Erstmal danke für den Antwortstil: gut argumentiert und nicht persönlich werdend, das ist man nicht unbedingt gewohnt!realchris hat geschrieben:[...]


Das widerspricht den historischen Gegebenheiten: Adventure verteilte sich 1977 über die Mainframerechner in den USA, eine kurze Weile vor dem Urgestein des Rollenspielgenres, Rogue, welches sich 1980 auf ähnliche Weise verbreitete. Akalabeth (Ultima 0 unter Fans) stand 1979 in den Läden. Es gab noch so manches anderes prototypische RPG, etwa dnd und Dungeon, aber inwieweit diese Spiele Adventure beeinflusst haben, lässt sich nur spekulieren. Meiner Meinung nach: keine bedeutsame, gerade wenn man bedenkt, dass sie im Gegensatz zu Rogue nicht die Bedeutsamkeit eines Grundsteines für das RPG-Genre erhalten haben. Daher denke ich, dass das allererste Adventure nicht von RPGs auf Computersystemen beeinflusst worden sein konnte, da es die ersten nennenswerten schlichtweg einfach noch nicht gab.Die Spiele von Sierra hatten noch Artefakte aus anderen Genres mitgeschleift. Wie immer, wenn sich etwas neues entwickelt, gibt es Übergänge. Möglicherweise dachte man, beeinflusst von bisherigen Computerspielen, dass es sowas wie Lebensenergie, sterben, Punkte eben auch im Adventure benötigt wird, damit es ein Spiel ist. [...] Man hat halt damals gedacht, weil es ein Spiel ist, muss es auch Punkte, Lebensenergie etc. geben. Ich vertrete auch die Theorie, dass das Adventure ein Kind des Rollenspiels ist, wodurch anfangs noch solche Dinge übernommen wurden. Streng genommen waren das noch keine lupenreinen Adventures, was aber in der Natur der Sache liegt. [...]
Wenn du hingegen von Tabletoprollenspielen redest, wie Dungeons & Dragons, dann...jain. Definitiv borgte William Crowther einige narrative Elemente aus der Richtung, aber wohl allgemein von der Herr der Ringe. So manches Fabelwesen findet sich schon in der Urfassung von Adventure wieder. Aber die Art der Geschichte (wenn man überhaupt von einer Geschichte sprechen kann; ich denke es handelt sich hierbei vielmehr um die Konstruktion einer erforschbaren virtuellen Welt) sollte nicht entscheidend für die Genredefinition sein! Nicht der Inhalt der narrativen Elemente bestimmt das Genre, sondern das Gameplay!
Interessanterweise lässt sich das Gegenteil feststellen, nämlich dass das RPG-Urgestein Rogue seine Inspiration von Textadventures erhielt! Um Gamasutra aus einem Feature zu Rogue zu zitieren:
Das äußert sich auch daran, dass eine spätere, von Epyx veröffentlichte Version von Rogue mit vollem Titel "Rogue: The Adventure Game" hieß, eine Betitelung die heutzutage recht befremdlich wirkt, da Rogue doch "ganz klar!" ein RPG ist.Although the text adventures Toy and Wichman played and developed were fun, they suffered from limited replayability. Once you've solved all the puzzles in Zork, for instance, there's little reason to continue playing. What Toy and Wichman desired to make was a game that would be different each time, never offering the exact same gameplay twice.
Im allgemeinen haben Adventure und Rogue nicht viel miteinander gemein: Rogue kreiert seine Dungeons mit jedem Neustart von neuem, Adventures Spielwelt bleibt stets statisch die gleiche. Adventure steuert sich mittels dem Eingeben simplistischer Imperative, bei Rogue werden Aktionen auf Tastendruck ausgeführt. Rogue repräsentiert die Welt graphisch, Adventure beschreibt sie mithilfe von Text.
Zum Punktesystem: Meiner Ansicht nach kann man dies nicht mit dem Highscore aus Arcadespielen oder den HPs (Health Points) in Rollenspielen gleichsetzen.
Highscores sind dazu da, um übertroffen zu werden, und zwar nicht nur von einem selbst, sondern auch von anderen. Hinzu kommt, dass theoretisch, vor allem in Arcadespielen der damaligen Zeit, die Möglichkeit besteht, den Highscore beliebig zu steigern. Viele der Arcadespiele boten kein definitives Ende, sondern die Levels wiederholten sich so lange, bis man starb. Dagegen gibt es beim Punktesystem eine festgelegte Anzahl von Punkten, die maximal erreichbar ist.
HPs sind entscheidend dafür, ob das Spiel fortdauert oder nicht: sinken sie auf 0, ist Game Over. Ist das Maximum an Lebensenergie erreicht, ist das Spiel aber noch lange nicht gewonnen, man befindet sich lediglich in einer vorteilhaften Position.
Beim Punktesystem im Adventurespiel fängt man bei 0 an und der Punktestand steigt oder fällt mit dem Durchführen gewisser vorgegebener Aktionen. Hat man das Maximum an Punkten erreicht, ist das Spiel mit Sicherheit gewonnen (außer ein Bug liegt vor). Hat man nicht alle Punkte erreicht, ändert das aber nichts an der Möglichkeit das Spiel zu gewinnen, wobei es jedoch eine Mindestpunktanzahl gibt, mit der das Spiel beendet werden kann. Die könnte theoretisch bei 0 liegen. Es hängt jedoch nicht von der Punktzahl ab, ob man das Spiel gewinnt oder nicht, sondern von den durchgeführten Aktionen. Mit 68 von 137 Punkten könnte man etwa ein fiktives Adventurespiel gewinnen, oder noch ein ganzes Stück vom Ende entfernt sein. Das hängt davon ab wieviele Punkte durch optionale Aktionen erworben wurden.
Ich denke, wenn man sich die Unterschiede zwischen Highscore, Health Points und dem Punktesystem klar macht, dann sollte erkennbar sein, dass bei näherer Betrachtung sich deutliche Unterschiede in ihrem Zweck offenbaren. Daher halte ich es nicht für schlüssig, dass das Punktesystem lediglich aus einem anderen Videospielgenre entlehnt wurde. Ich würde gar sagen, dass es ein typisches Merkmal archaischer Adventurespiele ist, wenn auch nicht ein definitives.
Mystery House, das erste Adventurespiel von Roberta Williams, war bekannterweise von Adventure inspiriert. Von daher stammt auch das Punktesystem, welches in nahezu jedes folgende Sierra-Adventure Einzug hielt.
Womit du sicherlich Quest for Glory meinst. Nun müssen wir aber auseinander halten, warum all die Sierratitel das Wort Quest in ihrem Titel trugen. Und das hat, in meinen Augen, wahrlich wenig mit RPGs zu tun, aber eine ganze Menge mit der literarischen Gattung Fantasy. Denn in dieser ist die Suche (engl. Quest) nach etwas, etwa einem Schatz, ein gängiges Motiv. Und genau das ist auch Bestandteil der Handlung von King's Quest: vom alten König erhält Graham den Auftrag drei wertvolle verloren gegangene Gegenstände wiederzufinden. Gelingt ihm das, soll er zum König ernannt werden.Darüber hinaus muss man auch sagen, dass Sierra seine Spiele fast alle Quest genannt hat. Quests stammen aus dem Rollenspiel. Und Sierra hat alles mögliche Quest genannt. Auch Spiele, die nun wirklich keine Adventures mehr waren.
Der Grund für das Quest im Titel ist also der literarischen Gattung und nicht der Videospielgattung von "King's Quest" zuzuordnen. Und warum zahllose weitere Sierra-Adventures ein Quest im Titel trugen, so viele, dass es mich wundert, dass Gabriel Knight nicht Mystery Quest und Leisure Suit Larry nicht Sex Quest heißt? Nun, Marketing natürlich: King's Quest war ein Riesenerfolg für Sierra, der das Unternehmen vor dem finanziellen Bankrott bewahrte. Daher war es sicherlich nahe liegend die folgenden Spiele ebenso mit dem Wort Quest zu adeln, welcher sie in eine Produktreihe einordnet, für einen höheren Wiedererkennungswert und somit mehr Käufer sorgt.
Edit: Oh menno, jetzt hab ich mir mit dem Beitrag soviel Zeit gelassen, dass in der Zwischenzeit ne ganze weitere Diskussion vom Zaun gebrochen ist.
