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Test

von  Sebastian 'basti007' Grünwald
30.07.2002
Harvester
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Ja ja, ich gebe es ja zu - ich hab eine kleine Schwäche für diesen atmosphärischen Horror: Verwunschene Häuser, verfluchte Menschen oder klaustrophobisch-verlassene Dörfer. Mich hat das immer fasziniert. Und so ist es kein Wunder, dass eines meiner Lieblingsspiele immer noch Phantasmagoria ist.

Nachdem der 2. Teil eher enttäuschend war und ein 3. Phantasmagoria Teil zwar angekündigt war, aber nie in die Produktion ging, dachte ich eigentlich, sei die Zeit der Horror-Adventures vorbei. Bis mein Interesse Ende 1999 auf das recht seltene und schwer erhältliche Spiel Harvester aus dem Jahre 1996 fiel. Die Story interessierte mich von Anfang an und nun kann ich endlich eine Review über dieses äußerst gefragte Spiel verfassen.

Story

Die Geschichte ist schnell erzählt. Hauptdarsteller Steve wacht eines Tages in einer fremden Stadt namens Harvest auf, unwissend wer er ist oder wie er dahin kam. Als Jahr schreiben wir die Mit-50er und Steve versucht nun, herauszufinden, was ihn hierher verschlagen hat. Natürlich möchte ihn keiner in der Stadt glauben, bis auf Stephanie, die dasselbe Schicksal ereilt hat und somit zu seiner Komplizin wird.

Also erkundet Steve die Stadt auf Hinweise, was denn vorgefallen sein könnte. Das Spiel schafft es zudem beeindruckend, eine ziemliche "sicke" Atmosphäre auf zu bauen. Alle Bewohner in der Stadt haben irgendwo einen an der Waffel: Steves Vater wird von seiner Frau in sado-maso Manier bis auf's Blut gefoltert und betreibt gleichzeitig eine ekelhafte Schlachterei, der Postbeamte ist ein chronischer Brandstifter, der Hotelier gleichzeitig Friedhofswärter und Leichenschänder und Steves Mutter backt jeden Tag Cookies für den großen Kuchenverkauf der allmonatlich stattfindet, um die Kosten für die Beerdigungen zu decken - denn die Stadt hat eine erstaunlich hohe Sterblichkeitsrate, insbesondere von Menschen, die neu in die Stadt ziehen. Die Stadt selbst ist kreisförmig um die sogenannte "Lodge" angeordnet, deren Nobilität in der ganzen Stadt verehrt wird. Steve findet schnell heraus, dass die Antwort zu all dem Dilemma nur in der Lodge gefunden werden kann. Zugang zur Lodge erhalten nur diejenigen, die auch eingeladen wurden und sich als sog. "Harvester" für die Lodge würdig erweisen. Um in die Lodge zu gelangen, sind zahlreiche Aufgaben zu erledigen, die Steve aus Verzweiflung zunächst auch durchführt. Das reicht von Sachbeschädigung bis hin zum Mord. Da auch andere Bewohner in die Lodge gelangen möchten, werden die Bewohner nach und nach gegeneinander aufgespielt. Die Szenerie erstreckt sich dabei über 6 Tage und Nächte. Im letzten Drittel ereicht man schließlich das Innere der Lodge, wo das wahre Grauen erst über einem hereinbricht.

Keine Frage: Die Story ist definitiv das beste an Harvester. Sie ist intelligent ausgearbeitet und entwickelt sich für ein Adventure einer eher unbekannten Firma bereits recht einleuchtend. Die Dialoge sind teilweise etwas holprig, manchmal pubertär und gelegentlich sogar unfreiwillig komisch. Im großen und ganzen aber baut Harvester mit der Szenerie eine wirklich unheimliche Atmosphäre auf. Die Geschichte ist wohl am ehesten zu Vergleichen mit "Sanitarium", die Atmosphäre erinnert mich mehr an Cyberdream's "Dark Seed 2". Zudem hat man sich wirklich Mühe um Authentizität gegeben. So hat jede Person in der Stadt umgehend etwas Neues zu erzählen, sobald sich im Spielverlauf etwas geändert hat. Die Entwicklung wirkt somit durchgehend realistisch und logisch und trägt zu einer guten Spielatmosphäre bei. Weiterhin realistisch wirkt das Spiel dadurch, dass viele Spielschritte nicht vollständig linear ablaufen und viele Rätsel in unterschiedlicher Reihenfolge gelöst werden können. Einige Aspekte des Spiels sind sogar optional: Ähnlich wie bei Gabriel Knight 3 kann man so z.B. zu einigen Spielfiguren noch extra Beweismaterial gegen sie aufbringen, was einem dann u.U. im späteren Spielverlauf einen Vorteil verschafft. Gerade auch im letzten Drittel des Spiels, in der Lodge, sind viele Rätsel auf verschiedene Weisen zu lösen. Je nachdem, wie viel man bereits im Verlauf des Spiels an Gegenständen eingesammelt hat, kann man somit ein Rätsel sehr schnell lösen oder muss zur Not auch mal etwas gewalttätiger werden. Letztendlich bietet das Spiel sogar zwei alternative Enden an. Das ganze gibt dem Spiel einen großen Wiederspielwert.

In einigen Reviews habe ich gelesen, dass Harvester einige Sackgassen beinhalteten soll. Das kann ich so nicht bestätigen. Das Spiel kann nur bedeutend schwieriger werden, wenn man bestimmte Aktionen vorher nicht ausgeführt hat. Eine wirklich Sackgasse ist mir nur ein Mal aufgefallen, aber das wird bereits im nächsten Raum klar und somit sollte es kein Problem sein, einen früheren Speicherplatz neu reinzuladen.

Dialoge

Die Dialoge laufen nach multiple choice. Dabei greift das Programm sogenannte Key Words aus dem bis dahin gelaufenen Dialog und lässt den Spieler die Möglichkeit, speziell zu diesen Key Words nachzuhaken. Es ist in etwa vergleichbar mit dem System aus Sanitarium. Zudem gibt es die Möglichkeit, ähnlich wie bei Larry 7, selbstständig Key Words per Tastatur einzutippen. Das hat den Vorteil, dass man die Person auch zu Sachen befragen kann, die im Dialog noch gar nicht erwähnt wurde. Man ist zwar nicht gezwungen, diese Option zu verwenden (irgendwann taucht jedes Key Word mal auf), aber es kann die Dialoge entsprechend abkürzen. Ein Nachteil hat die Sache aber doch, denn so ist es auch möglich, die Person über eine Sache auszuquetschen, die bereits längst Vergangenheit ist und somit eigentlich überhaupt keinen Sinn mehr macht. Der Inhalt der Dialoge selbst ist relativ gut umgesetzt. Die Sprecher wirken recht professionell und der Text ist immer interessant und niemals langweilig.

Technik

Soviel zu den wirklich guten Punkten. Ein Hauptmanko von Harvester ist die veraltete Technik. Heutzutage würde das Spiel vermutlich sofort im Mülleimer landen, aber auch zum Zeitpunkt 1996, als das Spiel herauskam, war die Technik bereits veraltet. Diese Punkte werde ich daher in Anbetracht der Tatsache abhandeln, wie man ein Spiel von 96 wohl bewertet hätte.

Man darf nicht vergessen, dass das Spiel mehrere Jahre in Produktion war und eigentlich schon Ende 1994/Anfang 1995 hätte herauskommen sollen. Damit ereilte Harvester das gleiche Schicksal wie z.B. 11th Hour (aus derselben Zeitepoche) oder das kürzlich erschienene Simon 3D.

Das Team, das es erstellt hatte, nennt sich FutureVision (später DigiFX), von denen ich vorher noch nie was gehört hab (und von denen man auch in Zukunft nix mehr hören wird). Vermarkter war Merit Studios aus Las Vegas, die bereits vorher mit eher drittklassigen Adventures wie Wolfsbane den Markt verwöhnten. Harvester wurde dabei groß als das "most-goriest adventure ever" angekündigt und sollte Merit endlich in den Stand der hochrangigen Adventure Studios erheben. Entsprechend großen Aufwand hat man in die Produktion gesteckt und entsprechend problematisch zeigte sich der Release-Termin. Game Designer war ein gewisser Gilbert Austin, der sich bereits für Spiele wie "Privateer" verantwortlich zeichnete.. Meiner Meinung nach hat es hier wohl an wirklich hochrangigen Fachkräften gefehlt. Hätte man etwas mehr Aufwand in die Technik gesteckt und etwas vorausschauender produziert, hätte Harvester ein wirklicher Hit werden können.

Interface

Das Interface selbst ist eigentlich recht gut gelungen. Alle Optionen sind mittels ESC zu finden. Inventar gibt's mittels rechter Maustaste und interagieren kann man mit der Umgebung einfach durch einfachstes Point'n Click mit der linken Maustaste. Das Spiel selbst läuft aus der 3rd Person Perspektive. Wer möchte, kann seinen Charakter auch wahlweise per Tastatur steuern.

Animation

Eines der größten Probleme von Harvester sind die mangelhaften Animationen. Für die Darsteller hat man echte Schauspieler eindigitalisiert (etwas wie in Gabriel Knight 2 oder Phantasmagoria). Sind diese starr auf bestimmte Stellen positioniert wirkt das noch ganz gut, aber kaum bewegen sie sich, sind es nicht mehr als irgendwelche Pixelklumpen. Auch Hauptdarsteller Steve bewegt sich über den Bildschirm, als hätte er zu viel Bier getrunken und würde sich gleich in die Hosen machen. Somit wirkt das ganze eher lächerlich und passt nicht all zu gut in die Umgebung. Immerhin muss man dem Team zu gute halten, dass man dem Hauptdarsteller wirklich eine ganze Palette an Gegenständen als Waffe in die Hand drücken kann. Steve läuft dann z.B. mit einem gezückten Schraubschlüssel in der Hand durch die Stadt und kann damit mittels rechter Maustaste zuschlagen. Auf diese Kampfanimationen hat man definitiv mehr Wert gelegt, als auf die schlichten Standard-Animationen selbst. Irgendwo schade.

Video

Wie es sich für ein Spiel mit echten Schauspielern gehört, dürfen auch Videosequenzen nicht fehlen. Harvester ist noch ein DOS Spiel - und ein Hautproblem der DOS Spiele war damals, die große Menge an Videodaten auf die CDs zu bannen. Gute Kompressionsmechanismen wie heute DivX gab es damals nicht und so mussten die Spielehersteller meist ihre eigenen Formate entwickeln, um Videosequenzen zu schrumpfen und auf die CD zu kriegen. Während man heutzutage leicht 2 Stunden Videosequenzen in hervorragender Qualität auf eine CD bringt, hatte Sierra schon Probleme, die ca. 90 Minuten Videosequenzen aus Phantasmagoria auf 7 CDs zu bannen. Und das galt damals schon als äußerst revolutionär. Harvester kommt jetzt aber nur auf 3 CDs daher. Ursprünglich dachte ich mir, muss FutureVision wohl einen recht guten Kompressionsmechanismus entwickelt haben, um einen interaktiven Spielfilm aus der Zeit auf 3 CDs zu bannen. Aber weit gefehlt. Als Referenzprodukt nehme ich mal CRYO's HARDLINE aus der selben Zeit (1996). Auch Hardline kam auf 3 CDs daher und hatte digitalisierte Videosequenzen mit Schauspielern. Cryo schaffte es immerhin über 140 Minuten Videosequenzen in wirklich 1A Qualität, zudem in SVGA Auflösung und in 16-Bit auf 3 CDs zu bannen. Bei Harvester hingegen sind es zusammengenommen noch nicht mal 15 Minuten. Trotzdem sind alle 3 CDs randgefüllt. Wenn man die Daten auf der CD etwas näher untersucht, so benötigt z.B. eine Videosequenz mit etwa 40 Sekunden schon bereits 20 Megabyte. Noch dazu sind die Sequenzen in ihrer Qualität äußerst schlecht. Die Darsteller wurden zum einen recht mies von der Bluebox abgefilmt (ziemlich verfranste Konturen), zum anderen hat jede Videosequenz nur eine Auflösung von 280x200 Bildpunkten. FutureVision hat die Daten also scheinbar unkomprimiert auf die CD gepackt. Somit lässt sich auch leicht erklären, warum man auf jeder CD nur ein oder zwei Minuten Videosequenzen zu sehen bekommt. Zudem wiederholen sich die Sequenzen dauernd (z.B. ist jede Nacht und jede Traumsequenz die gleiche, sogar auf den anderen CDs auch, obwohl man dort doch leicht eine variierte Sequenz hätte unterbringen können). Ein weiteres Manko: Für die Videosequenzen wird aus dem SVGA Bild (640x480) in einen niedrigeren Modus umgeschaltet (320x240). Bei Bildschirmen, die etwas länger brauchen, um den Modus anzuzeigen, kann der Spielspaß schnell in den Keller absinken. Denn die Videosequenzen sind ja oft nur 1 oder 2 Sekunden lang - Oftmals erkennt man dann von der Sequenz gar nichts mehr, weil bis der Bildschirm sich umgeschaltet hat, ist die Sequenz auch schon wieder vorbei. Zudem erhält man auf Grund des kleinen Formates von 280x200 Bildpunkten sogar in der kleinen Auflösung auf allen Seiten noch einen fetten schwarzen Rand. Eine weitere Enttäuschung: Bei den Dialogen mit den Charakteren wird lediglich ein Foto des derzeit Sprechenden eingeblendet. Es gibt also auch hier keinerlei Animation oder gar Videosequenz.

Noch dazu gibt es in Harvester scheinbar keinen Palettenwechsel. Da das Spiel nur im 8-Bit Modus läuft und sich auf die Standardpalette einschränken muss, wurden speziell die Fotos alle auf 8-Bit "gedithert". Das Ergebnis ist ein stark verpixeltes Foto, das in seiner Farbvielfalt oftmals mehr an ein 16-Farb Bitmap erinnert.

Wenn man schon Schauspieler engagiert (im Falle Harvester laut Abspann immerhin rund 20 Stück) sollte man doch davon ausgehen, dass man die Zeit auch nutzt. Denn im internen Making of kann man schon sehen, das recht professionelles Equipment vorhanden war. Warum hat man also nicht mehr Videosequenzen geschossen? Wenn die Schauspieler sowieso den Text (zur Synchronisation) labern müssen, warum nicht gleich per Videosequenz wie bei Gabriel Knight 2? Meiner Meinung nach kann das nur an der Unfähigkeit des Teams gelegen haben, ein Videoformat zu entwickeln, mit dem man das ganze auf eine überschaubare Zahl an CDs hätte bannen können. Somit verspielt sich Harvester einen Großteil von dem, was es hätte auszeichnen können: Tolle Videosequenzen.

Immerhin: Auf der letzten CD hat man bis zum Schluss auf Videosequenzen verzichtet. Dafür gibt es am Ende eine insgesamt fast 8-minütige Endsequenz, bei der man sich wirklich Mühe gegeben hat.

Effekte

Entscheidend bei einem Horror-Adventure (insbesondere mit echten Darstellern) sind die Spezialeffekte. Doch während man bei Phantasmagoria auf klassische Spezialeffekte mit Hilfe von Latex zurückgegriffen hat (man denke an die bekannten Kopf-Platz-Szenen), die zudem sehr gut wirkten - hatte man scheinbar bei FutureVision nicht das Geld für derartige Effekte. So wurden 80% der Sequenzen einfach digital nachbearbeitet - aber auch hier leider nicht besonders gut: Man hat einfach in die Videosequenz selbst Pixel für Pixel die entsprechenden Ekeleffekte hineingemalt (zum Beispiel ein Baby, dem die Augen herausquillen - wurde einfach reingemalt). Viele Sequenzen wirken dadurch eher komisch als schockierend. Die Farbgebung ist erneut äußerst simpel (klassisches 16-Farben Rot) und wirkt unpassend. Ein paar wenige Sequenzen sind aber zugegebenermaßen recht deftig und können halbwegs mit Phantasmagoria mithalten. Oftmals wird Harvester als wesentlich krasser als Phantasmagoria bezeichnet. Das stimmt nur halbwegs: Zwar sind die Ideen von Harvester oftmals wesentlich abartiger, aber die qualitativ eher schlechten Sequenzen relativieren diesen Aspekt wieder größtenteils.

Gut gelungen ist die Einbindung der Darsteller in eine künstliche Welt - wenn Steve in einem (recht künstlich) gerenderten Polizeiwagen sitzt, wirkt das alles recht realistisch. Komisch, denn gerade mit solchen Sequenzen hatte z.B. Sierra am meisten Probleme.

Recht gut gelungen sind die Effekte in den Kampfsequenzen. Zwar sind auch hier fast alle Sequenzen im nachhinein retuschiert worden und vieles ist ziemlich pixlig - aber im großen und ganzen wirkt es durch das schnelle Tempo recht realistisch. Und wenn man gezwungen wird, einem Monster den Darm oder seiner Freundin das Rückrat auszureißen, kann das zusammen mit einem "schlaz"-Geräusch einem durchaus auf den Magen drücken. Schön übrigens auch die Tatsache, dass man im Spiel im Prinzip alles und jeden angreifen kann. Zwar landet man dafür in 90% der Fälle umgehend auf dem elektrischen Stuhl, aber es gibt einen weiteren, sehr großen Pluspunkt in Sachen "Realitätsnähe" - und irgendwo ist es auch grotesk spannend, mit einer Sense auf seine eigene Mutter loszugehen und ihr den Kopf abzuhacken.

Musik

Die musikalische Untermalung von Harvester zählt für mich zum Besten überhaupt. Das Harvester Thema selbst erinnert ein bisschen an das GK3-Thema, während einige Stücke innerhalb des Spiels an die deprimierenden Klaviersoli aus Phantasmagoria erinnern. Weitere Musikstücke wie Karnivalsmusik runden die Atmosphäre der "kranken" Stadt wunderbar ab. Für die Musik hatte man ein fremdes Team namens ZORCH! (kennt doch auch keiner, oder?) engagiert, die wirklich gute Arbeit geleistet haben. Zusätzlich gibt es zahlreiche Hintergrundeffekte (Vögelgezwitscher etc), die eine realistische Stimmung verbreiten. Musikalisch ist Harvester also durchaus top.

Grafik

Die Grafik zeigt sich als recht guter Durschnitt. Am ehesten wohl zu Vergleichen mit Dark Seed 2. Trotzdem kommt Harvester auch bei der Gestaltung des Inneren der Lodge in keinster Weise an Referenzprodukte wie Phantasmagoria heran. Die Grafiken sind klassisch gerendert. Oftmals etwas schlicht, meist jedoch gut passend zur Szene. Viele Räumlichkeiten strahlen durchaus auch etwas von der klaustrophischen Atmosphäre in der Stadt Harvest aus. Locations gibt es relativ viele. Zuerst navigiert man auf einer (eher schlicht gestalteten) Karte durch Harvest. Innerhalb der Lodge gibt es dann zahlreiche weitere Locations, die meiner Meinung nach am besten (und abgedrehtesten) gestaltet sind. Auch die Prüfungen, die innerhalb der Lodge abgelegt werden müssen und nach und nach perverser und abartiger werden, sind sehr gut in den Spielverlauf eingelegt und steigern den Adrenalinspiegel durchaus.

Spielspaß

Trotz der technischen Mängel ist durchgehend Spielspaß vorhanden. Jedenfalls für jemanden wie mich, der sich gerne beim Adventure spielen gruselt. Außerdem treibt einem die Frage, was sich nun wirklich hier in Harvest und in der Lodge abspielt, durchaus vorwärts. Das Ende ist zwar nur halbwegs plausibel, passt aber trotzdem (und könnte direkt von Matrix geklaut sein, wüsste man nicht, dass das Spiel bereits viel älter ist).

Insgesamt würde ich Harvester als ein Horror-Adventure mit Actioneinschlag bezeichnen. Besonders im Finale muss häufig gekämpft werden - dafür benötigt man verschiedenste Waffen, was zu einem Problem werden kann, wenn man bestimmte Waffen vorzeitig irgendwo vergessen hat. Am Schluss des Spiels hatte ich ziemliche Probleme, die Gegner zu beseitigen, weil ich nur noch recht "schwache" Waffen im Handgepäck hatte.

Sehr amüsant die zahlreichen Anspielungen auf Kollegen (Roba Williams) sowie auf das Horrorgewerbe im Allgemeinen. So sieht man Steve am Ende, wie er selbst Harvester am Computer spielt. Seine Mutter kommt herein und fragt ihn, dass solche grausamen Spiele nicht gespielt werden sollten und dass daraus Mörder entstünden. Steve verneint natürlich, nur um gleich danach umgehend eine Frau im Auto zu ermorden. Was für eine Aussage über das Spiel?! ;)

Fazit

Letztendlich krankt das Spiel wegen seiner technischen Mängel. Alles hätte gepasst, hätte man sich mehr an den Marktstandards orientiert. Zudem war ein DOS Spiel 1996 bereits ein Problem, nachdem fast alle Spieler auf Windows95 umgestellt hatten. 1994, vor Phantasmagoria und GK2 wäre das Spiel wohl noch ein Hit gewesen. Irgendwo hatte Merit und FutureVision/DigiFX dadurch das gleiche Schicksal ereilt, wie z.B. Trilobyte mit 11th Hour. Auch das hätte bereits Ende 94 fertig sein sollen, kam aber erst Anfang 96 heraus, war ebenfalls ein reines DOS Game und konnte sich somit kaum verkaufen (und das angeschlagene Trilobyte-Haus damit auch nicht sanieren). Auch Merit konnte sich mit dem erhofften Harvester Produkt nicht mehr retten. Das Produkt kam nicht nur zu spät auf dem Markt, es gab auch starke Probleme, es zu vertreiben. Neben Gewalt beinhaltete es auch einige (sehr unästhetische) Sexszenen, was den Verkauf erschwerte. Zudem konnte Merit noch nicht mal mehr genug Exemplare produzieren, was ein Mitgrund ist, warum das Spiel so rar ist.

Die Firma ging 97 Pleite und wurde aufgekauft - heute stellt Merit Hochleistungs-Kompressionsroutinen für Videosequenzen her (sehr sinnig!). Immerhin hat es 2001 bereits Deals mit Videolicty und der Kinowelt AG gegeben - liest man aber mal die Presseberichte, hat Merit bis heute kein lauffähiges Produkt der sogenannten Worm Hole Technologie (die DVD Filme auf ein paar KByte schrumpfen lassen können soll) auf den Markt gebracht und sich mit seinen Klienten nur Streit eingefangen. Kann also gut sein, dass auch dieser Name bald Geschichte ist. DigiFX gibt es bereits seit Mitte 1997 nicht mehr und vom Entwicklerteam FutureVision hat man auch nichts mehr gehört (zumindest ich nicht).

Ergo: Wer gruselige Adventures mag, und sich Phantasmagoria in technisch etwas schlechtere Umsetzung, dafür aber mit mehr abartigen Ideen vorstellen kann, die Story von Sanitarium gut fand und mit der Grafik von Dark Seed 2 klar kommt, der sollte einen Blick auf Harvester riskieren, vorausgesetzt, man findet das Spiel tatsächlich noch irgendwo. Meine Meinung: Spielenswert, auch heute noch.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ein Adventure, das im Schatten von Phantasmagoria & Co durchaus hätte ein Hit werden können, gäbe es da nicht die technischen Schwächen. Trotzdem kann Harvester vor allen Dingen durch die ausgeklügelte Story und durchweg gute Atmosphäre auch heute noch gefallen. Für Horrorfans absolut empfehlenswert, alle anderen können notfalls auch drauf verzichten.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tolle Atmosphäre
  • Tolle Musik
  • Sehr ausgereifte und spannende Geschichte
  • Miserable Videoqualität
  • Abgehackte Animationen
  • Am Schluss äußerst Action-orientiert
  • Teilweise hart an der Geschmacks- grenze