Seite 7 von 10
Verfasst: 09.08.2004, 00:32
von max_power
DasJan hat geschrieben:Der Spiegel-Mann hat da gesagt, dass die meisten Redakteure in alter Rechtschreibung geschrieben haben und eine Software den Text zur neuen konvertiert hat.
Ist das nicht ein Armutszeugnis für den Berufsstand der Redakteure?
Wenn eine neue Rechtschreibung eingeführt wird, erwarte ich gerade von drei Berufsgruppen – Lehrern, Autoren und Redakteuren (über Berufe wie Lektoren etc. sehe ich mal hinweg), dass sie sich damit auch auseinandersetzen.
Wenn ich Geld dafür bekomme, einen Text zu schreiben, sollte ich mir auch die Mühe geben, ihn nach neusten Einflüssen zu schreiben. Das Wort Einflüsse habe ich bewusst gewählt, da man die Aussage so einfach auf z.B. Wissenschaftler beziehen kann. Jene würde doch im Normalfall auch neueste Ergebnisse in ihre Forschungen einbeziehen und nicht auf veraltetem Standard Dinge erforschen, die keiner mehr braucht…
Verfasst: 09.08.2004, 00:38
von DasJan
max_power hat geschrieben:Ist das nicht ein Armutszeugnis für den Berufsstand der Redakteure?
Ja.
max_power hat geschrieben:Wenn ich Geld dafür bekomme, einen Text zu schreiben, sollte ich mir auch die Mühe geben, ihn nach neusten Einflüssen zu schreiben.
Die Frau FAZ meinte dazu "Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen und wir können so schreiben, wie es unsere Leser von uns erwarten". Immer wieder hat sie das gesagt, bessere Argumente sind ihr nicht eingefallen.
Das Jan
Verfasst: 09.08.2004, 11:37
von Kruttan
DasJan hat geschrieben:max_power hat geschrieben:Ist das nicht ein Armutszeugnis für den Berufsstand der Redakteure?
Ja.
max_power hat geschrieben:Wenn ich Geld dafür bekomme, einen Text zu schreiben, sollte ich mir auch die Mühe geben, ihn nach neusten Einflüssen zu schreiben.
Die Frau FAZ meinte dazu "Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen und wir können so schreiben, wie es unsere Leser von uns erwarten". Immer wieder hat sie das gesagt, bessere Argumente sind ihr nicht eingefallen.
Das Jan
Und was erwartet man von einem Wirtschaftsunternehmen wie dem Spiegel? Ich würde gerade von einer Zeitung
Objektivität erwarten (aber dass ist in unserer MeinungsBILDdenden deutschen Presse sowiso sehr selten bis gar nicht der Fall). Und dann sollte man auch die Bevölkerung darüber aufklären, wie es mit der Rechtschreibung besteht.
Die weit verbreitete Meinung ist ja, dass die alte super logisch, sehr gut zu lernen und nirgendwo in irgendeiner Art und Weise an einer einzigen Stelle anfechtbar ist - während dem gegenüber die neue "Schlechtschreib"-Reform komplizierte und allesammt völlig unsinnige Rätsel bringt.
Eine objektive Betrachtung wäre da doch wohl deutlich angebrachter. Die Menschen sehen einfach nicht, dass die alte wirklich auch nicht perfekt war. Die Menschen denken häufig nicht den Tellerrand überscheuend an sich selbst (ich kann Worte nicht mehr lesen, wenn sie jetzt auseinander geschrieben werden - oder: dass die Kinder heute kein Sütterlin mehr schreiben! Entsetzlich!) und biegen sich alles so zurecht, dass ihr Bild auch zutrifft. Da zu Zeiten der D-Mark alles billiger und besser war, soagr auch die Wirtschaft, wären dann ja auch alle Probleme beseitigt, wenn wir wieder zu dieser Währung zurückkommen würden.
Verfasst: 09.08.2004, 12:01
von max_power
Jepp, das war vermutlich auch das, was Sternchen meinte:
Man sollte die Menschen testen, womit sie besser zurecht kommen und dementsprechend handeln.
(siehe den einen Verweis, zu einem Diktat, wobei auch das manipuliert sein kann.)
Verfasst: 09.08.2004, 12:17
von Mic
max_power hat geschrieben:Man sollte die Menschen testen, womit sie besser zurecht kommen und dementsprechend handeln.
Naja, in diesem speziellen Fall wäre bereits vor der Abstimmung klar, wie das Ergebnis aussehen würde. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und da der Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung nach den alten Rechtschreibregeln gelernt hat, würde sie sich natürlich dementsprechend entscheiden. Unabhängig davon, ob die neuen besser wären oder nicht. Aus dem Grund halte ich ein "Volksentscheid" für den falschen Weg.
Verfasst: 09.08.2004, 13:02
von Kruttan
Mic hat geschrieben:max_power hat geschrieben:Man sollte die Menschen testen, womit sie besser zurecht kommen und dementsprechend handeln.
Naja, in diesem speziellen Fall wäre bereits vor der Abstimmung klar, wie das Ergebnis aussehen würde. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und da der Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung nach den alten Rechtschreibregeln gelernt hat, würde sie sich natürlich dementsprechend entscheiden. Unabhängig davon, ob die neuen besser wären oder nicht. Aus dem Grund halte ich ein "Volksentscheid" für den falschen Weg.
ich denke, es bedarf einer anständigen Kommission von Fachleuten.
Das Problem in den Geisteswissenschaften wie Germanistik ist doch, dass jede Fachkraft sich ihre eigene Wissenschaft definiert. Schon allein in der Untersuchung der Sprache und dem Verständnis der Grammatik gibt es keine vernünftige Einheit. Das resultiert vor allem aus den teilweise selten dämlichen Gepflogenheiten der deutschen Sprache, so dass die Zusammenhänge dann plötzlich von Mensch zu Mensch verschieden begründet werden, je nachdem, welches Muster der jeweilige ansetzt. "Das ist eben so, weil es so ist! Wenn ihr bei Dr. So und So studieren würdet, dann wär euer Vorschlag ja richtig - aber bei mir ist er nunmal falsch!"
Ich studiere Mathematik und Deutsch, und letzteres kann ich momentan leider noch nicht als reine Wissenschaft bezeichnen. Es bedarf dort einiger Reformen, etliches muss getan werden.
Verfasst: 09.08.2004, 13:11
von Mic
Wobei es eh schwierig ist Sprache als eine Wissenschaft zu sehen. Letztendlich ist Sprache dazu dar, sich zu verständigen und das anfangs auch nur verbal. Mit der Einführung der Schrift wurde für etwas gefühlsmäßiges Regeln aufgestellt und in vielen Bereichen bestimmt willkürlich. Mit diesem Erbe müssen wir immer noch kämpfen.
Gab es eigentlich mal eine englische oder französische Rechtschreibreform oder plagen nur wir Deutschen, Schweizer und Österreicher uns damit rum?
Verfasst: 09.08.2004, 13:54
von Sledge_Hammer
Gab es eigentlich mal eine englische oder französische Rechtschreibreform oder plagen nur wir Deutschen, Schweizer und Österreicher uns damit rum?
Ein französisches Rechtschreibreförmchen mit marginalen Änderungen gab es.
Die englische Rechtschreibung wurde noch nie reformiert, deshalb entzieht sie sich auch jeglicher Logik. Es gibt im Englischen, ähnlich wie im Chinesischen, keinen direkten Zusammenhang zwischen Aussprache und Rechtschreibung.
Microsoft Encarta:
"Die Diskrepanz zwischen Schreibweise und Aussprache ist am deutlichsten an den sechs verschiedenen Lautwerten der Buchstabengruppe ough zu erkennen: bough, cough, thorough, thought, through und rough. Das Schriftbild stammt aus einer Zeit, als das gh einen im Rachen gebildeten Reibelaut wiedergab, der in allen sechs Wörtern zu hören war. Weitere offensichtliche Inkonsequenzen sind in den 14 verschiedenen Schreibweisen [sic!] des Lautes sch zu finden: z. B. in anxious, fission, fuchsia und ocean."
Verfasst: 09.08.2004, 16:35
von Lebostein
Also ich finde die neue deutsche Rechtschreibung auch sehr logisch. Habe mich auch in den letzten Monaten intensiver damit beschäftigt.
Um nochmal auf das Wort Aufwand zurück zu kommen....
Sledge_Hammer hat geschrieben:
Und was ist mit dem Verb "aufwenden"? Bald "aufwänden"? Und wie soll man jemandem beibringen, dass all diese Wörter trotzdem mit "e" gesprochen werden? Werden die "Aufwendungen" bald zu "Aufwändungen" der Konsequenz wegen? Bloß nicht.
...wenn man das zum Beispiel mal mit dem Wort Pfand vergleicht:
Aufwand -> Aufwändung -> aufwänden
Pfand -> Pfändung -> pfänden
Man schreibt ja auch nicht "pfenden", nur weil man da auch ein 'e' spricht...
Verfasst: 09.08.2004, 17:22
von Sledge_Hammer
Um nochmal auf das Wort Aufwand zurück zu kommen....
Ich habe bei "aufwändig" doch schon klein beigegeben.

Das sagt übrigens ein Reformer dazu:
"Aufwändig kommt eindeutig von Aufwand aber das Verb aufwenden ist der zweite Stamm (wie z.Bsp. auch in geben, gib, gab) und daher müssen beide Möglichkeiten als richtig angesehen werden."
Die Schreibweise "zurück zu kommen" ist übrigens ein typischer durch die Reform ausgelöster Fehler. Man sollte mal darauf hinweisen, dass es immer noch zurückkommen, weitermachen, sicherstellen, sichergehen, kaputtmachen, irreleiten, freilassen, leid sein, schuld sein, vor kurzem, bei weitem , seit langem, menschenverachtend (aber: Menschen fressend) usw. heißt. Solche Fehler sieht man immer wieder.
Verfasst: 09.08.2004, 21:03
von Hexenjohanna
Eine Volksabstimmung hat zwar immer etwas Unheimliches. Andererseits hat bei einer solchen Frage mMn die Mehrheit Recht, und es kann auch nicht viel Porzellan zertrümmert werden.
Mir wäre am liebsten eine Liste, die von einer unabhängigen Expertenkommission verschiedener Lager zusammengestellt wird und die eine leicht verständliche Aufstellung aller Änderungen beinhaltet und eine allgemeine differenzierte Abstimmung darüber ermöglicht. Diese Art von "Sprachpflege" könnte man so alle 10 Jahre einmal durchführen, dann bliebe unsere Sprache vielleicht stetig vital.
Verfasst: 09.08.2004, 21:10
von Zoldoron
Die Idee einer kontinuierlicheren Anpassung ist eigentlich gut, aber ich fürchte es wäre zu teuer. Man müsste die Deutschlehrer schulen, wenigstens die Schulbücher neu drucken, alle Verlage und Redaktionen müssten ihre Systeme umstellen etc. Außerdem kann sich dann das richtige Schriftbild nicht so gut einprägen, weil man dann wahrscheinlich Bücher aus verschiedenen Jahrzehnten hätte, alle mit leicht unterschiedlichen Schreibweisen.
Außerdem wenn man sich jetzt ansieht, wie sich Autoren und Zeitungsverlage gegen die Reform sperren, wäre das dann noch chotischer. Der eine würde vielleicht diesen Teil von Reform X aufnehmen, der anderer nur jenen Teil von Reform Y, aber den anderen Teil vom vorvorigen Jahrzehnt ... *chaos*.
Aber vielleicht sehe ich das auch alles viel zu Schwarz.
Verfasst: 09.08.2004, 21:16
von Hexenjohanna
Vielleicht sind 10 Jahre für Sprachreformen auch wirklich zu kurz, da könntest du Recht haben. (Recht haben, recht haben??) Trotzdem fänd ich ein regelmäßiges Abgleichen gut.
Verfasst: 10.08.2004, 00:20
von Kruttan
Hexenjohanna hat geschrieben:Vielleicht sind 10 Jahre für Sprachreformen auch wirklich zu kurz, da könntest du Recht haben. (Recht haben, recht haben??) Trotzdem fänd ich ein regelmäßiges Abgleichen gut.
ich denke auch, dass eine regelmäßige, langsame Verbesserung unserer Rechtschreibung eine gute Sache wäre. Das würde vielleicht nicht auf einen so verbissenen "Früher war alles besser!"-Widerstand treffen, wenn sich die Masse erst mal dran gewöhnt.
Verfasst: 10.08.2004, 11:47
von Kruttan
Schaut mal unter:
http://apollo.zeit.de/kommentare/index. ... m=80&to=90
sind einige interessante Meinungen dabei.
Mir gefällt von Herrn Kraus:
"Wer findet, durch die Entscheidung von SPIEGEL und AXEL SPRINGER entstünde neues Chaos, scheint zu übersehen, daß ein solches einzig durch die "so genannte" RS-Reform ausgelöst wurde."
Also, gäbe es keine neue Rechtschreibung, so könnten die Verlage auch nicht wieder zur alten zurückwechseln. Folglich müsse man zur alten zurückkehren.
Wir können das weiter ausbauen: würde die Menschheit nicht schreiben und lesen, so bräuchten wir auch keine Rechtschreibung. Wir könnten auch ab jetzt einfach alle Neugeborenen blenden und ihnen die Hände abhacken...
Sind aber auch ganz vernünftige Argumente drin.