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Über den Tellerrand: Minute of Islands
Vom: 22.07.2021

Entwickler: Studio Fizbin

Publisher: Mixtvision

Getestet auf Windows, Sprache: Deutsch, Englisch

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Der deutsche Entwickler Studio Fizbin wurde in Adventurekreisen durch das klassische Abenteuer The Inner World bekannt. Am 13. Juni 2021 erschien das Spiel Minute of Islands, welches die Reise des Mädchens Mo beschreibt, bei dem es sich aber nicht um ein Point-and-Click-Adventure handelt. Stattdessen wird es als storybasierter Plattformer aufgeführt, welcher dennoch Rätsel und Puzzles enthalten soll. Grund genug, sich das Spiel einmal näher anzuschauen.

Die einsame Reise von Mo

Die Mechanikerin Mo muss mit Hilfe eines Omni-Switches die unterirdischen Maschinen einer Inselgruppe am Laufen halten. Diese werden von vier uralten Brüdern betrieben und sorgen dafür, dass die Luft auf den Inseln gereinigt wird. Doch nun sind alle Maschinen ausgefallen und tödliche Giftstoffe strömen aus. Daher macht sich Mo auf den Weg, um die Maschinen wieder mit Energie zu versorgen und damit ihre Familie zu schützen, die verteilt auf den Inseln lebt. Mo reist in fünf Kapiteln und einer Spielzeit von 6-7 Stunden über die verschiedenen Inseln und ist dabei zumeist alleine unterwegs. Im Verlauf des Abenteuers breitet sich zunehmend eine melancholische Stimmung aus. Die Interaktion mit anderen Charakteren beschränkt sich im gesamten Spiel auf ein Minimum.

 

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Die Maschinen müssen wieder zum Laufen gebracht werden

Indirekte Gesprächsführung

Die Geschichte von Mo wird durch die Schauspielerin Megan Gay erzählt, welche als einzige Sprecherin fungiert. Die englische Vertonung ist dabei sehr gelungen und erzeugt mit der stets passenden Musik eine düstere Atmosphäre. Störend ist dabei allerdings, dass die auktoriale Erzählerin gerade zu Beginn häufig den Spielfluss unterbricht. Mo läuft nur ein kleines Stück und schon kommt die Sprecherin in einer Sequenz wieder zum Einsatz. Später werden diese Unterbrechungen deutlich weniger. Insgesamt ist das Erzähltempo langsam gehalten. Wenn Mo von einer Insel zur nächsten reist, kann schon einmal eine gewisse Ungeduld aufkommen, wenn nach jedem gesprochenen Satz eine vermeintlich lange Pause entsteht.

Unterwegs trifft Mo immer wieder auf einzelne Familienmitglieder. Diese können angesprochen werden, allerdings gibt es keine Dialoge, sondern das Gespräch wird aus der Erzählperspektive geführt. Außerdem sind die Begegnungen sehr kurz gehalten. Durch Erinnerungen von Mo werden immer mehr Hintergundinformationen bekannt. Auch einige Gegenstände kann sich Mo ansehen, hier wird zumeist ein kurzer Satz in deutschten Untertiteln eingeblendet.

 

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Immer wieder gibt es kurze Begegnungen mit anderen Charakteren

Grafische Augenweide

Die wunderschön gezeichnete Grafik ist das Highlight des Spiels. Jede Insel hat dabei ihren eigenen Charakter. Überall gibt es etwas anzuschauen. Allerdings wird auch die düstere Atmosphäre eingefangen. Die Luft ist mit Giftstoffen verseucht und an vielen Stellen liegen Tierkadaver. Der unterirdische Bereich ist dagegen einfacher gehalten und bietet kaum Hingucker, daher fallen die Laufwege dort besonders negativ auf. Auf große Zwischensequenzen verzichtet das Spiel und die Charaktere zeigen zumeist keine Mimik und Gestik. Hier wurde ausschließlich auf die Arbeit der Sprecherin gesetzt.

 

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Optisch hat jede Insel viel zu bieten

Hangeln, Klettern, Springen und die Suche nach Erinnerungen

Die Steuerung erfolgt mit der Tastatur oder alternativ mittels Gamepad. Dies funktioniert grundsätzlich recht gut, nur wenn für die Inbetriebnahme der Maschinen mehrere Tasten zugleich betätigt werden müssen, wird es schon einmal etwas fummelig. Im Großteil des Spiels muss sich Mo von A nach B bewegen und leider auch oft von B nach A zurück. Dies hat extrem lange Laufwege zur Folge. Oberirdisch sind diese schön anzusehen, im Untergrund wird dagegen die Geduld des Spielers gefordert. Mo kann auch rennen, allerdings muss sie viel klettern, was auf dem Weg nach unten nicht immer einwandfrei funktioniert. Somit bleiben die Wege lang. Manchmal werden für den Rückweg Abkürzungen geschaffen, dies ist aber nicht überall der Fall. Auch Hangeln und Springen wird verlangt und an wenigen Stellen muss Mo Leuchtkugeln ausweichen oder Symbole in der richtigen Riehnfolge berühren. Sterben kann sie dabei nicht, somit sind die Sequenzen gut zu bewältigen.

 

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Die wenigen Geschicklichkeitseinlagen sind gut zu bewältigen - Sterben kann Mo dabei nicht

 

Rätsel sollten im Spiel nicht erwartet werden. Einmal sind Türen über einen Mechanismus zu öffnen, ansonsten zwischendurch Gegenstände an offensichtliche Stellen zu verschieben. Ein Inventar ist zwar vorhanden, wird aber im gesamten Spiel nur von einer Handvoll Gegenständen genutzt, welche Mo automatisch passend auswählt. Die wenigen Interaktionsmöglichkeiten werden dabei immer über ein Symbol angezeigt. Neben der Inbetriebnahme der Maschinen ist die Hauptaufgabe das Finden von Mos Erinnerungen, welche überall auf den Inseln verstreut sind. Die Anzahl der Erinnerungen wird für jede Insel angezeigt. Diese Erinnerungen sind zum Teil gut versteckt und durch die Grafik ist die Wegfindung nicht immer einfach, so dass die Suche einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Der Abschluss des Spiels ist aber auch ohne die Erinnerungen möglich, da diese lediglich optional sind. Allerdings fehlen dann viele Hintergrundinformationen, die zum Verstehen der Geschichte notwendig sind.

Gespeichert wird im Spiel ausschließlich automatisch. Dies geschieht aber nach jeder Handlung und somit sehr häufig und zuverlässig. Werden die Inseln einmal verlassen, kann Mo oft nicht an den Ort zurückkehren. Wenn der Anspruch vorhanden ist, alle Erinnerungen zu finden, sollte dies also unmittelbar erfolgen. Das Spiel fordert deswegen vor dem Verlassen eines Ortes eine zusätzliche Bestätigung.

 

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Die Suche nach Erinnerungen wird schnell zur Hauptaufgabe

Fazit

Mit Minute of Islands ist ein weiterer Vertreter der sogenannten Walking Simulatoren erschienen. Optisch ist das Abenteuer um Mo sehr schön und auch eine passende Atmosphäre wird an vielen Stellen geschaffen. Dennoch sind die Laufwege häufig viel zu lang und die Kletterpassagen wirken teilweise aufgesetzt, um die Zeit zu strecken. Die Aufgaben wiederholen sich, Abwechslung ist spielerisch kaum vorhanden, wodurch eine gewisse Langatmigkeit entsteht. Obwohl die Erzählerin ihren Job gut macht, hätte die Geschichte noch mehr Tiefgang vertragen können. Vor allen Dingen die Informationen zu den anderen Charakteren sind sehr kurz gehalten. Die wenigen Interaktionsmöglichkeiten werden den klassischen Adventurespieler kaum zufriedenstellen, doch auch als storybasierter Plattformer kann Minute of Islands nur bedingt überzeugen. Zumal die versprochenen Rätsel und Puzzles nicht der Rede wert sind.

Kommentar

Ich war sehr gespannt, was das Team um Studio Fizbin außerhalb von Point-and-Click-Spielen auf die Beine stellt. Leider konnte mich Minute of Islands nicht überzeugen, obwohl das Abenteuer um Mo optisch wunderschön anzusehen ist. Doch spielerisch hat es einfach viel zu wenig zu bieten. Mit fehlenden Rätseln kann ich leben, doch auch ein Plattformer muss eine gewisse Herausforderung und Abwechslung aufweisen. Für einen guten Walking Simulator sind einige Teile einfach viel zu langatmig gehalten. Auf der Suche nach Erinnerungen war ich zum Teil regelrecht genervt, gerade in den unterirdischen Passagen. Sehr schade, weil die Geschichte durchaus einen interessanten Ansatz hat und mich die Erzählerin überzeugen konnte.

Adventure-Treff-Wertung: 68%

Hinweis

Depressive Menschen sollten Minute of Islands mit Vorsicht genießen und sich nicht von der hübschen Grafik täuschen lassen. Denn die Story entwickelt sich immer mehr in eine düstere Richtung. Themen wie Einsamkeit und Verlust werden behandelt. Auch für Kinder ist das Spiel daher eher nicht geeignet.

Janina Brünner