elfant hat geschrieben:
Dies sind nur alles Dinge, welche Steam genauso bietet und auch im Spiel aufgerufen werden kann. Die Unterschiede liegen im der technisch Unterlegenheit und dem Onlinezwang von GFWL. Man könnte sogar argumentieren das Steam näher am Spiel ist, weil es auch theoretisch Server und Anticheat - Software bietet, sofern der Entwickler jene in anspruch nehmen möchte.
Konzeptuell beschränkt sich GFWL eher auf diesen "Overlay/Addon-Status" während Steam als ein großes Paket daherkommt, wobei der Client als Basis für die Spiele sowie zentrale Schnittstelle fungiert. Größe Umstellungen können somit über diese Schnittstelle laufen. Für erfahrene Leute ist der Unterschied der Systeme eher nicht so eklatant, wobei GFWL als (allseits bekanntes) Flickwerk wohl eher mit Problemen behaftet ist.
Zum Rest sei vorab schon gesagt, dass sich der Status eines Marktsegments nicht durch den Peak definiert. Kennt man gerade von Adventures sehr gut, wobei man da als Reaktion auf die Stagnation den Karren selbst nochmal so richtig in den Drecken gefahren hat. Wie der Rest sich entwickelt hängt immer vom Umgang mit dem Markt ab, weil ein Zeitraum eben nicht zwangsläufig den Markt abbildet und man das immer im Hinterkopf haben sollte. Damit ist z.B. bei NOKIA nicht zurecht gekommen und MS betreibt die eher eigenwillige Arbeit in verschiedenen Segmenten, da hast du ja bereit WP angesprochen und z.B. mit dem Metro/ModernUI auf PCs hat man auch beim Heimspiel noch Prügel eingesteckt.
elfant hat geschrieben:[..]Warum ist Steam den nun so groß?[..]
Naja, das ist halt die etwas knappe Version. Steam war mit dem vorliegenden Gesamtpaket-Konzept im Prinzip der Vorreiter, schon ohne Store & co. Zum Beispiel hatte Blizzard mit dem Battle.net nur eine zentrale Online-Plattform für den Multiplayer, GArena bestacht primär durch Ranking sowie durch die Möglichkeit zur Nutzung von Raubkopien aufgrund der LAN-Tunneling-Basis, GameSpy bot Server-Infrastruktur, Websites & Server-Browser-Software und der Origin-Vorgänger war damals nur ein Tool für den Download der EA-Spiele. Die Konkurrenten war also alle mehr oder weniger nahe (an Steam bzw. dem Gesamtpaket) dran, aber es hat immer ein mehr oder weniger großes Stück gefehlt.
Der Laden wurde auf dem Rücken von großen Titel aufgebaut, die durch Steam-Bindung eben gewisse Nutzerzahlen erzwungen haben. Im Falle von HL2 trifft das komplett zu und die Plattform bot hier keinen wirklichen Vorteil. Im Falle von CS wurde zusammen mit 1.6 aber der GoldSource- respektive HL1-Engine ein größeres Update verpasst, dass auch den Spielern einen Mehrwert bot. Durch Downtimes, vor allem im Kontext mit dem (primär SP-Titel) HL2, gab es massive Kritik. Die war durch den damaligen Internet-Status berechtigt, im Kontext des "Neulands bei diesem Gesamtpaket" nicht vermeidbar und man hat diese langfristig überwinden können. Zum Teil hat man auch viele alte Kritiker überzeugen können. Das schafft die Konkurrenz nur bedingt.
Klar, mit Rabatten und Bindung von Exklusiv-Titeln kann man Leute binden und wenn die schon mal da sind nutzen sie den Laden, hat z.B. EA auch mit Origin geschafft. In punkto Funktionalität liegt Steam aber nach wie vor weit vor der Konkurrenz und Valve ist näher am Kernmarkt. Custom-Content wird nicht unterbunden bzw. bei hauseigenen Titeln nach wie vor unterstützt, wobei auch die Tools über die Plattform ausgeliefert werden. Mittlerweile wird der Kram auch via Workshop direkt über die Plattform vertrieben. Free2Play hat man (jedenfalls) bei DotA2 sehr gut umgesetzt, wobei die Integration von Community-Leuten in die Mikrotransaktionen die Geschichte sehr gut unterstützt. Darüber hinaus ist Steam mittlerweile auch auf Mac & Linux, auf letzterem gibt es dann auch die hauseigenen Titel. Die Konkurrenz eiert im Vergleich quasi noch halbblind durch die Gegend
Wenn man es ganz böse formuliert, dann hat bei der Konkurrenz der frisch gebackene BWL-Absolvent die Kurzversion der Steam-Geschichte für den Business-Plan genommen. Das würde jedenfalls erklären, warum z.B. Origin beim richtigen/"richtigen" Release 2011 in punkto Funktionalität an allen Ecken und Enden hinter der Steam-Konkurrenz
An der Stelle leite ich mal zu deiner nächsten Frage über, wobei man die konsequenterweise mit ohne "PC-" stellen sollte.
elfant hat geschrieben:[..]Wie sieht die Zukunft des PC - Spielemarktes aus?[..]
Der PC-Markt für Videospiele wird mittlerweile seit fast 10 Jahren für tot erklärt und man kann es eingangs angeschnitten am Peak bzw. der Pole-Position messen, aber das deckt keineswegs alles ab. Steam ist der Platzhirsch im Vertrieb, bringt immer mal wieder frischen Wind ins Spiel und hat sich bereits gesagt auch schon ansatzweise abseits von Windows positioniert. Interessant wird wie sich der Linux-Bereich entwickelt, da ist seit kurzem z.B. auch die CryEngine am Start. Alles im eigenen Segment ohne Geld durch andere Sparten im Rücken.
Klar, ohne PC in der Frage spricht man von mehr Marktvolumen, aber es ist auch keineswegs so als hätten Konsole in punkto Videospiele jetzt einen drauf gelegt. Die Zeiten von "Insert & Play" sind vorbei und ein großer Aufschwung kommt durch die Einbindung von Multimedia-Komponenten. Ohne letztere wäre die XBOX wohl eher versackt. Ansonsten hat z.B. die schöne CELL-Architektur auch nichts genützt und die Konsolen sind in punkto Hardware mittlerweile auch eher verkappte PCs.
Langfristig hat jede Plattform ihre hauseigenen Bereiche. Da sind z.B. Autorennen mit Tastatur sowie Shooter oder Strategie mit dem Gamepad gleichermaßen für die Tonne. Eine Plattform wird nie gewinnen, außer sie erweitert das Marksegment. Die Konsole hat im Wohnzimmer mehr Raum genommen, die Hardware nähert sich dem PC an. Valve schielt mit der SteamBox eben aufs Wohnzimmer und hat mit dem Controller auch einen interessanten Ansatz. Die digitalen Vertriebsplattformen werden wichtiger, da lauert auch immer das Streaming im Hintergrund und das schließt keine der bisher diskutierten Plattformen aus.
Aufgrund der Ergänzungen, die teilweise nicht unerhebliche Faktoren bezüglich der Entwicklung der Plattformen einbrachten, und so weiter hab ich die folgende Frage ganz bewusst ans Ende gestellt:
elfant hat geschrieben:[..]Warum wurde GFWL geschlossen?[..]
MS hat kein größeres Interesse mehr am PC-Markt, da stimmte ich dir zu. Das liegt aber auch keineswegs am sterbenden PC-Markt. Wenn der Gewinn so wichtig wäre, dann hätte sich MS schon längst aus verschiedenen Sparten verabschiedet. In dem Kontext hast du das Parade-Beispiel Windows Mobile/Phone selbst angesprochen, denn so ein Teil holt sich auch niemand bewusst freiwillig als vollwertiges Smartphone ins Haus und sie versuchen es seit einer gefühlten Ewigkeit. Mal davon abgesehen hätte ein aufstrebender, ernsthafter Steam-Konkurrent von Microsoft so einiges an Potential. Mit einer durchdachten ModernUI, dem App-Store und/oder einem sich fast nahtlos ins System integrierten Client à la Steam wäre Cross-Platform so einiges möglich. Da muss das Geld halt mal in die Entwicklung wandern statt in übertrieben aufgeblasene Kampagnen zu halbgaren Konzepten wie "Games for Windows".
Selbst das Potential spielt aber nur begrenzt eine Rolle, denn was ist effektiv der Stand?
Im Bereich der PC-Spiele hatte MS in den letzten 10 Jahren nüchtern betrachtet keine besonders große Rolle. Das relevante Betriebssystem kam (wie schon oben indirekt angeschnitten) aus dem eigenen Haus. Darüber hinaus hat man bei der PC-Spielen aber lediglich Nischen (Flight Simulator, Train Simulator, Golf etc) bedient und wollte an verschiedenen Stellen mit PC-Versionen von Spielen punkten, die im Konsolen-Bereich als Exklusivtitel fungierten (z.B. Metal Gear Solid von der Playstation & Gears of War von der XBOX). Im Falle von GOW hat es das Genre auf dem PC schon eher schwer, aber mit dem schäbigen Port hat man das Vorhaben nochmal so richtig in den Sand gesetzt.
Mit GFWL wollte man dann ein PC-Pendant zu XBOX-Live schaffen, aber das Produkt war einfach nur schlecht. Man hat (frei nach dem XBOX-Vorbild) ernsthaft versucht ein Abo-Modell fürs Online-Gaming zu etablieren. Man wollte also, ohne überhaupt in punkto Software mit der Konkurrenz mithalten zu können und ohne sonstigen nennenswerten Mehrwert, Bereiche des Online-Gaming kostenpflichtig machen, die auf dem PC seit je her kostenfrei waren. Das unhaltbare Konzept hat man später zwangsweise über Bord geworfen und den Dienst kostenfrei gemacht. Der Dienst war aber nach wie vor nicht erwähnenswert und wurde nie verbessert.
Sorry, aber da muss man auch nicht vom absteigenden PC-Markt schwafeln. Als GFWL so an den Start kam war der Konsolen-Sektor schon längst auf seinem Weg nach oben, die Multi-Platform-Entwicklung mit Konsolen-Fokus war auch kein geringer Anteil mehr und z.B. Activision hat dem PC (bei Call of Duty mit P2P-Hosting usw.) ohne mit der Wimper zu zucken Konsolen-Eigenarten reingedrückt. Wenn Marktanalysen relevant sein sollen, dann waren damals bei der Konzipierung von GFWL alle Analysten zufällig im Urlaub. Wenn man es extrem ausdrückt ist die Frage bezüglich der Schließung jetzt auch überflüssig, weil MS schon länger die Frage beantworten musste warum GFWL überhaupt noch in Betrieb ist.