k0SH hat geschrieben:Entwickeln das Spiel denn komplett andere als noch TWW1?
Zumindest wird das Ergebnis nicht viel mit TWW1 gemeinsam haben.
Carsten ist selber gespannt, welche Zielgruppe es am Ende anspricht, bzw. wer die Zielgruppe ist.
Sicher das gewagteste Projekt..
Das wird also ein Sequel zu einem Spiel, das a) in sich abgeschlossen war und b) jetzt eine Zielgruppe anspricht, die den Vorgänger wahrscheinlich gar nicht gespielt hat? Mutig.

edit: Wobei die Diskussion ziemlich oll ist. Daedalic hat bisiher einen sehr bestimmten und spezifischen Typus Spiel gemacht, das ist jetzt das erste Spiel in dieser Richtung, das nicht wie ein Design-Klon der 1990er-Titel daherkommt. Ich hab nix gegen Monkey Island und gerne noch tausend Ableger davon, aber die Erfahrung lehrt: die wird es
immer geben.
Persönlich hätte ich The Whispered World one einen guten Teil seiner Rätsel tatsächlich besser gefunden. Nicht alles war schlecht. Aber immer wieder schlichen sich Beispiele dafür ein, warum gerade die klassische Inventar- und Objekt-Knobelei leicht daneben gehen kann. Das ist so, weil: Wenn man sich einen Adventure-Walkthrough ansieht, liest sich das fast wie eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anweisung eines Regisseurs an seinen Theaterschauspieler: "Nimm Katzenhaare. Nimm Apfelsirup. Benutze Katzenhaare mit Apfelsirup. Jetzt mach!" Weil es im Prinzip genau das ist: Eine genau festgelegte Abfolge von Handlungen, nach denen ein Ereignis in Gang gesetzt wird, das die Story foranschreiten lässt. Da lassen sich die abstrusesten Ketten konstruieren, was gar kein Problem ist, MacGuyver triffts oft nicht so wirklich (Richard Dean A. hattte noch nie Handys auf Katzenrücken geschnallt, oder Dynamitstangen auf Ratten gesattelt, echt nicht

). Die Interaktivität ist streng nach Skript, mit rudimentären Simulationen der Physik zum Beispiel hatte sich kaum jemand beschäftigt. Mir fiele die Return To Mysterious Island ein, das versuchte, einen Spieler auf einer einsamen Insel abzusetzen und mit den gefundenen Gegenständen (im vorgeskripteten Rahmen) experimentieren und basteln zu lassen. Stöckchen+Stein=Feuer, Stöckchen+Seil=Angel, etc.
Ein "Rätsel" wird jedenfalls erst daraus, wenn der Regiss... ähm, Designer dahinter dem Darst.... ähm, Spieler ein bisschen in die richtige Richtung schiebt. Zumindest das Ziel der Aktion, das gewünschte Ereignis, muss schon klar sein, deshalb gehen viele Dialogoptionen seit den alten Lucas-Tagen fast schon Meta oder eher "out of character": "Wie war das noch mal mit den drei Prüfungen?" "Wo bekomme ich noch mal eine Schatzkarte her?" "Welche Zutaten brauche ich noch mal für die Voodoo-Puppe"? Übrigens ist die Voodoo-Puppen-Geschichte in der Hinsicht immer noch ein elegantes Beispiel. Die Priesterin rät zu: "Etwas vom Faden", "Etwas vom Tod", "Etwas vom Körper(?)", und sagt damit, was gesucht werden muss, ohne es konkret beim Namen zu nennen -- aber konkret genug, um zu wissen, was gemeint ist. Die Verwicklungen, die sich daraus ergeben, auch in den Hirnwindungen (wie komme ich an Largos Schmutzwäsche? Wie an seine Körper(flüssigkeiten)?), sind ein Resultat dessen, dass der Spieler überhaupt weiß, was er suchen muss oder worauf er überhaupt hinarbeitet. Trotzdem gibt es normalerweise immer nur genau eine Lösung, die Schritt für Schritt sitzen muss, und das ist das andere Problem. Ein guter Designer ist sich dessen bewusst, ein schlechter füllt das Inventar mit zweitausend Gegenständen, die sich in ihrer Funktion womöglich noch überschneiden und lässt den Spieler komplett im Dunkeln. Wahrscheinlich ist nichts schwierigier zu designen als ein klassisches Inventarrätsel, das wirklich gut ist.
TWW hatte erstens (ein paar) extrem unoriginelle Logikpuzzles, inklusive dem obligatorischen Schiebepuzzle. Spots Fähigkeiten wurden vergleichsweise selten genutzt. Viel schwerer wog aber, was ein Blog so schön beschrieb:
Im zweiten Kapitel ist eine benötigte Hose außerhalb der Reichweite des Spielers. Die Lösung ist wirklich NAHELIEGEND: man fängt eine Maus und benutzt sie mit dem Objekt der Begierde, na klar! Man lässt sie hinab hängen, sie steckt sich die Hose ein (wtf?!) und das Rätsel ist gelöst. Das ist schon schlimm genug finde ich. Aber es kommt noch besser: die Entwickler entblöden sich nicht, Sadwick noch einen besonders lustigen Kommentar abgeben zu lassen, Marke “ich weiß nicht ob ich es gut finde ein Spiel zu spielen welches solche Aktionen belohnt”. Ja, das habe ich mich spätestens dort auch gefragt. Was ich mich noch mehr gefragt habe: warum hat man diesen völlig überflüssigen Gag nicht gleich weggelassen und dafür ein vernünftiges Rätsel eingebaut? Oder konnte man wirklich den geistigen Bankrott nur noch abmildern, indem man den Hauptcharakter zugeben lässt, wie schwachsinnig das ganze ist?
Selbst im sehr positiven GameStar-Test alles so erwähnt, ditto in diversen kritischeren internationalen, wobei der von Eurogamer.net meine eigene Meinung am besten trifft. Das gerade im ersten Kapitel recht robuste Design aus Deponia mit den liebenswerten Figuren von TWW, das wäre wohl mein liebstes Daedalic-Spiel gewesen.

Wichtig ist allerdings, finde ich auch, ein interaktives Element: Spiele wie das erste Laura Bow machten schon in den 1980ern die Geschichte zum Rätsel, Inventarknobeleien gab es so gut wie gar keine -- trotzdem konnte man ohne Spürnase das Ende erreichen, ohne zu wissen, wer der Mörder war. Inventarrätsel fast als Synonym für ein ganzes Genre sind eine Erfindung der Neuzeit, Sierra abseits ihrer Endlosserien experimentierten ständig mit neuer Technologie und neuem Design (m.E. würde ein modernes Police Quest mit seinem Auto fahren und Zeugenaussagen sammeln heute ähnlich wie ein LA. Noir aussehen, hoffentlich mit Fällen, die sich nicht fast von selbst lösen ohne "Failstate" -- das ist eine Polizeisimulation im Korsett einer ziemlich limitierten Parser-Engine).
Ken Williams hat geschrieben:Übrigens: Ich hasste immer den Ausdruck „Adventure-Spiel“. Phantasmagoria war ein Horror-Spiel. Es funktionierte, wenn es dich erschreckte, und es funktionierte nicht, wenn es sich wie ein „Rätsel“ oder „Adventure“ spielte. Larry funktionierte, wenn man lachen musste. Es war ein Comedy-Spiel. Es funktionierte nicht, wenn es sich nach einem „Adventure“ anfühlte. Entscheide dich für das Gefühl, das du hervorrufen willst: Tränen, Lacher, Angst usw. – und versuche, dies zu erreichen. Tue das, was diese Emotion hervorruft, und schmeiß den Rest weg.
Selbst die Lucas-Spiele unterschieden sich teilweise deutlich: Mag sein, dass der Geek Bernard in Dott einen Hamster einfror, damit Laverne in der Zukunft einen Generator betreiben konnte; der Biker Ben aus Vollgas scherte sich einen Scheiß und trat die verdammte Tür ein, wann immer sie geschlossen war (im übertragenen Sinne). Es gibt nicht nur neue Ideen, sondern auch etliche alte, die anscheinend komplett in Vergessenheit geraten sind, bis auf den Indie Blackwell hatte sich zum Beispiel niemand mehr an Notizen-basiertem Detektiv-Gamplay a la Discworld Noir versucht. Letztlich steckt hinter der Vorab-Kritik zunächst mal die große Angst vor dem "Casual"-Monster, vielleicht berechtigt, vielleicht nicht. Quick-Time-Events aka Rüttel-Spielchen sind in der Tat ziemlich steinzeitlich (Dragon's Lair, irgendwer? S** Games

), aber der gibt der Markt den Titeln, die sie nutzen, wohl recht, genreübergreifend. Wobei Silence technisch gesehen keine QTEs als solches nutzen soll.