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Test

von  Hans Frank
14.05.2008
Nancy Drew
Getestet auf DS/DSi/Dsi XL, Sprache Deutsch

Nancy Drew ist eine im deutschsprachigen Raum eher unbekannte jugendliche Amateurdetektivin, die schon seit den 30er Jahren in zusammengenommen über 300 Heften relativ erfolgreich mysteriöse Kriminalfälle aufdeckt. Außerdem sind über die Jahre hinweg verschiedene Filme, eine TV-Serie und einige Computerspiele erschienen. Das aktuelle Adventure für den Nintendo DS Secrets of Olde World Park ist wahrscheinlich dem 2007 veröffentlichten Kinofilm Nancy Drew - Girl Detective zu verdanken, der in Deutschland erst 2008 anlaufen wird und von Kritikern als eher mäßig beschrieben wird. Im Film wird versucht, die etwas betagte Nancy Drew kompatibel zur aktuellen Teenager-Generation zu machen. Und genau so versucht das erste Handheld-Konsolenspiel im Nancy-Drew-Universum neue weibliche Spielerinnen zu erschließen. Die Geschichte des DS-Titels ist aber unabhängig vom Film.

Spurlos verschwunden

Nancys Heimatstadt River Heights steht kurz vor der Eröffnung des brandneuen Themenparks "Olde World Park" und Nancys beste Freundin Bess soll bei der Eröffnungszeremonie, bei der das traditionelle Band zerschnitten wird, mit von der Partie sein. Doch jetzt ist der erste Geldgeber des Projekts, Thaddeus Belmont, unter mysteriösen Umständen verschwunden und außerdem sind sowohl die Eintrittskarte als auch das Kleid von Bess gestohlen worden. Genau die richtige Aufgabe für Nancy. Während der Suche nach den gestohlenen Gegenständen ihrere Freundin stößt sie aber noch auf weitere seltsame Begebenheiten im Umfeld des Parks, wie zum Beispiel auf einen von Werwölfen besessenen Autor. Kann sie die Geheimnisse des Parks lüften?

Mädchen-Whodunit

Die Geschichte rund um den Themenpark und die Bekannten von Nancy wirkt zunächst relativ einfach, verkompliziert sich über die Spielzeit jedoch in verschiedenen Nebenplots und endet mit einem Showdown. Protagonistin Nancy muss diverse Lokalitäten in River Heights aufsuchen, viele Schlösser knacken, Gegenstände untersuchen und Gespräche führen. Unterbrochen wird der Spielfluss durch kleine Minigames, die am Anfang zumindest noch etwas unterhaltsam sind, sich aber später zu oft wiederholen und immer gleich ablaufen. In Verbindung mit den Arcade-Einlagen gibt es leider auch einige Logiklöcher. So ist es bei manchen Gesprächspartnern der Fall, dass sie zu bestimmten Themengebieten keine Aussagen machen wollen. Nancy kann dann ein Überzeugungsspiel spielen. Bei erfolgreichem Bestehen des Spiels geben die Dialogpartner dann Auskunft. Doch nicht nur alleine die Tatsache, dass Menschen nach diesem Minispiel, mit dem sie selbst nichts zu tun haben, plötzlich gerne aus dem Nähkästchen plaudern ist unlogisch. Auch die Zeitpunkte, zu denen diese Aufgaben absolviert werden müssen sind es. So kommt es vor, dass Nancy sogar aufgefordert wird, ein solches Spiel zu bestehen, wenn sie nur auf eine Frage antworten soll. Und warum sollte ein Fragender nicht die Antwort hören wollen?

Technisches

Visuell bietet Nancy Drew einige schöne Kulissen und auch die beiden Displays der Konsole werden gut ausgenutzt. Auf dem oberen Display sind entweder in 2,5D und adventuretypisch die vorgerenderten Lokalitäten (Mischung aus gezeichnteten und gerenderten Objekten) und die Echtzeit-3D-Nancy zu sehen oder beispielsweise in Dialogen Close-ups von den Gesprächsteilnehmern. Comicstripartig wird dann zwischen verschiedenen Ansichten hin- und hergewechselt. Die Charaktere sind leider etwas detailarm geraten. Die gezeichneten Comicstrips sehen toll aus und passen perfekt zur Atmosphäre im Spiel. In ihnen sind auch Sprechblasen enthalten, in denen die Geschichte weitergesponnen wird. Auf dem unteren Display ist je nach Situation oder Wahl Inventar, Notizblock, Dialogauswahl in Form kleiner Icons oder eines der angesprochenen Minigames zu sehen. Auch diese Präsentation ist gelungen umgesetzt.

Achtung: In unserer Screenshot-Galerie befinden sich Bilder, die nicht gänzlich die deutsche Verkaufsversion zeigen (z.B. sind Icons und Interface dort teilweise unterschiedlich). Dieser Umstand entsteht aus der Tatsache, dass wir keine eigenen Screenshots von DS-Spielen anfertigen können.

Die Sound- und Musikuntermalung ist weniger erwähnenswert. Die meiste Zeit dudelt die immer gleiche Musik in Endlosschleife aus den sowieso schon nicht so tollen DS-Lautsprechern. Da es keine Sprachausgabe und so gut wie keine Umgebungssounds gibt, kann man die Soundausgabe getrost deaktivieren.

Die Steuerung von Nancy funktioniert komplett über das Steuerkreuz. Im oberen Display ist aus einer fest Kameraposition Ms. Drew in ihrer Umgebung eingeblendet und bewegt sich je nach gedrückter Pfeilrichtung. Um mit einem Hotspot zu interagieren, muss die X-Taste gedrückt werden. Leider werden von vornherein jegliche Hotspots und Ausgänge in allen Räumen angezeigt, so dass gleich klar ist, was angesteuert werden muss. In einer Handvoll Schleichpassagen muss man Nancy aus der Vogelperspektive zum Beispiel an Wachen vorbeinavigieren und darauf achten, dass der schützende Schatten nicht verlassen wird. Diese Sequenzen sollen wohl spannend sein, wirken aber eher unfreiwillig komisch. Die Wachen entdecken Nancy nämlich selbst dann nicht, wenn sie nur wenige Meter entfernt sind und eigentlich direkten Sichtkontakt haben müssten - sofern man sich im Schatten befindet. Relativ häufig gibt es Clippingfehler, bei denen Nancy einfach durch Gegenstände hindurchläuft.

Der Stylus kommt bei Dialogen, im Inventar, im Notizblock oder in einigen Minigames zum Einsatz. Auch dieser Bereich der Steuerung funktioniert gut und ist intuitiv. Lediglich wenn man Dialoge beschleunigen will, verschwindet manchmal sofort die Textzeile, statt sich erst einmal komplett aufzubauen, so dass Informationen verloren gehen. Bei einigen Minigames kann wahlweise auch das Steuerkreuz verwendet werden, z.B. wenn der richtige Pfad durch ein Feld voller verdeckter Kacheln gefunden werden muss. Bei anderen Spielen muss man zerrüttete Bilder wieder richtig zusammenschieben, Reaktionstests bestehen, bei denen schnell die richtigen Punkte oder Farben angetippt werden müssen oder bestimmten Zeichenfolgen auswendig gemerkt werden. Die Spiele sind zwar zunächst insgesamt noch unterhaltsam, wiederholen sich aber zu oft. Speichern ist zwar immer möglich, jedoch existiert nur ein Speicherplatz. So ist es weder möglich, noch einmal zu einem älteren Spielstand zurückzukehren, noch mehrere Personen am Spiel teilhaben zu lassen.

Rätsel

Den größten Kritikpunkt stellen die Rätsel dar. Neben wenigen Inventarrätseln muss Nancy lediglich die richtigen Hotspots ansteuern und alle Informationen von anderen Charakteren erhalten. Die Entscheidung, wann eine Lokalität ausreichend erforscht ist und wo Nancy als nächstes auftauchen sollte, wird komplett vom Spiel getroffen, indem einfach ausgeblendet wird. Auch welcher Gegenstand wo eingesetzt wird, wird automatisch entschieden. Auch wenn das Spiel wahrscheinlich für ein jüngeres Publikum konzipiert wurde, ein paar anspruchsvolle Rätsel hätten sicherlich auch dort die Motivation gesteigert. So schreitet die Geschichte relativ schnell voran, ohne großes Kopfzerbrechen zu bereiten.

Fazit

Nancy Drew - The Secret of Olde World Park bietet eine interessante Storyline und ansprechende Grafiken, vergisst dabei aber leider auch auf anspruchsvolle Rätsel und gelungenes Gameplay zu setzen. So bleibt der Anspruch sehr gering und das Spiel gerät eher zum Film, in dem man ab und zu von A nach B laufen, einen Hotspot anklicken oder ein Minigame bestehen muss. Das Spiel unterhält deshalb nur mäßig bis gut, vor allem aber viel zu kurz. Dabei könnte es durchaus Spaß machen, die moderne Nancy Drew auf einem ihrer Abenteuer interaktiv zu begleiten.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Sehr Ärgerlich, was Nancy Drew auf dem DS für Chancen verspielt. Das Spiel beginnt sehr vielversprechend und auch eigentlich mit recht hoher wenn auch sehr einfacher Rätseldichte. Würde die Komplexität im Spielverlauf wenigstens ein bisschen zunehmen und das Gameplay nicht nur darin bestehen, von Hotspot zu Hotspot zu laufen, Gespräche zu führen und simple Minigames zu meistern - das Spiel hätte richtig gut werden können. Doch darauf wurde leider, vermutlich zugunsten der jungen weiblichen Spielerschaft, verzichtet. Doch auch diese wäre sicherlich in der Lage, ein paar Gehirnzellen zur Lösung von ein paar Kopfnüssen einzusetzen und wäre erfreut, ein wenig mehr in die Lösung des Falles eingebunden zu sein. Der daueraktivierte Snoopkey und die nicht gelungene Musikuntermalung tragen dann auch nicht gerade zum Spielspaß bei. Die Minigames machen anfangs Spaß, wiederholen sich aber im Spielverlauf viel zu oft und bieten dabei zu wenig Abwechslung. Auch die Möglichkeiten des Nintendo DS, gerade die Eingabe per Stylus, wurden nicht perfekt ausgenutzt. So hätte die Steuerung nicht nur adventuretypischer, sondern auch angenehmer gestaltet werden können. Über ein paar Logiklöcher kann man hinwegsehen. Warum sich allerdings nicht auch die Polizei von River Heights für das Verschwinden eines relativ wichtigen Einwohners interessiert, bleibt fraglich.
Nancy Drew ist höchstens auf Grund der interessanten Geschichte und der wunderschönen, teilweise handgezeichneten Grafiken einen Blick wert. Leider ist das Spiel dann auch viel zu schnell vorbei. Immerhin wird es beim Showdown, den man schon nach drei bis vier Stunden erleben darf dann noch einmal etwas spannend und die Storyline wird überraschend abgeschlossen. Für Nancy Drew Fans eine eingeschränkte Kaufempfehlung, für alle anderen vielleicht einen Blick wert, wenn das Spiel etwas billiger in den Läden zu finden ist.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • teils handgezeichnete Grafiken
  • spannende Handlung
  • teils unterhaltsame Minigames
  • zu einfach
  • kurze Spielzeit
  • permanente Hotspotanzeige
  • schlechte Soundkulisse