Kunst der Spielentwicklung und die Industrie...

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neon
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Re: Kunst der Spielentwicklung und die Industrie...

Beitrag von neon »

sid6581 hat geschrieben: Wie man also sieht, gibt es die Bereitschaft, Kunst im Spiel zu vermitteln und auch Ansätze. Momentan fehlt es aber immer noch an den Publishern, die sich darauf einlassen.
Sicher, nur ist das Geschäft so schon hart genug, da kann sich kaum einer Experimente leisten. Sony, ja, die können auch mal was riskieren und wenn sie Heavy Rain in den Sand gesetzt hätten, wäre das nicht ihr Untergang gewesen. Kleinere Publisher müssen schon schauen, dass sich ihr Produkt auch verkauft, sonst sind sie schnell in den Miesen. Dass man da nicht so gerne ein Risiko eingeht, kann ich verstehen.
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magoria
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Re: Kunst der Spielentwicklung und die Industrie...

Beitrag von magoria »

shtomer hat geschrieben: Was sind Abenteuerspiele für euch? Sind sie nach eurer Meinung vergleichbar mit Filmen und Bücher?
Mir persönlich geht es so das ich in ein Adventure, unabhängig davon ob Fantasy, SciFi, Cyberpunk etc., nur wirklich abtauchen kann wenn ich es mit einem Buch vergleichen kann das ich auch nach Stunden des Lesens nicht aus der Hand legen würde. Den Vergleich mit Filmen mag ich nicht unbedingt. Da Filme in der kurzen Zeit, max. 3,5 Stunden, die Entwicklung der Charaktere und der damit verbundenen Geschichte oft nur in zeitgeraffter Form wiedergeben können. Ich bin seit Kindheitstagen absoluter Tolkien Fan, und fand die Verfilmung unter der Regie von Peter Jackson großartig. Dennoch stellte sie nur einen kleinen Auszug des Universums dar welches J.R.R Tolkien zu erschaffen wusste. Ähnlich geht es mir mit Adventure. Titel mit einer Spielzeit von 3,5 - 5 Stunden können Spaß machen, spielen sich aber eher wie ein Spielfilm. In meinen Augen benötigt ein wirklich gutes Adventure erst mal 5 Stunden Spielzeit um alle Charaktere ordentlich einzuführen und die Geschichte langsam aber mit stetig wachsendem Spannungsbogen in's Rollen zu bringen. Deshalb wohl bevorzuge ich Titel mit einer Spielzeit von 10 Stunden +.

Ist aber meine persönliche Sicht.
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Re: Kunst der Spielentwicklung und die Industrie...

Beitrag von shtomer »

Freut mich, so viele Beiträge zu sehen.
Ein Paar von denen haben Lynch und Kubrik gemerkt. Das ist eine sehr gute Beispiel - es scheint, dass es Filme lassen sich manchmal ein viel höhere Abstraktion erreichen.

Ich will hier weiter lesen und eine längere Antwort schreiben, und warte bis ich ein bisschen mehr Zeit habe - aber es ist wirklich interessant, eure Meinungen zu lesen.
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Re: Kunst der Spielentwicklung und die Industrie...

Beitrag von nufafitc »

shtomer hat geschrieben:Ein Paar von denen haben Lynch und Kubrik gemerkt.
Bei Lynch fällt mir auch direkt Silent Hill ein. Gut, kein Adventure, sondern Survival-Horror, aber die Atmosphäre und die versteckten psychologischen/sexuellen Ängste/Triebe hab ich bisher noch in keinem anderen Spiel so gut vermittelt bekommen. Gerade die Art, wie die Geschichte erzählt wird (oder wird sie das überhaupt) fand ich einzigartig, und wie bei Lynch war ich mir nie sicher, ob es überhaupt Sinn machte, einen Sinn hinter dem Ganzen zu finden.

Ich glaube auch nicht daran, dass eine bestimmte Spielzeit erreicht werden muss, um eine gute Geschichte oder interessante Charaktere zu bieten geschweige denn etwas Kunstvolles zu schaffen. Ich würd sogar eher sagen, dass je länger ein Spiel ist desto mehr läuft es Gefahr sich in unwichtigen Details und Spielzeitstreckung zu verlaufen. Beispielsweise ist "The Longest Journey" sicher ein klasse Spiel, nur aufgrund von überlangen Dialogen und schlicht einem lahmen Erzähltempo zu Beginn verfehlt es oft sein Ziel. "Dreamfall" dagegen mag vielleicht mehr Emotionen bewirkt haben, nur wurde da einfach zu viel auf einmal in eine relativ kurze Spielzeit gepackt. Man kann dies auch mit Büchern vergleichen: Ein langes Buch ist noch lange kein gut erzähltes.

Was das Medium Spiel (egal welches Genre oder welche Plattform) betrifft, denke ich auch, dass es, wenn es nicht komplett in Party-Spiele oder Popcorn-Shooter ausartet (die natürlich durchaus ihre Daseinsberechtigung haben), dies das Medium der Zukunft ist. Denn kein anderes schafft es ja, dem Spieler Entscheidungen mit auf den Weg zu geben. Lese ich ein Buch oder schau einen Film, kann es so oft vorkommen, dass ich mir denke "Weshalb macht dieser Charakter dies und das?" oder "Das Ende ist mal wieder schwach".
Da fand ich beispielsweise "Mass Effect" grandios. Zumindest im ersten Teil stand ich oft vor Entscheidungen, die kein einfaches Gut/Böse-Verhalten von mir verlangten. Genau wie Heavy Rain (wobei da die Geschichte noch linearer ist). Ist natürlich ein enormer Programmieraufwand und kostet eine Menge Geld, viele verschiedene Handlungsebenen dem Spieler zur Auswahl zu stellen. Doch genau das ist es, weshalb ich denke, dass Spiele mit ihrer Interaktivität mehr Potenzial als alle anderen Medien haben.
Der etwas andere Review-Blog:
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Re: Kunst der Spielentwicklung und die Industrie...

Beitrag von elfant »

magoria hat geschrieben:
shtomer hat geschrieben: Was sind Abenteuerspiele für euch? Sind sie nach eurer Meinung vergleichbar mit Filmen und Bücher?
Ich fürchte die 1. Frage ist auch die am Schwierigsten zu beantwortene. Wenn ich von einem Adventure - Spiel rede, meine ich eigentlich kein Abenteuer - Spiel, unter welchem ich eher Action - Adventures wie Tomb Raider verstehen würde. Ich denke an ein Spiel in dem mir eine Geschichte erzählt wird, in der es Probleme zu lösen gilt. Diese Rätsel sollen aber einen eher denkerischen Ansatz haben, auch wenn sie nicht zwangsläufig logisch sein müssen.

Die 2. Frage ist einfacher zu beantworten, aber in der Umsetzung wesentlich komplexer.
Das ideale Spiel wäre mehr ein Pen & Paper Rollenspiel mit offener Handlung, in dem ich meine Handlungen und Lösungswege völlig frei entscheiden kann und das Spiel schildert mir die Auswirkungen meines Handelns.
Da durch ergäben sich natürlich unendlich viele Lösungsmöglichkeiten, welche kein Spielemacher und kein Rechner berechnen und bewerkstelligen könnte. Entsprechend muß ich mich in meine Figur hinein versetzen und die Logik des Spieles verstehen, um auf dem Lösungsweg das Spiel zu bestreiten, wie ich es sonst eine festgelegte Handlung in Büchern lese oder in Filmen sehe.
Allerdings Filme in der Regel ein eher kurzweiliges Vernügen und meistens entsprechend flach, während Bücher gerade eine großere Tiefe der Charktere aufbauen können und sollten.

Zu Arthouseaspekt
Das Problem sind natürlich die Querverweise. Ist es richtig eine Geschichte und deren "graphische" Darstellung so auf zu bauen, daß die eigentliche Tiefe und Scherze nur den Kennern der Querverweise möglich ist? Süsskind hat es hat auch so mit seinem Roman "Das Parfüm" gehalten und kaum ein Leser versteht eigentlich was er dort angeprangert hat oder interpretieren es nur aus der eigentlichen Geschichte des Romanes.
Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt. - Joseph Rudyard Kipling (1865 - 1936)

Bitte nicht für geistig normal ansehen. Entweder versuche ich gerade humorvoll zu sein oder der Hammer hat wieder einmal den Dachstuhl beschädigt.
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