Realismus in Adventure Spielen

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countjabberwock
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Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von countjabberwock »

Ich hab jetzt Carol Reed 4 beendet und mach mich nun an Teil 5 in meinem Marathon von Teil 1-7.

An der Stelle muss ich mich aber mal zu den Rätselketten und dem Realismus äussern. Es ist ja sehr schön wenn die Rätsel nicht zu einfach sind und sich nicht sofort vor Ort - vielleicht sogar noch im selben Raum - lösen lassen. Aber irgendwo müssen sie auch Sinn ergeben und ich laufe im echten Leben nicht quer durch eine Stadt um Gegenstände zum lösen eines Rätsels zu sammeln wenn ich es auch irgendwie vor Ort lösen kann.

Ich setz das jetzt mal in Spoilertags für den Fall das jemand Carol Reed 4 - Mord an einem Unbekannten noch nicht gespielt hat:
1. Ich entdecke in der Küche einer Wohnung einen Gegenstand auf einem Kühlschrank und komme aber nicht heran. (Kühlschrankhöhe vielleicht 2 Meter).

2. In einem Ordner entdecke ich den Hinweis (Rechnung) auf einen Yachthafen und schalte ihn als neue Location frei.

3. Im Hafen kann ich das Boot nicht betreten weil der Reissverschluss vom Verdeck klemmt.

4. In einer Gasse finde ich eine Kerze.

5. Mit der Kerze kann ich den Reissverschluss einreiben und ihn dann öffnen.

6. In der Yacht finde ich einen Angelhaken.

7. In der Wohnung mit dem Kühlschrank kann ich den Angelhaken verwenden um aus einer Art Sparbüchse einen Schlüssel zu angeln.

8. Mit dem Schlüssel gelange ich auf den Dachboden.

9. Auf dem Dachboden finde ich ein kleine Leiter (nur 3 Sprossen oder so).

10. Die Leiter kann ich vor den Kühlschrank stellen um an den Gegenstand zu gelangen.

Nette Rätselkette. Aber wieso nehm ich nicht einfach einen der vier Küchenstühle welche direkt neben dem Kühlschrank stehen????? Die Leiter darf ich dann auch noch quer durch die Stadt tragen weil ich auch in einer anderen Wohnung an einen Gegenstand gelangen muss der im Regal zu weit oben steht - anstatt auch hier einfach einen Stuhl oder ähnlichen vor Ort zu verwenden.
Ich mag eigentlich keine Trigger aber an der Stelle würde es doch Sinn machen. Ungern steckt man eine Leiter oder einen Stuhl ein und trägt ihn quer durch die Gegend. Das sollte also so ablaufen: Ich stosse auf ein Problem und plötzlich werden in der direkten Umgebung neue Hotspots aktiv die vorher noch nicht da waren. Mit denen ist es mir dann irgendwie möglich das aktuelle Problem direkt vor Ort zu lösen. Nicht jedes Rätsel sollte so vor Ort lösbar sein aber ein paar wie das im Spoiler beschriebene schon.

Ich würde es auch sehr begrüssen wenn es endlich mal alternative Lösungswege geben könnte. Das wird doch wohl nicht so schwer sein. Wenn mir z.B. in der Realität ein Gegenstand in ein Gitter gefallen ist dann versuch ich entweder ihn mit einer Art Angel/Magneten herauszufischen oder aber ich besorge mir Werkzeug um das Gitter abzuschrauben. Nur mal so als Beispiel. Ich hab kein Problem damit wenn ich bei Sam & Max oder Monkey Island auf total abgedrehte Rätsel stosse oder ich nen Amboss in meiner Tasche mit rumschleppe - aber bei realistischen Spielen sollte es schon etwas anderes zugehen.
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Cohen
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von Cohen »

Schon bei Zak McKracken verflog man tausende Dollar, weil man einen Allerweltsgegenstand (Drahtschere, Whiskyflasche, Feuerzeug) brauchte, anstatt diesen einfach vor Ort einzukaufen.

Die meisten Inventarrätsel machen eigentlich nur einen Sinn, wenn der Protagonist einen guten Grund hat, ein bestimmtes Areal nicht zu verlassen (wenn die Zeit knapp ist oder man eingesperrt ist). Die Abenteurer begeben sich ja auch fast immer ohne jegliche Vorbereitung und Bargeld an einen neuen Ort.

Einfach nicht drüber nachdenken ;)
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von Nomadenseele »

Was ärgerlich war, dass man in Alter Ego nicht jedes Wasser zum Gips anrühern nehmen konnte :roll: .
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Cohen
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von Cohen »

Nomadenseele hat geschrieben:Was ärgerlich war, dass man in Alter Ego nicht jedes Wasser zum Gips anrühern nehmen konnte :roll: .
Nicht nur in Alter Ego... in "Paradise" gab es das gleiche Wasser-Problem
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countjabberwock
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von countjabberwock »

An die Sache mit dem Gips für den Fussabdruck in Alter Ego kann ich mich noch gut erinnern. Genau solche unsinnigen Aktionen mein ich.
Nomadenseele

Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von Nomadenseele »

countjabberwock hat geschrieben:An die Sache mit dem Gips für den Fussabdruck in Alter Ego kann ich mich noch gut erinnern.
Es eignet sich eben nicht jedes Wasser zum Gips anrühren. :P
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von stundenglas »

Nibiru:
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Aber auch in Memento Mori hatte ich gleich am Anfang so ein Problem.. ach nein das war der Wandschrank zum bekleiden. Wozu kleider im Schlafzimmer aufbewahren wenn man einen begehbaren Kleiderschrank im Wohnzimmer hat, gleich neben der Bücherecke.

Aber trotzdem haben mir diese Spiele spaß geamcht, und sollte ich jetzt jemals alter Ego spielen dann vielen dank für den Hinweis.
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von neon »

Wenn Adventures so realistisch wären, wie das reale Leben, wo wäre denn dann der Spielspaß?

Mal im Ernst, wann kommt man denn innerhalb von 10 Stunden in so viele Situationen, in denen man richtig improvisieren oder sich mit komplexen Maschinen auseinandersetzen oder Menschen in komplizierten Gesprächen überzeugen muss, wie in einem Adventure? Wenn es so wäre, hätte man einen verdammt schlechten Tag.

Wir brauchen doch die Konstruktion hinter den Rätseln. Sicher, die Kunst liegt darin, sie nicht konstruiert aussehen zu lassen, aber so abstrus wie Aufgabenstellungen sein müssen, damit sie uns Spaß machen, so schwer ist es eben auch, ihre Künstlichkeit zu verbergen. Ich finde, da sollten wir mit den Rätseldesignern nicht ganz so hart sein. Es sollen sich ja schließlich auch nicht die immer gleichen Alltagssituationen wiederholen.
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Leonaru
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von Leonaru »

Dass man manchmal "spezielles" Wasser oder braucht, ist natürlich ärgerlich, aber es gibt auch Adventures, wo weniger Realismus angebracht wäre. Speziell beim begrenzten Inventar (gern auch in Kombination mit der Tatsache, dass man nur jeden fünften Gegenstand braucht) kommt mir das Würgen.
Wie wär's mit etwas Rock 'n' Roll?
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von Loma »

Ich habe vor kurzem eine Dissertation zum Thema Adventures gelesen, in der als ein Kriterium für Adventures angegeben wird, daß es nicht ausreicht, DASS Rätsel vorhanden sind, sondern daß diese auch gut in die Handlung integriert sein müssen. Dem kann ich nur voll zustimmen.

Die Rätsel müssen meiner Meinung nach eigentlich nicht so sehr in bezug auch die echte Welt realistisch sein, sondern für die Spielwelt Sinn ergeben und keine unnötige Zeitverschwendung darstellen. Ein bisserl darf das kreative Denken dabei durchaus angeregt werden.
Zumindest ich bin dann zufrieden.
Ich denke, also spinn' ich.
Ich spinne, also mal' ich.
Ich male, also denk' ich.

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Nikioko
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Re: Realismus in Adventure Spielen

Beitrag von Nikioko »

Mit Realismus ist das so eine Sache. Wie auch bei jedem Roman bleibt die Realität bei manchen "Koinzidenzien" manchmal auf der Strecke. Wird dies schlecht gemacht, ergibt sich eine "hanebüchene Story", ist es gut gemacht, dann ist es ein "Wink des Schicksals". Aber ich denke, an den Maßstäben der Realitätstreue werden die meisten Romane scheitern, warum also nicht auch Adventures?
Realismus wird ein Stück weit dadurch gezeigt, dass die Figuren einen Hintergrund haben, der zwar nichts mit der Geschichte an sich zu tun haben, diesem aber mehr Tiefe gibt, indem angedeutet wird, dass die Figur noch ein Leben außerhalb der aktuellen Geschichte hat. Bei Adventures kommt das durchaus vor, z. B. bei The Longest Story oder Baphomets Fluch, aber es gibt viele Leute, die diese Hintergrundentwicklung als "langweilige Laberei" abtun. Bei Computerspielen sind es die meisten Leute eben gewohnt, ohne viel Hintergrund und Tiefgang einfach mal loszulegen.
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