Rassismus in Adventures
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Re: Rassismus in Adventures
Ach, meinste wirklich Fehler? Du hast es gesehen, findest es hochgradig unsympathisch und gut ist. Wenigstens weißte das jetzt.
- DasJan
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Re: Rassismus in Adventures
Selbst wenn es nicht so waere und Collio eine dumme Figur waere (hab's nicht mehr so genau im Kopf): Waere das rassistisch? Es gibt auch hierzulande viele Dumme, deswegen sind wir ja nicht alle dumm. Genausowenig wuerde doch hinter der Darstellung eines dummen Einheimischen gleich die Aussage stehen muessen, alle Einheimischen seien dumm oder primitiv. (Zumal wie in Paradise ja keine konkrete Ethnie dargestellt wird, sondern ein fiktiver Mix aus realen Einfluessen.neon hat geschrieben:Ich glaube, bei manchen afrikanischen Stämmen ist es sogar normal, von sich in der dritten Person zu sprechen, bzw. nicht zwischen sich und anderen in der Form zu unterschieden, dass man da verschiedene Worte hat.
Das Jan
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Re: Rassismus in Adventures
DasJan hat geschrieben:Selbst wenn es nicht so waere und Collio eine dumme Figur waere (hab's nicht mehr so genau im Kopf): Waere das rassistisch? Es gibt auch hierzulande viele Dumme, deswegen sind wir ja nicht alle dumm. Genausowenig wuerde doch hinter der Darstellung eines dummen Einheimischen gleich die Aussage stehen muessen, alle Einheimischen seien dumm oder primitiv. (Zumal wie in Paradise ja keine konkrete Ethnie dargestellt wird, sondern ein fiktiver Mix aus realen Einfluessen.neon hat geschrieben:Ich glaube, bei manchen afrikanischen Stämmen ist es sogar normal, von sich in der dritten Person zu sprechen, bzw. nicht zwischen sich und anderen in der Form zu unterschieden, dass man da verschiedene Worte hat.
Das Jan
Es ist nicht nur, dass Colio als ungebildet, dumm, wie-immer-man-es-nennen-will dargestellt wird, auch wird seine Tochter als exotische Inselschönheit dargestellt. Insofern passt meine Vermutung. Wenn man beides in Verbindung sieht, ergibt sich aus Colios Darstellung durchaus ein Geschmäckle.
- Cohen
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Re: Rassismus in Adventures
Ist "Married with Children" nach der Logik dann auch rassistisch?
Meiner Meinung nach wird die Rassismuskarte heutzutage viel zu oft und zu früh gezückt... Politische Überkorrektheit.
Auch bei dem oben genannten Resident Evil 5 konnte ich die damalige Rassismusdebatte nicht nachvollziehen. In den ersten vier Teilen hat sich niemand darüber aufgeregt, dass sich in dem Spiel die Einwohner (Amerikaner oder Spanier) durch einen Virus in zombieähnliche Gestalten verwandeln... aber verlegt man das Szenario nach Afrika, ist es plötzlich rassistisch, wenn sich die dortigen Einwohner durch einen Virus in zombieähnliche Gestalten verwandeln.
Meiner Meinung nach wird die Rassismuskarte heutzutage viel zu oft und zu früh gezückt... Politische Überkorrektheit.
Auch bei dem oben genannten Resident Evil 5 konnte ich die damalige Rassismusdebatte nicht nachvollziehen. In den ersten vier Teilen hat sich niemand darüber aufgeregt, dass sich in dem Spiel die Einwohner (Amerikaner oder Spanier) durch einen Virus in zombieähnliche Gestalten verwandeln... aber verlegt man das Szenario nach Afrika, ist es plötzlich rassistisch, wenn sich die dortigen Einwohner durch einen Virus in zombieähnliche Gestalten verwandeln.
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- DasJan
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Re: Rassismus in Adventures
Ist "exotisch" oder "Inselschönheit" etwas Negatives?Nomadenseele hat geschrieben:auch wird seine Tochter als exotische Inselschönheit dargestellt.
Das Jan
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Re: Rassismus in Adventures
Negativ nicht, aber ein Voruteil könnte es schon sein.DasJan hat geschrieben:Ist "exotisch" oder "Inselschönheit" etwas Negatives?Nomadenseele hat geschrieben:auch wird seine Tochter als exotische Inselschönheit dargestellt.
Das Jan
Allerdings würde ich das nicht so enge sehen. Eine junge Dame, die abseits von der Hauptgesellschaft wohnt ist immer etwas exotisch.
Ebenso könnte man die restlichen Figuren im Turm, einschließlich des toten Milliardärs, als Stereotypen bezeichnen. Die ganze Charakterdastellung orientiert sich an Standarts.
Das gehört allerdings zu solchen whodunnit-Krimis teilweise dazu.
Deshalb meinte ich auch weiter Vorne, dass man das ganze Spiel in seiner Gesamtheit ansehen muss, bevor man sich einzelne Elemente als rassistisch oder sonstwie diskriminierend rauspickt.
Wichtig ist doch, wie das Spiel mit diesen Vorgaben und Charakterfiguren umgeht.
Mir persönlich hat's gefallen, auch wenn ich es etwas langatmig fand.
Gefallen hat mir, dass es schöne Bilder waren, dass die Kriminalromanumsetzung gelungen ist und das die Rätsel in Ordnung waren.
Dei Story ist, wie oft bei solchen Krimis, nicht gerade einmalig, auch wenn die Idee mit dem Turm was für sich hat. Allerdings wird diese Idee im Spiel selbst zu wenig eingesetzt, finde ich. Da häte man mehr Tiefe reinbringen können.
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Re: Rassismus in Adventures
Ich habe das Spiel zwar noch nicht gespielt und kenne daher die konkrete Situation nicht, aber wenn jemand in der dritten Person von sich spricht, erinnert mich das eher an kleine Kinder, die das ja sehr oft tun, wenn sie dabei sind, sprechen zu lernen. Diese Verhaltensweise hat dann ja auch nichts damit zu tun, daß sie dumm wären, sondern eher damit, daß "ich" ein abstraktes Konzept ist, während z.B. "Helmut" eine konkrete Person bezeichnet. Vielleicht kannte der Eingeborene ja einfach dieses Konzept nicht und/oder hatte Probleme mt dieser Abstraktion in einer für ihn fremden Sprache.
Ich würde das nicht unbedingt als rassistisch ansehen. Damit könnte auch der klügste Wissenschaftler Probleme haben, wenn er mit einer fremden Kultur und Sprache konfrontiert wird.
Ich würde das nicht unbedingt als rassistisch ansehen. Damit könnte auch der klügste Wissenschaftler Probleme haben, wenn er mit einer fremden Kultur und Sprache konfrontiert wird.
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Re: Rassismus in Adventures
Das gehört nicht nur dort dazu, wobei es natürlich stimmt, dass dieses Spiel besonders stark darauf aufbaut. Es sind immer im Kern stereotype Figuren in Filmen und Spielen - anders funktioniert es auch nicht oder nur sehr bedingt. Was den qualitativen Unterschied macht sind die Details und die zugrunde liegende Biographie des Charakters. Mass Effect oder allgemein die Titel von BioWare spielen alle ganz extrem mit typischen Klischees. Natürlich hat man hier den Vorteil, irgendwelche fantastischen, nicht-menschliche Rassen oder selbsterdachten Kulturzweige einzubauen. Aber auch in einer in der Gegenwart, auf unserer Welt verorteten Geschichte gibt es natürlich Möglichkeiten, die immer vorhandenen klischeehaften Grundlagen (ich nenne es mal) für den Spieler/Zuschauer angenehm zu verdecken bzw. deren Spuren durch penibel ausgearbeitete Biographien zu verwischen. Das macht BioWare bspw. ziemlich gut.Möwe hat geschrieben:Ebenso könnte man die restlichen Figuren im Turm, einschließlich des toten Milliardärs, als Stereotypen bezeichnen. Die ganze Charakterdastellung orientiert sich an Standarts.
Das gehört allerdings zu solchen whodunnit-Krimis teilweise dazu.
Dasselbe gilt ja im Prinzip auch für die Story. Wirklich neue Ideen gibt es selten. Auch hier sind es Details, neue Mischungen, visuelle Besonderheiten bei der Umsetzung usw. die darüber entscheiden, ob es gelingt, den Spieler bzw. Zuischauer zu begeistern oder nicht. Und ja, das ist auch einer der Gründe, weshalb Sinking Island nicht gerade zu den besten Genrevertretern zählt. Jetzt mal von schwiegende Skripfehlern (der Turm ist bereits in der Eingangshalle überflutet, man kann aber immer noch draußen rumlaufen, Charaktere befinden sich einmal sichtbar, einmal unsichtbar, aber anklickbar an verschiedenen Stellen im Turm usw.) und auch in dem Zusammenhang von massiven Logiklöchern (Jack erhält Informationen über Dinge, die noch nicht passiert sind, kann Fragen über Dinge stellen, die er noch gar nicht wissen kann usw.) abgesehen, sind die Charaktere eben ziemlich flach und deshalb nicht wirklich interessant.
Ich glaube, dass Sokal viel mehr daraus hätte machen wollen und auch können, wenn man die Zeit bzw. die notwendige Teamgröße gehabt hätte. Letztlich hat man sich mit dem Projekt meines Erachtens überhoben. Das meine ich aber im Grunde genommen nur auf die Gameplaystruktur bezogen. Beim Versuch ein hohes Maß an Non-Linearität einzubauen, die Puzzlestücke kann man ja in unterschiedlicher Reihenfolge aufdecken (zumindest die meisten davon), scheitert White Birds halt leider. Dass dann zusätzlich der spielerische Anspruch beim Absuchen der Umgebungen und dem Führen von teilweise sehr schwach vertonten Dialogen auf der Strecke bleibt, ist dann noch das negative Tüpfelchen auf dem I.Dei Story ist, wie oft bei solchen Krimis, nicht gerade einmalig, auch wenn die Idee mit dem Turm was für sich hat. Allerdings wird diese Idee im Spiel selbst zu wenig eingesetzt, finde ich. Da häte man mehr Tiefe reinbringen können.
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Re: Rassismus in Adventures
Das hatte auch mehr mit der Vermarktung des Spiels zu tun. Wenn man dann noch als Trailer zeigt, wie ein Haufen von farbigen Menschen (die nicht direkt als Zombies zu erkennen waren) niedergemetzelt werden und zuvor der Eindruck entsteht, es sei ein Aufstand, kann ich das schon nachvollziehen.Cohen hat geschrieben:Auch bei dem oben genannten Resident Evil 5 konnte ich die damalige Rassismusdebatte nicht nachvollziehen.
Capcom hat später auch nicht explizit gesagt, sie hätten das nicht gewollt. Da sollte man schon vorsichtig sein, wobei ich dir natürlich Recht gebe, dass es nichts anderes als ein weiteres Zombie-Action-Horrorspiel ist.
Yep, da stimm ich dir auch wieder zu. Dieses PC hindert stellenweise auch das Erwachsenwerden von Spielen. Sieht man sich mal den stereotypischen Marine-Charakter aus Gears of War an (Cole, wenn ich mich recht entsinne), dann bedient das einerseits schön die Klischeekiste und macht andererseits daraus nichts anderes als Vorurteile in einer Person komprimiert, sei es vom Reden oder Handeln.Cohen hat geschrieben:Meiner Meinung nach wird die Rassismuskarte heutzutage viel zu oft und zu früh gezückt... Politische Überkorrektheit.
Man sollte da vielleicht auch aufpassen, was man vergleicht und wie es verwendet wird. Z.B. gibt es in genügend Adventures Beispiele, wo bestimmte Nationalitäten klischeehaft dargestellt werden (Gabriel Knight 2, Baphomets Fluch etc.), nur wird das mit Humor verknüpft, d.h. es wird klar, dass es überzeichnet ist.Cohen hat geschrieben:Ist "Married with Children" nach der Logik dann auch rassistisch?
Bei Paradise oder auch Sinking Island kann ich Nomadenseele schon verstehen, denn da werden die Charaktere ja versucht realistisch dargestellt zu werden. Und da ist die Frage nach rassistischen Tendenzen vielleicht doch nicht komplett von der Hand zu weisen. Aber auch hier: Sokal hat's ganz geschickt gemacht, indem seine Welten zwar immer an reale Schauplätze angelehnt sind, sie aber im Endeffekt reine Fantasie sind.
Der etwas andere Review-Blog:
http://emotionalmultimediaride.wordpress.com/
nufafitc: Hm, wer vergibt denn die Admin-Rechte?
neon: Die Admins
Ungenanntes Forenmitglied: erst wenn der allmächtige rülpst weißt du, dass du einen guten artikel geschrieben hast
Ungenanntes Forenmitglied: man bräuchte nur die XBox am Bett und vielleicht noch Kühlschrank und Mikrowelle…
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Re: Rassismus in Adventures
Bei Paradise kann ich das jetzt noch weniger verstehen. Die Figuren aus Sinking Island, um die es hier geht, waren sicher keine sehr tiefgruendigen oder komplexen Figuren, aber Ann Smith hat doch nun gar nicht irgendwelchen Klischees entsprochen und sie wurde weder als primitiv noch als dumm charakterisiert - ganz im Gegenteil. Als Afrikanerin mag sie vielleicht dem einen oder anderen "exotisch" vorkommen, aber haette Sokal sie deswegen als Weisse konzipieren sollen?nufafitc hat geschrieben:Bei Paradise oder auch Sinking Island kann ich Nomadenseele schon verstehen, denn da werden die Charaktere ja versucht realistisch dargestellt zu werden. Und da ist die Frage nach rassistischen Tendenzen vielleicht doch nicht komplett von der Hand zu weisen.
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Re: Rassismus in Adventures
Mir fällt ein anderes Beispiel ein, das auf etwas subtilere Weise ein rassistisches Ressentiment verbreitet: Gabriel Knight 3. Mir ist diese Sache schon damals bei diesem Spiel sehr unangenehm aufgefallen, komischerweise scheint es aber nie eine Debatte darüber gegeben zu haben, obwohl es sich dabei doch um ein eindeutig antisemitisches Klischee handelt. In Gabriel Knight 3 wird das Klischeebild des "wandernden Juden" (oder auch: "ewigen Juden") aufgegriffen. Dieses Klischee ist ursprünglich auf die christliche Tradition des Judenhasses zurückzuführen, es wurde aber dann auch von den Nazis für ihre Propaganda verwendet.
"Einer christlichen Legende zufolge soll ein Jude namens Ahasverus Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung beleidigt haben und zur Strafe ruhelos in der Welt umherirren, ohne sterben zu können. In der judenfeindlichen Überlieferung wurde Ahasverus zur Verkörperung des wandernden Juden."
http://www.ghwk.de/2006-neu/raum2.htm
Ich möchte Jane Jensen damit nicht unterstellen, dass sie bewusst antisemitische Propaganda in Gabriel Knight 3 verbreiten wollte. Für Jensen war vermutlich das Geheimnisvolle und Verschwörerische reizvoll, das ja zentral für ihre Spiele ist. Aber es zeigt doch zumindest einen unkritischen und wenig sensiblen Umgang mit dem Antisemitismus und es wundert mich bis heute, dass es nie eine entsprechende Debatte darüber gegeben hat.
"Einer christlichen Legende zufolge soll ein Jude namens Ahasverus Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung beleidigt haben und zur Strafe ruhelos in der Welt umherirren, ohne sterben zu können. In der judenfeindlichen Überlieferung wurde Ahasverus zur Verkörperung des wandernden Juden."
http://www.ghwk.de/2006-neu/raum2.htm
Ich möchte Jane Jensen damit nicht unterstellen, dass sie bewusst antisemitische Propaganda in Gabriel Knight 3 verbreiten wollte. Für Jensen war vermutlich das Geheimnisvolle und Verschwörerische reizvoll, das ja zentral für ihre Spiele ist. Aber es zeigt doch zumindest einen unkritischen und wenig sensiblen Umgang mit dem Antisemitismus und es wundert mich bis heute, dass es nie eine entsprechende Debatte darüber gegeben hat.
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Re: Rassismus in Adventures
nufafitc hat geschrieben:Z.B. gibt es in genügend Adventures Beispiele, wo bestimmte Nationalitäten klischeehaft dargestellt werden (Gabriel Knight 2, Baphomets Fluch etc.), nur wird das mit Humor verknüpft, d.h. es wird klar, dass es überzeichnet ist.
Ganz so einfach ist das natürlich nicht. Denn rassistische Tendenzen lassen sich natürlich leichter belegen als widerlegen. Von daher hängt es gar nicht so sehr davon ab, was das Spiel oder der Film macht, sondern beinahe ausschließlich vom Konsumenten, so wie hier eben von Nomadenseele.
Wenn man sich Filme wie Indiana Jones ansieht, bei denen die Deutschen bekanntlich nicht gerade besonders gut wegkommen, dann hängt es recht eindeutig viel mehr vom Zuschauer ab als vom Film selbst, ob humorvoll verpackt oder nicht.
Ein anderes, ganz simples Beispiel aus Scrubs: J.D. besucht Sean, den er wieder mit Elliott zusammenbringen will. Dem ist innerhalb weniger Tage ein riesiger Bart gewachsen. J.D. meinte dazu, dass die kurze Zeitspanne den Bart noch beeindruckender machen würde. Sean meint dazu nur, dass er zu einem Viertel Ungar sei. Ein Ungar findet das unter Umständen auch nicht ganz so witzig.
Weiteres Beispiel: Die GTA-Reihe. Die Gangs und eigentlich jede Einzelperson sind extrem Klischeebeladen. Da gibt es ja regelmäßig Proteste aus allen möglichen Ecken, genauso wie sich die Kirche über jeden vermeintlich blasphemischen Mist aufregt und zum Boykott aufruft.
Aber wie gesagt, ob etwas rassistisch oder sonst irgendwie anstößig ist oder nicht, das ist meist reine Empfindungssache und in manchen Fällen (das Kirchenbeispiel hatte ich ja gerade auch kurz angeschnitten) werden Filme oder Spiele natürlich auch gerne für bestimmte Zwecke instrumentalisiert.
@Nina: das liegt sicherlich auch zu einem nicht unerheblichen Teil daran, dass Jane Jensen keine Deutsche ist. Wir sind für diese Art von Themen natürlich extrem sensibilisiert. Alles, was die Nazis irgendwie für die Verbreitung ihrer Ideologie verwurstet haben, das ist bei uns verpönt, auch dann, wenn es mit den Nazis oder deren Ideologie ursprünglich gar nichts zu tun hatte. "Jedem das Seine" z.B. ist eine uralte Redewendung, die die Nazis (wie "Arbeit macht frei" usw.) auf die Tore zu den Konzentrationslagern angebracht haben. Vor zwei Jahren oder so hatte Tschibo für individuelle Kaffebohnen-Mischungen einen Slogan verwendet, der so ähnlich klang: Jedem den Seinen. Darüber haben sich einige Leute beschwert, weshalb Tschibo die Plakate wieder entfernte. In den USA hätte das wahrscheinlich niemanden interessiert.
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Re: Rassismus in Adventures
Naja, Grappa11, ich finde eigentlich schon, dass dieses antisemitische Klischee mit den Nazis sehr viel zu tun hat. Der Antisemitismus war doch das entscheidende Element der Naziideologie. Die Nazis haben zwar viele Dinge aufgegriffen, die schon vorher da waren, und in ihrer Ideologie und Politik zusammengeführt. Insofern hast du recht: Die Nazis haben das erwähnte Klischee nicht erfunden. Aber im Irrsinn der Nazis tauchte es dennoch wieder auf und wurde somit geschichtlich wirksam. Der Nationalsozialismus ist das furchtbarste Beispiel dafür, wohin Vorurteile, Ausgrenzung und Diskriminierung letztlich führen können. Klar hast du damit recht, dass in Deutschland und - zu geringerem Teil - auch Österreich eine gewisse Sensibilität für das Thema besteht, die zb in Großbritannien oder den USA nicht so stark ausgeprägt ist. Aber der Nationalsozialismus war doch wohl ein echter Zivilisationsbruch im denkbar negativsten Sinne, der nicht nur für die Deutschen und Österreicher von Belang ist, sondern eigentlich überall auf der Welt als Alarmsignal wahrgenommen werden sollte. Ich denke also, man kann durchaus erwarten, dass auch in Ländern, wo der Nationalsozialismus nicht an der Macht war, eine gewisse Vorsicht im Umgang mit Antisemitismus und Rassismus an den Tag gelegt wird. Das ist wohl das Mindeste, was man aus der Geschichte lernen kann.
- Möwe
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Re: Rassismus in Adventures
Jensen nimmt ein Stereotyp, den wandernden Juden, und erzählt eine neue, völlig andere Geschichte dazu. Eine sehr menschliche Geschichte über jemanden, der einen Fehler begangen hat. Diese Geschichte beruht vielleicht auf einem antisemitischen Mythos*, sie hat ihn aber in eine allgemeinmenschliche Geschichte transformiert. So macht sie das im gesamten Spiel: sie nimmt reale Vorgaben, kombiniert sie und verwandelt sie in etwas Neues.Ninas Ex hat geschrieben: Ich möchte Jane Jensen damit nicht unterstellen, dass sie bewusst antisemitische Propaganda in Gabriel Knight 3 verbreiten wollte. ... Aber es zeigt doch zumindest einen unkritischen und wenig sensiblen Umgang mit dem Antisemitismus und es wundert mich bis heute, dass es nie eine entsprechende Debatte darüber gegeben hat.
Ich fand Jensens transformierte Geschichte immer etwas zu tränendrüserisch, aber antisemitisch ist sie sicher nicht. Im Gegenteil, falls man den Mythos antisemitisch findet*, löst sie diesen Aspekt in ihrer Neuinterpretation auf.
* Der ewige Jude muss nicht unbedingt antisemitisch gemeint sein, sondern könnte anfangs als Geschichte einer Verfehlung gemeint sein, so wie einige andere, z.B. Römer, Jesus am Kreuz schlecht behandelt haben und dafür bestraft worden sind. Dass der Haupaugenmerkt auf das Jude-sein des ewigen Juden gelegt wird, ist letzlich auch eine Interpretationssache.
Es ist, wie es ist, aber es wird, was du draus machst.
- Möwe
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Re: Rassismus in Adventures
Finde ich auch.Ninas Ex hat geschrieben:Ich denke also, man kann durchaus erwarten, dass auch in Ländern, wo der Nationalsozialismus nicht an der Macht war, eine gewisse Vorsicht im Umgang mit Antisemitismus und Rassismus an den Tag gelegt wird. Das ist wohl das Mindeste, was man aus der Geschichte lernen kann.
Allerdings finde ich, dass dabei jeder andere Grenzen ziehen darf.
Antisemitismus ist es auch, besonders vorsichtig und überkorrekt zu sein - das ist auch eine Form der Ausgrenzung. Eine Form, die es in Deutschland verständlicherweise sehr oft gibt.
Trotzdem sollte man sich bewusst sein, dass ein lockerer Umgang, der nicht alles so verkrampft und überkorrekt sieht, noch das beste Mittel ist, um irgendwann wieder "normale" Verhältnisse entstehen zu lassen.
Es ist, wie es ist, aber es wird, was du draus machst.