Atlantis III - Die neue Welt

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neon
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Atlantis III - Die neue Welt

Beitrag von neon »

Atlantis III hatte ich mal bestellt, um auf einen portofreien Betrag zu kommen. Gestern habe ich es mal installiert, weil mir der Titel zwar schon des Öfteren zu Ohren gekommen war, ich mich aber nie recht dafür interessiert hatte.

Im Jahre 2020 fährt eine junge Archäologin irgendwo in die Ahaggar-Wüste, um dort bei einem Brunnen nach Spuren von Ägyptern zu suchen. Sie hat einen Unfall und trifft auf einen Typen, der genau da hin will, um irgendjemanden zu töten, der die Leute seines Volkes nicht mehr an den Brunnen lässt. Sie findet dort ein Portal und ist plötzlich mitten in einer ziemlich an den Haaren herbeigezogenen Geschichte, in der ein ominöser Kristallschädel eine Rolle spielt.

Die von mir gestestete Version kam auf 3 CDs in einer DVD-Box.

Gespielt wird in der First-Person-Perspektive. Man hangelt sich von Wegpunkt zu Wegpunkt, wo man jeweils eine Rundumsicht in alle Richtungen hat. Die Hotspots für die Laufwege sind recht eindeutig mit einem schönen roten Pfeil gekennzeichnet. Man läuft und interagiert mit der linken Maustaste, die rechte öffnet das Inventar. Mehr als 7 oder 8 Inventargegenstände hat man nie bei sich, insofern ist das Ganze recht übersichtlich und leicht zu bedienen. Man kann die Steuerung getrost als gelungen bezeichnen. Einziger Wermutstropfen sind die langen Ladezeiten, die man beim Laufen in Kauf nehmen muß.

Die Grafik des Spiels ist, wenn man sie mal richtig eingestellt hat, im Grunde gar nicht mal so schlecht. Leider verwischt sie in der Bewegung, was mich anfangs stark irritiert hat. Wenn man das Spiel mit eingeschalteter Kantenglättung, 32 Bit Farben in der höchsten Auflösung spielt (und nur so sieht es gut aus), kann man die angegebenen Mindestanforderungen allerdings vergessen. Gefordert sind 333 MHz, mein 700 MHz Firmenlaptop hatte da dann schon echte Probleme. Das schönste an der Grafik sind übrigens die wirklich netten Zwischensequenzen, die man nach ausnahmslos jedem gelösten Rätsel zu sehen bekommt.

Ausgezeichnet gefallen hat mir die Musik. Sphärische Klänge untermalen die einzelnen Szenen, das Zuhören macht richtig Spaß und steigert die Motivation. Auch die meisten Soundeffekte (bis auf einige Tierlaute), sind recht gut gelungen.

Die Sprachausgabe ist auch nicht unbedingt eine der schlechtesten, allerdings sind die Dialoge selbst zum einen sehr rar, zum anderen auch nicht besonders aufschlußreich oder interessant und schon gar nicht vielfältig. Das kann man jetzt positiv oder negativ sehen, wer nicht auf ellenlange Dialoge steht, ist hier richtig.

Die Rätsel im Spiel haben mir teilweise recht gut gefallen. Es gibt das eine oder andere recht pfiffige Logikrätsel, welche nicht zu leicht, aber auch nicht zu schwer sind. Hinzu kommen noch Rätsel, bei denen man mit Inventargegenständen und der Umgebung interagieren muß. Die haben mir leider nicht so gut gefallen. Das liegt daran, daß die Hotspots für Gegenstände und markante Punkte im Gelände größtenteils viel zu klein ausgefallen sind. Hier ist stellenweise Pixelhunting angesagt, und das kann ich mal gerade überhaupt nicht leiden.

Ein großes Manko des Spiels ist meiner Meinung nach die Story. Die Geschichte besteht eigentlich aus 3 Geschichten. Ein Haupthandlungsfaden (der mit der namenlosen Archäologin), einer in Bagdad irgendwann in Tausenduneiner Nacht, und einer in der Steinzeit. Die letzten beiden Handlungsstränge sind Ableger der Hauptgeschichte und unterscheiden sich sowohl grafisch als auch atmosphärisch so sehr voneinander, daß man denkt, man sei in einem völlig anderen Spiel. Das irritiert insgesamt sehr und führt dazu, daß man keinen richtigen Bezug zur Handlung findet. Und bevor man sich daran gewöhnen kann, ist das Spiel plötzlich vorbei. Ich schätze die Gesamtspielzeit für geübte Spieler auf etwa 6 bis 8 Stunden. Über eine solche Spielzeit freue ich mich bei einem Fanprojekt, aber von einem kommerziellen Titel, der noch dazu auf 3 CDs kommt, ist das eindeutig zu wenig. Auch die Schlußsequenz ist mehr als dürftig.

Fazit: Spiele wie Atlantis III müssen nicht unbedingt sein. Zwar hat man sich technisch Mühe gegeben, auch die Lokalisation ist fehlerfrei und die Sprecher sind nicht wirklich schlecht, was aber das Storydesign und die Umsetzung der Handlung angeht, hat man hier voll danebengehauen.

+ Schöne Hintergrundmusik
+ Einige wirklich gut gelungene Rätsel
+ Einfache Bedienung
+ Sehr schöne Videosequenzen
+ Schöne Grafik...

- ... die leider in der Bewegung verwischt
- Story halbherzig umgesetzt
- Einige wirklich blöde Rätsel
- Viel zu kurz
- CDs müssen viel zu oft gewechselt werden
- Doofes Ende

Meine Wertung: 5,5 von 10
"Ich habe mich so gefühlt, wie Sie sich fühlen würden, wenn sie auf einer Rakete sitzen, die aus zwei Millionen Einzelteilen besteht - die alle von Firmen stammen, die bei der Regierungsausschreibung das niedrigste Angebot abgegeben haben"

- John Glenn nach der ersten Erdumrundung 1962
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