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Test

von  Jan "DasJan" Schneider
24.09.2002
Chemicus 2
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Nach Bioscopia vor einigen Wochen haben wir jetzt Chemicus 2, ein weiteres Lernadventure aus dem Heureka Klett Verlag unter die Lupe genommen. Chemicus 2 ist - zusammen mit seinem Vorgänger - als einziger Teil der renommierten Reihe extern von der Berliner Firma b.v.m. entwickelt worden. Daraus entstehen einige Unterschiede zu den anderen Teilen, doch die für ein Lernspiel hohe Qualität erreicht auch dieses Entwicklungsteam.

Auch dieses Spiel werden wir nicht wie üblich unter den Gesichtspunkten eines vollwertigen Adventures bewerten, sondern als das, was es ist: Ein Lernadventure. Dem Genre steht nicht das Budget zur Verfügung wie einem "The Longest Journey" und der Schwerpunkt liegt eher in edukativen Qualitäten als in ausgefeilter Handlung.

Das Spiel

Wie alle Heureka Klett Spiele besteht auch Chemicus 2 aus einem Spielteil und einem Lernteil, in dem für das Lösen des Spielteils benötigtes Wissen vermittelt wird. Aus dem Spiel kann man nicht immer auf das ganze Wissen zugreifen, viel mehr werden nach und nach "Lernchips" aufgesammelt, die immer mehr Kapitel freischalten.

Die Story ist nicht wirklich von epischer Qualität. Professor Avelarius, Chef eines großen Unternehmens, verschwindet spurlos aus seinem Büro. In der Rolle seines jungen Assistenten muss sich der Spieler auf die Suche nach ihm begeben und dabei eine geheimnisvolle Parallelwelt, die Stadt des Wissens, entdecken. Viele Aspekte der Handlung werden nur angedeutet, nicht zu Ende erzählt oder gar nicht erklärt.

Erfreulich ist jedenfalls, dass trotz des Lernspiel-Charakters eine beachtliche Atmosphäre entsteht. Die Grafiken, die aus der Ich-Perspektive gezeigt werden, sind sehr schön gerendert und geben eine Überzeugende "Stadt des Wissens" ab. Zwar ist es schade, dass für das Interface ein breiter schwarzer Rand um die Bilder gelegt wurde und auch die Bildschirmauflösung nicht an die 800x600 Pixel des Spiels angepasst wird, doch entschädigen Hintergründe, nahtlos in diese eingefügte Animationen von hoher Qualität und seltene aber schöne Zwischensequenzen zumindest zum Teil für diese Unbequemlichkeit. Musikalisch kann man weder durchgehende Berieselung noch komponistische Wunderwerke erwarten, doch unterstützen gelegentliche Musikstücke die Stimmung ganz gut und bieten genügend Abwechslung. Auch an den Soundeffekten gibt es nichts zu bemängeln.

Chemicus 2 ist sehr anspruchsvoll. Die aufgedruckte Angabe, das Spiel sei ab 12 Jahren geeignet, sollte nicht täuschen. Wohl kaum ein 12-jähriger wird die Stadt des Wissens ohne Hilfe durchstreifen können. Des öfteren trifft der Spieler auf Versuchsapparaturen, an denen fleißig experimentiert werden muss, auf abstrakte Logikrätsel oder er muss selbstständig aus den vielen chemischen Substanzen, die sich im Inventar ansammeln, etwas bestimmtes erreichen, beispielsweise eine Kanonenkugel abfeuern oder farbige Perlen herstellen. So wird fröhlich mit Calciumcarbit, Bariumcarbonat und Kupfer-(I)-Oxid herumgemischt bis die Köpfe (und die Mixturen) qualmen. Das dabei vermittelte Wissen reicht weit in die gymnasiale Oberstufe hinein. Glücklicherweise sind die Rätsel von Chemicus 2 deutlich vielseitiger als bei Bioscopia und motivieren so zum Weitermachen. Der knackige Schwierigkeitsgrad wirkt sich aber wohl eher bremsend aus.

Der Lernteil

Der Lernteil von Chemicus 2 hat gute und weniger gute Seiten. Im wesentlichen kann man sagen, dass er den hohen Ansprüchen der Reihe gerecht wird. Sehr umfangreiches Wissen aus vielen Teilgebieten der Chemie wird in insgesamt 9 Kapiteln vermittelt: Zunächst führt das Programm allgemein in "Stoffe und ihre Eigenschaften" und "Stoffe und Stoffveränderungen ein" und erläutert den "Atombau und chemische Bindungen". Danach werden systematisch die Kapitel "Elektrochemie", "Säuren, Basen und Neutralisation", "Organische Chemie" und "Chemisches Experimentieren" abgearbeitet. Einen Exkurs "Alchemie und Naturwissenschaft" gibt es auch und im Anhang findet man Tabellen und natürlich das Periodensystem. Der Spieler muss nicht ein Kapitel nach dem anderen Durcharbeiten, sondern liest zunächst ein paar an und vertieft dieses Wissen dann im späteren Spielverlauf.

Die Texte sind gut geschrieben und verschweigen keinen Fachbegriff, doch die Präsentation zeigt Schwächen. Es finden sich viele Illustrationen in den einzelnen Unterkapiteln, aber der Textanteil ist allgemein recht hoch. Teilweise finden sich ganze Text-Seiten ohne Illustrationen mit in verwirrend vielen Farben hervorgehobenen Begriffen. Hyperlinks sind nicht direkt erkenntlich und auch die Navigation zwischen den Seiten erfordert eine gewisse Eingewöhnungsphase, wenn man keine Seiten verpassen will. Animationen sind Mangelware und anders als bei Bioscopia werden Texte auf Grund der wesentlich größeren Menge an Informationen nicht vorgelesen.

Fazit

Chemicus 2 schließt zweifellos als Lernadventure an die hohe Qualität der anderen Heureka Klett Spiele an. Es hat Schwächen, die aber in der edukativen Funktion kaum gravierend sind, und Stärken, die wieder zu dem Fazit kommen lassen: Lernwillige werden mit Chemicus 2 beim Lernen viel Spaß haben. Nicht interessierte wird dagegen auch diese Software nicht bekehren, was auch an dem knackigen Schwierigkeitsgrad und dem inhaltlich hohen Anspruch liegt.

Interessant ist, dass die Stärken und Schwächen etwas anders verteilt sind, als bei dem ebenfalls von uns getesteten Bioscopia: Letzteres hinkte eher in den monotonen Frage-und-Antwort-Spielen etwas hinterher und enttäuschte in Sachen musikalischer Untermalung. Chemicus 2 dagegen hat kreativere Rätsel und Musik, dafür einen etwas drögeren Lernteil, auch wenn er umfangreicher ausfiel.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Wenn man auch nur einen Hauch Interesse daran hat, etwas über Chemie zu lernen, dann ist Chemicus 2 der Ideale Begleiter dabei. Die Altersempfehlung ab 12 sollte man nicht zu ernst nehmen, dafür ist es absolut richtig, dass auch Erwachsene noch viel lernen können und auch Spaß dabei haben.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tolle Render-Grafik
  • Kreatives Rätseldesign
  • Angenehmer Musikeinsatz
  • Umfangreiches Wissen...
  • ...teilweise demotivierend schwer
  • Lernteil dröge
  • Flache Story