Scree hat geschrieben:Und den Film auf Natalies Aussehen zu reduzieren ist ein wenig schade!
Das habe ich nicht getan. Ich habe gesagt, dass sich der Film mehr dafür lohnt als für den Inhalt. Es zwingt Dich ja niemand, es wie ich zu sehen. Mich aber auch niemand, den Film gut zu finden.
Black Swan ist aus meiner Sicht ein pseudo-intellektuelles Machwerk. Es wird absolut unzureichend beleuchtet, weshalb die Tänzerin eine Psychose bekommt. Die Vorstufen sind vollkommen unsauber dargestellt und bestimmte Symptome, die eine Psychose mitbringt, werden einfach ignoriert und außen vor gelassen. Es wird auch viel zu wenig deutlich, welche Rolle die Sexualität der Heranwachsenden dabei spielt. Die Szene in ihrem Schlafzimmer, wo die Mutter am Bett wacht...also entschuldigung, das ist ein ziemlich zweifelhafter Versuch, das bis dahin kläglich vernachlässigte Thema, das im Leben einer Pubertierenden nunmal sehr zentral ist, auch mal aufzugreifen. Sie ist Bulimikerin und Kratzerin. Warum sie sich bereits in dieser Vorstufe eines sich verstärkenden psychischen Leidens befindet, wird ebenfalls kaum bis gar nicht beleuchtet. Denn auch, wenn das ein schleichender Prozess ist, kommt so was nicht von Ungefähr. Auch die Themen Leistungsdruck und eigener Perfektionismus werden meines Erachtens sehr, sehr oberflächlich behandelt. Dabei geht es doch schließlich um Motive und - in ihrem Fall - um die Herausbildung eines krankhaften (Sucht-)Kreislaufs.
Welche Rolle spielt die Mutter, die ja offenbar ebenfalls Tänzerin war? Weshalb lässt sie sie überhaupt tanzen, wenn sie selbst schlechte Erfahrungen gemacht hat? Was ist mit dem Tanztrainer? Wie kommt es zu seinen pädophilen Neigungen? Die Art und Weise, wie er sie dazu bewegt, ihn doch noch zu überzeugen, dass sie die Rolle bekommt, ist zum Beispiel mehr als fragwürdig. Wäre sie wirklich in sein Büro gegangen, um die Rolle einzufordern? Ich glaube eher, dass sie nach Hause gegangen, sich die Seele aus dem Leib gekotzt, ihren Körper von oben bis unten zerkratzt oder sich selbst die Pulsadern aufgeschnitten hätte. Es wird außerdem auch an einigen Stellen (sicherlich ganz bewusst, um den unmittelbaren Effekt zu fördern) nicht klar genug gemacht, was die Tänzerin nur in ihrem Wahn wahrnimmt und was tatsächlich passiert. Da ergeben sich insbesondere beim Trainer Fragen, die eigentlich geklärt werden müssten. Ist er nun ein pädophiler, geiler alter Bock, der auf perfide Weise seine Machtstellung ausnutzt, oder liegt ihm doch mehr an dem Mädchen? Immerhin versucht er sie später zu schützen, als es eigentlich zu spät ist. Der Sturz im ersten Akt mag, wie vieles andere, packend inszeniert sein, aber es ist absoluter Humbug, dass sie danach nicht spätestens danach ersetzt wird. Dass niemand ihre Verletzung bemerkt, niemand in ihrer Garderobe ist, bevor der Auftritt weitergeht und schon allein die Tatsache, dass sie (wie in 500.000 schlechten Filmen zuvor) in letzter Sekunde ins Theater kommt, um doch noch auf die Bühne zu gehen. Alles billige Effekthascherei und alles so gedreht und gewendet, wie man's gerade braucht, ohne an das Wörtchen Glaubwürdigkeit zu denken.
Der Film würde gerne ein packendes Psycho-Drama sein, letztlich ist es aber nicht mehr als ein bildgewaltiger und relativ spannender, aber letztlich schlecht geschriebener Psychothriller.