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Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 18.12.2011, 17:58
von Neptin
JackVanian hat geschrieben:... da bin ich sicher nicht der einzige.
So ziemlich, doch. Deine These fand weder hier noch bei Adventuregamers sonderlich viel Anklang.

Allein der Aufwand und die Kosten, heutzutage ein hochwertiges FMV-Adventure zu machen, wären unfassbar hoch.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 18.12.2011, 18:08
von JackVanian
Ich weiß, dass meine These gewagt ist und es wundert mich auch nicht, wenn ich dafür eines auf den Deckel bekomme.
Allerdings sollte ich auch dazu sagen, dass ich gar nicht mal das klassische Adventurepublikum im Blick habe, sondern die Zielgruppe der erwachsenen Nichtspieler. Als Verwandte von mir damals bei mir Gabriel Knight 2 gesehen haben, waren sie völlig fasziniert von dem Spiel, obwohl sie normalerweise Computerspiele nicht mit der Kneifzange anfassen würden und ich glaube halt, dass sich dieses Beispiel hochrechnen lässt. Allerdings muss ich auch fairerweise dazu sagen, dass es außer Gabriel Knight 2 und Die Versuchung kaum ein FMV-Spiel gegeben hat, dass den Ansprüchen dieser erwachsenen Nichtspieler gerecht geworden wäre.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 18.12.2011, 18:29
von Neptin
Um diese Nichtspieler ansprechen zu können, muss das FMV-Spiel allerdings vor allem qualitativ überzeugen. Ich spreche dabei von einem wirklich hochwertigen FMV-Adventure (sowohl Schauspiel als auch Ausstattung und Technik), nicht von einem dieser üblichen Verdächtigen, wo man sich vor Fremdscham unter einer Decke verkriechen möchte. Für dieses sicherlich millionenschwere Projekt gibt es aber einfach keine Zielgruppe.

Gabriel Knight 2 war eben zu einer Zeit beeindruckend, wo es sowas wie grafisch überzeugende Spiele mit filmischem Erzählen noch nicht gab. Fast jedes Genre, ob nun Rollenspiel, Action oder Action-Adventure, macht das heutzutage besser, daher sehe ich schlicht keine Notwendigkeit mehr angesichts all dieser Faktoren.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 18.12.2011, 18:36
von realchris
Gabriel Knight 2 war eben zu einer Zeit beeindruckend
Fand ich damals schon schlecht.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 18.12.2011, 19:11
von JPS
FMV ist an sich ein keine doofe Idee. Nur ist ein Unternehmen wie Daedalic viel zu schwach um sich darauf einzulassen. Da damit ein enormer Aufwand, den Daedalic sich wohlmöglich nicht in angemessener Qualität leisten kann, und für ein kleines Adventure-Studio auch ein ernormes Risiko verbunden, da sie nicht in der Lage sind soviel Publiciy zu erzeugen, dass die Mehrheit etwas davon mitkriegt, es wäre also ein Glückspiel, mit der geringen Chance eines Überaschungshits, mit einem zu hohem Einsatz. Wenn jetzt aber Sony plötzlich auf die Idee kommen würde ein FMV-Adventure zu produzieren, könnte das zu einem Erfolg werden. Trotzdem gibt es da immernoch genügend Hindernisse. Erstmal steckt dahinter gründlich Überzeugungsarbeit so etwas verrücktes zu produzieren, vorallem, wenn man dabei recht nah am Adventure entwickeln will. Dann muss sichergestellt werden, dass sich solche Spiele etablieren und nicht nach einem kurzen Hypewieder verschwinden, indem man viele hochwertige Produktionen auf den Markt bringt und dann sind wir immer noch bei FMV. Wenn man Spiele ausserhalb des FMV produzieren will, muss man noch die Zielgruppe auf Rendergrafik oder Zeichetrick anfixen. Ein langer Weg also.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 18.12.2011, 23:16
von Cohen
Das Problem bei den (meisten) FMV-Spielen ist, dass sie nie "aus einem Guss" wirken.

Bei "Die Versuchung" wechseln sich Film-Sequenzen und detailarme Render-Sequenzen ab.

Bei Phantasmagoria werden Personen schlecht in vorgerendete Hintergründe reinkopiert.

Bei den Tex-Murphy-Spielen werden die Personen besser in die computergenerierten Hintergründe reinkopiert, wirken aber trotzdem wie Fremdkörper. Hinzu kommen die per 3D-Engine dargestellten First-Person-Sequenzen in noch einem weitere Stil.

Bei "The Beast Within" steht Gabriel Knight wie eine Salzsäule in einem genauso leblosen Foto und wartet auf eine Interaktion des Spielers. Wenn diese erfolgt, wird (auch in unterschiedlichen Räumen) immer die gleiche Animation abgespult, z.B. wenn Gabriel in Richtung des Spielers den Raum verlässt.

Damit ein solches FMV-Spiel "wie aus einem Guss" wirkt, müsste man auf sämtliche Computerhintergründe und 3D-Engines verzichten, und dann wird es teuer; nicht nur bei ausgefallenen Szenarien, die dann aufwändige Kulissen benötigen.

Falls das Spiel nicht wie auf Schienen laufen soll, müssten die Schauspieler etliche Stunden brauchbares Filmmaterial abliefern. Auf Continuity-Fehler muss stark geachtet werden, da die Reihenfolge, in der der Spieler Aktionen auslöst, oft nicht vorgegeben ist. Auch triviale Aktionen, die der Spieler mehrfach auslösen kann (z.B. ein bestimmtes Objekt betrachten, von Punkt A nach Punkt B durch den Raum gehen), sollten möglichst in mehreren Versionen vorliegen, damit nicht immer eine Wiederholung der gleichen Szene sieht.

Zu offensichtliche Video-Loops mit nicht perfekten Nahtstellen können den Spieler irritieren oder nerven (dieser legt ja das Tempo vor und möchte auch mal längere Zeit über ein Rätsel brüten); eine komplett statische Welt wirkt bei realen Videosequenzen aber genauso befremdlich, während sie bei gezeichneten Hintergründen oder in computergenerierten Umgebungen kaum unangenehm auffällt.

Und wie stellt man z.B. das Inventar dar? Bleibt man da auch dem Realismus treu und zeigt das Foto einer geöffneten Tasche, in der sich alle eingesammelten Gegenstände befinden und die nicht mehr bzw. noch nicht vorhandenenen Gegenstände nicht vorhanden sind? Berücksichtigt man dabei jede im Spiel mögliche Kombination (hoher Aufwand) oder schränkt man das Gameplay in ein enges Korsett? Oder lässt man sich bei den Items und Befehlssymbolen dann doch wieder auf einen Stilbruch ein und verwendet gezeichnete Symbole und Gegenstände oder drehbare 3D-Modelle?

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 19.12.2011, 08:58
von neon
Gerade was die Übergänge von Echt-Fotos in Echt-Videos angeht, hat mich Relics: Dark Hours ein bisschen überrascht. Da haben sie genau das ziemlich gut hinbekommen. Man steht in einer Szene und plötzlich ist der Cursor weg und ein Schauspieler kommt ins Bild gelaufen, spielt seine Szene, läuft wieder aus dem Bild und es geht nahtlos weiter. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten, gerade der Geschwindigkeit der PCs, scheint da schon ein bisschen mehr möglich zu sein als noch vor 15 Jahren. Spielerisch ist Relics zwar etwas eintönig und ja, die Hintergründe im Spiel sind komplett statisch, aber was die Integration der Videos angeht, das haben sie sehr gut gemacht. Ich bin mal auf den zweiten Teil gespannt. Der soll wesentlich düsterer werden, mehr Schauspieler und bessere Navigation haben.

Unabhängig davon bin ich allerdings auch der Meinung, dass die Produktionskosten für FMV die entscheidende Hürde sind. Wobei ich nicht der Meinung bin, dass hier ein Millionenbudget nötig ist, sonst hätten Subdued Games Relics nicht unabhängig produzieren, über einen Casual-Anbieter wie BigFish veröffentlichen und direkt noch mit dem zweiten Teil starten können. Die Produktion selbst kann nicht so teuer gewesen sein. Wenn man das Ganze etwas schöner und länger machen möchte, wird es natürlich auch teurer, aber ich denke, dass mit den heutigen technischen Mitteln ein gutes FMV-Adventure mit einem sechsstelligen Budget gemacht werden kann, wenn man sich nicht gerade Top-Stars als Schauspieler holt. Andererseits ist es aber natürlich heute auch fast schon unmöglich, ein sechsstelliges Budget für ein Adventure locker zu machen, bei dem man vor allem nicht wirklich absehen kann, wie es sich verkaufen wird.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 19.12.2011, 13:10
von stundenglas
Hmm, wenn sich ältere Spiele (zwei drei Jahre alt) nicht so gut verkaufen, würde ich einfach wie bei Humble-Bundle ein Paket packen und es mit der "zahl was du willst-Taktik" veräußern.

Einfach weil dies, denke ich für neuere Titel Werbung machen wird.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 25.12.2011, 11:34
von elfant
Dann gebe ich meine zweianhalb Cent auch noch dazu:
Die Artikel sind nicht grob falsch, aber meiner Meinung nach eingefärbt. Ende der 90 - iger wurde das Genre Adventure schon für tot gehalten. Mein Kommentar dazu ist immernoch "Tot gesagte leben länger." Die Anzahl an richtig guten Adventures in einem Jahr kann man wirklich an einer Hand abzählen, ein paar Durchschittsspielen und noch ein paar Experimente dazunehmen. Der zahlreiche Rest ist eher grottig. Jede vernünftige Adventureschmiede, weiß das wir ein winziger Markt sind mit einem harten Kern. Adventurespieler sind für mich übrigens eher die Pfeifenraucher als Zigarrenraucher. :wink:

Wie lösen wir das Problem?
Jan Müller-Michaelis plädierte für einen eher unrealistische Ansätze („Wer Realismus sucht, geht besser ins Kino“) und Jack ist für FMV. Beides können meiner Meinung nach ebenso Lösungen wie Verderbnis, sein auch wenn das sonstige Handwerk meisterlich kunstvoll erarbeitet wird.
Zusätzlich gibt es dann wieder die Schere zwischen Furst und Lust. Ich mag schwere Adventures solange sie innerhalb der Spielwelt logisch sind. Andere mögen diesen Frust einfach nicht, weswegen Adventures heute eine Hilfefunktion haben.
Viele andere Kritikpunkte und Lösungsansätze sind meiner Meinung nach nur halb gar oder zu weltfremd: Keiner mag einen Kopierschutz, aber es gibt zu viele ... Zahlungsunwillige. Für mich ist nun wieder einleuchten, daß wenn ich Qualität haben möchte ich auch Geld ausgeben muß, aber Geld ist nun einmal knapp und bei einem so kleinem Klientel macht sich jede Raubkopie bemerktbar.

Ein größeres Problem ist die Vermarktung. Bekanntlich mag ich keinen Onlinehandel, gleich ob ich die Ware dann zugeschickt bekomme oder herunterlanden muß. Allerdings war mein letzter Media - Markt - Besuch auch sehr ernüchtert. Es gab 2 Adventures deren Darstellung mich nicht überzeugten. Kann ich nicht gleich Kings und Daedalic ein Abo einrichten? Ihr schickt und ich zahle?

SK kann der größte Absatz 2012 werden, wenn es nicht verrissen wird (wovon ich bis jetzt noch nichts gehört habe). DSA hat zwar ähnliche Probleme wie das Adventuregenre, gilt aber bis heute noch das das meist gespielte P&P - Rollenspiel im deutschsprachigen Raum. Wenn andere Rollenspieler mitzugreifen (und nicht zuviel "verliehen" wird) könnte es in den Verkaufszahlen einen neuen Rekord aufstellen. Die Betonung liegt auf "könnte".

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 25.12.2011, 11:49
von Kradath
DasAndereJan hat geschrieben:Es wird nun viel davon abhängen, ob wir in Steam hineinkommen oder nicht. Für uns ist das ein wichtiger Test.
Ich glaube international gesehen ist Steam die wichtigste Plattform für Adventures wie es derzeit auch bei Indie Titeln der Fall ist. Der Aufwand ist im Vergleich zum Nutzen einfach immens gering. Man hat kaum die Möglichkeit ein Adventure in nem riesen Shop irgendwie präsent darzustellen. Bei Steam kriegt aber praktisch jeder nen neuen Release eines Spieles mit, in den Steamforen merkt man, dass es auch außerhalb Deutschlands viele Adventurespieler gibt und die sich dann spiele wie Whispered World weiterempfehlen. Das gleiche gilt natürlich für die ganzen Steamsales.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 25.12.2011, 12:12
von realchris
Chris plädierte einmal für gänzlich unrealistische Ansätze (Adventure in Legosteinoptik... oder so)
Was unterstellst Du mir da? Wo habe ich das gesagt?

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 25.12.2011, 12:23
von elfant
realchris hat geschrieben:
Chris plädierte einmal für gänzlich unrealistische Ansätze (Adventure in Legosteinoptik... oder so)
Was unterstellst Du mir da? Wo habe ich das gesagt?
Wenn ich mich nicht irre, was natürlich der Fall sein kann, war es im OT Bereich diesen Jahres. Generell war der Inhalt: Macht einfach mal optisch verrückte Spiele.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 25.12.2011, 12:33
von realchris
elfant hat geschrieben:
realchris hat geschrieben:
Chris plädierte einmal für gänzlich unrealistische Ansätze (Adventure in Legosteinoptik... oder so)
Was unterstellst Du mir da? Wo habe ich das gesagt?
Wenn ich mich nicht irre, was natürlich der Fall sein kann, war es im OT Bereich diesen Jahres. Generell war der Inhalt: Macht einfach mal optisch verrückte Spiele.

Das ist aber kein genereller Tipp, sondern eine Möglichkeit. Bei den Legosteinen haben wir damals einfach nur rumgesponnen. Das war sicher nicht mein Hauptansatz. Mein Hauptansatz ist schlicht seit eh und je grafisch und erzählerisch ansprechende Titel zu produzieren. Wer von mir 40 Euro will, der soll auch was vernünftiges liefern. Also solche Unfälle wie The Rockin Death oder Mutant City dürfen eigentlich nicht mehr produziert werden und statische 3D Puppen mit Spastmimik brauch auch keiner mehr. Das mag ein harter Kern zwar kaufen, doch langfristig erntet man dabei keinen neuen Käufer. Und zum Kopierschutz. Der macht Sinn, wenn er nicht zu Bugs führt! Das schönste Spiel wird zur Katastrophe, wenn man ständig auf dem Desktop landet, weil der Kopierschutz Probleme mit der Abfrage zum DVD Rom bekommt. Und in letzter Zeit sind außer von einer extremen Minderheit nur Unfälle produziert worden.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 25.12.2011, 12:45
von elfant
Ok dann habe ich mir den Kontext falsch gemerkt oder ihn falsch verstanden.
Ich dachte Dein Punkt wäre eine Abkehr vom graphischen Realismus, welcher meiner Meinung nach immer nur ein schlechter Abklatsch sein kann, um so das Problem der "statische 3D Puppen mit Spastmimik" zu lösen.
Daß die Spiele dennoch grafisch und erzählerisch ansprechend sein sollen, sah ich als gegeben.
Ich ändere das ab, entschuldige mich und hoffe Du kannst meinem altersschwachen grauen Zellen verzeihen.

PS: Geändert nach einem Zitat des Artikels.

Re: Sehr interessanter Artikel bei Krawall.de

Verfasst: 25.12.2011, 13:26
von Möwe
Das interessanteste Wort bisher in diesem Faden kommt von elfant:
Durchschittspiele
Besser kann man es nicht sagen.
Wer will schon diesen Einheitsbreimittelmaß.