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Interviews

Achim Heidelauf
Gesprächspartner: Benjamin 'Grappa11' Braun
Sprache:
Vom: 24.07.2009

Über

Zur Person: Achim Heidelauf ist Senior Producer bei dtp und Game Director für Black Mirror 2.

Adventure-Treff.de: „Hallo Achim. Stell Dich unseren Lesern doch bitte kurz vor.“

Achim Heidelauf: „Mein Name ist Achim Heidelauf, 34 Jahre alt, verheiratet und stolzer Vater eines 2-jährigen Sohnes. Seit Anfang der 90er bin ich in der Gamesbranche tätig, seit 1998 als Producer. Unter anderem bei den Firmen Mindscape, TopWare und CDV war ich für Titel wie Jack Keane, Die Römer und die EARTH2150 und PANZERS Serien verantwortlich. Und nicht zu vergessen fürs „Troma Project/Toxic Mayhem“ – dem Spiel, das keiner kennt, aber alle lieben. :)

Bei dtp entertainment in Hamburg arbeite ich seit 2006, aktuell an Deck 13’s brillanten Rollenspiel Venetica, das im Herbst für PC und Xbox360 veröffentlicht wird.

Für Black Mirror 2 bin ich als Senior Producer und Game Director hauptverantwortlich. In dieser Funktion habe ich das gesamte Spielkonzept mit Unterstützung zweier Autoren von Grund auf entwickelt.

Bei Interesse könnt Ihr auf meiner hoffnungslos veralteten Website mehr über mich herausfinden.“

A-T: „Black Mirror 2 wird von Cranberry Production entwickelt, die auch die technische Umsetzung des inhaltlich enttäuschenden Mata Hari übernommen haben. Was kannst Du uns über die Hannover Firma erzählen, die bereits seit längerer Zeit zu dtp gehört? Weshalb habt ihr Cranberry für das Projekt ausgewählt?“

Achim: „Wir haben Cranberry Production sowohl aus firmenstrategischen Gründen ausgewählt, als auch aus dem Grund, dass das Team in der PreProduction äußerst überzeugende Arbeit geleistet hat. Außerdem waren die Kollegen in Hannover von vornherein sehr vom Konzept angetan.

Die Produktion von Black Mirror 2 und Mata Hari weist, trotz der Tatsache, dass beide aus demselben Haus stammen, keine Parallelen auf. Mata Hari war bereits weit in der Entwicklung fortgeschritten, als die Umfirmierung von 4Head zu Cranberry stattgefunden hat.

Die Zusammenarbeit und Motivation bei der Black Mirror 2 Entwicklung war hervorragend und das merkt und sieht man dem Spiel auch an.“

Kann Darren Michaels in die Fußstapfen<br><br>von Samuel Gordon treten?

A-T: „Ihr habt Black Mirror 2 auf der Games Convention 2007 angekündigt - damals hat man noch über eine Realisierung in Ecthzeit-3D nachgedacht. Erzähle uns doch kurz, weshalb ihr davon wieder abgerückt seid.“

Achim: „Da gibt es viele Gründe. Zusammengefasst: 3D passt einfach nicht zum Grafikstil von Black Mirror und der Detailgrad, den wir in den Hintergründen schaffen müssen, ist in der Form in einer Echtzeit 3D Engine derzeit nicht möglich, bzw. würde zu viele Ressourcen fressen (sowohl bei der Entwicklung, als auch bzgl. der Mindestvoraussetzungen des PCs). Ich hatte mir eine cineastischere Umsetzung von Black Mirror 2 gewünscht, um noch mehr Spannung und Emotion zu erzeugen. Es war aber von Anfang an klar, dass diese Form der Umsetzung auf gar keinen Fall die Interaktionsvielfalt, den Detailgrad in den Spiellocations oder irgendein anderes wichtiges Element des Black Mirror Universums negativ beeinflussen dürfte. Es sollte auf gar keinen Fall in die Richtung der 3D Adventures wie der Sam & Max Reihe, dem neu angekündigten Monkey Island, usw. gehen. Das passt nicht zu Black Mirror (und mir persönlich passt dieser Trend zu detailarmen Comic-Adventures überhaupt nicht).

...also haben wir konsequent den Schritt zur 2,5D Entwicklung vollzogen. Das Spiel hat dadurch einen sehr eigenen, speziellen Charakter, die Grafik ist detailverliebt und es gibt viel zu entdecken. Ein besseres Spielerlebnis wäre uns mit den verfügbaren Mitteln in 3D nicht möglich gewesen.“

A-T: „Das Gamedesign bzw. die gesamte Vorproduktion hat der Bremer Entwickler KingArt übernommen, welcher in diesem Jahr mit seinem Erstlingswerk 'The Book of Unwritten Tales' Spieler wie Kritiker überzeugt hat. Für Black Mirror 2 hatte man sicherlich weniger kreative Freiheiten als es bei einem Spiel ohne Vorgänger der Fall gewesen wäre. Wieviel Raum bleibt da für Krativität, vielleicht kannst Du uns ein Beispiel geben?“

Achim: „KingArt haben mit BouT ein hervorragendes Erstlingswerk abgeliefert und ich freue mich ohne Ende für die Jungs. Das letzte Mal, dass ich beim Spielen so gelacht habe, war vielleicht bei Psychonauts oder Toonstruck der Fall.

Um das richtigzustellen: die eigentliche Vorproduktion, die die Entwicklung der Story, Setting, Spannungsbogen, Charaktere und einige wichtige Puzzles abdeckte, fand schon einige Zeit bevor wir mit KingArt in Kontakt getreten sind, statt. In dieser Phase, in der u.a. die Frage beantwortet werden musste, wie man überhaupt die Story schlüssig und spannend weiterführen kann, hat mich Anne von Vaszary, Autorin aus Berlin, wertvoll unterstützt. Und da wären wir beim Thema: Black Mirror 2 zu entwickeln, schränkte in manchen Bereichen sehr wohl etwas ein. Irgendwie musste die Überleitung von einem, in sich vollständig abgeschlossenen Vorgänger, überzeugend gemeistert werden. Auf gar keinen Fall darf das alles zu sehr an den Haaren herbeigezogen wirken. Das wollten wir unbedingt vermeiden. Und wer das Ende des Vorgängers kennt und die Art, wie die Geschichte abgeschlossen wird, versteht sicherlich, dass das ein hartes Stück Arbeit war.

Der Vorteil der Geschichte und des Settings von Black Mirror 2 ist letztendlich, dass wir zum einen die Möglichkeit haben, uns auch mal kreativ auszutoben, uns aber auch immer wieder auf die Tradition besinnen müssen, da die Stories ja sehr eng miteinander verknüpft sind. Viele Personen und Orte, die im Vorgänger wichtig waren, können auch im Sequel wieder besucht werden. Dass Black Mirror 2 Anfang der 90er spielt und Darren der neue Protagonist ist, gibt uns die nötige Freiheit, die bei der Entwicklung eines Spiels meiner Meinung nach sehr wichtig ist.

Ich persönlich musste mich kreativ am meisten beim Schreiben einiger Texte und Umsetzung mancher Charaktere einschränken. Mir liegen lockere, unterhaltsame Texte und Dialoge ziemlich gut und sowas hat selbstverständlich in einem Black Mirror Spiel nicht allzu viel verloren. Trotz allem muss man aber sehr aufpassen, dass alles nicht zu düster, bedrückend und schwerfällig wird. Deshalb gibt es dann doch die ein oder andere Stelle, wo auch mal ein wenig Humor Platz findet. Und Darren ist sowieso ziemlich sarkastisch unterwegs, da konnte ich mich ganz gut austoben.

Jan von KingArt hat einige Sachen geschrieben, über die ich heute noch lachen muss. Er kann das unglaublich gut und konnte sich bei Book of Unwritten Tales ja so richtig ausleben, der Glückliche. :)“

Wann wird's mal wieder richtig Sommer?

A-T: „Welche Schwerpunkte habt ihr in den Bereichen Story und Gameplay gelegt, insbesondere mit Blick auf die Fans des ersten Teils?“

Achim: „Story: Eine sinnvolle, überzeugende Überleitung zwischen Teil 1 und 2. Enge Verknüpfung mit der Geschichte von Teil 1. Lebendige Charaktere. Nicht zu viel Blabla, sondern interessante, mitreißende Dialoge und Monologe. Spannung. Überraschung. Aber auch Schwere und Trauer.

Gameplay: Traditionelle Point`n Click Bedienung, aber diesmal mit allen (und damit meine ich alle) Komfortfeatures, die man sich in einem Adventure wünschen kann und bisher in der Kombination noch nicht erlebt hat. Das Spielgefühl sollte möglichst „rund“ und konsistent sein. Herausfordernde Rätsel, aber nicht zu viel Rumsucherei und –lauferei.“

A-T: „Wird es Inhalte geben, die man so in einem Black Mirror nicht unbedingt erwarten würde?“

Achim: „Aber hallo, bestimmt! Jeder Spieler bringt andere Erwartungen mit und es gibt schon einige storytechnische Klopper in BM2, die den ein oder anderen Spieler sicherlich überraschen, vielleicht auf vor den Kopf stoßen oder schocken werden.

Die moderne, authentische, teils recht explizite Wortwahl, was durch die sehr authentisch klingenden, nicht „geschauspielerten“ Sprachaufnahmen noch unterstrichen wird, dürfte den ein oder anderen auch (positiv) überraschen.“

A-T: „In Adventures wurden in den letzten Jahren, spätestens seit Tunguska, viele Komfort- und Hilfefunktionen integriert, von denen sich so ziemlich jedes auch in Black Mirror 2 wiederfinden wird. Über eine optionale mehrstufige Lösungshilfe im Rahmen einer Art Tagebuch wird ebenfalls nachgedacht. Das kommt Gelegenheitsabenteurern sicherlich sehr entgegen, so mancher Genreveteran empfindet das allerdings ganz anders. Wie gewährleistet ihr, dass sowohl bei Anfängern kein Frust entsteht als auch erfahrene Spieler noch genügend Herausforderungen vorfinden?“

Achim: „Das Dilemma mit den Komfort- und Hilfefunktionen ist, dass man es anscheinend nie richtig macht. Das versuchen wir bei BM2 wirklich energisch und in die Entwicklung der Steuerung und des Hilfesystems ist eine Menge Zeit geflossen. Etliche Spieler wurden befragt, unsere interne Qualitätssicherung befasst sich seit vielen Monaten mit dem Thema und ich habe mit diversen Spielekritikern darüber diskutiert.

Letztendlich müssen wir dem Spieler aber immer noch abverlangen, dass er auch mal die Zähne zusammenbeißt und auf eine Hilfe verzichtet, die das Spiel ihm anbietet, und das kann man den Leuten auch zutrauen.

Nicht alle Hilfen (wie z.B. das Feature, dass Darren seine Notizen im Tagebuch durch wichtige Tipps und konkrete Lösungsvorschläge ergänzen kann, sind von vornherein aktiviert. In den Optionsmenüs ist das alles an- und abschaltbar, aber dazu muss man sich ja auch erst mal durchringen. Auch die Möglichkeit spezielle Nahansicht-Puzzles mit eigener Spielmechanik (Schieberätsel, mechanische Apparate, usw.) überspringen zu können, muss erst eingeschaltet werden. Und nachdem man mehrere Fehlversuche gemacht hat oder einfach sehr lange braucht, bietet dir das Spiel dann die Skip Funktion an.

Was gar nicht geht, sind Sachen wie das Planetenrätsel in Teil 1. Hier fehlten nötige Infos und fast alle Spieler haben es nur anhand eines Walkthroughs oder ausgiebiger Internetsuche lösen können. Das geht einfach nicht und kommt im Sequel so auch niemals vor. Der Spieler muss nicht einmal das Spiel verlassen, um an die Lösung eines Problems zu kommen.

Um noch etwas konkreter auf die Komfortfeatures von BM2 einzugehen: hier haben wir uns richtig ausgetobt und geben dem Spieler alles an die Hand, was das Spielgefühl rund macht. Hier gibt es meiner Meinung nach keinen Grund, nicht alles zu bieten, was irgendwie das Spielerleben erleichtert.

Warum z.B. den Spieler zwingen, immer wieder mit dem Mauszeiger ins Inventar zu fahren, um ein weiteres Inventaritem auf einen Hotspot zu benutzen. In BM2 kann man das machen, aber auch einfach das Mausrad benutzen und die Inventaritems werden direkt am Mauszeiger durchgespult.

Warum den Spieler zwingen, sich immer wieder dieselben Sätze anzuhören, wenn ein Item- oder Item-Hotspot-Kombination nicht funktioniert? In BM2 hat Darren zu hunderten nicht funktionierender Kombinationen einen passenden Gedanken, der oft auch einen dezent versteckten Hinweis auf die richtige Lösung enthält.

Warum den Spieler zwingen, immer zuzuschauen, wenn sich der Spielcharakter von Punkt A zu Punkt B begibt (und hier finde ich es absolut nebensächlich, ob er rennen kann oder nicht)? In BM2 justiert Darren automatisch seine Laufgeschwindigkeit, je nach Entfernung des ausgewählten Hotspots oder Ausgangs. Rennen tut er übrigens nicht. Bisher hat es noch kein Adventure (gerade auch das o.g. Beispiel) auch nur annähernd geschafft, das Rennen eines Hauptcharakters vernünftig umzusetzen. Immer wieder wird zu einem Spurt angesetzt, oft über eine wahnsinnige Distanz von 2 Metern. Gerade fangen die Beine sich an zu bewegen, da bleibt der Charaktere schon wieder abrupt stehen, dreht sich, richtet sich neu aus, usw.. Ich finde das absolut schrecklich und wollte das in BM2 auf keinen Fall sehen.

Klar, jetzt laufen wir Gefahr, dass in so manchen Tests strafend erwähnt wird, „dass Darren ja gar nicht rennen kann!“. Aber letztendlich ist das egal, denn dem Spieler wird so ein besseres Spielgefühl geben und er wird nicht andauernd durch die technischen Unschönheiten rausgerissen. Und er kann in BM2 ja immer noch einen einfachen Doppelklick machen und sofort wird er zum Ausgang oder Hotspot versetzt.

Und zu guter letzt: warum den Spieler zwingen, das Spiel zu verlassen und im Internet nach Spieletipps zu suchen (oder noch besser: eine teure Supportnummer anzurufen), wenn das alles doch auch schon im Paket enthalten sein kann? Wie gesagt, nicht aufs Auge gedrückt, aber wer an die Funktionen ran will, darf das auch.“

Nein, der Golf-Krieg war kein<br><br>Autorennen unter VW-Fahrern.

A-T: „Black Mirror 1 hatte ein paar Features an Bord, die man heute nicht mehr als zeitgemäß bezeichnen kann bzw. die vielen Spielern schon damals nicht geschmeckt haben. Dazu zählen zum Beispiel Zwangswartezeiten bis bestimmte Ereignisse eintreten. Es gibt auch mehrere Stellen, an denen der Spieler ohne Vorwarnung in eine tödliche Falle stapfen konnte. Doch so ärgerlich etwa tödliche Fallen in Black Mirror sein konnten sind sie auch ein Teil von einem Spiel, das vielen in bester Erinnerung ist. Wie seid ihr mit solchen Themen umgegangen? Wird die Spielfigur in Black Mirror 2 zum Beispiel auch an bestimmten Stellen das Zeitliche segnen können?“

Achim: „Ja, Darren kann mehrfach in die Falle tappen und sterben. Selbstverständlich bestrafen wir den Spieler aber in keiner Weise und es wird automatisch direkt vor der entsprechenden Sequenz gespeichert. Die Tode sind ja im Normalfall doch eher überraschend und dementsprechend ist die Gefahr, dass der Spieler seit Ewigkeiten nicht gespeichert hat, sehr groß. Deshalb: Tode, ja. Alles noch mal spielen müssen, nein!“

A-T: „Ähnlich wie beim Humor spalten sich gerade bei Rätseln die Gemüter. Manche mochten die viele Puzzles und Schieberätsel in Black Mirror, andere hätten lieber darauf verzichtet. Wird es auch solche Aufgaben wieder geben? Vielleicht kannst Du uns das ein oder andere Beispiel für die Rätselvielfalt in Black Mirror 2 geben?“

Achim: „Auch hier gilt: Geschmäcker sind verschieden, es allen Spielern Recht zu machen, ist oft sehr schwierig. Für mich sind diese Close-Up oder Spezialpuzzles (so nenne ich die jetzt einfach mal) essentieller Bestandteil eines Black Mirror Abenteuers. Daher gibt es auch ein gutes Dutzend davon im Sequel. Traditionelle Sachen, wie ein zerrissener Brief, der zusammengesetzt werden will (wer jetzt denkt „wie laaangweilig“ hat Pech gehabt! Wir BM2 Entwickler lieben das und so ist das nun mal :) ), aber auch komplexe mechanische Puzzles, Tresore, usw..

Wie schon oben geschrieben: nach mehreren Fehlversuchen oder längerer Spieldauert wird dem Spieler – wenn er das wünscht – die Option geboten, das Rätsel zu überspringen.

Für die Spieler (wie mich), die solche Rätsel aber als Abwechslung und zur Auflockerung des Spielverlaufs mögen, wird sogar die Möglichkeit geboten, die Puzzles später im Extras-/Bonusmenü gesondert zu spielen.

Der absolute Großteil des Spiels wird aber nach wie vor von Item-, Kombinations- und Dialogrätseln und der extrem hohen Interaktions-/Hotspotdichte eingenommen.“

A-T: „Kommen wir zu Story und Charakteren. Gib uns doch einen kurzen Überlick über das, was zu Beginn von Black Mirror 2 passiert.“

Achim „Der Spieler lernt den Protagonisten Darren Michaels kennen, der während der Semesterferien bei seiner Mutter in Biddeford, einem kleinen, verschlafenen Ort an der Küste Neu Englands, lebt. Da er Hobbyfotograf ist und das Angebot an Ferienjobs in dem Ort sehr begrenzt ist, beißt Darren in den sauren Apfel und jobbt bei Fuller, dem das örtliche Fotostudio gehört. Fuller ist, auf den Punkt gebracht, ein ekliges, hässliches, gemeines Arschloch. Im Ort gibt es niemanden, der Fuller mag oder zumindest ausstehen kann. Aber Darren schlägt sich so durch und lernt zu Beginn des Spiels Angelina kennen, die nichtsahnend mit der Erwartung zum Fotoladen kommt, schöne Bilder von sich machen zu lassen. Die Studentin ist auf Weltreise und Darren verguckt sich in sie (was auf Gegenseitigkeit beruht). Aber Fuller spielt sich natürlich ganz schmierig vor Angelina auf, schmeißt Darren hochkant aus dem Laden und gibt ihm genügend Arbeit mit, damit er mit der hübschen Engländerin allein sein kann…

Noch am ersten Tag geschieht etwas Schreckliches, das Darren direkt betrifft. Und noch in der ersten Nacht geschieht ein grausamer Mord in Biddeford.

Soviel zu den ersten Spielstunden…“

Ich verkaufe diese modischen Lederjacken.A-T: „Samuel Gordon hatte durchaus viel von einem Anti-Helden, da man zu keinem Zeitpunkt so richtig mit diesem stacksigen Eisberg warm werden konnte, wenngleich das sicherlich nicht grundlos so angelegt war. Welche Art Hauptfigur erwartet uns mit Darren Michaels in Black Mirror 2?“

Achim: „Ganz ähnlich, aber ganz anders. :) Darren ist recht einsam, in sich gekehrt, kein Menschenfreund. Er sieht die Welt eher aus einem negativen, sehr kritischen Blickwinkel. Äußert sich oft sehr zynisch, sarkastisch. Ich glaube aber, dass man sich als Spieler weit besser mit ihm identifizieren kann, als mit Samuel. Er ist mehr „Mensch“. Er macht sich auch gerne mal einen Spaß aus einer Situation. Ist impulsiv, sehr emotional und oft auch überraschend direkt. Attribute, die ich persönlich an Menschen schätze. Darren ist gerade heraus, gern aber auch etwas unangenehm, bohrt weiter, provoziert Menschen auch mal gern, macht keine Politik und hat keine Maske auf...

Unterm Strich würde ich schätzen, dass 80% der Spieler lieber mit Darren einen Abend beim Bier oder anderweitigem verbringen würden, als mit Samuel, dem depressiven, hölzernen, steifen, vom „Schicksal“ gebeutelten armen Kerl…“

A-T: „Die Nebencharaktere waren in Black Mirror recht ausgefeilt und standen beinahe alle in einer engen Verbindung zueinander. Die vielen kleinen mit der Hauptstory verwobenen Geschichten, beispielsweise um den alkoholabhängigen Gärtner oder die Tante aus Wales, haben viel zur Spieltiefe beigetragen. Was kannst Du uns zu den Nebenfiguren aus Black Mirror 2 sagen?“

Achim: „Ich bin echt der festen Überzeugung, dass wir gerade in dem Bereich noch einen drauf setzen:

Sei es die Highschool Schönheit Mrs. Biba, die mit ihrem Mann das Diner in Biddeford leitet… die immer davon geträumt hat, endlich in die Welt zu ziehen… die in ihrer Jugend die stadtbekannte Schönheit war… die jetzt einen unerträglich unzufriedenen Säufer abbekommen hat, der ihr das Leben zwar zur Hölle macht, zu dem sie aber immer noch steht… die dann in was reingezogen wird, was dem ganzen die Krone aufsetzt.

Oder sei es der gute, alte Eddie. Kriegsveteran. Auf den ersten Blick ein nerviger Kerl, der Darren nicht ausstehen kann. Für den Disziplin alles ist. Der „mit der Jugend von heute“ nichts anfangen kann. Blind. Oder vielleicht auch nicht? So schräg drauf, dass er seinen Blindenstock beim Pokern verzockt (passt das jetzt noch zusammen? Logikfehler??) ;)

Oder seien es all die aus dem ersten Teil bekannten Personen, wie der schleimige Murray, Tom, einigen Schlossbewohnern und vielen mehr, denen wir mehr Tiefe geben und die sich in den 12 Jahren, die seit den Geschehnissen im ersten Teil vergangen sind, auch auf die ein oder andere Art weiterentwickelt haben.

Wir haben auch ein paar Neben-Nebencharaktere, die zwar die eigentliche Story nicht voran bringen und mit denen man rein optional sprechen kann. Aber selbst diese, wie z.B. die junge Frau in Neu England, die ihre Freundin vermisst, die sich vor einiger Zeit umgebracht hat, haben ein äußerst ausgefeiltes Eigenleben.“

A-T: „Es gibt auch verschiedene Figuren aus dem ersten Teil, die in Black Mirror 2 wieder eine Rolle spielen werden. Da wäre zum Beispiel Murray, der einst einen Laden in Willow Creek besessen hat. Was erwartet uns in Bezug auf diese Charaktere?“

Achim: „Hierzu möchte ich nicht mehr verraten, als schon geschrieben. Naja, du erwähnst Murray, also gehe ich auf den etwas näher ein. Murray besaß im ersten Teil die Pfandleihe in Willow Creek und machte sich einen Namen als der schmierigste Geschäftsmann im Dorf.

Als die Mordwelle, die im ersten Teil ihren Lauf nahm, einen Tourismusboom in Willow Creek und Umgebung ausgelöst hat, wollte Murray natürlich sofort Profit daraus schlagen. So hat er zum einen maßgeblich die Öffnung eines Sensationsteils im örtlichen Museum forciert, in dem die Morde, die Samuel begangen hat, in krasser, geschmackloser Weise ausgestellt werden. Wo Geld aus dem Leid der Opfer und derer Angehörigen gemacht wird.

Aber das reicht ja nicht, also hat Murray auch noch das verkommene Sanatorium aufgekauft und pompös renovieren lassen. Völlig übertrieben und geschmacklos „lädt“ den Spieler die Eingangshalle jetzt in einer abartigen Mischung aus Säulen, Gold, Verzierungen und Kirmes-Kitsch ein. Seelenschlüssel aus Plastik und anderer, billiger Ramsch wird an die Touristen verhökert… Nur „leider“ bleiben die mittlerweile aus. Murrays Plan ist nicht wirklich aufgegangen. Er hat zwar einige Jahre Profit aus den Mordgeschichten schlagen können, aber jetzt geht kaum noch was. Umso erfreuter ist er, dass es Darren in sein Hotel verschlägt. Den versucht er zu umgarnen. Und darin ist der Schmierlapp ja sooo gut…“

Im Reiseprospekt sah das Schloss<br><br>irgendwie einladender aus.A-T: „Neben dem Wiedersehen mit bekannten Charakteren wird Darren auch einige der Schauplätze aus dem ersten Teil betreten. Hat sich 13 Jahre nach den Ereignissen auf Black Mirror Castle viel verändert?“

Achim: „Nicht allzu viel. In und um Willow Creek und das Schloss steht die Zeit so ziemlich still. Einige Veränderungen im Ort gibt es aber. Ich habe ja auch oben schon einiges erwähnt. Auf dem Schloss selbst hat sich nicht allzu viel getan. Scheinbar zumindest…“

A-T: „Wichtig für die Glaubwürdigkeit der Charaktere sind nicht nur die Dialoge sondern auch die Sprecher, die sie synchronisieren. Ihr habt kürzlich die Sprachaufnahmen abgeschlossen, die Du im Tonstudio koordiniert hast. Wird man auch die ein oder andere bekannte Stimme hören können? Worauf habt ihr bei der Auswahl der Sprecher besonderen Wert gelegt?“

Achim: „Wir haben bei der Auswahl der Sprecher Wert darauf gelegt, wie Ihre Stimme und Art sich auszudrücken zu den jeweiligen Charakteren im Spiel passt. Die Auswahl war nicht vom Marketing gesteuert, sondern 100%ig vom Spiel an sich. Kurz gesagt: egal, ob der Sprecher Synchro von Jack Nicholson oder Gott-weiß-wem gemacht hat. Wenn die Stimme und der Stil nicht zum Spielcharakter passt, dann hat das auch nichts im Spiel verloren.

Trotzdem haben wir eine Sprecherriege, die sich hören lassen kann. Erik Schäffler zum Beispiel, unser Regisseur im Studio, der auch die Rollen von Fuller und einem durchgeknallten Obdachlosen spricht, ist ein berühmter Mann am Theater, der seit Jahren vor ausverkauftem Haus „Caveman“ und den „Hamburger Jedermann“ (seine Rolle ist der Teufel) spielt.

Darren wird von Tim Knauer gesprochen, der in diversen TV-Serien große Rollen übernommen hat und als Sprecher in Dr.House zu hören ist. Tim verkörpert die Rolle perfekt und hat die ca. 6.000 takes (!!!) in Bravour gemeistert. Er hat über gut zwei Wochen im Tonstudio konstante Qualität geliefert und für uns ist er der perfekte Darren.

Dann haben wir noch Sascha Draeger (TKKG’s Tarzan, Rollen in CSI, Transformers) im Spiel, Eva Michaelis, bekannt aus 24, Prison Break, Lost, usw. und viele mehr. Und die Rollen, die auch im ersten Spiel vorkamen, wurden wieder von denselben Sprechern übernommen.“

A-T: „Bleiben wir noch kurz beim Sound. Die Musik war beim ersten Black Mirror eher im Hintergrund angesiedelt, wusste aber dennoch gut die Atmosphäre zu untermalen. Bei Black Mirror 2 stammt sie von periscope studio hamburg, die unter anderem auch die Musik zu Edna bricht aus gemacht haben. Wo liegen die Parallelen zum ersten Teil, wo unterscheidet sich das Soundkonzept?“

Achim: „Die Soundkulisse in Black Mirror hat es uns sehr angetan und ist auch in Berichten über das Spiel immer wieder lobend erwähnt worden. Sie unterstrich die Atmosphäre des Spiels, hielt sich aber meistens dezent im Hintergrund. Die Leitmotive aus dem ersten Spiel greifen wir im Sequel wieder auf. Diesmal wurde der Soundtrack aber nicht aus Sample-Datenbanken gebastelt, sondern fast ausschließlich mit Live-Instrumenten eingespielt.

Es gibt dutzende Musikstücke und weitere, kurze Passagen, die an den passenden Stellen im Spiel abgespielt werden. Man hört nicht immer wieder dasselbe Hintergrundlied, sondern speziell komponierte Tracks, die die Spielsituation, den Ort oder eine Person unterstreichen. Es kommt aber auch vor, dass nur Hintergrundgeräusche in einer Spiellocation zu hören sind. Eine tickende Uhr oder knarzender Holzfußboden tragen erheblich zur Atmosphäre bei und nicht immer ist ein Musikstück von Vorteil.“

A-T: „Das Spiel startet im US-Bundesstaat Maine. Weshalb gerade dort?“

Achim: „Ich wollte von vornherein die Geschichte in zwei großen Blöcken anlegen. Das war eine der wenigen Designentscheidungen, die von der ersten Minute an fest stand.

Diese „Blöcke“ sind die Einführung des Hauptcharakters und wichtiger Nebendarsteller weit entfernt von England (was alles seine Gründe hat, auf die ich hier nicht eingehen kann) und dann die Verschmelzung mit der Atmosphäre und Story von Black Mirror 1 in und um Willow Creek.

Maine war für mich relativ schnell als Startpunkt für die Story klar. Zum einen sind Menschen, Bauweise, usw. nicht sooo anders, als in Europa. Zum anderen ist Maine dank Stephen King, aber auch vieler anderer Autoren und Filme immer Heimat von Gruselgeschichten gewesen. Außerdem mag ich die Schroffheit der Küste und der Leute. Neu England hat auf mich, seit meiner frühen Kindheit, eine äußerst intensive „Ausstrahlung“. Maine passt einfach zu Black Mirror und ich glaube, das wird jeder Spieler nachvollziehen können, sobald er sich mit dem Spiel befasst hat.“

A-T: „Wieviel Zeit verbingen wir etwa den USA oder anders gefragt, auf welchem der beiden Kontinente, Nordamerika und Europa, spielt sich der größte Teil der Handlung ab?“

Achim: „Der größte Teil der Handlung spielt ganz klar in England, in und um Willow Creek und das Schloss.“

A-T: „Was kannst Du uns noch über die neuen Schauplätze zu Beginn in den USA aber auch später in England sagen?“

Achim: „Ich möchte mich hier gern bedeckt halten. Ich als Spieler finde es immer ein wirklich tolles und wichtiges Gefühl in einem Adventure, wenn sich ein neues Spielgebiet öffnet… Sorry, aber ich möchte hier nichts verraten.“

A-T: „Die optische Gestaltung gefällt uns sehr gut. Was kannst Du uns zur Technik sagen? Werden zum Beispiel Breitbildformate und hohe Auflösungen unterstützt?“

Achim: „Die Hintergründe werden in 1280x800 Bildpunkten erstellt und gerendert. Das ist ein riesiger Schritt im Vergleich zum ersten Teil. Auch gibt es, glaub ich, mehr scrollende Hintergründe, als Einzelscreens. Auflösung nach oben ist praktisch unbegrenzt. Das betrifft aber letztendlich „nur“ die Charaktere, da die Hintergründe ja nun mal vorgerendert sind und nicht von höherer Auflösung beeinflusst werden.

Momentan überlegen wir, ob wir die Auflösungseinstellungen noch etwas begrenzen. Oft ist es nämlich gar nicht von Vorteil, den Auflösungsschieber möglichst weit nach rechts zu schieben… Dann wird skaliert bis zum geht-nicht-mehr und unterm Strich verliert man mehr Qualität, als man gewinnt. Schauen wir mal.

Ansonsten sind wir technisch voll auf der Höhe: etliche Hintergrundanimationen, die sich nahtlos in die Grafik einfügen. Dasselbe gilt für die 3D Objekte, die praktisch in jeder Location zu finden sind. Schattenwurf, Spiegelung, etc.. Alles ist in BM2 zu finden.“

A-T: „Im ersten Teil war der Wechsel von Tageszeit und Witterung ein wichtiges Element um für Abwechslung, Glaubwürdigkeit und Atmosphäre zu sorgen. Was kannst Du uns zu den Licht-, Schatten- und Wettereffekten sagen? Gab es etwas, auf das ihr besonderen Wert gelegt habt?“

Achim: „Ja, dass sich im ersten Teil vieles in den Hintergründen geändert hat, war ein äußerst wichtiges Element, das Black Mirror besonders gemacht hat. Was hierbei noch ganz große Auswirkungen auf die Atmosphäre hatte, war die Tatsache, dass sich auch „innerhalb“ der Locations viel geändert hat. Ein Charakter arbeitet mal in einem anderen Zimmer, sitzt mal auf einem Stuhl oder in seinem Zimmer, wo er ungestört bleiben will. All diese Elemente haben wir im Sequel selbstverständlich aufgegriffen und verfeinert. Manche Charaktere wechseln sogar die Kleidung. Allein von Darrens Klamotten gibt es ein gutes halbes Dutzend Varianten (Arbeitskleidung, unterschiedliche Freizeitkleidung, nass, dreckig, usw.).“

A-T: „Die Animationen im ersten Black Mirror, besonders bei den Spielfiguren, schwächelten etwas. Erwarten uns wieder Zeitlupenanimationen wie in so manchem Future-Games-Spiel?“

Achim: „Ein klares Nein! Animationen in einem solchen komplexen Spiel mit solch unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten, sind zwar extrem viel Arbeit und man kriegt sehr schnell einen falschen Eindruck vom unfassbaren Aufwand, der dahinter steckt. An der Qualität der Futuregames Animationen sind wir um Lichtjahre vorbei und wir können es meiner Meinung nach mit jedem Adventure da draußen aufnehmen.“

A-T: „Unsere Eindrücke vom Spiel sprechen für eine düstere Atmosphäre und ein Spiel, das in manchen Punkten vielleicht eine Nummer erwachsener wird als Black Mirror 1. In anderen Bereichen sind aber auch auflockernde Inhalte vorhanden, sogar durchaus humorvolle Anspielungen, die man so im sehr kühlen Vorgänger nicht findet. Was kannst Du uns dazu sagen? Wie würdest Du das Spiel insgesamt klassifizieren?“

Achim: „Ich liebe es mit den Emotionen des Spielers, Lesers oder Zuschauers zu spielen. Filme, aber vor allen Dingen relativ anspruchsvolle US-TV-Serien der letzten Jahre (zu nennen wären da so gut wie alle HBO Produktionen (Deadwood, In Treatment, The Wire, Six Feet Under, usw.) oder andere fantastische Meisterwerke wie Breaking Bad, Dexter, Rescue Me oder The Shield) machen es doch vor. Man muss..., man darf sich nicht zwingen lassen, den Betrachter mit nur einer Stimmung zu beharken. Ein trauriger oder spannender Moment kann sehr viel intensiver rüberkommen, wenn man kurz vorher noch über irgendwas geschmunzelt hat.

Zusammengefasst würde ich Black Mirror als Krimi-Mystery-Gruselgeschichte bezeichnen. Oder so ähnlich. ;)“

A-T: „Steht mittlerweile ein Termin fest?“

Achim: „Yup, am 25. September ist es soweit!“

A-T: „Vielen Dank für das Interview.“

Achim: „Ich danke dir, Benjamin!“