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Interviews

Jeff Kliment
Gesprächspartner: Luc 'LGH' Gilbertz
Sprache:
Vom: 29.09.2003

Über

Wir hatten die Gelegenheit Jeff Kliment, dem Leiter der LucasArts Sound-Abteilung, einige Fragen zu stellen. Dabei haben wir sowohl Themen wie Sound Design, Musikuntermalung, Sprachaufnahmen und offizielle Soundtrack CDs angeschnitten.



Wir bedanken uns bei dem LucasArts PR Team für die Unterstützung, und natürlich bei Jeff Kliment für die detaillierten Antworten!

A) Allgemeines



Adventure-Treff: Hallo, könntest Du dich kurz vorstellen ? Wie bist Du in der Welt des Sounds gelandet?

Jeff Kliment: Hallo... Ich bin Manager der Sound-Abteilung bei LucasArts. Meine Abteilung ist verantwortlich um Sound und Musik zu erschaffen und um sicher zu stellen, dass diese Elemente so gut wie möglich in unsere Spiele eingebunden werden. Wir arbeiten eng mit dem Rest des Entwicklungsteams zusammen, wie z.B. mit den Programmierern, den Artisten, den Level Designern, um das Hauptziel zu erreichen, ein fantastisch klingendes Spiel zu entwickeln.



Ich erlernte den Umgang mit Audio-Medien 1979 an der San Francisco State University, wo ich einen Abschluss in „Creative Arts“ erhielt. Ich studierte Tontechnik, die Post-Produktion von Filmen und weitere verwandte Fächer. Ich arbeitete ebenfalls als AV Techniker in einem Arbeit-Studium-Programm der Studentenunion.



Noch während ich auf der Uni war erhielt ich einen Job bei Russian Hill Recording in San Francisco. Ich arbeitete dort 15 Jahre lang als Tontechniker. Ich hatte das große Glück, an einer Vielzahl von interessanten Projekten mit sehr talentierten Leuten zusammenzuarbeiten. Währned der gleichen Periode arbeitete ich auch als live Soundmixer für mehrere Bands.

A-T: Wie erhielst Du deinen Job bei LucasArts?

Jeff Kliment: Ein Freund von mir arbeitete dort und er kontaktierte mich als sie einen neuen Sound Designer suchten. Das war im Jahre 1996. Ich war sehr interessiert an interaktiver Audiogestaltung, und stellte mir vor, dass LucasArts ein großartiger Ort wäre um mehr darüber zu lernen – und das war es auch!

A-T: Was war dein erstes Projekt an dem Du bei LucasArts beteiligt warst?

Jeff Kliment: Mein erster Auftrag war Outlaws, wo ich bei unterschiedlichen Audio-Arbeiten assistierte. Ich entwickelte die meisten Waffengeräusche in diesem Spiel. Danach war ich Lead Sound Designer für Star Wars Rebellion, Grim Fandango, Star Wars Racer und Star Wars Pit Droids.

B) Sound Design



A-T: Wie werden die Sound Samples bei LucasArts meist produziert? Werden diese synthetisch im Studio gestaltet, oder handelt es sich eher um Aufnahmen vor Ort?

Jeff Kliment: Wir benutzen alle gängigen Techniken um Sound zu erschaffen. Wir machen zahlreiche Feldaufnahmen, verwenden die Foley-Technik und benutzen Samplers und Synths...

A-T: Verwendet ihr auch Sound-Datenbanken von externen Firmen, oder wird alles im Hause produziert?

Jeff Kliment: Wir versuchen stets, so viel wie möglich selbst zu produzieren, aber wir verwenden ebenfalls einige Sound-Datenbanken vom Regal, wenn uns dies sinnvoll erscheint. Die meiste Arbeit wird aber von unseren Sound Designern erledigt.

A-T: Ich stelle mir vor, dass bei LucasArts eine ziemlich große Sound Datenbank über die Jahre zusammen gekommen ist. Wie schwierig ist es, diese so zu organisieren, dass man stets die Sound Samples findet, die man gerade braucht?

Jeff Kliment: Dies ist eine Riesenarbeit! Wir haben eine sehr ausgedehnte Online SFX und Musik Datenbank... und diese zu verwalten ist eine Vollzeit-Aufgabe. In der Vergangenheit haben wir ein eigenes Filemaker Datenbank-System verwendet, aber wir konvertieren dieses momentan auf NetMix.

A-T: Der Sound in LucasArts Spielen wirkt nie repititiv. Die Geräuschskulisse im Hintergrund wiederholt sich nicht zu oft, und jedes Spiel hat eine einzigartige Atmosphäre. Wieviele Minuten neuer Sound wird im Schnitt für jedes Spiel produziert, und wieviel wird von älteren Spielen übernommen?

Jeff Kliment: Vielen Dank für die Feststellung! Wir übernehmen nur selten Geräusche, und falls doch, so werden diese verarbeitet und der neuen Verwendung angepasst.



Unsere Spiele enthalten 500 bis 2000 SFX Dateien, abhängig vom Umfang des Spiels, und 50 bis 120 Minuten Musik. Wir erschaffen viel Inhalt!

A-T: Viele neue Titel verwenden 3D-Sound. Wie schwierig ist es, diesen zu produzieren?

Jeff Kliment: Das 3D-System ist Bestandteil der Sound-Engine, und es kann schon ziemlich hartnäckig sein, die Algorithmen richtig hinzubekommen. Wir bewegen uns zur Zeit immer mehr in die Richtung von echtem Surround Sound. Ich denke, dass die Next Generation Konsolen alle Surround 5.1 oder besser unterstützen werden.

A-T: Wie unterscheidet sich der Sound in klassischen Adventures (wo es weniger Schüsse und Explosionen gibt, und wo in der Regel kein Bedürfnis nach 3D Sound besteht) von dem Sound in anderen Genres? Ist die Sound-Produktion bei den Adventures leichter?

Jeff Kliment: Unsere klassischen Adventures wie Monkey Island oder Grim Fandango sind bei weitem die sound-intensivsten Spiele! Sie enthalten auch am meisten gesprochene Dialogzeilen. Wenn der Spieler so viele Auswahlmöglichkeiten hat, und so viele Aktivitäten stattfinden, müssen wir es auch akkustisch interessant behalten. Shooters sind viel einfacher was die Soundgestaltung anbelangt!

A-T: Wie schwierig ist es, das richtige Gleichgewicht zwischen Stimme, Musik und Sound zu erreichen?

Jeff Kliment: Es ist sehr wichtig den Soundtrack gut zu tunen. Wir arbeiten sehr eng mit der Qualitätssicherung und den Programmierern zusammen, um sicherzugehen, dass alles gut ineinandergreift und dass der Spieler alles gut hören kann. Da der „Mix“ in Echtzeit berechnet wird, kann dies sehr kompliziert sein. Der Schlüssel zum Erfolg ist es, das Spiel so oft wie möglich durchzuspielen, und dabei immer wieder an den Einstellungen zu feilen.

C) Leitung der Sound-Abteilung



A-T: Seit wann bist Du der Manager der Sound-Abteilung von LucasArts?

Jeff Kliment: Ich habe bis 2000 als Sound Designer gearbeitet, als ich zum Sound Department Manager befördert wurde.

A-T: Ich stelle mir vor, dass Du als Manager viele Entscheidungen fällen musst, und zwar sowohl über den Sound, als auch über die Musikgestaltung und die Sprachaufnahmen. Wie sieht es mit deinem eigenen musikalischen Hintergrund aus? Bist Du auch selbst ein Komponist?

Jeff Kliment: Nein, ich bin kein Komponist. Ich hatte einige Musikkurse in der Schule belegt, aber mein Bereich ist vor allem Sound Design und Tontechnik.

A-T: LucasArts Spiele haben immer eine hervorragende Sprachausgabe! Mir ist aufgefallen, dass die Sprachproduktion in fast jedem einzelnen LucasArts Titel von Darragh O’Farrell geleitet wird. Wie schafft er dies? Hat er auch gelegentlich Zeit zum Schlafen?

Darragh O’Farrell: Ich beantworte diese Frage mal selbst. Ja, ich schlafe, aber nicht viel. Es gibt zwei Schlüsselfaktoren, die mich über all die Jahre hinweg auf den Beinen hielten. Erstens führe ich nun Regie seit zwölf Jahren, und ich habe mit den meisten der Top-Synchronsprecher schon hunderte von Malen zusammen gearbeitet. Aus diesem Grunde weiß ich genau zu was sie fähig sind, und welche Rolle zu welchem Sprecher am besten passt. Dies spart mir viel Zeit beim Casting der Star Wars Spiele. Original-Titel sind hingegen immer noch mit einem längeren Vorsprechen verbunden. Der zweite, und wohl auch der wichtigste Faktor ist die Unterstützung, die ich von meiner Abteilung erhalte. Ich kann auf ein großartiges Aufnahme-Team zurückgreifen und habe einen Abteilungs-Koordinator, der all meine Gedanken und Wünsche antizipieren kann.

A-T: Wenn man sich die Credits so anschaut, stellt man fest, dass häufig auf bekannte Schauspieler zurückgegriffen wird. Ist es schwierig, immer die optimale Stimme für jeden Charakter ausfindig zu machen?

Darragh O’Farrell: Vor allem bei den Originalspielen. Die 5 oder 6 Hauptrollen gut zu besetzen ist das Allerwichtigste. Den richtigen Fang für einen Guybrush, Manny oder Ben zu machen stellt meist eine große Herausforderung dar. Dies sind die Charaktere, mit denen der Spieler während mehr als 40 Stunden auskommen muss. Der Sprecher muss die richtige Stimme und vor allem viel Talent mitbringen.



Wenn ein bekannter Schauspieler eine Hauptrolle in einem unserer Spiele spielt, so war das meist geplant, aber wenn ein bekannter Schauspieler in einer Nebenrolle auftaucht, handelt es sich meistens um einen Zufall. Während den Aufnahmen für Star Wars: Knights of the Old Republic war ich am Tag nach dem Erntedankfest im Studio und teilte Pat Fraley eine Rolle zu, die an Ed Asner angelehnt war. Es stellte sich heraus, dass Pat und Ed Nachbarn sind; also griff Pat zum Telefon und erklärte seinem Freund, er sei gerade im Studio, und dass wenn Ed nicht in den nächsten 10 Minuten vorbeikommen würde, er selbst versuchen müsste, eine möglichst überzeugende Ed Asner Nachahmung hinzubekommen. 5 Minuten später saß Ed im Aufnahmestudio und spielte einen ungeduldigen Jedimeister.

A-T: LucasArts arbeitet in letzter Zeit häufig mit unabhängigen Kompinisten zusammen, so z.B. mit Michael Giacchino, Jack Wall, Clint Bajakian und Jeremy Soule. Wie entscheidet ihr, welchen Komponisten ihr für welches Projekt anheuert?

Jeff Kliment: Wir versuchen die richtige Person für den Job herauszusuchen. Jeder Komponist hat bestimmte Stärken, und das berücksichtigen wir natürlich bei unserer Wahl. Manchmal zieht der Produzent einen bestimmten Komponisten vor, manchmal treffe ich die Entscheidung. Weiterhin spielt auch die Verfügbarkeit eine Rolle. Manchmal ist ein Komponist schon ausgebucht, und wir müssen uns einen anderen aussuchen. Es spielen also mehrere Faktoren mit.

A-T: LucasArts hat weiterhin auch einen neuen Komponisten, Mark Griskey, fest eingestellt. Also produziert LucasArts sowohl einige Soundtracks im eigenen Haus, während andere Spiele von freischaffenden Musikern untermalt werden. Welche Vorteile haben die jeweiligen Vorgehensweisen?

Jeff Kliment: Der größte Vorteil, sowohl auf eigene als auch auf externe Komponisten zurückgreifen zu können ist die Effizienz. Dies erlaubt mir die richtige Person für jedes Spiel zu wählen, ohne dass ich mich um ein riesiges Arsenal von Mitarbeitern kümmern muss. Neben Mark Griskey haben wir übrigens noch einen weiteren Vollzeit-Komponisten, Jesse Harlin, auf unserer Gehaltsliste stehen. Mit Mark, Jesse und auch den Freelancern erhalten wir sehr viel Klang für unser Geld.

A-T: Du hast die „traditionellen“ LucasArts Komponisten Michael Land, Clint Bajakian und Peter McConnell zum ersten Mal begegnet, als diese noch direkt für LucasArts arbeiteten. Später hast Du auch bei verschiedenen Gelegenheiten mit ihnen zusammengearbeitet, als diese freischaffend unter Vertrag genommen wurden. Wie hat dies sich auf euer Arbeitsverhältnis ausgewirkt?

Jeff Kliment: Dies ist eine interessante Frage. In manchen Hinsichten ist unser Verhältnis völlig anders geworden. Anfangs arbeitete ich für sie, und nun arbeiten sie für mich! Aber andererseits ist auch alles beim Alten geblieben. Wir arbeiten alle am gleichen Zeil, nämlich Spiele zu entwickeln, die großartig klingen, und unser Verhältnis beruht auf gegenseitigem Respekt. Das ist, worauf es ankommt.

A-T: Könntest Du einen deiner typischen Arbeitstage beschreiben?

Jeff Kliment: Oh, sowas gibt es nicht!

D) Live-Musiker und Orchester



A-T: Die Klangqualität der Musik in Computerspielen hat im Laufe der Jahre eine große Entwicklung durchgemacht. LucasArts hat in Spielen wie Monkey Island 3 und 4 und Grim Fandango auf etliche Live Musiker zurückgegriffen und hat nun bei Indiana Jones and the Emperor’s Tomb, Secret Weapons over Normandy und Wrath Unleashed sogar auf komplette Orchester zurückgegriffen. Wie kam es zu solchen Entscheidungen?

Jeff Kliment: Wir versuchen stets die Qualität unserer Soundtracks zu verbessern. Bei jeder Spielegeneration haben wir die Leiste etwas höher angesetzt. LucasArts glaubt fest an die Wichtigkeit von Original-Soundtracks, und der beste Weg um dies zu erreichen ist mit Live Musikern. Außer man sucht mal etwas anderes. David Levison hat z.B. eine elektronische Musikuntermalung für RTX Red Rock erschaffen, die perfekt zur Atmosphäre dieses Spiels passte. In anderen Wörtern, wir versuchen immer das zu nutzen, was am besten passt.

A-T: Könnte die Verwendung von Orchestern ein neuer Trend für Computerspiele werden?

Jeff Kliment: Ich hoffe das sehr. Es wird auf jeden Fall ein Trend für LucasArts Spiele werden, das kann ich euch schon mal versprechen.

E) Filmlizenzen (Star Wars, Indiana Jones)



A-T: In Spielen, die auf Filmen basieren, habt ihr generell zwei Möglichkeiten: Ihr könnt direkt auf den Soundtrack des Films zurückgreifen (wie z.B. in Jedi Knight), oder ihr könnt neue Musik für das Spiel produzieren, die nur leicht an die Themen der Filme angelehnt ist (wie z.B. in Indiana Jones and the Emperor’s Tomb). Wann macht welche dieser Optionen am meisten Sinn?

Jeff Kliment: Das hängt ausschließlich vom Spieldesign und von den Zielen des Projektleiters und des Teams ab. Es gibt keine allgemein gültige Antwort auf diese Frage.

A-T: In allen Spieletests die ich über Indiana Jones and the Emperor’s Tomb gelesen habe, wurde die Musik in höchsten Tönen als Aufwertung der Spielerfahrung gelobt, und der Soundtrack erhielt ausgezeichnete Wertungen. Allerdings gab es mehrere Teste, in denen behauptet wurde, die Musik stamme direkt aus den Filmen. Ist es nicht ein wenig frustrierend, wenn so viel Aufwand und Geld in die Musik gesteckt werden, und dann einige Leute das nicht mal realisieren?

Jeff Kliment: Sehr einsichtige Frage... Ja, es kann durchaus frustrierend sein, aber es zeigt doch nur, dass wir eine gute Arbeit geleistet haben, wenn der Spieler den Unterschied nicht merkt! Dies trifft sowohl auf die Musik als auch auf den Sound-Design zu, besonders bei Star Wars Spielen. Die meisten Leute gehen davon aus, dass wir alle Soundeffekte einfach aus den Filmen rausnehmen, aber Tatsache ist, dass 80% oder mehr vom Sound speziell für das Spiel erschaffen wird.

F) Offizielle Soundtrack CDs



A-T: Warum werden nur sporadisch Soundtrack CDs von LucasArts veröffentlich, wo doch fast alle LucasArts Spiele alle für ihre ausgezeichnete Musik bekannt sind? (Warum gibt es beispielsweise keine Soundtrack CDs zu The Curse of Monkey Island, Escpae from Monkey Island, Indiana Jones and the Emperor’s Tomb...?)

Jeff Kliment: Soundtracks sind gut für die Promotion eines Spiels, und ich glaube, dass wir auch weiterhin welche für für diesen Zweck produzieren werden, aber unser Hauptanliegen wird es bleiben gute Spiele zu machen.

A-T: Glaubst Du, dass in Zukunft mehr Soundtrack CDs veröffentlicht werden?

Jeff Kliment: Ich werde mit Sicherheit nach Gelegenheiten Ausschau halten um weitere Soundtrack CDs zu produzieren.

A-T: Hast du eine Idee, ob die Soundtrack CDs die schon veröffentlicht wurden (The Dig, Grim Fandango, The Best of LucasArts Original Soundtracks) sich gut verkauft haben?

Jeff Kliment: Unsere Fans lieben sie, aber die Zahlen sind eher bescheiden, was auch die Ursache ist, warum wir nicht für jedes Spiel eine Soundtrack CD rausbringen.

A-T: Viele Musik-Fans die nicht in den Vereinigten Staaten oder Kanada leben sind sehr enttäuscht, dass sie nicht an die CDs rankommen, da diese meist nur über den Company Store erhältlich sind. Könnte LucasArts nicht versuchen, diese auch dem Rest der Welt zugänglich zu machen?

Jeff Kliment: Tut mir leid, dies ist eine Frage an unsere Verkaufsabteilung.

A-T: Vielen Dank, dass Du dir die Zeit für dieses lange Interview genommen hast!