So, ich steh jetzt vor der Kirche (oder vielmehr: Samuel steht vor der Kirche) und hab heldenhaft der Versuchung widerstanden, reinzugehen

Stattdessen warte ich drauf, dass der nächste Spielabschnitt bekanntgegeben wird. Vorteil: Man kann das Spiel richtig schön genießen, sich Zeit lassen und wirklich jede Kleinigkeit unter die Lupe nehmen - und wenn's nur die Vase im alten Schlossflügel ist.
Geht es euch eigentlich auch so, dass ihr mitschreibt und -zeichnet? Dadurch, dass BM kein Tagebuch im Sinn neuerer Spiele hat, wo man alle Beweise, Gespräche, Dokumente etc. abrufen kann, finde ich es schon sehr hilfreich, mir Notizen zu machen. Die ufern zwar ziemlich aus, aber sei's drum. Irgendwie finde ich das lässig, weil es dem Spiel irgendwie mehr Tiefe verleiht. Wenn ich alles per Mausklick abrufen kann, ist das ja keine Herausforderung mehr für mein Gedächtnis - oder nur eine kleine. Bei BM muss ich mir entweder alles merken (bei einem Hirn wie ein Nudelsieb schwierig *g*) oder eben mitschreiben und Aufzeichnungen machen. Das hat was. Ist irgendwie old school
Was natürlich sehr verdächtig ist, ist das Verhalten von Robert und Hermann - ich kann mich dunkel dran erinnern, was die beiden getrieben haben, aber die Details sind völlig verschwommen. Spannend finde ich auch, dass so ziemlich jeder Samuel sagt "OMG, geh bloß nicht in den alten Flügel des Schlosses, der ist so baufällig, dass er beim ersten Schritt zusammenbricht". Trotzdem kann Samuel lustig herumlatschen, ohne dass ihm was passiert

Er scheint auch der Einzige zu sein, der im alten Flügel nicht von äußerst unguten Gefühlen heimgesucht wird, so, als würde ihn etwas beobachten, das älter ist als die Jahrhunderte. Er bemerkt zwar, dass er sich hier nicht gern aufhält, wegen Catherine, aber damit hat es sich auch schon.
Hermann ist auch schräg. Erst erklärt er Samuel, dass dieser am nächsten Tag zu ihm kommen soll, und als der das macht, will sich Hermann an nichts mehr erinnern. Und auch seine Aussage stimmt mit der vom Vortag nicht zu 100% überein. Ah ja: Konntet ihr den Obduktionsbericht an euch reißen? Ich habe in der Leichenhalle alles abgegrast, während Mark Hermann abgelenkt hat, aber was den Obduktionsbericht angeht - Fehlanzeige.
Interessant sind auch die Beziehungen der Charaktere zueinander. So hält z.B. jeder Henry für einen Säufer, bestätigt aber gleichzeitig, dass er ein guter Kerl ist/war (abgesehen von Morris, die beiden konnten sich wohl echt nicht riechen). Morris hält Bates für hochnäsig; mir kommt der gute Bates aber eher verängstigt und vorsichtig vor - ich meine, wenn hier jemand hochnäsig ist, dann ist das ja wohl Samuel. Interessant auch, dass er seine Wutausbrüche zu bedauern scheint und sich die Schuld an Henrys Tod gibt, nur, weil er ihm aufgetragen hat, den Springbrunnen zu reinigen. Finde ich nicht unbedingt logisch, aber bitte - das ist die Sache mit dem alten Brunnen auch nicht. Da geht Samuel zu Morris und pfaucht ihn an, warum er nicht, wie gestern besprochen, den alten Brunnen zugenagelt hat. Dabei gab's den Dialog in Kapitel 1 gar nicht, oder hab ich da was übersehen?
Auch interessant: Niemand will auf BM arbeiten, ohne dass zunächst eine Erklärung dafür angeboten wird. Klar, so alte Schlösser sind immer verdächtig und düster, aber dieser kollektive Aberglaube ist trotzdem sehr spannend. Und jeder hat ein Geheimnis - Bates würde die Sache mit Henrys Tod am liebsten ganz der Polizei überlassen und weiß offensichtlich mehr, als er zugibt, und Victoria wiederum möchte am liebsten ihre Ruhe haben.
Was mich auch beschäftigt: Warum hat die Familie Gordon, die ja offensichtlich uralt ist, keine ordentliche Familiengruft? William wird in einem ganz normalen Grab beigesetzt, rechts und links stehen Grüfte anderer Familien. Das find ich seltsam. Die Gordons sind ja nicht irgendwer.
Etwas seltsam fand ich die Passage, in der Samuel Morris mit dem Brief konfrontiert - so von wegen "Da steht, dass du geklaut hast, also gib's zu... na gut, jetzt hast du's zugegeben, da hast du den Brief". Ich versteh echt nicht, warum Samuel diesen Brief, der ja auch ein Beweisstück ist, aushändigen sollte. Das ergibt derzeit keinen Sinn. Warum sollte Samuel Morris schützen wollen? Er kennt ihn ja kaum.
Was mich, nachdem ich das Spiel ja schon kenne, auch beschäftigt, ist die Sache mit den Schlüsseln. In Williams Tagebuch steht ausdrücklich, dass die Schlüssel NICHT gemeinsam benutzt werden dürfen. Trotzdem hat William nach ihnen gesucht. Wir wissen, wo sich vier dieser Schlüssel befinden, und in Williams Tagebuch ist die Rede von einem Fluch, der alle 200 Jahre zuschlägt. Wenn ich das richtig verstanden habe, wird alle 200 Jahre in einer bestimmten Woche ein Gordon geboren, der irgendwann dem Wahnsinn verfällt. Sind ja tolle Aussichten
Das Rätsel mit dem Springbrunnen fand ich übrigens recht einfach - das ist insofern lustig, als ich mich vor Jahren, beim ersten Mal Spielen, echt damit geplagt habe und damals glaub ich sogar eine Lösung gebraucht habe, um das bewältigen zu können. Dieses Mal: rumdrehen, auf die eine Säule konzentrieren, nach links oder rechts drehen, fertig. Was ich mich allerdings frage: Was zum Geier bedeutet "R.I.S"? Die Buchstaben sind an der Pumpe eingraviert, und ich kann mich beim besten Willen nicht mehr dran erinnern, ob die wichtig waren oder nicht.
Ich freu mich jedenfalls drauf, weiterzuspielen; das Spiel hat nach all den Jahren nichts von seiner Qualität verloren. Und auch wenn die Nachfolger etwas *uhm* seltsam ausgefallen sind (an Teil 3 kann ich mich kaum erinnern), so wäre es doch schön, wenn wir nach diesem Playthrough mit Teil 2 und 3 weitermachen und uns austauschen könnten

Shiny.