Philosophie und Politik in Adventures

Hier geht es einfach nur um Adventures!
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Ninas Ex
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Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Ninas Ex »

Ich greife mal dieses Thema auf und hoffe, dass ich damit nicht ins Fettnäpfchen trete, weil das Thema vielleicht schon bis zum Erbrechen durchgekaut wurde. Mich interessieren Meinungen zu folgenden Fragen: Verfolgen manche Adventures eine bestimmte Philosophie, also gibt es eine bestimmte Message oder ein „Weltbild“, das sie rüberbringen wollen? Oder anders gefragt: Können Adventures politisch sein?

Ich meine einerseits das Offensichtliche, wie zb das erst erscheinende Adventure über den ökologischen Kollaps („A new Beginning“) oder auch manche Science Fiction-Adventures, die einen Entwurf einer möglichen zukünftigen Gesellschaft haben und bestimmte – meistens negative – Entwicklungen in der Gegenwart auf eine denkbare Zukunft projezieren (totale Überwachung, autoritärer Staat,…). Das ist mir etwa bei „Moment of Silence“ aufgefallen, das ich als Warnung verstehe, dass die Menschen die Kontrolle über ihr Leben an die Technik abgeben.

In manchen Adventures finden sich aber auch ironische Seitenhiebe auf den Kapitalismus, zb in humorvollen Anspielungen oder Wortspielen. Mir fällt jetzt spontan leider kein Beispiel ein, aber es ist mir sicher schon untergekommen.

Schliesslich sehe ich in manchen Adventures auch eine Ermutigung, das eigene Leben in die Hand zu nehmen. Als Beispiel fällt mir „The Longest Journey“ ein. Es ist zwar schon lange her, dass ich das gezockt habe, aber ich kann mich erinnern, dass ich damals ein recht positives Gefühl dabei hatte. Und zwar weil die Protagonistin April eine persönliche Entwicklung durchmacht und im Zuge ihres Abenteuers viel Selbstvertrauen tankt und persönlich wächst. Ähnlich ging es mir bei „Syberia“, auch dort macht die Protagonistin Kate Walker eine Entwicklung von der langweiligen Anwältin zur Abenteuerlustigen durch. Gleichzeitig halte ich TLJ auch für politisch, weil ich darin Gesellschaftskritik erkenne. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Situation, als April im Spiel erzählt, dass die Uhr auf dem Platz genau zu dem Zeitpunkt stehen geblieben ist, als die Polizei im Jahr Soundso das Feuer auf die Hausbesetzer eröffnete. „Dreamfall“ hingegen ist ja auch ziemlich politisch, weil es den Widerstand gegen Unterdrückung (April Ryan) oder die Machenschaften von Konzernen (Zoe) thematisiert. Leider kann ich gerade dazu insgesamt wenig sagen, weil ich das Spiel aus völliger Entnervung über die Action-Einlagen nie fertig gespielt habe.
hrast85
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von hrast85 »

Ich denke viele Spiele möchten einfach eine interessante Geschichte erzählen. Dazu kann eben auch eine Welt gehören, die soziale Fragen an den Spieler stellt, diskussionswürdig sind und eine "was wäre wenn" Thematik aufwerfen. Ebenso verhält es sich mit den Handlungen und Entwicklungen diverser Charaktere. Letzen Endes soll es ja für den Spieler interessant gestaltet werden und dies kann eben auch durch die Konfontation diverser sozialer Konflikte mit dem Spieler entstehen.

Aber ich glaube nicht dass zb. bei TlJ oder Dreamfall die Message : "wirf dein Leben nicht weg" im Vordergrund steht. Auch Moment of Silence ist da wohl eher leichte Kost, ohne sich selbst den Anspruch zu stellen allzu gesellschaftskritisch sein zu wollen. A new Beginning kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen.

Lediglich die beiden Global Conflicts Spiele wollen glaube ich wirklich politische Aspekte an den Spieler bringen und somit eine gewissen "Aufklärung" bzw Haltung gegenüber einem Thema erzeugen. Ich habe diese Spiele aber nicht selbst gespielt(lediglich Reviews gelesen) und kann daher keine persönliche Erfahrung in diese Aussage mit einbringen.
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DrBres
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von DrBres »

Mir würden spontan die beiden "Dunkle Schatten"-Spiele einfallen, die sich mit den Auswüchsen des Rechtsextremismus auseinander setzen. Die Spiele sind aber auch im Autrag des Innenministeriums entstanden.

Ansonsten ist es noch nicht aufgefallen, dass mir irgendein Adventure in gewisser Hinsicht eine Weltanschauung näherbringen wollte. Kritische Untertöne gibt es zwar immer wieder, im Bereich der Science-Fiction gehören die ja zum festen Inventar. Selbst ein eher humoristisch angelegtes Floyd ist nicht frei davon. Aber ein wirklich politisches Game ist mir, von den oben genannten mal abgesehen, nicht untergekommen.
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Ninas Ex
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Ninas Ex »

Ja, ich sehe es auch so, dass im Mittelpunkt eines Adventures einfach die Geschichte steht. Aber das widerspricht sich ja nicht: eine Geschichte kann auch politische Fragen aufwerfen. Und für mich ist etwas schon politisch, wenn es zum Nachdenken und Hinterfragen anregt. Politisch bedeutet für mich nicht erst, wenn eine fertige Meinung präsentiert wird.
Bezüglich TLJ weiss ich nicht, ob die Botschaft, man soll sein Leben selbst bestimmen und sich „ins Abenteuer stürzen“, im Vordergrund steht, aber ich denke, es könnte zumindest auch eine Rolle spielen.
Vielleicht liegt es daran, dass Adventures sowieso eine Randerscheinung sind und kommerzielle Erwägungen eigentlich ein, naja, „untergeordneter“ Aspekt sind, weil sich Firmen nicht erwarten können, mit Adventures einen grossen Absatz zu machen. Das lässt möglicherweise einen grösseren Spielraum für Kreativität, aber auch für Themen, die nicht ausschliesslich unterhalten sollen. Denn ein inhaltliches Setting wie in „Moment of Silence“ oder auch „Goin’ Downtown“ möchte man sich wohl eher nicht zumuten, wenn man nur auf Unterhaltung aus ist. Es sei denn, man steht auf pessimistische Zukunftsaussichten.
Svenc
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Svenc »

Ninas Ex hat geschrieben: Vielleicht liegt es daran, dass Adventures sowieso eine Randerscheinung sind und kommerzielle Erwägungen eigentlich ein, naja, „untergeordneter“ Aspekt sind, weil sich Firmen nicht erwarten können, mit Adventures einen grossen Absatz zu machen. Das lässt möglicherweise einen grösseren Spielraum für Kreativität, aber auch für Themen, die nicht ausschliesslich unterhalten sollen. Denn ein inhaltliches Setting wie in „Moment of Silence“ oder auch „Goin’ Downtown“ möchte man sich wohl eher nicht zumuten, wenn man nur auf Unterhaltung aus ist.
Solche Spiele sind aber auch die Ausnahme. Mir fallen hier sehr wenige ein. Ganz ehrlich: Gegenüber den am laufenden Band rausgehauenen Mystery-Spielen mit sexy weiblichem Hauptcharakter plus Sidekick und Spielen nach bekannter Romanvorlage ist das eine verschwindend geringe Minderheit. Wer will das auch irgendwem verdenken: Geschäft ist halt Geschäft. Das ist bei Adventures nicht im geringsten anders als sonstwo. Ein Blick ins Spielearchiv der Adventureseite deiner Wahl sagt alles. Es sind nicht Adventures, die gerne mal eine Message rüberbringen und Themen aufgreifen, die man so von Spielen nicht erwartet. Immerhin spiele ich im durchschnittlichen Adventure einen Kleptomanen, der oft ein größeres Miststück als der Bösewicht ist. Sondern es sind die Designer, die hinter solchen Spielen stehen. Ob hinter Shadow Of The Colossus, Torment, Silent Hill 2, ... oder eben Overclocked.
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Ninas Ex
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Ninas Ex »

Aber im Gegensatz zu, sagen wir, Ego-Shootern, Sportspielen oder Rollenspielen haben Adventures noch am ehesten das Potential, eine Message zu transportieren, eben weil die Geschichte hier im Mittelpunkt steht und nicht hirnloses Herumballern, Monster abschlachten oder Rennenfahren. Ausserdem fordert kein anderes Spiel so sehr die grauen Zellen heraus wie ein – gut gemachtes –
Adventure. Dass man im durchschnittlichen Adventure einen soziopathischen Kleptomanen spielt, ist zwar richtig, aber dennoch haben auch hier Adventures das Potential, mit unterschiedlichen Charakteren zu experimentieren. Beispiel: „So Blonde“, ich liebe dieses Spiel, hier wird das Klischee vom „dummen, naiven Blondchen“ auf die Schippe genommen und auf ironische Weise in Frage gestellt, denn die Protagonistin Sunny ist alles andere als dumm und naiv. Im Grunde wird damit ein sexistisches Vorurteil angegriffen.
DaGus
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von DaGus »

Ich denke, das schwierige beim Transportieren solch einer Message ist, auf den erhobenen Zeigefinger zu verzichten. Und das ist sicher nicht zu vermeiden, wenn man eine Geschichte um eine Meinung bzw. eine politische Botschaft oder philosphischen Gedanken drumherum baut. Besser finde ich es, diese in die Geschichte zu integrieren und nur gelegentlich durchblitzen zu lassen. Ich möchte keine Meinung mit dem Holzhammer eingetrichtert bekommen. Ich bin mal gespannt, wie das bei "A new Beginning" gelöst ist, denn da scheint ja das Problem im Vordergrund zu stehen.

Grundsätzlich bin ich schon der Meinung, dass Adventures oder Spiele allgemein politisch sein können bzw. zu Gedanken und Diskussionen anregen können, ähnlich wie das bei Filmen möglich ist. Gern auch mehr davon. Es sollte ja möglich sein, eine spannende Geschichte zu erzählen, die der Gesellschaft den Spiegel vorhält oder ein politisches Thema anspricht, ohne am Ende den Finger zu heben. Und warum sollte das nicht auch bei Shootern und Rollenspielen möglich sein?
Zyklon
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Zyklon »

Als Spiel mit einer Politischen Aussage fällt mir spontan The Moment of Silent ein. Neben der Geschichte die der Spieler Charakter erlebt ,
wird auch einiges über die Welt ausgesagt in der er lebt und wie sich seine Sicht auf diese ändert.
Ich meine sowas wie einen mahnenden Zeigefinger der Entwickler zu erkennen. Der Spieler soll durch die Gedanken die er sich während des
spielens macht auch vorgänge in Realität zu hinterfragen lernen.
Grade was Datensicherheit , Menschenrechte , Technischer Fortschritt usw. für die Welt in der wir leben bedeuten und was eine Veränderung
dieser bedeuten kann aber nicht muss. Das der Spieler sich einfach selber Gedanken macht über das für und wieder einer Sache und nicht nur
stumm die Ideen anderer abnickt.

mfg Zyklon
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Ninas Ex
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Ninas Ex »

Ein guter Punkt! Ich denke, das vorher angesprochene „Dunkle Schatten“ fällt in die Kategorie des erhobenen Zeigefingers (ich selber hab es nicht gespielt). Hier war vermutlich zuerst der Gedanke da und man hat das Computerspiel nur als Medium für die Verbreitung des Gedankens herangezogen. Ich finde, das ist auch legitim, wenn man klar dazusagt, hey Leute, dies ist keine Unterhaltung im eigentlichen Sinne, sondern soll mehr der politischen Aufklärung und Bildung dienen. Dann weiss jeder, was Sache ist. Bei den Spielen, die mir bisher eingefallen sind, denen man einen politischen Aspekt zuschreiben könnte, ist das anders. Ich denke, dass bei keinem dieser Spiele das Politische der Grundgedanke war, sondern es blitzt, wie du sagst, nur gelegentlich durch. Allerdings ist mir unklar, wie ein Shooter gesellschaftskritisch sein könnte. Für mich sind Shooter eher Ausdruck eines gesellschaftlichen Mißstandes.
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von DaGus »

Naja, selbst der Ur-Shooter Wolfenstein3d hatte ja eine simple politische Botschaft ("Tritt dem Nazi in den Arsch"). Dass diese nicht Durch Handlung sondern stupidem Handeln transportiert wurde, liegt eben am Genre. Aber ich meine auch mehr, dass grundsätzlich auch in Shootern eine intelligente, politische, zum nachdenken anregende Geschichte erzählt werden könnte. Oder dass eben diese Punkte ab und zu durchblitzen. Als positive Beispiele fallen mir da Half Life (Vertuschung einer Katastrophe durch Militär) oder Splinter Cell (militär-polit. Szenario inkl. CNN Berichte) ein.
Wenn man will, läßt sich über jedes Medium eine Message transportieren. Und am besten gelungen finde ich es dann, wenn diese so dezent übermittelt wird, dass sie einem erst am Ende in der Magengrube trifft und zum Sitzenbleiben und Nachdenken anregt.
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Threepbrush
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Threepbrush »

Ninas Ex hat geschrieben:. Für mich sind Shooter eher Ausdruck eines gesellschaftlichen Mißstandes.
Hm...ich würde hier 'gesellschaftlichen Mißstand' durch 'menschlichen Mißstand' ersetzen. Ich glaube, dass in jedem Menschen ein gewisses Potential an Aggression und Gewaltbereitschaft steckt. Ganz unabhängig von der aktuellen gesellschaftlichen Struktur. Ich finde es eigentlich ganz gut, wenn Menschen dieses Potential in Shootern abarbeiten...besser, als wenn sie es in der Realität täten.
Ich hab noch nie einen Shooter gespielt...aber interessant fände ich, wenn man sich beim Abknallen der Gegner die Frage stellen müsste: 'Ist das eigentlich moralisch ok, was ich da mache (wenn auch nur virtuell)?.
So ging es mir zb bei 'Shadow of the Colossus'. Man muss dort 16 sehr interessante Lebewesen vernichten...nur um eine schon gestorbene Frau wieder zurück ins Leben zu holen. Diese Kolosse sind eigentlich recht friedlich...es sei denn, man greift sie an...sie verteidigen sich also nur.
Das Spiel stellt vielleicht keine politische Frage...aber durchaus eine moralisch-ethische...darf ich Leben nehmen um eines wieder zu gewinnen?
Na ja...ich würde mir viel mehr von dieser Art Spielen wünschen...also in denen es nicht nur ums töten geht sondern auch noch um die Rechtfertigung dessen.
perfektopheles

Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von perfektopheles »

Ninas Ex hat geschrieben:Ein guter Punkt! Ich denke, das vorher angesprochene „Dunkle Schatten“ fällt in die Kategorie des erhobenen Zeigefingers (ich selber hab es nicht gespielt). Hier war vermutlich zuerst der Gedanke da und man hat das Computerspiel nur als Medium für die Verbreitung des Gedankens herangezogen. Ich finde, das ist auch legitim, wenn man klar dazusagt, hey Leute, dies ist keine Unterhaltung im eigentlichen Sinne, sondern soll mehr der politischen Aufklärung und Bildung dienen. Dann weiss jeder, was Sache ist.
Dafür gibt es den Bereich der Serious Games. Falls du Interesse hast, kannst du dir diese Artikel anschauen
http://de.wikipedia.org/wiki/Digitales_Lernspiel
http://en.wikipedia.org/wiki/Serious_game
Ich erinnere mich z.B. an "Hilfe für Amajambere". Aber, wie du sagst, sind diese Spiele schon sehr spezifisch, weil das Lernziel bereits im Vordergrund steht.
Verfolgen manche Adventures eine bestimmte Philosophie, also gibt es eine bestimmte Message oder ein „Weltbild“, das sie rüberbringen wollen?
Ich denke, mehrheitlich dienen sie der Unterhaltung. Jedoch, wie jemand hier schrieb, wenn sie auf bereits (gesellschafts-)kritischen Vorlagen (Bücher, Comics etc.) beruhen, dann ist das durchaus möglich.
Oder anders gefragt: Können Adventures politisch sein?
Auf jeden Fall. Adventures sind auch nur eine Erzähltechnik und damit kann man jede Botschaft vermitteln.
Svenc
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Svenc »

Ich hab noch nie einen Shooter gespielt...aber interessant fände ich, wenn man sich beim Abknallen der Gegner die Frage stellen müsste: 'Ist das eigentlich moralisch ok, was ich da mache (wenn auch nur virtuell)?.
Bei Operation Flashpoint hatte ich damals mit jemandem durchaus diese Diskussion. Weil hier ein Simulationsgrad, eine Authentizität erreicht wurde, die einen schlucken ließ - unabhängig davon, ob man je in einen Krieg verwickelt war oder nicht. Das war etwas völlig anderes, als die überzogenen Call Of Duties da draußen, die mit Trailern beworben werden, in denen Luftangriffe mit Heavy Metal-Musik unterlegt werden. Und es musste hier nicht mal sonderlich viel Blut fließen, um dieses Gefül der Beklemmung in uns hervorzurufen. Aber dieses "Mittendrin" machte das Spiel mit aus.

Ninas Ex hat geschrieben:Aber im Gegensatz zu, sagen wir, Ego-Shootern, Sportspielen oder Rollenspielen haben Adventures noch am ehesten das Potential, eine Message zu transportieren, eben weil die Geschichte hier im Mittelpunkt steht und nicht hirnloses Herumballern, Monster abschlachten oder Rennenfahren.
Sehe ich ein wenig anders: Natürlich kann sowas auch über Dialoge, Charakterzeichnung und Plot transportiert werden. Wie in anderen Medien auch. Ganz vorzüglich sogar. Spiele sind aber ein interaktives Medium. Da gibt es auch noch einen ganz anderen Weg. Es gibt beispielsweise sehr wenig, dass einem den Schrecken des Krieges so nahe bringt, wie seit gefühlten 10 Stunden scheißnass unter dem Mauspad zu kauern, weil einen seit 90 Echtzeit-Minuten in "Silent Hunter 3" ein Zerstörer auf dem Kicker hat. Und immer noch detonieren alle 5 Minuten die Wasserbomben. Kein Dialogbaum, keine selbstablaufende Videosequenz hätte den selben Effekt. Im Übrigen halte ich das hirnlose Geballer, Monster abschlachten auch für ein gerne verbreitetes Vorurteil von Leuten, die sich nie so richtig mit Spielen beschäftigt haben. Obwohl natürlich viele Spiele so funktionieren, und Hölle, warum auch nicht? Spaß ist eine ganz großartige Sache! Adventures ticken ja auch nicht anders!

Pilzmännchen auf den Kopf zu hüpfen, Tore zu schießen, Moorhühnchen abzuknattern, das ist alles nicht mehr und nicht weniger "hirnlos" als das typische Adventure-Rätsel - es kommt darauf an, was das jeweilige Spiel draus macht. In Shadow Of The Colossus tut man auch nichts anderen, als Monster abzuschlachten. Und sonst gar nichts. Bloß, wie das Spiel das präsentiert, das macht es so anders. Vom soziologischen Aspekt sind auch die Modeerscheinungen unserer Zeit, diverse MMOs, von denen World Of Warcraft das bekannteste ist, sicherlich interessanter als der Großteil dessen, was dtp so publiziert. Da machen Spieler ihre *eigene* Politik, heiraten, schmieden Allianzen, tauschen Waren, sammeln und arrangieren sich zu Gruppen von Dutzenden, um Bossgegner zu töten. Adventures können sehr vieles. Aber damit stehen sie gewiss nicht alleine da.

Nur, damit das jetzt nicht falsch verstanden wird: Spiele dürfen sehr gerne auch "bloß" ausschließlich unterhalten. "Bloß unterhalten" - dabei ist Unterhaltung doch überhaupt erst der Grund, warum wir sie spielen. Oder nicht?
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Ninas Ex »

Ich finde, vor einem moralischen Dilemma steht man auch bei so manchem Adventure. Einmal abgesehen davon, dass zwanghaftes Stehlen und Handlungen, für die man dann keine Verantwortung zu übernehmen braucht, eigentlich Standard in den meisten Adventures sind (was man ja noch mit Humor nehmen kann), kommt mir vor, dass gerade in letzter Zeit Adventures auf den Markt kamen, die den Spieler vor ein echtes Dilemma stellen.

Ich will jetzt nicht spoilern, daher verkneife ich mir Details, aber die letzten Szenen von „Momento Mori“ fand ich schon sehr heftig, auch wenn es dann anders kam, als ich zuerst dachte. Das gleiche gilt für „Edna bricht aus“, ich fand beide Enden fürchterlich, aber vor allem das eine Ende habe ich als moralisch ganz schön daneben empfunden und es wird angesichts der Tragweite der Handlung auch viel zu kurz abgehakt, vor allem, wenn man bedenkt, dass das Spiel ohne Altersbeschränkung freigegeben wurde. Da fand ich „A Vampyre Story“ weit sympathischer, weil die Hauptfigur ihren moralischen Kompass im ganzen Spiel offenlegt und ihre Einwände gegen bestimmte Handlungen vorbringt, die zum Beispiel anderen Personen schaden würden.
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Re: Philosophie und Politik in Adventures

Beitrag von Jan Klose »

Was eher unterschwellige Messages angeht: In Ankh retten ein Ägypter, eine Araberin und drei Israeliten mit jüdischen Namen gemeinsam die Welt und kämpfen gegen ein totalitäres System mit einem Scharlatan an der Spitze (der selbst nach einem unfreiwilligen Ausflug in seine eigene Sklavenwelt unbelebrbar bleibt). In "Kampf der Götter" gibt es zudem einige Kritik an der Konsumgesellschaft. Naja, vielleicht waren wir ein wenig zu unterschwellig...
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