@JackVanian: Wieso? Wäre es denn an anderen Tagen unangemessener?
@Svenc: Nein, Elite II wurde in der Ausgabe nicht besprochen, das muss in der vorangegangenen gewesen sein, da ein "Streitgespräch" zu der Bewertung im Vergleich zu Privateer abgedruckt wurde. Aber mir ist auch aufgefallen, dass die PC Player recht hart bewertet hat, was ich auch gut finde und mir wieder mehr in der Presselandschaft wünschen würde. Aus dem Grund fand ich den Gabriel Knight Test auch nicht ganz so daneben wie erwartet.
Dennoch: Die angesprochenen Mängel sind zwar gut und richtig, aber der Wert, der auf sie gelegt wird, ist zweifelhaft. Das erinnert mich
an einen Test zu Planescape: Torment. Darin wird sich darüber beschwert, dass man nicht wirklich sterben kann. Was ich nicht nachvollziehen kann, da das Spiel dadurch keineswegs leichter wird und ich sonst keine negative Auswirkung dadurch feststellte. Ansonsten wird sich über die harten und schweren Kämpfe beschwert, dass man gegen Ende vielmehr Erfahrungspunkte bekommt (eh, was ist zu erwarten? Man braucht mehr Punkte, um in höhere Levels zu gelangen...), man diese mal nicht für das Totschlagen von Monster erhält, und Aufgaben selten ausversehen lösen kann. Zudem meint er, dass die Beziehung zu den Charakteren darunter leidet, dass sie nicht sterben können. Nun, das stimmt nicht wirklich, weil sie gegen Ende durchaus unwiederbringlich sterben können, was jenem seine Kraft verleiht. Im Fazit wird Planescape nur als guter Lückenfüller bis Baldur's Gate 2 bezeichnet, was unglaublich unangemessen ist. Denn auch wenn die Kritikpunkte größtenteils berechtigt sind, hat der Tester kaum erwähnt, was das Spiel so großartig und besonders macht: die Charaktere, die einem ans Herz wachsen, wie Mort der sprechende Schädel, Entscheidungen, die den Spieler was kosten (die Stelle an der Schädelsäule), eine Geschichte, die mit philosophischen Themen durchdrungen ist ("Was verändert die Natur eines Menschen?"), eine unglaublich detailliert geschilderte, skurrile und morbide Welt (schon allein die zahlreichen Geschichten, die man im Bordell der intellektuellen Gelüste hören kann sind großartig), das Erfahren der eigenen Vergangenheit, sich stets selbst wieder zu begegnen...zudem gibt es unglaublich viel, was man erntdecken kann, aber gar nicht muss. Etwa gibt es einen metallischen Würfel, einen nicht besonders wichtigen Gegenstand, der einem ein ganzes Labyrinth eröffnet!
Das alles hat der Tester nicht erwähnt. Wenn man den Test von Planescape so liest, meint man, dass es kein besonderes RPG mit einigen bedeutenden Schwächen sei. Dabei ist ist es ein RPG mit herausragenden Stärken, die die vorhandenen Schwächen nicht vollständig, aber fast überstrahlen.
Bei Gabriel Knight ist es nicht so extrem, aber dennoch gab es mindestens seit den Textadventure-Tagen keine so erwachsene und komplexe Geschichte mehr. Der Hauptcharakter selbst steht dafür: Gabe ist kein starker, schlauer und erfolgreicher 08/15-Held, den wir steuern, sondern ein talentloser Schriftsteller, der eher schlecht als recht einen Bücherladen führt. Zudem ist er ein Macho mit aufgeblasenem Ego und teils unausstehlichem Humor. Man liebt Gabriel Knight natürlich trotz oder gerade seiner Schwächen. Er ist ein Charakter mit Tiefe, nicht zweidimensional. Er wird nicht nur etabliert, sondern auch ausgebaut. Gerade in den Beziehungen zu seinen Mitmenschen (Grace, Mosely, Großmutter), kommt er klasse zur Geltung. Solch authentisches Verhalten hatte man schon lange oder gar noch nie zuvor in einem Adventure gesehen. Die Mysterygeschichte steht dem in nichts nach, ist spannend und macht stets neugierig.
Zudem, die Rätsel sind zwar teilweise sehr schwer, aber nie unlogisch. Nur, dass man den Würstchenstand vor die Polizeistation locken muss, um die Polizisten abzulenken, fand ich doch etwas schwer absehbar und als einzige Möglichkeit ein bisschen unglaubwürdig. Manchmal ist zudem nicht klar, was man noch an einem Tag erledigen muss. Und auch das Pixelhunting ist nicht abzustreiten, beim Besuch des ersten Tatortes konnte ich ein wichtiges Indiz beim besten Willen nicht ausfindig machen. Aber ansonsten erinnere ich mich an viele Rätsel, die ich mit Spaß löste, die logisch und nachvollziehbar waren und auf die es Hinweise gab.
Ein Spiel wegen kleinerer Macken, dem gelegentlichen, für mich einmalig problematischen, Pixelhunting, seltener Planlosigkeit als noch seltener unglaubwürdiger Rätsel, so herabzuwerten, ist schon krass. Nun gut, Herr Lenhardt mag hierauf besonderen Wert gelegt haben.
Aber ich kenne kaum ein Adventure, welches nicht unter solchen Problemen leidet. The Longest Journey, welches spirituell Gabriel Knight sehr nahe steht, wurde mit seinen wahrhaft unendlichen Dialogen und dem furchtbaren Gummientenrätsel Jahre später weitaus besser bewertet. Macht für mich null Sinn.
Von meiner Erfahrung her ist Gabriel Knight einfach eines der besten designten Adventures seiner Zeit.