Kater Karlo hat geschrieben:So, jetzt tröpfelt die traurige Wahrheit immer weiter heraus. Letztens hat es sich noch so angehört als ob es sich so zwischen einem klassischen Adventure und Telltale bewegt, nun ist es schon "viel näher an Telltale" als an einem klassischen Adventure.
Ich breche an dieser Stelle ungern eine Lanze für Red Thread Games,
da ich natürlich eine geeignete Rätseldichte nicht nur wegen des Kickstarter-Versprechens weiterhin fordere, und mich selbstverfreilich auch veräppelt fühle, wenn diese nicht geliefert wird. Das obige Zitat allerdings gab es - in fast genau derselben Form - bereits vor Monaten. Es werden an dieser Stelle des Interviews keinerlei Informationen offenbar, die wir nicht schon vorher gehabt hätten.
Wir müssen uns jedoch in der Tat darüber unterhalten, wo Telltale hin will, und wo Ragnar & Cie. stattdessen hin wollen. Meine derzeitige Perspektive ist eine ganz standesgemäße: Ich sehe ins Telltale-Forum, wo ausgerechnet die Walking-Dead-Fans (!) den Mangel an spielerischer Interaktivität der letzten Episode beklagen: Kaum "Hubs" (begehbare Szenen) gäbe es da, kaum etwas zu entdecken, kaum Dialogoptionen für die kleine Protagonistin, kaum sinnvolle Entscheidungen. Gerade die Interaktivität, welche die Stärke der Telltale-Spiele sein will, wird kontinuierlich weiter eingeschränkt zugunsten eines linear cinematischen, action-orientierten Erlebnisses.
Man muss Red Thread Games' Konzept klar dagegen halten: "Hub" über "Hub", frei in der dritten Person begehbar, Hotspots über Hotspots - und man kann sich wirklich nicht beklagen, dass Europolis irgendwie schlecht aussähe. Dialog über Dialog, und gerade hier soll ja auch die Innovation von RTG ansetzen. Der faire Vergleich wäre hier doch: Telltale hält's kurz, Dreamfall hielt's kurz, und TLJ hat einen bereits beim ersten essenziell unwichtigen Dialog mit Fiona mit Gesprächsoptionen beinahe erschlagen. Und da heißt es von Rock Paper Shotgun noch immer, man sei eher bei Telltale zuhause? Das glaube ich nicht. Zudem soll es ja auch die Möglichkeit geben, Ereignisse in eigens gewählter Reihenfolge anzugehen. Ragnar Tørnquist kuschelt sich verbal an das telltale'sche Zombie-Adventure heran, aber sein Konzept ist - bewusst oder unbewusst - ein entschieden anderes.
Bleibt die Frage: "Gefällt's??". Und natürlich lecke ich da Satzschnipsel wie "the puzzles become more complex as the story progresses" vom dreckigen PR-Boden gerne auf. Es ist nur eben so, dass die Verlustrate sich stets vergrößert: Ach, das Kian-Slice ist ja erst das erste Kapitel, da sind die Rätsel noch nicht so komplex. Oh, Moment, es ist das zweite Kapitel, nicht das erste. Beim ersten passiert auch nicht so viel. Adam Smith von RPS nun hat auch das DRITTE Kapitel gespielt und findet keine anspruchsvollen Aufgaben. So geht es nicht, Leute.
Chapters könnte ein wirklich guter Hybrid sein, der die Vorteile unterschiedlicher Adventure-Gameplays miteinander vereint. Das setzt allerdings voraus (und hier darf Daedalic durchaus auch die Ohren spitzen), dass man nicht nur an die neuen Mechaniken, sondern auch die althergebrachten mit Freude und Anspruch herangeht. Und davon sehen wir gegenwärtig einfach zu wenig.