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Test

von  Hans Pieper
25.09.2017
The Infectious Madness of Doctor Dekker
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Der Psychiater Dr. Dekker wurde ermordet. Ganz oben auf der Liste der Verdächtigen stehen seine Patienten. Das Problem: Alle haben nicht nur etwas zu verbergen, sondern offenbar auch Gelegenheit und Motiv, ihren ehemaligen Therapeuten zu ermorden. Nur eine genaue und intensive Befragung kann die Wahrheit ans Licht bringen. Doch auch der Spieler muss auf der Hut sein, damit ihn ein unbekannter Wahnsinn nicht selbst befällt. Je mehr er über die Probleme des Doktors und seiner Patienten erfährt, desto wahrscheinlicher wird sein eigenes Abrutschen in die geistige Instabilität. The Infectious Madness of Doctor Dekker präsentiert einen Kriminalfall mit Anleihen aus dem Lovecraft-Universum. Für die grafische Darstellung kommen ausschließlich vorab aufgezeichnete Videos mit Schauspielern zum Einsatz.

Letztlich dreht sich alles um eine Frage: Was wissen die Patienten?

Ich verstehe die Frage nicht

Wie bei Her Story besteht das Spielprinzip allein daraus, über die Tastatur Fragen an den Gegenüber zu richten. Bei den richtigen Eingaben wird eine vorab aufgezeichnete Videosequenz abgespielt. Das Spiel steht und fällt also mit der Intelligenz des Parsers, der den getippten Text interpretiert. Und genau hier leistet sich The Infectious Madness of Doctor Dekker grobe Patzer. Trifft man nicht punktgenau die von den Entwicklern angedachte Frage oder weicht von der Schreibweise ab, reagieren die Charaktere mit zum Teil auch noch unpassenden Standardantworten oder erzählen etwas völlig anderes. Das führt nicht nur zu Frustration, sondern auch schnell zum Verlust der ansonsten sehr guten Atmosphäre. Zusätzlich reagiert der Parser vorschnell auf Signalwörter. Selbst bei einer inhaltlich komplett anderen Frage bezieht das System diese auf bereits Gesagtes, wenn auch nur ein starkes Schlagwort im Satz vorkommt und verweigert die Auskunft. Das mindert schnell die Experimentierfreude, die wiederum aber notwendig ist, um den Patienten alles Wichtige zu entlocken.
Glücklicherweise gibt es eine Hilfefunktion, die angibt, was noch gefragt werden muss. Wurden bestimmte, für die Geschichte wichtige Aussagen geklärt, wird der entsprechende Patient orange markiert. Sind alle Gesprächspartner an diesem Punkt, kann der Spieler entweder einen Tag voranschreiten oder weiter fragen, um an den Punkt zu kommen, an dem wirklich alles gesagt wurde. Die Namen erscheinen dann grün.
Zusätzlich zu den Gesprächen müssen auch Beweise wie Videos oder Dokumente gesichtet werden.

Am Rande des Wahnsinns

Die einzelnen Patienten und deren Geschichten sind liebevoll und gut ausgearbeitet. Jede Hintergrundgeschichte ist spannend und wurde kreativ in ein größeres Ganzes eingewoben. Besonders dann, wenn Fäden zusammenlaufen, spielt der Titel seine Stärken voll aus. Die schauspielerische Leistung ist bis auf wenige Ausnahmen rundweg gelungen.
Die Hintergrundgeschichte selbst rumpelt jedoch stark über einige Logiklücken. Das hängt hauptsächlich damit zusammen, dass es kein vernünftiges Intro gibt. Als Nachfolger von Doctor Dekker weiß der Spieler anfangs überhaupt nichts. Wie genau ist der Kollege gestorben? Wann? Warum soll er die Patienten befragen? Wonach sucht er? Unlogischerweise sind dies Dinge, die erst nach dem zweiten oder dritten Tag bekannt werden – obwohl alle anderen Beteiligten dies offenbar schon vorher wussten. Davon abgesehen überrascht der Titel mit einer Vielzahl unterschiedlicher Enden, wie etwa Reaktionen auf falsche oder richtige Anschuldigungen. Zudem gibt es sechs Fälle, in denen der Therapeut durch zu viele Informationen wahnsinnig wird. Ebenfalls ein gutes Feature ist die Tatsache, dass der Titel den Mörder bei jedem Durchspielen ändert.

Fazit

Es ist traurig, wie unglaublich viel Potential The Infectious Madness of Doctor Dekker verschenkt. Das Spiel kann einen tatsächlich in den Wahnsinn treiben – wegen der schlecht programmierten Texterkennung. Und das ist unglaublich schade, denn Geschichte und Atmosphäre sind stark, die Schauspieler bis auf wenige Ausnahmen gut und die Momente, in denen die Charaktere exakt auf Eingaben reagieren, vollkommen überzeugend. Für kurze Augenblicke erlebt der Spieler eine realistische Verhörsituation, die ein tiefes Eintauchen in die surreale Welt von Dr. Dekker ermöglicht. Und diese machen den Titel absolut spielenswert.

Galerie

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

So sehr mich Geschichte und Aufmachung fasziniert haben, so sehr hat mit der Titel mit seiner schlechten Erkennung genervt. Gerade gegen Ende tippte ich nur noch „Hint“ und dann Schlagwörter ein. 

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Gute Geschichte
  • Insgesamt gute Schauspielleistung
  • Innovatives Spielprinzip
  • Sehr schlechter Parser
  • Logiklücken im Aufbau