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Test

von  Hans Pieper
11.09.2017
Stories Untold
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Tippen und Laufen

Dass sich ein Text- und ein Echtzeit-3D-Adventure wunderbar vermischen lassen, hat bereits Event[0] bewiesen. Das Horrorspiel Stories Untold arbeitet mit einer ähnlichen Technik, verfolgt aber ein ganz anderes Grundkonzept. Nach einem Intro, das exakt so auch in den 80er-Jahren vor einer Fernsehshow hätte laufen können und stark an Stranger Things erinnert, übernimmt der Spieler in insgesamt vier etwa 20 bis 40 Minuten langen Episoden die Kontrolle. Im Mittelpunkt der Abschnitte steht jeweils ein Textadventure, das in unterschiedlichen Umgebungen und auf unterschiedlichen Bildschirmen gespielt wird und jeweils einen anderen Inhalt bietet. In den Episoden zwei bis vier kommen noch Abschnitte hinzu, bei denen sich der Spieler in einem dreidimensionalen Raum bewegt und Rätsel löst. Die Genialität des Titels und seiner Hintergrundgeschichte ergibt sich jedoch erst mit der letzten Episode, in der die Fäden der scheinbar unabhängigen und reichlich surrealen Geschichten gekonnt zusammenlaufen.

Textadventure-Abschnitte machen einen Großteil des Spiels aus

Kriechende Angst

Der beste Horror entsteht im Kopf des Spielers. Und dort Anspannung und Grauen aufkommen zu lassen, gelingt Stories Untold ganz hervorragend. Der Titel verzichtet nahezu komplett auf plakative Schocker (so gibt es beispielsweise nur einen einzigen, leichten Jumpscare), sondern lässt die Atmosphäre wirken. Nur über den Text und die Ereignisse in der Umgebung entsteht eine starke Spannung, die sich in jeder Episode bis zum Schluss zusätzlich steigert und mehr als unheimlich ist. Das Ende des vierten Teils setzt dabei noch einen gelungenen Schlusspunkt.

Der subtile Horror zieht während jeder Episode langsam an

Kernstück Präsentation

Neben dem gut balancierten Horror sind es die Geschichte und deren Präsentation, die den Titel hochinteressant machen. Die Entwickler spielen die Stärken der jeweiligen Adventureform gleichzeitig aus. Der Übergang zwischen Text- und 3D-Adventure fühlt sich natürlich an und geht fließend vonstatten. Die Grafik kann in beiden Abschnitten voll überzeugen. Das sorgt dafür, dass einige Kritikpunkte verziehen werden können.

Während einiger Abschnitte kann sich der Spieler frei bewegen

Dummer Computer

Ein gutes Textadventure steht und fällt mit einem guten Parser, der möglichst viele Eingaben des Spielers korrekt erkennt und darauf reagiert. Hier haben die Entwickler von Stories Untold aber offenbar nur das Nötigste implementiert. Die Textabschnitte laufen stark linear ab und bieten kaum Raum für Experimente. Auf die meisten, nicht direkt mit dem Verlauf der Geschichte in Verbindung stehenden Kommandos reagiert der PC mit Unverständnis. Das schränkt den Reiz des Ausprobierens schnell ein, sorgt aber gleichzeitig ab der zweiten Episode für einen schnellen Spielfluss. Lediglich in der vierten Episode wird dem Spieler etwas mehr Freiheit gelassen und der Titel reagiert auf Eingaben, die vom offensichtlich vorgegebenen Pfad abweichen. Weil stets klar wird, was getan werden muss, ist die schwache Texterkennung nicht weiter dramatisch, aber bedauerlich. Letztlich wird der Spieler an jeder Ecke daran erinnert, wie wenig Freiheiten er hat. Dass dieser Umstand in der Geschichte wiederum aufgegriffen wird, mildert dieses Gefühl am Ende jedoch wieder etwas ab.

Basisrätsel

Im Laufe der Episoden gibt es einige einfachere Rätsel zu lösen, die für erfahrene Adventurespieler aber kaum eine Herausforderung darstellen dürften. Allerdings sind die Aufgaben gut in die Geschichte integriert und abwechslungsreich gestaltet. Ein Inventar gibt es nicht, das Ziel wird über Textbefehle oder die Manipulation der Umwelt erreicht.

Die Rätsel sind gut in die Geschichte integriert

Größtenteils überzeugender Sound

Während Musik und Geräusche perfekt gesetzt sind, leisten die englischen Sprecher insgesamt gute Arbeit. An einigen Stellen, in denen sich Charaktere in Extremsituationen befinden, wäre jedoch noch etwas mehr schauspielerisches Talent gefordert. Für Stories Untold sind lediglich englische Untertitel verfügbar.

Fazit

Gewichtet man die Geschichte und ihre Präsentation sowie den sehr gut gemachten Horror von Stories Untold hoch – und das sollte man – muss eine dringende Empfehlung für Gruselfans ausgesprochen werden. Die angenehm kurzen Episoden bauen eine beeindruckende Spannung auf und lassen sich auch mit einem anstrengenden Arbeitsleben vereinen. Das Ende der vierten Episode kann vollständig überzeugen und lässt auf eine ebenso gute zweite Staffel hoffen.
Negativ fallen der reichlich schwache Textparser und die nicht immer ganz auf Ideallinie arbeiteten Sprecher auf.

Galerie

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Nach der ersten Episode war ich noch nicht ganz von Stories Untold überzeugt. Zwar gefielen mir die generelle Aufmachung und das erste Textadventure hatte mir mehrere kalte Schauer über den Rücken gejagt, doch die vielen Fehlermeldungen des Textparsers waren frustrierend. Mit der zweiten Episode wurde dies besser und mit jeder weiteren stieg meine Wertung. Für mich war der Titel das bislang beste Horrorspiel, das ich in diesem Jahr getestet habe. 

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tolle Geschichte
  • Subtiler Horror
  • Innovativer Genremix
  • Gelungene Atmosphäre
  • Elegant umgesetztes Format
  • Schlechter Parser
  • Sprecherleistung zum Teil zu schwach