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Vorschau

von  Topsy-Sophia Schmitt
24.12.2018
Watch Over Christmas

Es ist beileibe nicht ungewöhnlich, wenn Menschen in Weihnachtsstimmung schwelgen – sofern dies im Advent sowie an den nachfolgenden Feiertagen geschieht. Entwickler Dionous Games hat es sich hingegen zum Ziel gesetzt, dauerhaft in besagtem Zustand zu verharren, um Adventure-Freunden im Jahr 2019 die Bescherung zu versüßen. An ihrem Debüt, dem familienfreundlichen Titel Watch Over Christmas, arbeiten sie nunmehr seit einiger Zeit. Im vergangenen März wurde bei itch.io eine erste Demo-Version veröffentlicht, die bereits mit deutschen Untertiteln aufwartet. Somit möchten wir euch im Rahmen unseres Winter-Specials einen Ausblick auf das ambitionierte Adventure bieten und vielleicht sogar manchen Weihnachtsmuffel in ausgeprägte Festtagslaune versetzen.

Wenn Cisco in solch einem Ambiente nicht jede Nacht von interplanetaren Reisen träumt...

Stille Nacht? Von wegen!

Schweren Herzens entschließt sich der zwölfjährige Cisco, der eigentlich noch gar nicht müde ist, sein Bett aufzusuchen. Das Zimmer des rothaarigen Jungen, längst zum Hauptquartier eines begeisterten Hobbyastronauten avanciert, könnte nach erholsamem Schlaf um ein weiteres Upgrade bereichert werden. Am frühen Morgen nämlich kündigt sich der 25. Dezember und zugleich die freudig herbeigesehnte Bescherung an. Bevor Cisco jedoch in einen tiefen Schlummer versinken kann, stößt sein Radiogerät einen schlecht artikulierten Funkspruch aus. Eine Stimme bittet den Knaben um dringende Mithilfe bei der Rettung des diesjährigen Weihnachtsfestes. Um weitere Informationen zu erhalten, sei es erforderlich, rasch zum Dachboden zu gelangen. Wer aber ist jene Person, welche sich die Radiowellen zunutze machte, um solch einen verzweifelten Notruf auszusenden? Handelt es sich gar um den Weihnachtsmann höchstpersönlich?
Schwester Zoe, die im Gemach nebenan wohl gerade mit ihrem Schwarm chattet, glaubt nicht an den bärtigen Greis im roten Pelzmantel. Vielleicht hält sie ihn bloß für den Marketing-Gag eines amerikanischen Getränkeherstellers. Aus Protest hat sie ihr eigenes Reich mit kitschigen Flamingo-Lampen dekoriert, die mitnichten Ciscos Stil entsprechen.
Die Eltern hingegen streiten die Existenz des Weihnachtsmannes nicht ab. Allerdings unterstützen sie ihren geliebten Rotschopf ebenso wenig bei seiner Mission und beknien ihn stattdessen, doch endlich dem Schlafe zu frönen.

Für Cisco ein Mysterium: Pinkfarbene Flamingos in Zoes Zimmer

Ein beschwerlicher Weg zum Dachboden

Da die Luke zum Dachboden klemmt, ist die Kreativität des Spielers gefordert. Sobald diese Hürde gemeistert ist, neigt sich die etwa dreißigminütige Demonstration bereits dem Ende zu. Die Inventarrätsel folgen ganz selbstverständlich den Gesetzen der Logik, stellen bisweilen aber kaum eine Herausforderung für geübte Adventure-Spieler dar. Eine sukzessive Steigerung des Schwierigkeitsgrades in späteren Kapiteln wäre definitiv wünschenswert. Knobeleien auf hohem Niveau sind für die Vollversion jedoch ohnehin angedacht, sofern man den Worten der Entwickler vertraut. Darüber hinaus möchten sie dem Spieler die Wahl zwischen einem leichten und einem schweren Modus ermöglichen. Fans von Monkey Island 2 und Thimbleweed Park dürften nun aufhorchen. Wie sich die beiden Rätsel-Modi im Detail voneinander unterscheiden werden, bleibt allerdings abzuwarten. Dass die Weihnachtsboten von Dionous Games in erster Linie den Lucas Arts-Klassikern nacheifern, ist zumindest nicht abzustreiten. Einmal mehr wurde das populäre SCUMM-Interface adaptiert und für die Belange von Watch Over Christmas auf acht zentrale Verben reduziert. Besonders die deutsche Sprachfassung weist dabei ein beachtliches Alleinstellungsmerkmal auf. So bildet die Befehlsleiste stets grammatikalisch korrekte Sätze („Benutze das Seil mit der Pflanze“). Dialoge präsentieren sich hingegen in konventioneller Multiple-Choice-Manier, Freunde des bewährten Retro-Gameplays sollten sich also eingeladen fühlen.

Kinder, macht das bitte nicht zuhause nach!

Besinnliche Atmosphäre

Die handgezeichneten Szenenbilder bestechen durch ihren Detailreichtum und bringen eine romantische Winterästhetik zum Ausdruck. So manifestiert sich vor den Augen des Spielers eine schier undurchdringliche Idylle, die ihn zunächst keinerlei Gefahren wittern lässt. Das Elternhaus zeugt von weihnachtlicher Zierde, im Garten ist beständiger Schneefall zu beobachten. Die Mitglieder der Familie muten keinesfalls wie Karikaturen an, vielmehr sind die Figuren von einem realistischen Erscheinungsbild geprägt. Mitunter verkörpern sie aber gewisse Klischees, sodass Ciscos lockiges rotes Haar und seine Sommersprossen bewusst den Nerd-Charakter des Protagonisten unterstreichen. Auch eindrucksvolle Animationen und weihnachtliche Melodien, die sich jedoch gerne etwas subtiler verhalten könnten, tragen zu einem besinnlichen Festtagserlebnis bei.

Galerie
Gewiss mangelt es der Erstpräsentation noch an kniffligen Rätseln und ebenso bleibt schwer zu erahnen, wie sich die Geschichte um den wackeren Cisco und das gefährdete Weihnachtfest wohl entfalten mag. Nichtsdestotrotz gewährt die kleine Kostprobe dem Spieler einen äußerst positiven Einstieg ins Handlungsgeschehen. Besonders der hinreißende Grafikstil bereitet große Freude, die winterliche Atmosphäre tut ihr Übriges. Wer sich also gerne von fantasievollen Weihnachtsmärchen verzaubern lässt und zudem klassisches Adventure-Gameplay bevorzugt, der sollte Watch Over Christmas unbedingt im Auge behalten.
Sieht gut aus