Sein interaktiver Spielfilm wurde manchmal als das Duke Nukem Forever der Adventure-Szene bezeichnet. Nach über 10 Jahren Arbeit veröffentlicht es Jeff Allen Williams nun aber tatsächlich: DARKSTAR.
In unserem Interview gibt er einen ausführlichen Eindrück über die zahlreichen Rückschläge seiner Independent-Produktion, erklärt zum ersten Mal im Detail, warum DARKSTAR nicht den angekündigten RUSH-Soundtrack beinhaltet, weshalb das Spiel mitten in der Entwicklung die Engine wechseln musste und wie man die 44 GB große Produktion auf „nur“ 14 GB schrumpfen konnte.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!
Jeffrey Allen Williams: Es ist gleich in mehrerlei Hinsicht surreal, aber wir ruhen uns nicht auf unseren Lorbeeren aus. Wir schalten gerade in den nächsten Gang: Von der Produktion und dem Testen geht es jetzt zur großen Herausforderung, DARKSTAR der Welt zu präsentieren. Und wir haben hier gerade die Basis dafür geschaffen.

A-T: Ihr habt DARKSTAR auch eigenständig über soziale Netzwerke, wie Facebook, vermarktet. Wie wichtig ist denn der Einfluß von Nutzerkommentaren auf das finale Produkt des Spiels?
Als wir dann unseren ersten Testbericht erhalten haben, der sagte, es sei das beste Spiel 2010, hat es mich umgehauen. Der zweite von J. Robinson Wheeler für BrassLantern war nicht mehr ganz so „glühend“, aber der Tester gab uns einen soliden Daumen nach oben und unsere bescheidene Independent-Produktion reihte sich damit unter verschiedene AAA-Spiele des Genres ein – und er sagte, wir würden den Ansprüchen gerecht und hat das Spiel seinen Lesern sogar sehr enthusiastisch empfohlen. Mir hat wirklich sehr gefallen, was er zu sagen hatte und dass er uns als Außenseiter gesehen hat – und wenn wir sonst schon nichts sind, dann sind wir auf alle Fälle wohl mindestens das.
Williams: Diese weitere Kompressions-Runde hat unser ganzes Spiel geändert. Der „Sieben-Dual-Disc-44-Gig-Koloss“ hat nicht gut funktioniert und wäre zu teuer in der Herstellung gewesen. Die erste Iteration hätte zwei Modi beinhaltet: Eine als komplette Installation, die andere als Teilinstallation, welche dann direkt von den Discs gelaufen wäre. Als ich die erste Testrunde dieser Version gefahren habe, hat man schnell gemerkt, dass das alles nicht brauchbar war. Die volle Installation benötigte fast fünf Stunden und musste auch noch beobachtet werden, weil man die Discs sieben Mal wechseln musste. Die Teilinstallation lief von den Discs nicht flüssig genug und bei einigen Stellen war das Spiel schrecklich hölzern und ich hatte mich bereits zu sehr an die flüssige Performanz der vollen Installation gewöhnt. Ich hatte mein gesamtes Filmmaterial sehr sorgfältig in 800x600 gerendert und die Idee, irgendeine weitere Kompression darauf anzuwenden fand ich widerlich. Ich habe nicht erwartet, was danach passierte.

RUSH hat sofort und enthusiastisch zugesagt. Also haben wir nach den gemailten Einverständniserklärungen von der Band und vom Management damit begonnen, stundenweise Filmmaterial mit 24 RUSH Songs abzugleichen, darunter großartige Stücke wie “Tom Sawyer”, “Time Stand Still”, “Twilight Zone” und “Cygnus X-1”. Es hat am Ende so funktioniert, wie ich mir das erwünscht hatte und während wir die Soundeffekte hinzufügten haben wir immer wieder mal das Band-Label Anthem angestupst, dass sie uns endlich die Verträge zuschicken sollten. Nach nicht weniger als 100 E-Mails mit Entschuldigungen, warum das bislang nicht passiert sei und nach all den Versicherungen, dass die „Band die Benutzung erlaubt habe“, bekamen wir endlich eine Audienz bei den Universal Studios, fast sieben Jahre später, und nur wenige Monate vor unserem Release. Uns lief ab jetzt die Zeit davon – und das wussten sie.

Ein guter Freund und Technik-Guru bei Parallax, Brad Hedrick, und ich haben wortwörtlich die Welt nach einer geeigneten Lösung durchsucht, die mit meinen bereits produzierten Teilen zusammenarbeiten würde. Am Ende haben sich fünf denkbare Lösungen heraus kristallisiert, und nach und nach haben wir jede einzelne eliminiert bis nur noch iShell übrig blieb, als diejenige, die vielleicht funktionieren könnte. Zunächst wollte ich mir eine Lizenz kaufen und selbst weiter programmieren, merkte aber schnell, dass meine Fähigkeiten eher die eines Regisseurs und Produzenten sind, und nicht die eines C++-Programmierers. Außerdem war ich ja immer noch am Animieren, Schneiden und tat auch alles andere allein, also habe ich Tribal im Januar 2007 beauftragt und arbeite seitdem mit ihnen zusammen. Das Schöne daran ist, dass es für iShell jetzt neuen Programmcode gibt, der die Funktionsfähigkeit des Tools erweitert, um den Anforderungen des Spiels zu genügen. Ich muss vor allen Dingen Simon und Dahlia Clark aus Kanada Anerkennung zollen. Sie haben auf Auftragsbasis für drei Jahre an dem Projekt gearbeitet. Genauso wie der Besitzer von Tribal Media, Matt Veenstra. Er hat das Gerüst und die Basis geschaffen, auf der wir jetzt alle aufbauen können.
A-T: Du hast auch mal von der Möglichkeit gesprochen, DARKSTAR mit Hilfe einiger Publisher auf die Konsolen zu bringen. Gibt es dazu weiterhin irgendwelche Pläne?

Ich wusste von Anfang an, dass es ein großes Projekt werden würde. Aber ich dachte, vielleicht drei Jahre bei 20 bis 30 Stunden Arbeit die Woche. Kostenpunkt vielleicht 50 Riesen. Und vielleicht wäre meine erste Vision davon tatsächlich dahin gekommen. Aber es wuchs und wuchs und ich löschte das Wort „nein“ aus meinem eigenen Wortschatz bis etwa 2009, als ich endlich sagte: „Genug!“ Genau wie Papst Julius der II., der Michelangelo anschrie, das verdammte Ding endlich fertig zu stellen, habe ich realisiert, dass ich zu DARKSTAR Sachen weiter und weiter hinzufügen würde, bis ich eines natürlichen Todes sterbe, falls ich mir keine Exit-Strategie überlege. Am Ende habe ich ungefähr 50 bis 70 Stunden an dem Spiel gearbeitet, habe 7 Tage die Woche geschuftet, und das für fast 10 Jahre ohne Bezahlung, ohne Finanzierung und mit nur wenigen Pausen. Ich bin durch zwei Ehen geschlittert und habe dabei zugesehen, wie meine Kinder groß wurden, als wäre es nur ein kurzer Moment. Ich hoffe, das klingt jetzt nicht wie mein Abgesang, aber Gott lässt einem normalerweise nicht zu viele Jahrzehnt-Projekte während der Amtszeit hier auf Erden machen.
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