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Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 27.09.2025, 20:49
von Simon
Hans hat geschrieben: 27.09.2025, 18:03
Simon hat geschrieben: 26.09.2025, 21:08Ich glaube, dass genau dies solche Fälle sind, wo Erben kaum Steuern zahlen. Allerdings wohl durch Lücken oder legale Tricks, durch die das Vermögen, das zur Zahlung der Erbschaftssteuer zur Verfügung stehen würde, künstlich verringert wird, um am Ende die Steuer zu umgehen.

Aber was spricht denn dagegen, ein Modell einzuführen, das einen Teil des Erbe "verstaatlicht" oder mit einem zinsfreien/-günstigen Darlehen der KfW o.Ä. belegt? Wenn das Erbe veräußert wird muss der Kredit getilgt werden oder eben mit den möglichen Einnahmen abbezahlt.
Klingt ziemlich kompliziert (aber kein Problem, schaffen wir einfach die nächste 500-Mitarbeiter-Behörde dafür). Ich denke, dass das alles so schwierig "fair" regelbar ist, ist ein Grund für fehlende ausreichend gute Regeln. Ich denke die Grundidee, Erbschaftssteuer plus nicht ausnutzbare Regeln (so dass man z.B. ohne Probleme das Haus der Eltern erben kann, selbst wenn dieses etwas mehr wert ist; ich bin der Meinung, niemand sollte zum Verkauf von so "persönlichem" Erbe gezwungen werden) zu haben, ist nicht schlecht. Da komplexe Konstrukte dranzubauen ("Erbe verstaatlichen"), halte ich nicht für sinnvoll.
Dieses Konstrukt habe ich als Kompromiss vorgeschlagen, da ich dich so verstanden habe, dass Erben (egal in welcher Höhe sie erben) nicht durch ihr Erbe in eine Problemsituation, wie z.B. den Zwang, die Firma der Eltern verkaufen zu müssen (auch wenn sie dadurch am Ende bis ans Lebensende ausgesorgt hätten), gebracht werden sollten.

Für mich geht es hier primär um die wirklich großen Erben. Die 500 Mitarbeiter wären aus meiner Sicht überhaupt kein Problem, wenn umgerechnet jeder potentiell jährlich 7.000.000 Euro für den Staat einnehmen kann. Dafür könnte man auch jene nehmen, die heute die Verschonungsbedarfsprüfung verwalten.

Kompliziert finde ich es auch nicht: Einfach das Vermögen ohne Ausnahme normal versteuern. Um einen Verkaufszwang zu vermeiden einen Kredit mit Tilgungsplan erstellen und meinetwegen alle zwei Jahre das Recht einräumen, die Tilgungsrate prüfen zu lassen. Fertig. Dass ich den Staat hier mit reingehangen habe hat einen Grund: Bei solch hohen Vermögen könnte es schwierig werden, auf dem öffentlichen Kapitalmarkt unkompliziert günstige Kreditgeber zu finden.

Bei der Verschonungsbedarfsprüfung, die ich als Beispiel für eine (aus meiner Sicht) unfaire Ausnahme angebracht habe, handelt es sich um etwas, das ab einem Vermögen von 90 Millionen greift. Wenn ich die Website einer Kanzlei, die sich auf Unternehmenssteuerrecht spezialisiert hat (nach Verschonungsbedarfsprüfung suchen gibt schnelle Ergebnisse), richtig deute, hat durch diese Regelung z.B. Friede Springer an Mathias Döpfner Aktien im Wert von EUR 1 Mrd. steuerfrei schenken können. Etwas anderes, das dort angepriesen wird: "In diesem Video erklären wir, wie Sie per Kettenschenkung knapp EUR 10.000.000 steuerfrei übertragen können.". Das wäre also das nächste Konzept, das man sich mal anschauen könnte.

Ich glaube, dass es ab einem gewissen Vermögen ausreichend "unpersönliche" Werte gibt, die veräußert werden könnten. Aber vielleicht sind wir da ja im Kern auch der gleichen Meinung.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 27.09.2025, 21:35
von Uncoolman
Hans hat geschrieben: 27.09.2025, 18:03 Außerdem ist es halt nicht die Aufgabe des Staates, solche Schulden zu übernehmen und damit abzusichern.
Das mag richtig sein. Wie der Einwand aber durchblicken ließ, hätte der Staat dann auch keinen Anspruch auf Vermögen. Aber der Staat ist immer schnell, wenn er sich was holen kann, aber unendlich langsam, wenn er mal was zahlen muss... Insofern ist diese Ungleichheit systemtypisch.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 27.09.2025, 23:53
von Nitrosamin
Mal ne Frage:
Was ist, wenn der Verstobene keine Erben und so hat. ABER hohe Schulden. Was passiert dann?

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 28.09.2025, 00:06
von Joey
Dann haben die Gläubiger wohl die Arschkarte gezogen. Genauso, wie wenn vorhandene Erben das Erbe einfach ablehnen.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 28.09.2025, 10:20
von Hans
Uncoolman hat geschrieben: 27.09.2025, 21:35
Hans hat geschrieben: 27.09.2025, 18:03 Außerdem ist es halt nicht die Aufgabe des Staates, solche Schulden zu übernehmen und damit abzusichern.
Das mag richtig sein. Wie der Einwand aber durchblicken ließ, hätte der Staat dann auch keinen Anspruch auf Vermögen. Aber der Staat ist immer schnell, wenn er sich was holen kann, aber unendlich langsam, wenn er mal was zahlen muss... Insofern ist diese Ungleichheit systemtypisch.
Widerspricht aber den Aussagen zur Steuervermeidung von Erbschaften oben oder zum Thema Bürgergeldbetrug (z.B. https://www1.wdr.de/nachrichten/wirtsch ... q-100.html ). Da scheint beim Staat das Geld ja locker zu sitzen, oder?
Meine persönliche Erfahrung bestätigt deine Aussage auch nicht - Rückerstattungen bei der Einkommenssteuererklärung kommen immer sehr schnell bei mir an.
Dann haben die Gläubiger wohl die Arschkarte gezogen. Genauso, wie wenn vorhandene Erben das Erbe einfach ablehnen.
Oder bei jeder "normalen" Insolvenz, bei der nicht mehr genug Insolvenzmasse vorhanden ist, um die Forderungen der Gläubiger zu begleichen. Das Risiko gehört zu einer Marktwirtschaft halt dazu.
Ich glaube, dass es ab einem gewissen Vermögen ausreichend "unpersönliche" Werte gibt, die veräußert werden könnten. Aber vielleicht sind wir da ja im Kern auch der gleichen Meinung.
Ja, da sind wir einer Meinung. Ich finde es schwierig, eine faire Regelung zu finden. Vergleichen wir zwei Fälle:
- Tochter erbt Einfamilienhaus in niedersächsischem Dorf, Wert der Immobilie inklusive Grundstück 150.000.
- Sohn erbt Einfamilienhaus in Münchner Speckgürtel, Wert der Immobilie inklusive Grundstück 2.500.000.

Beide haben eine glückliche Kindheit in dem Haus verbracht, ihre Eltern bis zuletzt gepflegt. Haus und Grundstück haben für beide einen hohen emotionalen Wert. Sie wollen das Haus mit ihren Familien zukünftig selbst bewohnen.

Erbschaftssteuer und die Sanierungspflichten nach GEG führen aber dazu, dass die Last für den Sohn so hoch wäre, dass er das Haus nebst Grundstück veräußern muss (an eine Immobiliengesellschaft, die das olle Ding abreißt und einen Mehrfamilienbunker billigst draufbaut, um maximalen Gewinn zu erarbeiten - was natürlich total in Ordnung ist).
Zyniker sagen jetzt: Selbst schuld, wenn er es sich nicht leisten kann.
Ich sage: Ich finde es unfair und ich möchte als Elternteil Dinge meinen Kindern Dinge vermachen können, ohne ihnen eine Last aufzubürden.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 28.09.2025, 12:53
von Simon
Bei dem Fall bin ich komplett bei dir. Gerade bei Immobilien sind Unterschiede je nach Lage extrem. Meine Aussagen bezogen sich immer auf deutlich größere Vermögen und/ oder reine Renditeobjekte wie größere Mehrfamilienhäuser.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 29.09.2025, 20:20
von Hans
Aber der Staat ist immer schnell, wenn er sich was holen kann, aber unendlich langsam, wenn er mal was zahlen muss
Nunja...
https://www.zdf.de/video/dokus/frontal- ... ergeld-100

Schon crazy, was die da berichten:
- Als Leistungsempfänger muss man nicht eindeutig identifiziert sein und kann sich jahrelang nicht melden
- Es kann gekürzt werden (aber nicht auf 0 Euro) und wenn man sich dann meldet, und sei es nur telefonisch, bekommt man - ggf. auch jahrelange Zeiträume - nachbezahlt
- Im Jobcenter ist es eher die Normalität als Ausnahme, dass Termine nicht wahrgenommen werden
- Die Leute vom Jobcenter laufen ihren "Kunden" hinterher (m.E. müsste das andersrum sein - wenn ich was möchte, muss ich selbst aktiv werden/mich kümmern (von Lebenslagen, in denen Leute das nicht mehr können, mal abgesehen))

Auch wenn es viele ehrliche Empfänger gibt, muss das System darauf ausgerichtet sein, Missbrauch zu erschweren. Lässt es sich ausnutzen, werden das immer mehr Leute auch tun.
Selbst WENN ALLE Bürgergeldempfänger faule Säcke WÄREN - was soll man denn an ca. 500 Euro monatlich noch kürzen
Da ich keine Ahnung habe, habe ich interessehalber mal meinen persönlichen Bürgergeldanspruch berechnet (unter der Annahme, kein Einkommen zu haben). Da komme ich als Familie auf knapp 3000 Euro (die nicht versteuert werden müssen, aber Mietkosten enthalten) plus 255 Euro Kindergeld pro Kind.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 29.09.2025, 20:28
von Uncoolman
Der Bürgergeldregelsatz ist pro Person ca. 506 bis 563 Euro. Dazu kommen Miete und Nebenkosten, und die werden ungefähr ab 530 Euro gedeckelt. Das heißt, wer als Alleinstehender eine Wohnung hat, die TEURER als ca. 530 Euro ist, hat Pech gehabt. Es soll ja Wohnungen geben, die teurer sind, habe ich gehört, vor allem in Ballungsgebieten. Ist aber nur ein Gerücht, natürlich bekommt man Wohnungen von Vermietern umsonst gestellt (Ironie Ende).
Das mag für eine Familie günstiger ausfallen. Aber die obigen Werte für Alleinstehende betrachte ich jetzt NICHT als paradiesisch. Und Singles gibt es immer mehr.

Dass Kindergeld ZUSÄTZLICH hinzukommt, würde ich noch mal überprüfen. Staatliche Leistungen gelten nämlich als Einkommen, egal ob man Wohngeld oder eine Rente bekommt. Das wird voll angerechnet und vom Regelsatz abgezogen.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 29.09.2025, 20:40
von Hans
Uncoolman hat geschrieben: 29.09.2025, 20:28 Der Bürgergeldregelsatz ist pro Person ca. 506 bis 563 Euro. Dazu kommen Miete und Nebenkosten, und die werden ungefähr ab 530 Euro gedeckelt. Das heißt, wer als Alleinstehender eine Wohnung hat, die TEURER als ca. 530 Euro ist, hat Pech gehabt. Es soll ja Wohnungen geben, die teurer sind, habe ich gehört, vor allem in Ballungsgebieten. Ist aber nur ein Gerücht, natürlich bekommt man Wohnungen von Vermietern umsonst gestellt (Ironie Ende).
Das mag für eine Familie günstiger ausfallen. Aber die obigen Werte für Alleinstehende betrachte ich jetzt NICHT als paradiesisch. Und Singles gibt es immer mehr.
Soll Bürgergeld etwa ein paradiesisches Leben ermöglichen?

Zu Mieten mal nachgesehen: Die Deckelung ist abhängig vom Ort, die "Angemessenheit" wird von der Kommune festgelegt: In München beispielsweise beträgt die "erlaubte" Miete bei einer Person z.B. 830 Euro.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 29.09.2025, 21:12
von Uncoolman
Dein Beitrag hatte sich so angehört, als bräuchte man sich als Bürgergeldempfänger keine finanziellen Sorgen machen und das hatte ich als „paradiesisch“ interpretiert. Du wolltest wahrscheinlich zum Ausdruck bringen, dass Bürgergeld HOCH sei. Dass man nicht verhungern muss, mag schon stimmen, dennoch gibt es immer mehr Tafelbesucher. Ich glaube nämlich nicht, dass Bürgergeld HOCH ist, sondern es reicht gerade zum Überleben - und auch nur, wenn keine Zusatzausgaben fällig werden. Wenn es das ist, was man erwarten kann, erfüllt es gut seinen Zweck, denn andere Länder haben sowas nicht oder anders. Es ist definitiv keine Dauerlösung, aber es wird keine Lösung geben, so lange der Kapitalismus zuerst die Mitarbeiter entlässt, weil die Personalkosten ach so hoch sind. Diese Lebenshaltungskosten werden auf die restlichen Steuerzahler abgewälzt, die Firmen sind fein raus. Müsste eine Fima diesen Betrag SELBER zahlen, bräuchte man kein Bürgergeld, weil die Leute dann gar nicht erst entlassen werden, da die Einsparungen nicht stattfinden.

Re: Geldmarkt und Kapitalismus

Verfasst: 29.09.2025, 23:55
von Sternchen
Hans hat geschrieben: 29.09.2025, 20:40
Uncoolman hat geschrieben: 29.09.2025, 20:28 Der Bürgergeldregelsatz ist pro Person ca. 506 bis 563 Euro. Dazu kommen Miete und Nebenkosten, und die werden ungefähr ab 530 Euro gedeckelt. Das heißt, wer als Alleinstehender eine Wohnung hat, die TEURER als ca. 530 Euro ist, hat Pech gehabt. Es soll ja Wohnungen geben, die teurer sind, habe ich gehört, vor allem in Ballungsgebieten. Ist aber nur ein Gerücht, natürlich bekommt man Wohnungen von Vermietern umsonst gestellt (Ironie Ende).
Das mag für eine Familie günstiger ausfallen. Aber die obigen Werte für Alleinstehende betrachte ich jetzt NICHT als paradiesisch. Und Singles gibt es immer mehr.
Soll Bürgergeld etwa ein paradiesisches Leben ermöglichen?

Zu Mieten mal nachgesehen: Die Deckelung ist abhängig vom Ort, die "Angemessenheit" wird von der Kommune festgelegt: In München beispielsweise beträgt die "erlaubte" Miete bei einer Person z.B. 830 Euro.
Du nennst knapp 563€ Bürgergeld paradiesisch?

Ich wünsche niemandem diese finanzielle Belastung.
Es geht nicht um ein paradiesisches Leben, sondern darum, die Menschenwürde zu sichern, wenn die Mieten, das Existenzminimum auffressen.
Wer eine größere Wohnung benötigt, sollte die auch bewilligt werden, auch wenn wer Bürgergeld bezieht. Grad solche Neiddebatten das viele denken, Bürgergeld Beziehern, soll es schlechter als Arbeitnehmern gehen, genaus das hat doch an der Spaltung Schuld. Die Mieten in Großstädten fressen das Existenzminimum auf,von den Leuten

Genau darum führt nun die Spö einen Mietpreisdeckel ein,hoffe andere Länder machen das auch noch.
Diese ständigen Neiddebatten lenken nur davon ab, dass der Staat es nicht schafft, bezahlbaren Wohnraum zu garantieren.
Eine sichere Wohnung ist die absolute Basis für jeden,
das hat nichts mit Luxus zu tun, sondern mit Menschenwürde.
Wir reden hier ja nicht davon Bürgergeldbezieher in Paläste um zu siedeln, sondern das sie bezahlbaren Wohnraum sich leisten können.