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Test

von  Caroline "hardcora" Valdenaire
22.12.2012
Reperfection
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Willkommen im Leben

Euer Tag beginnt friedvoll. Ihr habt endlich mal wieder Urlaub und wollt den Abend gemütlich bei einem Spiel verbringen. Eure Frau macht sich gerade fertig, um euren Sohn von der Schule abzuholen. Alles wie immer möchte man meinen. Ihr verabschiedet euch und freut euch auf die Rückkehr eurer Lieben. Ein Tag wie jeder andere. Plötzlich kommt im Fernsehen eine Sondermeldung über einen tragischen Unfall ganz in eurer Nähe. Eure Gedanken kreisen und eure traurige Vermutung bestätigt sich: eure Frau ist in jenem Autounfall ums Leben gekommen. Neben euch stehend besucht ihr die Beerdigung an der Seite eures Sohnes und werft einen letzten Blick in die Augen eurer Frau - wenn man doch bloß die Zeit zurückdrehen könnte. Während ihr eben jenen Gedanken noch nicht fertig gedacht habt, geschieht das Unfassbare: ihr dreht tatsächlich die Zeit zurück und steht am Tag des Unfalls in eurer Wohnung. Irgendwie müsst ihr den Unfall verhindern können.

Willkommen in der Hölle

Fortan versucht ihr durch Zeitreisen den tragischen Unfall zu verhindern. Doch jedes gerettete Leben hat auch seinen Preis und entsprechend gilt es abzuwägen, wen ihr retten wollt. Ist das Leben eurer Familie kostbarer als das Leben all der anderen Fremden, die in diesem furchtbaren Unfall ebenfalls ums Leben gekommen sind? Kann der Unfall verhindert werden, indem ein Fremder überlebt? Was ist die Unfallursache? All diese Fragen stellen sich euch immer wieder, während ihr jeden Tag aufs Neue erleben müsst, wie ein nahestehender Mensch stirbt. Die Emotionen, die hierbei erzeugt werden, haben Gänsehautcharakter und werden durch die wunderbare Musik zusätzlich intensiviert. Die Tode selbst werden nicht direkt gezeigt - zartbesaitete Gemüter müssen also keine Angst vor Splattereffekten oder Ähnlichem haben. Das Schlimmste, was ihr zu sehen bekommt, ist eine Leiche in einem Sarg.

Technische Mittel

Reperfection stellt sich quasi als Comicbuch vor. Innerhalb der einzelnen Szenen könnt ihr euch ganz klassisch via Point-and-Click frei bewegen, jedoch fehlen die Animationen, um den Comicstil zu erhalten. In Folge dessen werdet ihr jeweils zu einem interessanten Punkt ""gebeamt"", damit die Illusion eines gemalten Bildes erhalten bleibt. Verlasst ihr eine Szene, könnt ihr beliebig zu einem anderen Szenenbild zurückspringen, insofern dieses denn zur selben Örtlichkeit gehört. Die Sprechblasen machen den Comiclook perfekt und tragen ihr Übriges zur Atmosphäre bei. Leider kommt das Spiel ohne Sprachausgabe, was durch die bereits erwähnte Sounduntermalung aber fast wieder wett gemacht wird. Da ihr quasi jederzeit wieder in eine andere Vergangenheit reisen könnt, gibt es auch nur einen Speicherpunkt, weshalb ihr nichts falsch machen könnt.

Rätselkunst

Auf ein großes Inventar wird weitestgehend verzichtet. Zwar könnt ihr einige Gegenstände sammeln und auch mit anderen Gegenständen interagieren, doch beschränkt sich das Inventar meist auf drei bis vier Objekte, da diese größtenteils innerhalb der gleichen Szene verwendet werden. Die Rätsel beschränken sich auf kleinere Kombinationsrätsel, die durchweg logisch in den Spielverlauf eingebaut wurden. Auf große Knobelrätsel wurde verzichtet, was das Tempo erhöht, gleichzeitig aber auch dafür sorgt, dass ihr relativ schnell das Ende seht.

Fazit

Gelernt ist gelernt. Tinnitus Games beweisen, dass sie ihr Handwerk verstehen. Die erste Episode von Reperfection ist letzten Endes eine Mischung aus klassischem Adventure und interaktivem Comic, da Rätsel nur spärlich zum Einsatz kommen. Der Comiclook erinnert an jenen aus Max Payne, ist im Adventuregenre in dieser Form aber erfrischend neu. Insgesamt ist die erste Episode zwar recht kurz geraten, weiß aber durch Atmosphäre und das nicht ausgelutschte Thema der Zeitreisen zu überzeugen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Das passiert also, wenn man erfahrenen, erfolgreichen Adventure-Entwicklern die Publisherunterstützung entzieht und sie als Indies mit knappen Budget arbeiten müssen: Man wird kreativ! Statt mit pompösen Rendergrafiken und filmreifer Präsentation überzeugt Reperfection mit stilvollen schwarz-weißen Comicgrafiken, einer ungewöhnlichen Erzählstruktur und einem faszinierendem Konzept. Die Story vermittelt auf geschickte Art und Weise ein Gefühl von Trauer und Machtlosigkeit, Verzweiflung und Hoffnung, ein Wechselbad der Gefühle. Durch die recht beschränkten Interaktionsmöglichkeiten ist das Spiel relativ leicht und die Geschichte wird flott vorangetrieben, manchmal hätte ich mir allerdings ein klein wenig mehr Herausforderung gewünscht. Das und die durch das Konzept verschuldeten Wiederholungen sind auch die einzigen wirklichen Kritikpunkte meinerseits an diesem tollen Erstlingswerk und ich hoffe, dass Tinnitus Games noch viele weitere Episoden auf die Beine stellen kann.Axel Kothe

Optisch ist Reperfection Volume 1 sicher ein ungewöhnliches Spiel, auch die Verbindung zwischen Comic und Adventure ist interessant gelöst. Allerdings bleiben sowohl Charaktere als auch Story zu flach als dass sie wirklich hervorstechen. Es bleibt ein Titel, der anders sein will, aber trotzdem beim Storytelling und Rätseldesign in Klischees und Routine zerfällt. Die sehr kurze Spielzeit, die durch die immergleichen Aktionen nur verlängert wird, fällt hier im Gegensatz zur The Walking Dead Serie noch negativer auf. Im Großen und Ganzen ein interessantes Konzept mit gelungener Präsentation, das dem Spieler das Zeitschleifen-Thema mit Angst und Hilflosigkeit vor Augen führt, aber inhaltlich nicht allzuviel bietet.
Sascha nutafitc Pongratz

Ich muss zugeben, dass ich diesen Titel bisher so gar nicht auf dem Schirm hatte, obwohl ich ein großer Fan ernster Adventures bin. Die Geschichte zog mich von Anfang an in ihren Bann und hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Was würde ich machen? Wen würde ich retten? Das Ende ist sowohl schockierend als auch vielversprechend und lässt auf eine ebenso spannende Episode 2 hoffen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • dichte Atmosphäre
  • gelungene Sounduntermalung
  • erfrischender Comiclook
  • recht kurz
  • wenige Rätsel
  • leider ohne Sprachausgabe