"Ich finde, dieses Spiel verhält sich zu einem mehr traditionellen Spiel wie ein Gemälde mit einer mythologischen Szene zu einem Gemälde mit zwei Flächen, jeweils in einer Farbe bepinselt.
Das mythologische Bild kann Begeisterungsstürme hervorrufen, weil es schön gemalt, das Thema originell dargestellt wurde, man viele Details aus der Mythologie und anderen Bildern vergleichender Themenstellung erkennt usw.
Das Bild mit den zwei farbigen Flächen dagegen kann eher Kopfkratzen auslösen, weil eigentlich nicht direkt etwas zu sehen ist. Außer zwei farbigen Flächen.“ (Möwe)
Ist es erlaubt, hier die grundsätzliche Unterscheidung zwischen konkret und abstrakt herauszulesen?
Ein Bild von einem Baum ist hübsch und es ist gut gemalt, wenn man den Baum als solchen ganz klar erkennt (Und ein Baum ist ein Baum ist ein Baum…). Bei einem schmierigen Gatsch muß man sich jedoch ein bisserl mehr anstrengen, um etwas Brauchbares zu erkennen (und folglich steigt dann wohl auch die Vielfalt der Interpretationsmöglichkeiten).
(Obwohl natürlich, streng genommen, auch das Bild des Baumes sehr tiefgründig interpretiert werden kann… vielleicht (eine diesbezügliche Tiefgründigkeit steigt in der Regel proportional zum Promillespiegel)).
„Anders als bei der mythologischen Szene, bei der die Impulse des Bildes von Außen an einen herangetragen werden, ist man hier eher auf sich selbst angewiesen, wenn man das Bild „verstehen“ will. „Erleben“ wäre eher das passende Wort.“ (Möwe)
Meines Erachtens, ist der eigentliche Prozeß bei jedem Bild der gleiche (ebenso bei jedem Spiel). Ein konkreter Inhalt macht zwar vieles leichter (oder vielleicht auch schwieriger, weil er ablenkt). Aber im Grunde trägt man sich immer selbst ans Bild/Spiel heran (um zwischendurch mal hochförmlich zu klingen *hüstel*).
Ich glaube, im „Dorian Gray“ hat Oscar Wilde irgend sowas in der Art geschrieben, daß beim Betrachten eines Bildes nicht der Maler, sondern der Betrachter zu sehen ist.
Im Falle von Phobos hat man (hübsch künstlerlisch bildlich gesprochen) mehrere Schichten zu durchdringen, bei einem Lost Horizon ist man da beispielsweise recht schnell wieder fertig.
„Dadurch hat man die Möglichkeit, seine eigene Realität und Erfahrung mit einzubeziehen.“ (Möwe)
Das passiert, wie ich finde, grundsätzlich bei jedem Spiel/Bild. Bei Spielen wie Phobos, Dear Esther u. dgl. sind „nur“ die Auswirkungen gravierender, weil eine unterschiedliche Interpretation bedeutender ist, als bloße Unterscheidung des Geschmackes.
„Die Kunst entsteht für mich dadurch, dass die Ebenen „was ist das Spiel?“ und „was ist meine Interpretation des Spiels?“ verschwimmen.“ (Möwe)
Hmm… Da Unterhaltungen ohne Zirkelkonstrukte Unglück bringen, frage ich jetzt mal drehend, ob es nicht eher umgekehrt Kunst ist, wenn man gar nicht recht weiß, WAS das Spiel sein soll, sondern nur auf die eigene Interpretation angewiesen ist? Spiele bei denen sich die Interpretation mit dem WAS deckt, sind sowas wie die Geheimakte-Spiele u. dgl. Wobei man natürlich auch letztere als Kunst betrachten kann (eigentlich müßte man wohl zunächst anfangen, "Kunst" zu differenzieren, um noch ein paar Verschachtelungen zu entwickeln...*keuch*... immer diese Vielfalt an Perspektiven und Definitionen...)
(Aber ich glaube zu wissen, wie du die Sache gemeint hast)
Gaaanz streng genommen, halte ich es eigentlich ohnehin für unmöglich, ein Werk wirklich so zu durchschauen, wie es tatsächlich gemeint ist (weil man nicht in die Haut des Autors schlüpfen kann). Aber das führt wohl in zu weit entfernte Gefilde, welche die objektive Realitätserkenntnis als solche in Frage stellen… *schwirr*
„Allerdings kann man nie konkret sagen, dass es soundso zu wirken hat, weil es auf jeden anders wirken muss, je nach Erfahrung und dem Willen, sich auf das Gemälde einzulassen.
Und natürlich kann man es auch einfach übertreiben und jedweden Halt bezüglich der Realität verlieren." (Möwe)
Und genau da wäre ich dann jetzt wohl angelangt…
