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Test

von  Sascha "nufafitc" Pongratz
04.06.2010
Samorost 2
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

2 Jahre nach dem ersten Teil erschien 2005 das Flash-Adventure Samorost 2 von Amanita Design. Wieder steuert der Spieler den kleinen, namenlosen Gnom, der dieses Mal seinen von fremden Wesen entführten Hund wiederfinden muss.

Der Hund ist der beste Freund des Gnoms

Ähnlich dem ersten Teil bietet Samorost 2 keinen richtigen Plot oder eine Charakterentwicklung. Die Geschichte ist einfach, aber rührend inszeniert. Denn obwohl man nicht viel über den kleinen Gnom erfährt, schließt man ihn in der kurzen Spielzeit ins Herz. Auf überraschende Wendungen oder besonders dramatische Szenen wurde genauso verzichtet wie auf Dialoge. Trotzdem funktioniert die Erzählweise gerade deshalb so gut, weil eine Figur präsentiert wird, die keine Hintergrundgeschichte braucht und deren fehlende Entwicklung nicht stört.

Ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig zugleich ist die Spielmechanik: Unterteilt in Abschnitte, die in linearer Reihenfolge gespielt werden, muss man sich meistens von einem Bildschirm zum nächsten arbeiten. Zwar kann man ab und zu zum vorherigen zurückgehen, allzu komplex wird es aber selten.

Dialoge mit Charakteren finden sich nicht, <br /><br />trotzdem besitzen alle Kreaturen und <br /><br />Figuren eine eigene Persönlichkeit.

Malen nach Rätseln

Das liegt vor allem daran, dass es keine Inventarrätsel gibt. Zwar kann der Gnom maximal einen Gegenstand aufnehmen, dieser wird aber sofort mit Objekten in der Umgebung verwendet. Die Rätsel sind einfallsreich, ungewöhnlich und logisch in die Spielumgebung eingebettet.

Beispielsweise benötigt man einen Hammer zum Wecken eines Roboters. Dieser Gegenstand befindet sich im Besitz einer Schnecke, die gerade an ihrem Häuschen werkelt. Um an diesen zu gelangen, muss man dem Tier etwas zu trinken geben. Das funktioniert aber nicht direkt, weil zwei Nasenbären den Wasserzulauf eines Baumstammes blockieren.

Die Aufgaben präsentieren sich abwechslungsreich und fordern dem Spieler einiges an Beobachtungsgabe ab. Dabei ist die größte Herausforderung meistens, den Bildschirm nach Interaktionsflächen abzusuchen, denn Hinweise für die Lösung der Probleme sind spärlich gesät. Aufgrund der Detailfülle der Hintergründe kann das manchmal etwas frustrierend werden, da sich einige Objekte zwar anklicken lassen, diese aber nicht zum Weiterkommen erforderlich sind.

Weiterhin kommt es vereinzelt vor, dass man einige Aktionen mehrmals durchführen muss. Besonders in den letzten Abschnitten führt dies zur künstlichen Streckung der Spielzeit. Größtenteils sind die Rätsel einfach gehalten und daher auch für Einsteiger geeignet. Auf Schiebe- oder Logikrätsel wurde bis auf eine Ausnahme verzichtet, sodass man überwiegend zügig vorankommt. Einzig ein paar wenige Stellen, bei denen es auf eine schnellere Abfolge von Aktionen nacheinander ankommt, könnten dafür sorgen, dass erst ein paar Versuche zum gewünschten Erfolg führen.

Klassische Inventarrätsel gibt es zwar nicht, <br /><br />dafür sind die Aufgaben abwechslungsreich <br /><br />und verlangen vom Spieler gute Beobachtungs- <br /><br />und Koordinationsgabe.

Eine fremde Welt aus Farben...

Grafisch bietet der Titel wie sein Vorgänger eine surreale Verschmelzung von Maschinen, Pflanzen, Menschen, Wesen und Tieren, die sich teilweise handgezeichnet im Vordergrund oder als vergrößerte Fotografien im Hintergrund befinden. Die Bewegungsabläufe der Bewohner des Planeten wie auch des Gnoms verlaufen sehr fließend und fügen sich schön in die Hintergründe ein.

Der einzigartige Stil spiegelt sich auch in den minimalistischen Charakterzeichnungen wieder: Der Gnom beispielsweise trägt eine Mischung von Schlafanzug mit Mütze und Raumanzug mit Handschuhen in Weiß. Seine Nase ist etwas überproportioniert lang, und sein Gesicht besteht nur aus drei Punkten für Augen und Mund. Dasselbe gilt nicht nur für die anderen Figuren, sondern auch für die Hintergründe, die sich in Grau- und Brauntönen der Oberfläche des Planeten anpassen. Trotzdem wird durch umherschwirrende Insekten und sich im Wind bewegende Blätter eine lebendige Welt erschaffen, in die man gerne versinkt und sich wünscht, noch mehr über die Flora und Fauna des Planeten zu erfahren.

Die surrealen Kulissen aus organischem <br /><br />Leben und Technologie vermitteln zusammen <br /><br />mit minimalistischer Musik gleichzeitig ein <br /><br />Gefühl von Trostlosigkeit und Wärme.

...und Tönen ohne Worte

Tomás Dvorák als Komponist tut sein Übriges, mit elektronischen Stücken und teilweise Bläsermusik eine melancholische und doch warme Atmosphäre zu vermitteln, die zusammen mit den subtil eingesetzten Soundeffekten, wie dem wehenden Wind oder dem Surren von Insekten, eine neuartige Welt zum Leben erweckt. Ab und zu geben die Figuren zwar ein paar Laute von sich, einer bestimmten Sprache sind diese jedoch nicht zuzuordnen, sodass meistens mit Handbewegungen kommuniziert wird. Eine Sprachausgabe oder Text gibt es nicht, was in diesem Fall aber nicht stört, denn für die Erzählung, beim Lösen der Rätsel oder für die Identifikation mit der Hauptfigur werden keine Worte benötigt. Es liegt am Spieler selbst, diese Welt für sich zu entdecken und zu interpretieren.

Fazit

Wie schon sein Vorgänger entzieht sich Samorost 2 den typischen Kategorien, die viele Adventures ausmachen: Einen Plot gibt es ebenso wenig wie Unterhaltungen mit Charakteren oder eine Hauptfigur, die sich im Laufe der Geschichte weiterentwickelt. Diese ist recht kurz mit 1-2 Stunden Spielzeit ausgefallen. Aufgrund des günstigen Preises kann man darüber aber hinwegsehen. Dafür bekommt man eine unverbrauchte Spielwelt mit originellen Rätseln, einen stimmigen Soundtrack und eine ungewöhnliche Grafik, die mit ihrem Surrealismus aber sicher Geschmackssache ist. Ebenso dürften das Absuchen des Bildschirms und die weniger komplexen Handlungsmöglichkeiten Fortgeschrittene und Profis unterfordern.

thumb
Welche Version? Im Gegensatz zum Vorgänger, der weiterhin kostenlos beim Entwickler online gespielt werden kann, ist Samorost 2 in dieser Form nur teilweise spielbar, d.h. man sieht nur das erste von zwei Kapiteln. Will man wissen, wie es weitergeht, muss man die Vollversion käuflich erwerben: Entweder man kauft die Download- oder CD-Fassung direkt bei Amanita Design, bezieht das Spiel über die Steam-Download-Plattform oder erhält es als Bonus auf der Machinarium-Verkaufs-DVD. Den Soundtrack bekommt man übrigens nicht mit dieser Fassung, sondern muss entweder zur Download-Version oder zur CD-Version greifen oder ihn sich kostenlos hier runterladen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Wie Machinarium später zeigen sollte, hat Amanita Design mit ihrem eigenen Stil von minimalistischer Grafik und melancholischer Musik auch hier ein sehr schönes Spiel abgeliefert, das trotz der einfachen Geschichte eine willkommene Abwechslung zu herkömmlichen Adventures darstellt. Wo andere Genre-Vertreter mit Logiklöchern in der Geschichte und teilweise schablonenhaften Charakteren und uninspirierten Dialogen zu kämpfen haben, wurde hier direkt darauf verzichtet und sich auf das Wesentliche konzentriert: Die Reise eines kleinen Gnoms, der seinen Hund wiederfinden will. Ohne die Vorgeschichte des kleinen Wesens oder das Hintergrundwissen des fremden Planeten zu kennen, habe ich mich gerne für die kurze Spielzeit in dieser Welt verloren. Samorost 2 ist einer der wenigen Titel, die Kunst und Spieldesign auf ungewöhnliche und liebevolle Weise vermischen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Einzigartiger Grafikstil
  • Atmosphärische Musik und Soundeffekte
  • Einfallsreiche Rätsel
  • Wenig Interaktionsmöglichkeiten
  • Pixelsuche
  • Zu kurz