Sequitur hat geschrieben:Hallo,
ich bin neu hier und wollte mich mal über die mögliche Entwicklung von Adventures auslassen. Bisher habe ich überwiegend, aber nicht nur, Taktik-Shooter gezockt, allerdings faszinieren mich gute(!) Adventures in letzter Zeit immer mehr. Einige habe ich bereits durchgespielt und inzwischen hat sich bei mir ein gewisser Wunschzettel herauskristalisiert, der aus den Defiziten der bisherigen Titel entstanden ist.
Auch auf die Gefahr hin, dass hier keine Entwickler mitlesen, hätte ich folgende Ideen:
1. Ich finde, dass sich auch in diesem Genre der Handlungsablauf immer mehr angleicht. Im Grunde bestehen die meisten Adventures aus mehr oder minder schön gestalteten Backgrounds und oft gleich wirkenden Rätseln. Vor allem die sog. Logikrätsel, die oft unzusammenhanglos ins Spiel eingestreut sind, gleichen sich. Ich finde, wenn schon Logikrätsel, dann sollten sie eng mit der Handlung und der Umgebung verwoben sein, sonst wirken sie zu aufgesetzt. Wenn man in die Gestaltung der Rätsel soviel Kreativität einbringen würde wie in die Hintergrundgrafiken, das wäre schon nicht schlecht.
Da muss ich Dir teilweise Recht geben, dass einige Rätsel echt an der Realität vorbei ist. Vor allem, wenn man einen bestimmten Gegenstand für etwas nutzen muss, wo ein anderer Gegenstand in der Realität denselben Zweck erfüllt hätte, aber im Spiel nicht funktioniert. Hier wäre also vor allem noch Bedarf beim Durchdenken alternativber Lösungen, auf die der Spieler kommen könnte. Generell ist das Rätseldesign aber nicht schlecht: die meisten Spiele bieten Rätsel verschiedener Schwierigkeitsstufen, auch wenn die Tendenz immer mehr zu massenkompatiblen einfachen Rätseln oder Geschicklichkeitsspielen neigt.
2. Leblose Spielwelten. Gerade bei Adventures, die keine so großen Hardwareanforderungen haben wie 3D Games, könnte die Spielwelt mit mehr Leben bereichert werden. Ob das nun hüpfende Frösche im Busch, Vögel und anderes Getier im Wald oder belebte Straßen in einer Stadt sind, es muß einfach mehr los sein. Ich meine, die Rechner geben es inzwischen her. und wo steht geschrieben, das ein Adventure auch auf einer 800 MHz Möhre aus dem letzten Jhd. laufen muß?
Ich weiß ja nicht, was Du so an Adventures gespielt hast, aber schon das legendäre Simon the Sorcerer 1 hat mit viel Hintergrundaktivität agewartet: da mal ein Hirsch an einer Klippe, dann ein Mäusebussard, der seine Beute fängt etc. Aber auch neue Spiele sind nicht davon frei: Perry Rhodan hat sehr viel Hintergrundaktivität, die Du sogar einstellen kannst. Was mich wesentlich mehr stört ist, dass die Spiele heute alle so glatt und steril aussehen. Ich habe mir am Wochenende noch mal wieder The Lost Files of Sherlock Holmes 2 reingezogen, und da wirkten die Grafiken wesentlich lebensechter, was nicht allein an den gefilmten Schauspielern liegt. Und das Spiel ist 10 Jahre alt und kommt mit 520 MB auf einer CD aus. Hinweisen möchte auch noch auf so schöne Sachen wie Schneefall in Syberia 2.
3. Spannung. Ich finde, das Element der Spannung fehlt bei vielen Adventures nahezu völlig. Soundtracks, Umgebungsgeräusche, eine gute Story, aber auch gut animierte Zwischensequenzen können nur Atmhosphäre erzeugen, aber keine Spannung. Der Protagonist / die Protagonistin eines Adventures muß auch mal das Leben lassen können, wenn man zu unvorsichtig ist. Oder es könnten Elemente wie in "Resident Evil" eingebaut werden, nichts spricht dagegen, auch mal Waffen zu tragen, die entsprechend zu benutzen sind. Es muß keine Splatter-Orgie werden, wo man, wie in Resident Evil, Horden von Untoten niedermetzelt. Aber gezielt eingesetzt, würde sowas für mehr Spannung und Abwechslung sorgen. Oder warum nicht mal Szenen einbauen, in denen es auf Geschicklichkeit ankommt und man, wie eine gewisse Frau Croft

, an Abgründen oder über Seile balancieren muß? Ich stelle mir eine Art "Gleichgewichtsbalken" vor, der nach links oder rechts ausschlägt und wo man mit zwei Tasten entsprechend gegensteuern muß, um nicht zu fallen. Sowas in der Art eben. Oder Kampfszenen. Allerdings mit einer guten Steuerung, die man sich bei entsprechenden Spielen abgucken kann. Nur nicht so eine hirnlose links-rechts-rechts-oben-unten-links Knöpfedrückerei wie bei diesem filmartigen Adventure, dessen Name mir grad nicht einfällt. Jedenfalls, wenn man das alles nicht zu schwer macht, dann kann es für Abwechslung sorgen, ohne das Frust aufkommt.
Sterben im Adventure? No way! Ich finde Adventures so bereits spannend genug. Überflüssige Kämpfe wie in Dreamfall gehören nicht in ein Adventure. Spannung kann man auch erzeugen durch mysteriöse Gestalten, die über den Flur laufen etc. Schau Dir mal einen Film von Hitchcock an: des ist Spannung pur, aber der Spannungsbogen setzt in aller Regel nicht auf einem Kampf oder eine Flucht, sondern auf subtilen Elementen auf. Schon mal Call of Cthulhu gespielt? Dann weißt Du, dass der Horror nicht durch das Sehen von Monstern zustande kommt, sondern durch ein Grauen von innen, von dem man nicht weiß, was es ist, sondern nur die Folgen sieht. Kennst Du den Film Event Horizon? Ganz große Klasse, was Spannung angeht.
Zu diesem gesamten Absatz von Dir, kann ich also nur ein ganz klares NO WAY posten und hoffen, dass sich kein Entwickler diese Flausen in den Kopfsetzen lässt. Dafür gibt es andere Spielgenres, die ich nicht spiele.
4. Mehr Musik, und zwar auch situationsbezogen, so wie es in Filmen gemacht wird. Gute Musik kann viel mehr Emotionen, aber auch Spannung hervorrufen als es allein der Ablauf in einem Adventure könnte. Überhaupt sind Emotionen ein wichtiger Aspekt, um sich mit der Hauptperson eines Adventures zu identifizieren. Man muß mit dem Protagonisten leiden, sich mit ihm freuen etc. All das kann gute Musik zumindest teilweise unterstützen.
Schon mal was von iMuse gehört? Oder schon mal Baphomets Fluch gespielt? Da kommt nämlich genau das vor.
Ich finde, dieses Genre könnte noch viel besser ausgereitzt werden und hat noch eine Menge Potential, wenn es nur genutzt werden würde. Bisher sind, wenn überhaupt, immer nur Ansätze zu sehen.
Klar, besser geht immer, aber das größte Defizit an immersion sehe ich derzeit ehrlich gesagt am Rätseldesing und an der Ausarbeitung der Charaktere. Die sind mir häufig sehr blass und aauch ganz schnell wieder vergessen. Wie hieß noch mal der Protagonist aus Nibiru? Keine Ahnung, während mir ein Guybrush Threepwood oder Bobbin Threadbare im Gedächtnis geblieben sind.
Anderer großer Schwachpunkt ist die Sterilität: es mus ja alles in 3D gemacht werden, wo dann solche "Perlen" wie Simon 3D raus kommen. Ich kenne einige Spiele ohne 3D, z. B. das oben angesprochene Sherlock Holmes, das mit seinen 2D-Grafiken deutlich mehr Immersion erzeugt, vor allem aber auch, weil die Story durchdacht ist und überzeugt.
Gutes Beispiele für ein 3D-Adventures sind The Longest Journey und Discworld Noir, aber die sind auch schon fast 10 Jahre alt. Aber was zeichnet sie aus? Story statt sinnlose lineare Aneinanderreihung von Rätseln.
Sequitur hat geschrieben:Hi,
Was ich bisher so gespielt habe (nicht chronologisch):
- fast alle Myst Titel (ist inzwischen aber nicht mehr mein Geschmack)
Ich bin auch kein Fan von Myst. Anfangs geniale Grafiken einer fantastischen Welt, aber mittlerweile kann das jedes Andere Spiel auch.
- Beneath a Steel Sky
Sehr schön da hast Du doch schon ein Spiel, in dem man sterben kann.
- den ersten Teil von Sherlock Holmes (das mit dem Ohrring)
Ist nicht der erste Teil. Weder insgesamt noch von der aktuellen Serie, die mit dem "Geheimnis der Mumie" anfängt. Aber ich finde die aktuelle Serie im Vergleich zur "The Lost Files of Sherlock Holmes"-Serie von EA auch ziemlich lahm: da fehlt jede menge Herzblut, das victorianische England einzufangen.
- Fahrenheit: das ist das Game, das ich oben meinte, als ich von blöder Knopfdrückerei in Action-Szenen sprach. Aber das ist eines der ganz wenigen Spiele, das gewisse Emotionen hervorrufen konnte. Jedenfalls bei mir.
Ein Spiel, das ich aufgrund der genannten "Knopfdrückerei" nicht spiele
- Black Mirror
Und noch ein Spiel, in dem man Sterben kann. Und ein Spiel, dass die von mir angesprochenen "cthulhoiden" Horrorelemente enthält: Irgendwas geht vor, aber man weiß nicht was. Spannung pur also.
- und gerade: Geheimakte Tunguska
1 oder 2? Egal, nettes Spiel, aber für mich in zu hohen Tönen gelobt.
Die fallen mir gerade so ein. Das eine oder andere Game könnte ich vergessen haben.
Tja, also ein rundumglücklich Adventure scheint wohl an der fehlenden Kohle zu liegen. Thema 3D: ich persönlich mag die reinen 3D Aventures übrigens nicht so, da ein Teil der Athmosphäre einfach weg ist, wenn die Grafik wie in Shootern aussieht. Ich habe mir mal einige Tests entsprechender Spiele hier angeschaut und beim Anblick karger Grafiken und z.B. sechseckiger Waschbecken, achteckiger Bäume etc. verging mir doch schnell die Lust. Tauglich werden die wohl erst mit der überübernächsten Rechnergeneration.
Oh, da empfehle ich Dir mal Simon 3D. Da ist Kubismus ein Stilelement.

Es gibt aber viele schöne vorgerenderte 3D-Spiele: The Longest Journey, Discworld Noir und, etwas neuer, Syberia, Black Mirror und The Moment of Silence.
@Threepbrush:
Ich kenne die jedenfalls die ersten Resident Evil Titel. Gut, ganze Horden von Zombies mußte man da nicht killen (in einem späteren Teil, glaube ich, schon). Aber genug, um kein Adventure-Feeling mehr aufkommen zu lassen. Zumal die Rätsel dieser Reihe etwas dünn sind. Ist eben ein anderes Genre, nur meine Idee war, etwas davon in ein typisches Adventure zu integrieren. Scratches werde ich mir mal anschauen.
Was ist eigentlich von "Alone in The Dark" zu halten?
Oha, die ganz alten Kamellen. Alone in the Dark war ein schönes cthulhoides Actionadventure. Die Vektorgrafik war 1993 top, dürfte heute aber eher Lächeln hervor zaubern. Für mich insgesamt zu paranoid, die ganze zeit irgendwelche Wichte mit der Tommy umzunieten.
Aber kannst ja gern mal einen alten Powerplay-Test von damals anschauen:
http://www.kultpower.de/powerplay_testb ... hedark.jpg
Oder auch Alone in the Dark 2:
http://www.kultpower.de/powerplay_testb ... edark2.jpg
Bei kultpower kannst Du übrigens noch andere alte Ausgaben der Powerplay lesen. Schon spannend, wie die manche Spiele damals beurteilt haben.