Anzeige
  • Tests
  • Louisiana: Das Geheimnis der Sümpfe

Test

von  Hans Pieper
07.01.2013
Louisiana: Das Geheimnis der Sümpfe
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Louisiana, 1902: Ein brutaler Mörder zieht durch die Stadt am Mississippi. Seine Taten inszeniert er so auffällig, dass das FBI auf den Fall aufmerksam wird und eine Undercover-Agentin entsendet. Von nun an versucht der Spieler in der Rolle der jungen Katie, den Täter zu fassen. Aber so einfach ist das gar nicht. Und das liegt nicht allein an der Geschichte hinter Louisiana – Das Geheimnis der Sümpfe…

Versunken im Morast der Grafik

Zwar spricht der Klappentext auf der Rückseite der Spielehülle von einer „zeitgemäßen 3d-Grafik“, doch was nach Spielstart über den Bildschirm flimmert, passt weder ins Jahr 1902, noch ins Jahr 2012. Die Schauplätze, Charaktere und Texturen wirken altbacken, kantig, leblos und irgendwie auch trostlos. Beim Sprechen bewegen sich die Münder nicht und bis auf ganz wenige Ausnahmen stehen Personen wie Salzsäulen in der Gegend herum. Auch ansonsten wurden kaum Animationen eingesetzt. Die sterilen Umgebungen enthalten zwar einige Objekte, können aber auch keine wirkliche Atmosphäre schaffen. Trauriger Höhepunkt ist ein spiegelnder See, der aussieht, als öffne sich unter den Füßen von Katie das Weltall. Dem entgegen stehen ein paar besser ausgearbeitete Szenen, doch insgesamt wird man beim Spielen das Gefühl nicht los, in einem Museum eine Reihe alter, angestaubter Bilder zu betrachten.

In Momenten wie diesen schimmert kurz durch,<br /><br />was mit mehr Zeit und Engagement aus dem<br /><br />Spiel hätte werden können

Innovativ, aber mit Macken

Die Steuerung von Louisiana geht für ein Adventure eher ungewöhnliche Wege: Wie bei einem Rollenspiel mit der Kamera über der Schulter kann man Katie mit der berühmten WASD-Tastenkombination frei durch die Umgebung steuern – bis sie an die nächste unsichtbare und häufig nicht nachvollziehbare Spielbegrenzung rumpelt. Auch kam es im Test vor, dass die Kamera nach einer Dialogszene nicht wieder hinter Katie landete und diese dann einfach aus dem Bild lief. Verirrt im Nirgendwo blieb nur ein zähneknirschendes Beenden des Programms. Denn für das Laden von Spielständen ist ein Neustart notwendig. Unverständlicherweise lassen sich aus dem Spiel selbst keine Spielstände laden. Obwohl die Idee, den Charakter frei durch die Umgebung zu steuern gut ist und für Dynamik im sonst recht blutleeren Spielverlauf sorgt, ist die Umsetzung leider eher mäßig gelungen. Besser umgesetzt ist das Ansehen und Benutzen von Gegenständen: Nähert man sich einem Objekt, erscheint automatisch ein Menü mit möglichen Aktionen. Diese können entweder mit der Maus, oder, was deutlich bequemer ist, mit den WASD-Tasten und der Enter-Taste angewählt werden. Möchte man eine Kombination durchführen, öffnet sich automatisch das Inventar, wo dann der entsprechende Gegenstand gewählt werden kann. Durch die vollständige Tastatur-Implementation spielt sich der Titel besonders auf Laptops sehr angenehm.

Die Entscheidung, das Spiel nicht linear zu gestalten, war recht gut. Der Spieler kann sich selbst dazu entschließen, in welcher Reihenfolge er bestimmte Aufgaben angehen möchte. Theoretisch soll auch die Art und Weise, wie man mit den anderen Charakteren spricht, den Spielverlauf beeinflussen. Wirklich viel haben wir davon aber beim Testen nicht gemerkt. Da das Spiel mit etwa 4-6 Stunden Spielzeit insgesamt recht kurz ist und die alternativen Handlungswege doch nicht so stark ausgeprägt sind, wie die Texte auf den Ladebildschirm dies vollmundig ankündigen, wirkt sich leider auch die freie Wahl der Spielreihenfolge nicht so groß auf das Spielerlebnis aus, wie man es sich zu Anfang noch erhofft hatte.

Zuerst hat man zu wenige ...

Schwierigkeitsgrad à la Ausmalbuch

Die Schauplätze sind sehr beschränkt und oft gibt es darin auch nur wenig zu tun. Eine Hotspot-Anzeige gibt es nicht, wodurch hin und wieder ein stures Ablaufen der ganzen Gegend notwendig wird, bis mal wieder ein Menü auftaucht. Manche Gegenstände sind klein und lassen sich kaum von der Umgebung unterscheiden, was die Suche zusätzlich erschwert. Zum Großteil müssen Inventarkombinationsrätsel ausgeführt werden, deren Schwierigkeitsgrad kein einziges Mal eine nennenswerte Höhe erreicht. Meist liegen die benötigten Objekte zwei Meter entfernt bereit. Ärgerlich ist die Tatsache, dass Katie jedes Mal „Diese Kombination funktioniert nicht“ vor sich hin sagt, wenn die Nutzung von zwei Objekten nicht möglich ist. Das ist nicht nur extrem eintönig, es schwächt auch die Spielatmosphäre deutlich. Richtig dreist wird das Spiel aber in Sachen Rätseln, wenn es zweimal hintereinander das exakt gleiche „Rätsel“ mit minimaler Veränderung präsentiert. Das eine Mal als einigermaßen akzeptable Aufgabe eines Parkbankbesetzers und Logikfans, das andere Mal vollkommen abstrus als Schloss an einer Kiste. Nein, in Sachen Rätseldesign gewinnt Louisiana noch nicht einmal einen Blumentopf.

... dann zu viele Gesprächspartner

Ich will doch nur spielen!

Neben einigen technischen Problemen wie kommentarlosen Abstürzen oder aus dem Bild rennenden Hauptcharakteren gibt es bei Louisiana auch noch weitere Fehler im Spiel zu bewundern. So konnten wir zu Beginn des Spiels einen Dialog mit einer unsichtbaren Frau genießen, die sich später mit ausgebreiteten Armen regungslos vor unser Hotel stellte. Dass ihr Körper dabei mit einem anderen Charakter zusammenschmolz, schien sie nicht weiter zu stören. Doch nicht nur an der Technik, auch an der Logik hapert es des Öfteren im Spielverlauf. Dass ein Polizist eine sich von vorne gut sichtbar anschleichende Frau mit Farbeimer übersieht, die ihm anschließend den Rücken anpinselt, ist genauso unlogisch wie der offenbar blinde Page, vor dessen Augen Katie ein Schlafmittel in den Whiskey des Totenbestatters kippt, der anschließend umfällt. Und mir ist immer noch nicht ganz klar, wieso man Katie, prompt nachdem sie von einem Soldaten mit seiner Waffe bedroht wurde, doch einfach an ihm vorbeispazieren lassen sollte. Dass man ein Fallenkabel, statt einfach darüber hinwegzusteigen, besser mit einer Zange durchknipst, erscheint dabei schon wieder fast logisch. Da hilft es auch nicht viel, dass der Spieler fleißig Errungenschaften und Detektivpunkte sammeln soll. Die Zeit, welche in die Programmierung dieser unnötigen Dreingaben geflossen ist, wäre in die Geschichte oder die Grafik deutlich besser angelegt gewesen. Auch dem Sounddesign hätte mehr Arbeit gut getan: Der belanglose Dudel-Soundtrack passt selten zur Situation, oft föhnt ein völlig übertriebener, bedrohlicher Tusch aus den Boxen, während man auf einer Straße versucht, geradeaus zu laufen. Erst gegen Ende des Spiels harmonierte die Musik so weit, dass sie in den Hintergrund trat. Auch die Geräusche wurden eher pflichtmäßig als kreativ umgesetzt und passen nicht immer. Die deutschen Stimmen bewegen sich zwischen ""in Ordnung"" und ""grauenhaft"". Während die Stimme von Katie weder positiv noch negativ auffällt, wird der Sparwille bei den anderen Stimmen sehr deutlich. Und selbst wenn man den letzten Satz eines Dialoges per Taste überspringen möchte, verschwindet zwar der Text, die Stimme spricht aber unbeirrt weiter.

Kleiner Ausflug ins Weltall gefällig?

Was bleibt

Von der eher mäßigen Geschichte, die ungefähr so viel Spannung auszulösen vermag wie eine Runde Laub zusammenrechen im Garten, bleibt selbst während des Spiels nicht viel hängen. In Agatha-Christie-Manier gab es eben jemanden, der jemanden aus Gründen umnieten wollte, und dann waren da noch ganz viele Leute außenherum, damit es auch genug Verdächtige gibt. Natürlich gerät die Hauptperson auch in eine lebensbedrohliche Situation, natürlich wird sie auch einmal niedergeschlagen und eingesperrt. Und was gibt es bei einem Mordfall dringenderes zu erledigen, als Zeitungen auszutragen? Richtig, nichts. Der Grund, weshalb Louisiana trotz altbackener Grafik, Logiklöchern und Programmierfehlern dennoch ein wenig Anerkennung verdient ist, dass erkennbar ist, was die Entwickler eigentlich erreichen wollten: Ein nicht-lineares Krimispiel mit entscheidenden Dialogen und einer dynamischen Steuerung. Und diese Gedanken sollten sich Adventure-Entwickler auch in Zukunft machen. Nur irgendwie viel besser. Bitte!

Recht gut gelöst und komplett<br /><br />mit der Tastatur steuerbar: <br /><br />Das Interaktionsmenü

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Louisiana ist ein Spiel der verpassten Möglichkeiten. Das Spiel hat so viele interessante Ansätze, die leider alle nicht vernünftig zu Ende gedacht oder richtig implementiert wurden. So bleibt nur die Frage nach dem Warum?. Warum werden meine Erfolge immer gleich in Massen oben im Screen eingeblendet, so dass ich eigentlich keine Chance habe, das zu lesen? Warum wirken sich diese nicht auf das Gameplay aus? Warum ist die Grafik an sich gar nicht schlecht, aber so steril, dass keine Atmosphäre aufkommt? Warum verwendet man die zwei einzigen Logikrätsel jeweils gleich zweimal im Spiel? Warum besteht das Rätseldesign in vielen Fällen nur aus einfachen Fetchquests? Warum ist das Spiel so verbuggt, dass bei mir sogar die Installationsroutine abgestürzt ist? Warum wird am Anfang etwas von Übernatürlichem geredet, wenn es im späteren Verlauf gar keine Rolle mehr spielt? Warum heißt das Spiel Das Geheimnis der Sümpfe, wenn man nur circa zehn Spielminuten im Sumpf verbringt? Warum ist das Spiel so kurz? Warum wird die eigentlich nicht uninteressante Geschichte so miserabel und unbefriedigend erzählt? Und schließlich: Warum bringt man ein solch unfertiges Spiel auf den Markt?Axel Kothe

Die ersten Minuten mit Louisiana (von dem merkwürdigen Vorschlag zur Installation in meinem persönlichen Windows-Ordner einmal abgesehen) waren durchaus vielversprechend: Freies Bewegen des Charakters, spielentscheidende Dialoge und Aktionen, das klang alles recht gut. Und über die Grafik sieht man bei einer guten Geschichte auch gerne hinweg. Doch die Mängel in der Entwicklung der Hintergrundgeschichte und die vielen technischen Fehler verleiden das Spielerlebnis dann doch sehr. Man wird das Gefühl nicht los, dass hier ein unfertiges Produkt auf den Markt geschmissen wurde, das mit mehr Zeit und besserer Planung durchaus ein interessanter Krimi hätte werden können.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Frei begehbare Umgebung
  • Semi-lineares Spielerlebnis
  • Komplett über die Tastatur steuerbar
  • Unglaubwürdige, langweilige Geschichte mit Logiklücken
  • Sterile Grafik mit kaum Animationen
  • Technische Mängel
  • Durschnittliche bis schlechte Synchronisierung
  • Sehr kurze Spielzeit