Gabriel Knight - Sins Of The Fathers

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DrBres
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Gabriel Knight - Sins Of The Fathers

Beitrag von DrBres »

Bitte zu den Community-Tests verschieben! Danke!

Es ist schon zwei, drei Wochen her, dass der Abspann an mir vorbei geflimmert ist, deshalb wird's höchste Zeit für meine Nachbetrachtung, bevor die Erinnerungen nachlassen...

"Gabriel Knight - Sins Of The Fathers" ist der Auftakt der Gabriel Knight-Reihe von Sierra, erschienen im Jahre 1993. Protagonist ist der chaotische, leicht flegelhafte Buchhändler und Autor, der momentan an einem Buch über Voodoo-Morde in und um seiner Heimatstadt New Orleans arbeitet. Material bekommt er immer wieder von seinem Jugendfreund, dem Inspektor Mosley, und seiner studentischen Aushilfskraft Grace zugeschustert. Doch die Ermittlungen rund um die aktuelle Mordserie laufen aus dem Ruder: Erst will Mosley die Akten aufgrund ihrer Brisanz nicht mehr herausrücken, dann wird der Fall aus heiterem Himmel geschlossen. Das lapidare Ergebnis der Ermittler befriedigt Gabriel Knight nicht: Die Morde sollen von einer Reihe von Trittbrettfahrern, ohne Voodoo-Hintergrund, begangen worden sein. Knight glaubt nicht daran und ist bald einem geheimen Voodoo-Kult auf der Spur.

Soviel zu den Zutaten eines simpel gestrickten, aber hoch interessanten Einstiegs. Spätestens ab dem zweiten Spieltag ist der Spieler voll und ganz von der Undercover-Arbeit des Gabriel Knight eingenommen; mit jedem Gespräch, jedem neuen Indiz kommt der dem Geheimnis um die Voodoo-Morde immer näher. Der Plot bleibt so immer spannend, vor allem weil das Thema "Voodoo" authentisch aufgearbeitet wird. Ich weiß nicht, wie genau die Entwickler recherchiert haben, doch anscheinend wollten die Spieleentwickler nicht nur ein spannendes, sondern auch ein lehrreiches Spiel programmieren. Klar, rein wissenschaftlich ist das Ganze sicher nicht, aber ein paar Hintergründe über den ursprünglich afrikanischen Kult gibt es schon an die Hand. Und das, wie gesagt, immer stückchenweise - richtige Detektivarbeit eben.

Und das ist es, was den Reiz des Adventures ausmacht: Trotz der vielen Indizien bleibt die Story unvorhersehbar, der Spieler jagt dem nächsten Hinweis hinterher und vergisst dabei die Zeit. Dazu kommt die Geschichte um den Bund der Schattenjäger, dem die Knight-Familie bereits seit Jahrhunderten angehört. An dieser Stelle wird die Story zwar wahnsinnig komplex, tut der Spannung aber keinen Abbruch. Allerdings wird die Handlung dadurch auch nach Bayern und nach Afrika verlegt, was am Ende wie ein wenig zu viel des Guten wirkt: Aus dem Amateur-Detektiv wird ein Hobbyarchäologe der in bester Indy-Manier über die gezeichnete Weltkarte jettet. Es ist nicht so, als würde das Mystische, das Okkulte den Spielverlauf auf den Kopf stellen, doch es mündet in einem völlig überzogenen Showdown im Versteck des Voodoo-Kultes - einer unterirdischen High-Tec-Basis! Die Begeisterung darüber, dass hier nach der mickrige Abspann vorbeifährt, hält sich in Grenzen.

Doch das erste Zweidrittel der Geschichte ist absolut spielenswert. Allein wegen Gabriel Knights Genese vom unseriösen Schürzenjäger zum ernstzunehmden Verfechter des Lichts, der immer wieder damit zu kämpfen hat, um in die ihm zugeschobene Rolle hineinzuwachsen. Allerdings muss der Einstieger sehr viel Geduld mitbringen, um diese Entwicklung miterleben zu dürfen. Denn ist der Schwierigkeitsgrad der Rätsel ist besonders knackig. Zwar ertönt immer dann ein Signalton (der Spielerfolg wird in alter Sierra-Tradition anhand eines Punktezählers gemessen), wenn der Spieler eine handlungsrelevante Aktion ausgeführt hat, doch immer wieder wird man eine zeitlang ohne dieses Geklingel auskommen müssen. Das Spiel verläuft zwar nicht strikt linear, allerdings müssen bestimmte im Rätsel im Laufe eines Spieltages gelöst werden. Und wenn noch der kleinste Gegenstand nicht angeklickt wurde, geht's halt nicht weiter. Und Gegenstände übersehen gehört bei "Gabriel Knight - Sin Of The Fathers" zur Tagesordnung. Die Schauplätze sind zwar schön gestaltet, aber mit allerhand Pixelgegenständen überfrachtet - den richtigen Hotspot zu finden, kann in wildes Rumgeklicke münden. Obendrein wird die Suche dank des klobigen Mauszeigers mit der Genauigkeit eines Gabelstablers am Kartenhaus erschwert.

Abgesehen von der Technik, die dem Rätselvergnügen einen Strich durch die Rechnung macht, sind die Rätsel alle nachvollziehbar. Was nicht heißt, dass sie leicht zu lösen wären...Voodoo-Nachrichten entziffern, Codes aus Bongogetrommel entziffern und eine Schattenjäger-Zeremonie aus dem Hut zaubern - leicht verdauliche Rätselkost schmeckt anders. Doch solange die Geschichte fesselnd bleibt, ist der Blick in die Lösungshilfe keine Schande.

Anders sieht es im letzten Drittel aus. Je näher Gabriel Knight dem Voodoo-Clan auf die Schliche kommt, umso mehr ist sein Leben in Gefahr. Tatsächlich kann die Spielfigur in den letzten zwei Kapiteln tausend Tode sterben. Des Spielers Pumpe pocht zwar immer noch wie verrückt, aber nicht wegen des spannenden Plots, sondern aufgrund der Frage, wann denn der Spielstand zuletzt gesichert wurde. Klar, läuft man nicht ungestraft wie unmaskiert in die nächste Voodoo-Feier hinein, aber ein paar brenzliche Situationen weniger hätten meiner Motivation gut getan. Naja, das ist kein objektiver Kritikpunkt, ich als Neu-/Wiedereinstieger im Adventure-Genre hatte aber im letzten Kapitel mit meiner Frustration zu kämpfen, so dass die Lösung zum ständigen Begleiter avancierte. Profis werden wahrscheinlich ihre helle Freude haben.

Vom technischen Standpunkt gesehen ist die Aufmachung dem Jahr 1993 mehr als entsprechend: Die Soundausgabe ist gelungen, die Musik ergänzt die düstere Amtosphäre perfekt und auch optisch kann "Gabriel Knight" heute noch ansprechen, wenn auch an einigen Stellen Pixelhunting angesagt ist. Die Steuerung will anscheinend innovativ wirken, mit einem Rechtsklick kann durch die möglichen Aktionen wie Untersuchen, Benutzen oder Öffnen durchgeklickt werden, es erweist sich allerdings als praktischer, die einzelen Icons am oberen Bildschirmrand anzuwählen. Ein wenig sauer aufgestoßen ist mir die Existenz zweier "Sprechen-Buttons": Mit dem einen werden ausführliche Gespräche ermöglicht, der andere entlockt ein paar Brocken Small-Talk - die aber manchmal nicht ganz unwichtig sind. Oft ist es vorgekommen, dass ich die Menschen ausgiebig ausgefragt hab', aber vergessen habe, mit ihnen zu plaudern - und so hängenblieb.

Fazit: "Gabriel Knight - Sin Of The Fathers" ist ein Adventure, bei dem sich auch aktuelle Titel in Sachen Atmosphäre, Tiefe und Spannung noch eine Scheibe abschneiden können. Die Geschichte wird gut erzählt, die Recherche macht genauso viel Spaß, wie das ständige Bescheißen der Ortansässigen Polizei. Nur gegen Ende kommen die Stärken abhanden, hinzu kommt der starke Anzug des schon generell gehobenen Schwierigkeitsgrades. Wenn man dann noch wie blöd in der Bibliothek nach fünf überpixeligen Büchern suchen muss oder immer wieder von diversen Voodoo-Priestern und anderem Gesocks dahingerafft wird, dürften Einsteiger schnell hinschmeißen. Ein starkes Spiel mit einigen Schwächen. Daher "nur"
7 von 10 Punkten


Vielleicht werde ich, mit mehr Erfahrung und einem weiteren Durchlauf, diese Wertung anheben können, Mal sehen. Trotzdem werde ich mich bald an "Gabriel Knight 2" ranwagen. Hat mich als Kind äußerst gefesselt, obwohl's damals auch nur mit Lösungshilfen spielbar war. Ich freu mich schon. Vorher werde ich aber noch ein paar andere Adventures dazwischen schieben, als Übung...
Bis dahin,
DrBres
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