realchris hat geschrieben:
Ich habe einen guten Nebenjob, naja, mehr Job auf selbstständiger Basis und das Glück ein paar langfristrige feste Kunden zu haben und wenn alle Stricke reißen hilft Papi. Musste ich aber bisher nur einmal in Anspruch nehmen. Vor den Studiengebühren hatte ich ja noch mein Erststudium gemacht. Für umsonst. Eigentlich darf ich nicht meckern. Wenn das alte Gesetz wieder gilt, hätte ich sowieso Studiengebühren zahlen müssen. Ist eben ein Zweitstudium. Ich ärger mich halt über die Klamotten, die ich mir nicht immer kaufen konnte, weil ich Studiengebühren überweisen musste. Dazu kommt noch, dass ich nie Baög bekommen habe. 1. hatte mein Vater zu viel Geld, 2. wolte ich ihn nicht verklagen und jetzt bin ich zu alt dafür. Ich kann sagen, dass ich mir alles selbst finanziert habe und schuldenfrei aus der Nummer komme.
Das ist echt gut!

Ich hatte das Pech, daß meine Eltern mein Studium zuerst abgelehnt und nicht unterstützt hatten und später, als ihnen gewisse Dinge klar wurden, nicht unterstützen konnten - rein vom finanziellen Aspekt her. Ich hab selbst als Hiwi gearbeitet, hab auch Bafög bekommen, das mir dann - nachdem meine Schwester ihre Lehre beendet hatte - so zusammengestrichen wurde, daß ich davon meine WG-Miete nicht mehr bezahlen konnte. Hab neben meinem Hiwi-Job auch jede Woche Prospekte ausgetragen. Aber nach der Einführung der Studiengebühren war alles nicht mehr zu machen; von Seiten des Bafög-Amtes hieß es nur, ich könne ja meine Eltern verklagen, denn die müßten mir im Monat Geld zukommen lassen, was sie zu damaligem Zeitpunkt einfach nicht hatten. Es war nämlich für mich oft so, daß ich am Monatsende praktisch von der "Hand im Mund" gelebt hatte, weil ich auch zu Stolz war, meine Eltern um "Freßpakete" zu bitten.

Unilektüre hab ich mir dann einfach teilweise zu Weihnachten gewünscht, dann fiel das wenigstens in der Anschaffung weg!

Hab aber trotzdem mein Studium durchgezogen (was ich ohne die Unterstützung meines Lebensgefährten wohl nicht geschafft hätte) und jetzt leider einen Arsch voll Schulden wegen meinem Kredit, den ich aufnehmen mußte, am Hals. Dennoch bereue ich es zu keinem Zeitpunkt.
Ich hätte auch gern ein Zweitstudium gemacht oder vielleicht sogar promoviert, aber da greift der Kredit nicht mehr, d.h. es ist für mich finanziell absolut nicht machbar.
Ich habe erst letzte Woche für 100 Euro Comics gekauft und dann im Kaufpark an der Ecke eine Oma an der Kasse vor mir gehabt, die in ihrem Kleingeld gewühlt hat, um sich ein wenig Streichkäse und ein paar Scheiben Schwarzbrot zu kaufen. Vorher hatte ich mich geärgert, dass mein Spaßbudget nicht für einen Comic-Schuber gereicht hat. So relativierst sich manches. Ich darf mich da nicht beschweren.
Ja, das stimmt, das relativiert sich eindeutig. Ich konnte mir damals als Student Zigaretten nicht mehr leisten, also hab ich aufgehört zu rauchen. Eine Kommilitionin hat mir regelmäßig am Monatsende das Geld für die Mensa geliehen, wofür ich ihr heute noch sehr dankbar bin.

Unter solchen Bedingungen habe ich studiert und habe mit viel Schweiß und Nerven und Leidenschaft einen ziemlich guten Magister gemacht. Vielleicht fühle ich mich auch deshalb von Guttenberg so ans Bein gepinkelt.
Auch bin ich doch ein wenig Stolz darauf, die meiste Zeit auf komplett eigenen Beinen gestanden zu haben während dieser wichtigen Zeit meines Lebens. Ich hätte auch gern finanzielle Unterstützung gehabt, aber nun mal nicht bekommen. Es sei denn, man rechnet den Studi-Kredit jetzt als "finanzielle Unterstützung"...
Dann muß man da alleine durch und man schafft das auch.

Für den Arbeiter ist man halt der Akademiker und für den Akademiker der Arbeiter - leider Gottes ist das heutzutage immer noch so und das hat mir sehr viele Steine in den Weg gelegt.
Zu meckern hab ich grad irgendwie nichts. Außer vielleicht, daß ich keine Lust habe, heute Abend zu kochen - aber ich hab mich selbst schon so aufs Essen gefreut, also muß ich da wohl durch...
