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Interviews

Peter McConnell
Gesprächspartner: Luc 'LGH' Gilbertz
Sprache:
Vom: 27.10.2003

Über

Peter McConnell arbeitete während etwa 10 Jahren als interner Komponist bei LucasArts. Dort war er Co-Komponist für Monkey Island 2, Indiana Jones and the Fate of Atlantis, Day of the Tentacle, Sam and Max Hit the Road, und er war leitender Komponist für Full Throttle und Grim Fandango. Nach seinem Abgang bei LucasArts wurde er als Freelancer verpflichtet, um für Monkey Island 4 Musik zu schreiben, und momentan arbeitet er für Doublefine Productions an Tim Schafers kommendem Hit Psychonauts.



Wir bedanken uns bei dem LucasArts-PR-Team für die Unterstützung, und natürlich bei Peter McConnell für die detaillierten Antworten!



Adventure-Treff.de: Hallo, könntest du dich kurz vorstellen? Wie bist du in der Welt der Musik gelandet?

Peter McConnell: Ich denke, ich wurde schon in der Welt der Musik geboren, da meine Mutter mir immer erzählt, dass ich schon sang, bevor ich sprechen konnte. Ich habe mich auch für die Wissenschaft interessiert, sodass ich musikalischen und technologischen Beschäftigungen nachging, seit ich auf der Universität von Physik zu Musik gewechselt hatte.

A-T: Wie hast du deinen Job bei LucasArts bekommen?

Peter McConnell: Michael Land und ich hatten an unterschiedlichen Projekten zusammengearbeitet, seit wir uns in den 80ern auf Harvard kennenlernten. Er war eigentlich derjenige, der das Sound Department bei LucasArts ins Leben gerufen hat und er suchte jemanden, der sowohl komponieren als auch programmieren konnte, und er stellte sich vor, dass ich ziemlich gut zu diesem Job passen würde. Er hatte wohl recht, da ich fast 10 Jahre lang dort arbeitete.

A-T: Zusammen mit Michael Land hast du für Monkey Island 2 das iMuse-Musik--System erfunden. Kannst du uns erzählen, wie es zu dieser großen Errungenschaft im Bereich der interaktiven Musik kam und wie schwierig es damals war?

Peter McConnell: Nun, Michael Land war eigentlich der Haupterfinder, aber wir waren stets ein gutes Design-Team, da ich ziemlich gut mit abstrakten Strukturen klarkomme, und er hat immer den absoluten Durchblick, wie die unterschiedlichen Komponenten eines Systems zusammenpassen können. In den Tagen von Monkey Island 2: Le Chuck's Revenge suchten die Leute eigentlich nur nach einem neuen Soundtreiber, der die neusten Hardware-Entwicklungen besser unterstützen würde, aber Michael erkannte, dass man mehr tun konnte, dass man die Musik auf die Veränderungen im Spiel reagieren lassen konnte, wenn man bereit war, die Ärmel hochzukrempeln und daran zu arbeiten. Anfangs stießen wir durchaus auf einen gewissen Widerstand, und ich muss auch zugeben, dass das System anfangs ziemlich benutzerunfreundlich war. Es kostete die Programmierer viel zusätzlichen Aufwand. Aber als die Leute sehen konnten, welche Möglichkeiten sich nun öffneten, und als wir auch das Interface ein wenig verfeinerten, wollte es plötzlich jeder nutzen. Ich bin noch immer stolz darauf.



Die Klassiker



A-T: Die Namen Clint Bajakian, Michael Land und Peter McConnell werden oft im gleichen Satz genannt. Wie war es so, mit diesen zwei Musikern zusammenzuarbeiten? War die Arbeit meist klar aufgeteilt oder wurde der Großteil der Musik gemeinsam geschrieben?

Peter McConnell: Eine unserer Stärken war, dass wir alle am gleichen Projekt arbeiten konnten. Das ging sogar so weit, dass wir uns anfangs die gleichen Musikstücke hin- und hergaben. Ich denke, dass uns dies sehr dabei geholfen hat, vielfältig zu sein und eine gewisse LucasArts-Musik-Ästhetik zu entwickeln – ein kohärenter Sound, den die Leute anscheinend mochten. Im Laufe der Zeit arbeiteten wir aber eher an getrennten Projekten. Aber selbst wenn einer von uns leitender Komponist war, kam es immer wieder mal vor, dass die anderen hin und wieder ein Musikstück beisteuerten.

A-T: Monkey Island 2 war eines der ersten Adventures, das nicht nur in einigen Schlüsselszenen Musik hatte, sondern das durchgehende Musik vom Anfang bis zum Ende enthielt. Es wurde außerdem mit vielen Themen (z.B. für LeChuck, für Largo, für die Voodoo-Lady…) gearbeitet. Was kannst du uns über dieses Spiel erzählen?

Peter McConnell: Wenn ich mich nicht irre, hatte auch schon The Secret of Monkey Island durchgehende Musik, aber das war Michaels Projekt, also vor meiner Zeit sozusagen. Er schrieb damals schon die meisten Themen: LeChuck, die Voodoo-Lady, Guybrush und Elaines Liebesmusik. Das Largo-Thema ist interessant, da es ein gutes Beispiel unserer Zusammenarbeit ist: Ich schrieb den Anfang des Themas, während Michael den Mittelteil („Bridge“) schrieb.

A-T: Indiana Jones and the Fate of Atlantis setzte diese Tradition der interaktiven, themengesteuerten Musik fort, wurde aber auch von den Film-Themen von John Williams inspiriert. Wie war es, an einer solchen Lizenz zu arbeiten?

Peter McConnell: Ich konnte in den Fußstapfen eines großartigen Musikers wandern, neue Erfahrungen sammeln und wurde auch noch dafür bezahlt. Ich lernte sehr viel beim Arrangieren und Editieren seiner Musik.

A-T: Day of the Tentacle und Sam & Max haben einen etwas anderen Stil. Welche Erinnerungen hast du an diese Titel?

Peter McConnell: Day of the Tentacle war gleichmäßig zwischen Michael, Clint und mir aufgeteilt. Bei Sam & Max schrieb ich die meisten Melodien, während Clint sie dann arrangierte und orchestrierte – mit einigen Ausnahmen wie dem Haupt-Thema, das ganz von Clint geschrieben wurde. Meine Lieblingsmelodie aus diesem Spiel ist das Maulwurfmann-Thema. Wir hatten eine Bonus-Audioversion davon auf der CD mit guten MIDI-Samples, aber ich wollte schon immer mal eine Version mit Live-Musikern aufnehmen. Sam & Max war ebenfalls meine erste Gelegenheit, mit Sean Clark zusammenzuarbeiten, und wir erzählten uns immer Geschichten über unsere letzten Ferientrips.



Full Throttle



A-T: In Full Throttle hast du nicht mehr mit Michael Land und Clint Bajakian zusammengearbeitet, sondern du warst der einzige Komponist. Wie kam es zu dieser Änderung?

Peter McConnell: Es war eine logische Entwicklung für uns. Nachdem wir die Erfahrung der Zusammenarbeit hatten und eine Vorgehensweise gefunden hatten, interaktive Titel zu vertonen, waren wir bereit, uns einem Projekt alleine zu widmen.

A-T: In diesem Spiel gab es mehrere Songs von der Biker-Band The Gone Jackals. Wer traf die Entscheidung, mit dieser Band zusammenzuarbeiten?

Peter McConnell: Es war schlussendlich Tim Schafers Entscheidung, aber ich brachte ihm die Demo-Kassette von einem Haufen Kassetten, die ich von den unterschiedlichsten Quellen erhalten hatte. Ich erinnere mich, dass ich die Gone Jackals in die Anlage meines Wagens einlegte und sofort mit dem Rhythmus mitgehen wollte, weil es einfach so viel besser war als das andere Zeug. Als ich dann Band-Leader Keith Karloff anrief und er bei LucasArts auf einem Motorrad ankam, wusste ich, dass er der Richtige wäre!

A-T: Sagte man den Gone Jackals schon im Vorfeld, welche Lieder sie speziell für das Spiel schreiben sollten, oder bestanden die Songs schon vor dem Spiel und ihr musstet nur noch die passenden Titel auswählen?

Peter McConnell: Sie hatten alles schon vor Full Throttle aufgenommen, und das Ganze wurde dann speziell fürs Spiel neu abgemischt.

A-T: Du hast die eher orchestrale Musik in Full Throttle komponiert, einsame Klavierklänge und atmosphärische Streicher. War es schwierig, etwas zu komponieren, das sowohl atmosphärisch und ruhig war, aber gleichzeitig den Stil der Gone Jackals nicht zu sehr unterbrach?

Peter McConnell: Aus irgendeinem Grund war es für mich nie schwierig, den passenden Full-Throttle-Sound zu finden und ihn mit der Gone-Jackals-Musik zu verbinden. Das Ganze schien sich wie von selbst zu komponieren. Ich denke, das liegt daran, dass die visuelle Welt so stimmungsvoll ist – du brauchst sie dir nur anzuschauen, und schon hörst du einen bestimmten Klang. Und dieser Klang ist dunkel und bewegt, und so bildet er einen Kontrast zum restlichen Rock 'n' Roll und passt gleichzeitig gut hinzu.



Grim Fandango



A-T: Grim Fandango war eine brillante Mixtur aus den unterschiedlichsten Stilen: Big Band Jazz in Rubacava, mexikanische Folklore beim Tag-der-Toten-Festival, orchestrale Musik am Ende der Welt. Wie gelang es dir, mit so vielen Stilrichtungen zu arbeiten und dennoch einen kohärenten Soundtrack zu gestalten?

Peter McConnell: Auch hier musste ich nur die musikalische Welt der visuellen Welt anpassen, welche unglaublich abwechslungsreich und gehaltvoll war. Ich bin sehr visuell orientiert.

A-T: Hast du viel Input von Tim Schafer bekommen?

Peter McConnell: Ja. Zum einen gab er mir Musik von mexikanischen Folk-Bands, die ich mir anhören sollte. Außerdem machte ich eine komplette Tonaufnahme, in der Tim nur von den unterschiedlichen Gebieten des Spiels erzählte. Wir hatten sogar einen Sound-Designer (Larry the O), der auf den Bongos spielte, während Tim sprach, sodass das Ganze sich wie ein „Beat-Gedichte-Lesen“ anhörte. Ich hatte einen riesigen interaktiven iMUSE-Soundtrack auf meinem Computer, nur mit Tims Stimme. Man konnte auf einen Knopf drücken, der einem bestimmten Ort entsprach, und schon hörte man Tim darüber erzählen. Ich hörte mir dieses Programm die ganze Zeit an, während ich komponierte.

A-T: Besonders die Big-Band-Stücke klingen sehr authentisch. Hast du auf viele Livemusiker zurückgegriffen, um die Musik einzuspielen?

Peter McConnell: So viele wie möglich: Bass, Schlagzeug, Trompete, Klarinette, Bass-Klarinette, Kontrabass-Klarinette, Zugklarinette, Zugposaune, Tenor- und Bariton-Saxophone, Tabla, Cello, Saranghi (ein ostindisches, gebogenes Instrument), Handtrommeln, mehrere Mariachi-Spieler, eine Quena (Flöte aus den Anden), Clint auf der E-Gitarre und ich selbst auf so ziemlich allem von der Geige über die akustische Gitarre bis hin zur Charango (Mandoline aus den Anden). Ich versuchte, so viele Musiker wie möglich aus der San-Francisco-Swing-Szene zu bekommen.

A-T: Wie genau hast du die Musik der Jazz-Einlagen aufgeschrieben, und wie viel Freiheit erhielten die Livemusiker zum Improvisieren?

Peter McConnell: Da gab es viel Geben und Nehmen. Einige Solos wurden von mir komponiert: Die Zugposaunen-Solos zum Beispiel, und einige der Saxophon- und Trompeten-Teile der Außenmusik von Rubacava, die zwar improvisiert klingen, es aber nicht sind. Und die Garagen-Musik war Note für Note niedergeschrieben. Aber die meisten anderen Trompeten-Solos und vieles der Bass-Klarinette waren improvisiert. Manchmal gab ich den Musikern eine Melodie, auf die sie improvisieren konnten, und komponierte anschließend weitere Instrumente zu der Improvisation hinzu. Die gedämpfte Trompete auf dem Dach von Nuevo Morrow ist ein gutes Beispiel hierfür. Es hing wirklich alles vom Stück ab, und mit welchen Musikern ich zusammenarbeitete. Ich versuchte immer einen Weg zu finden, den bestmöglichen Sound für die jeweilige Situation zu erschaffen.

A-T: Auf welches Stück in Grim Fandango bist du besonders stolz?

Peter McConnell: Ich mag die Musik in Maximinos Büro sehr. Ich glaube, dass mir die Gangster-Stimmung der 20er dort gut gelungen ist.

A-T: Grim Fandango war leider eines der wenigen LucasArts Spiele, denen man eine Soundtrack-CD spendierte. Warst du an dieser Entscheidung und an der Auswahl der Tracks beteiligt?

Peter McConnell: Es war die Idee der Marketing- und PR-Leute, diese CD zu machen, und ich war sehr dankbar darüber. Ich habe die Tracks und die Reihenfolge zusammengestellt.

A-T: Hat die CD sich gut verkauft? Warum wurde sie nicht außerhalb von Amerika verkauft?

Peter McConnell: Das sind Fragen für LucasArts. Ich kenne mich nicht wirklich aus mit diesen Zahlen.
Peter McConnell auf seiner E-Violine




Nach LucasArts



A-T: Michael Land und du, ihr habt LucasArts verlassen, um eine Software-Firma zu starten. Ist das nicht ein ungewöhnlicher Schritt für solch eingefleischte, professionelle Musiker?

Peter McConnell: Ja.

A-T: Trotzdem hast du nach deinem Abgang noch an Bombad Racer, Escape from Monkey Island, Full Throttle II und Psychonauts gearbeitet. Gefällt es dir hin und wieder, zurück im Spielegeschäft zu sein?

Peter McConnell: Absolut. Ich komponiere immer noch für diverse Projekte und werde das auch in Zukunft tun.

A-T: Gab es noch andere Projekte, an denen du inzwischen gearbeitet hast?

Peter McConnell: Du hast schon einige Gute genannt. Ich habe auch noch an einigen Titeln für andere Komponisten gearbeitet, plus ein wenig für unabhängige Filmen. Und natürlich kommen da noch neue Projekte, die erst angekündigt werden.

A-T: Wie war es, für Escape from Monkey Island wieder einmal mit Clint Bajakian und Michael Land zusammenzuarbeiten?

Peter McConnell: Es war eine Freude, wie immer. Sie sind wie meine Brüder. Wir springen immer auf jede Gelegenheit, um miteinander zu arbeiten.

A-T: War die Arbeit für Clint Bajakians Firma C.B. Studios (inzwischen The Bay Area Sound Department) ähnlich wie die Arbeit für LucasArts, oder gab es da einige Unterschiede?

Peter McConnell: Oh Mann, es war viel härter! Clint ist gegenüber LucasArts ein richtiger Sklaventreiber! Kleiner Scherz… Clint, du liest das hier doch nicht, oder?

A-T: Laut Clint Bajakian hast du vor allem die Musik auf der Rückseite von Lucre Island geschrieben (Sumpf, Pegnose Pete…). Auf welches Stück bist du besonders stolz?

Peter McConnell: Ich mag die Musik bei der Lagune, sowohl auf der Oberfläche als auch unter Wasser. Die Musik oben hat ein wunderschönes Oboe-Solo, und die Unterwassermusik greift auf den B-Teil des Schatztaucher-Themas aus Monkey Island 2 zurück. Und ich mag den Humor der Pegnose-Pete-Melodie.

A-T: Wie würdest du die Musik der beiden Monkey-Island-Spiele, an denen du beteiligt warst (Teile 2 und 4), miteinander vergleichen?

Peter McConnell: Ich kann das nicht. In Monkey Island 2 waren die Themen und die Technik noch brandneu. Bei Monkey 4 hatten wir die Gelegenheit, einen guten Live-Sound zu produzieren. Es war ein toller Abschluss.

A-T: Kommen wir zu Psychonauts. Ich nehme mal an, Tim Schafer hat dich kontaktiert, wegen der Arbeit, die du bei seinen früheren Projekten geleistet hast. Korrekt?

Peter McConnell: Ich denke, dass wir immer gern zusammengearbeitet haben. Für mich war es immer ein Privileg.

A-T: Wie weit ist die Musik-Produktion schon vorangeschritten?

Peter McConnell: Sie ist gut im Gange zu diesem Zeitpunkt.

A-T: Die Musik im Trailer erinnert mich vom Stil her ein bisschen an Day of the Tentacle. Welche anderen Stilrichtungen werden in dem Spiel noch vorkommen?

Peter McConnell: Alles von Bernard Herrmann bis zu Danny Elfmann (da hörst du die Ähnlichkeit zu Day of the Tentacle). Da gibt es weiterhin auch die Art von Sound, die man in David-Lynch-Filmen hört, plus einen Einfluss von transsylvanischer Volksmusik.

A-T: Werden auch Live-Musiker verwendet?

Peter McConnell: So viele wie nur möglich. Ich habe schon einige aufgenommen.

A-T: Was sind deine Zukunftspläne? Werden wir mehr Musik von dir hören (CDs, Spiele, Filme)?

Peter McConnell: Ja, auf jeden Fall. Ich freue mich schon auf einige sehr coole Projekte. Ihr könnt euch immer auf meiner Webseite petermc.com informieren, sobald Dinge angekündigt werden.

A-T: Einige lustige Anekdoten von hinter den Kulissen?

Peter McConnell: Ja, einige, aber verschiedene Leute würden mich erschießen, wenn ich sie erzählen würde.

A-T: Irgendwelche letzten Worte an die Fans?

Peter McConnell: Danke für die netten E-Mails, und danke, dass ihr die Musik nicht beim Spielen abdreht! Ich hoffe, ich habe ein oder zwei Spiele erfreulicher für euch gestaltet.

A-T: Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, um dieses lange Interview zu beantworten!

Peter McConnell: Jederzeit.