel
  • Verbockte Steuerung
  • Wirre Story
  • Ingame-Grafik
  • Musik