
Ich finde die Verurteilung eines Titels allein aufgrund seiner Spielzeit nicht besonders hilfreich. Ob ich einen Unterhaltungstitel (egal ob Film, Spiel, Buch oder Achterbahnfahrt) gut finde, mache ich allein davon abhängig, ob die Geschichte oder die Fahrt es versteht, mich die gesamte Zeit über gut zu unterhalten. Ich hasse Adventure-Titel mit einer Spielzeit von mehr als 12 Stunden, bei denen der Spannungsbogen eigentlich nur für 6 Stunden gereicht hätte. Ich will, das was passiert, dass man vorankommt. Um auf das Beispiel Filme zurückzukommen: Inception ist sehr lang, den fand ich aber so packend und gut gemacht und für mich ohne Längen, dass ich im Kino gar nicht mitgekriegt habe, wie lang der Film eigentlich ist. Bei Herr der Ringe 3 oder Hugo Cabret ging mir die Filmzeit durch Längen streckenweise ganz furchtbar auf die Nerven. Ich dachte mir die ganze Zeit, wie man das sinnvoll hätte kürzen, und so das Erlebnis verbessern könnte. Selbes Spiel bei Frank Schätzings "Limit": Gute Idee, ganz spannende, wenn auch actionbetonte Geschichte, aber unfassbare Längen mit unnötigen, seitenlangen Ausschweifungen, die das Lesen echt anstrengend machen. Als Lektor hätte ich radikal auf 300-400 Seiten runtergekürzt.
Eine Achterbahnfahrt darf bei mir auch gerne nur 50 Sekunden lang sein, wenn diese mit einer Beschleunigung aus der Station und mehreren Loopings gewürzt ist. Diese mit 4-Minuten-Fahrten zu vergleichen, bei denen allein 2 1/2 Minuten fürs Hochfahren drauf gehen, finde ich nicht gut.
Mir gefällt auch der Gedanke nicht, ein an sich qualitatives Produkt hauptsächlich quantitativ zu messen. Das ging mir schon im Studium auf die Nerven. Ab und zu kann man eine Fragestellung umfassend, gut recherchiert und inhaltlich vollständig auf 15 Seiten präsentieren (ohne Gelaber), hat aber nunmal eine 20-Seiten-Vorgabe vom Dozenten, der darunter einfach Abzug gibt, ohne nachzudenken. Das ist ein ähnliches Prinzip wie hier in der Diskussion, aber meiner Meinung nach kein guter Weg, Dinge zu bewerten.
Fazit: Für mich zählt, wie gut mich eine Geschichte oder Fahrt in der präsentierten Zeit unterhält. Ich spiele auch nicht mit Stoppuhr (nur bei Tests für den AT, um eine ungefähre Zeit abgeben zu können, da das doch vielen Leuten sehr, sehr wichtig scheint) und bewerte ein Adventure privat hauptsächlich nach einem "Wie gut hat es mir gefallen"-Index.
In Extremfällen spielt die Spielzeit aber auch für mich eine Rolle, ist ja klar. Aber einen Titel anhand der Spielzeit zu verurteilen, noch bevor man irgendetwas davon gesehen oder ihn durchgespielt hat, finde ich nicht gut.