Re: Zensur,Jugendschutz usw. bei Video/Computerspielen
Verfasst: 07.09.2009, 16:49
Es wurde schon viel schlaues gesagt, ich hoffe mal ich kann dem Thread auch noch mit ein paar Gedanken meinerseits bereichern.
So wie ich das sehe wirkt sich die Spielezensur auf 2 bedeutsame Bereiche aus: Story/Handlung und Gameplay.
Beispiel für ersteres ist Bionic Commando, indem alle Anspielungen und Erwähnungen auf die Nazis abgeändert wurden. Der Gegner ist nur noch reine Fiktion und hat seine Wurzeln nicht mehr in historische Tatsachen, die man anscheinend lieber totschweigt, als sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Die dt. Version von Half Life wiederum war ein bizarres Werk, da wurde Soldaten zu Roboter....was im Rahmen der Story überhaupt keinen Sinn machte. Achja, und wer erinnert sich nicht an die Wissenschaftler, die sich heulend in die Ecke verkrochen anstatt zu sterben?
Doch bei Half Life wirkt sich die Zensur auch merklich aufs Gameplay aus, zumindest in der Steamversion: es spritzt kein Blut oder irgendeine andere Körperflüssigkeit, wenn man auf Gegner schießt. Das frustriert und raubt ganz schön den Spaß. Warum? Weil das Feedback fehlt, ob man den Gegner nun getroffen hat oder nicht. Wenn dieser dann mal tot umfällt, ist das schon fast ne Überraschung. Zudem lösen sich die Gegner vor einem in dünne Luft auf, was die Atmosphäre weiter stört.
Auch im bereits genannten I have no mouth and I must scream wurde durch die Zensur sowohl dem Gameplay als auch der Story geschadet. Zum einen fehlt durch die Abwesenheit von Nimdok dem Naziarzt ein ganzes Fünftel des Spieles, damit alle Zusammenhänge zum Nationalsozialismus entfernt werden konnten. Doch nicht nur das, durch diesen Cut ist es unmöglich das Spiel zu gewinnen. Ja, man gelangt an ein Ende, aber es ist mehr ein Game Over und nicht das anzustrebende Happy End.
Doch gerade I have no mouth and I must scream lässt mich fragen: Wer ist Schuld an dem Zerstückeln und Amputieren einzelner Teile dieses Spieles? Ich weiß nun nicht, ob die damalige BPjS dem Publisher geraten hatte alle Nazireferenzen zu entfernen, aber Tatsache ist, um das Spiel wurde nicht gekämpft. Stattdessen wurde in einem Falle von voreiligem Gehorsam das Spiel der BPjS so goutiert, dass sie es freigibt.
Das ist schade, denn I have no mouth and I must scream hätte ein Präzedenzfall sein können, wie es ihn potenziell so wohl nur ganz selten gibt, und das aus mehreren Gründen:
1) Es basiert auf dem geschriebenen Wort, einer Kurzgeschichte. Harlan Ellisons I have no mouth and I must scream ist ein Klassiker des Science-Fiction und erforscht einige philosophische und theoretische Fragen. Wie könnte die Welt nach einem 3. Weltkrieg aussehen? Was macht den Menschen zum Menschen? Inwieweit macht der Mensch sich von Maschinen abhängig und läuft der Gefahr entgegen sie so übermächtig zu gestalten, sodass sie eines Tages den Schöpfer unterjochen? Ist die künstliche Intelligenz, über all ihren Nutzen hinaus, nicht viel mehr eine Gefahr?
Man merkt der Geschichte natürlich die Zeit an, aus der sie stammt, zur Zeit des Kalten Krieges geschrieben und mit seinen möglichen Konsequenzen als Hintergrund. I have no mouth and I must scream ist kein leichter Stoff, und das Spiel baut nur darauf auf. Während in der Kurzgeschichte die 5 Überlebenden zusammenbleiben, erforscht das Spiel jeden Charakter im einzelnen.
Die Wurzeln in der Kurzgeschichte sind wichtig, denn die Frage ist: Was macht diese zur Kunst, was dem Spiel fehlt, damit es keine Kunst ist? Harlan Ellison war selbst sehr am Spiel involviert, ein "künstlerische Händchen" war somit beteiligt.
2) Es ist ein Adventure. Okay, genauer gesagt, es ist kein "hirnloser Egoshooter", man muss nicht grundlos schießen. Die meisten Aktionen in dem Spiel sind vollkommen harmlos und dienen meist dazu den Charakter mit seiner Vergangenheit abschließen und zufrieden werden zu lassen. Ein Geisteszustandsbarometer füllt sich auf, wenn man positive Handlungen durchführt und ein hoher Stand ist nötig, um das Happy End zu erreichen. Es ist kein "Tötungssimulator", jede Handlung, Aktion, hängt mit der Geschichte zusammen.
Zudem muss man in jeder der fünf Geschichten die persönlichen Schwächen, Zweifel und Mängel überwinden.
3) Zuletzt, der Nationalsozialismus wird in all seiner Grausamkeit und Abscheulichkeit geschildert, er wird nicht verharmlost, geschönt oder propagiert, ganz im Gegenteil. Nimdok sieht seine Fehler ein und lässt sich zum Schluss töten.
In wievielen Fällen haben Publisher ernsthaft gegen die Zensur gekämpft und wie oft haben sie einfach nachgegeben? Ich erinnere mich eigentlich nur in einem Falle, dass gegen eine Indizierung geklagt wurde, und das war gegen den einmaligen Fall, indem ein Spiel indiziert und ab 16 freigeben wurde: C&C: Generals.
Zugegebermaßen, Spiele müssen schleunigst auf den Markt, um nicht zu veralten, und da kommt ein langer juristischer Kampf nicht gerade recht. Aber wie soll es sich sonst jemals ändern?
Inwieweit betrifft es mich persönlich, dass von Politikern und Beamten hier in Deutschland so wenig von Computerspielen gehalten wird? Nun, es betrifft mich insofern, dass ich jedes Spiel, in dem es blutet und splattert, aus dem Ausland importieren muss, um es nicht verstümmelt wahrnehmen zu müssen. Zuletzt habe ich sowohl Left 4 Dead als auch die Orange Box aus den UK importiert.
Mir bleibt noch zu sagen, dass ich in der BPjM nicht mehr als Paragraphenhüter sehe, denen es nicht möglich ist sich selbst als Institution und Computerspiele als Medium kritisch zu hinterfragen.
Man redet immer von fürchterlichen Gewaltdarstellungen, von Tötungssimulatoren und listet akribisch all die Abscheulichkeiten auf. Doch, wie wirkt es auf den Menschen? Etwa, Kill Bill war auch ein furchtbar brutaler Film, der vielleicht ein wenig eklig, aber eigentlich viel mehr lustig war. Evil Dead wiederum, nun, den fand ich schon eher übel. Beide ähnlich brutal, aber mein Kopf verarbeitet es trotzdem ganz anders. Denn worauf es ankommt ist doch, wie der Mensch es verarbeitet, wie er damit klarkommt. Die Belastung der Psyche spielt doch die Rolle. Wenn Gewalt total nebensächlich vorkommt oder gar auf eine lustige Art und Weise präsentiert wird, bin ich dadurch belastet? Wohl kaum. Ein ernsthafter Horrorfilm geht da schon eher an die Nerven und ist da weniger für das jüngere Publikum geeignet.
Vielleicht fällt es den Herren und Damen dieser ehrwürdigen Institution so schwer dieses scheinbare Paradox aufzudröseln, aber ich bezweifle, dass sie in diesem Fall dann für den Beruf geeignet sind.
Mit 13 oder 14 Jahren habe ich zum ersten Mal Quake 3 gespielt. Schon damals fand ich es nicht brutaler als Badminton. Es ist ein reiner Wettkampf, jeder gegen jeden oder ein Team gegen das andere. Es ist ein Wettbewerb, indem die Reflexe die wichtigste Rolle spielt. Der beste gewinnt, so wie in jeder Sportart auch. Jep, man schießt auf Polygonhaufen, die wie Menschen aussehen, es spritzt Blut und es fliegen Fleischbrocken umher. Aber man denkt da gar nicht groß darüber nach. Man spielt es ja nicht deswegen. Auch hier sind Blut und Gore für das Feedback nicht unerheblich. Ich kenne niemanden, der sagt, dass er es geil findet, wie das Blut umher spritzt.
So, das sind glaube ich all meine wesentlichen Gedanken zur Zensur und ihre Auswirkungen. Es braucht vermutlich ein Spiel, dass sich ernsthaft mit dem Nationalsozialismus beschäftigt und ein ewiges Gerichtsverfahren, damit Spiele hierzulande irgendwann den Status als Kunst anerkannt bekommen. I have no mouth and I must scream hätte eigentlich schon solch eine Gelegenheit sein können.
Ich denke es ist der Politik auch nicht klar, dass sie der dt. Wirtschaft mit den unverhältnismäßig strengen Gesetzen und Regelungen schadet. Importe aus anderen EU-Länder sind wohl kaum eine Seltenheit.
So wie ich das sehe wirkt sich die Spielezensur auf 2 bedeutsame Bereiche aus: Story/Handlung und Gameplay.
Beispiel für ersteres ist Bionic Commando, indem alle Anspielungen und Erwähnungen auf die Nazis abgeändert wurden. Der Gegner ist nur noch reine Fiktion und hat seine Wurzeln nicht mehr in historische Tatsachen, die man anscheinend lieber totschweigt, als sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Die dt. Version von Half Life wiederum war ein bizarres Werk, da wurde Soldaten zu Roboter....was im Rahmen der Story überhaupt keinen Sinn machte. Achja, und wer erinnert sich nicht an die Wissenschaftler, die sich heulend in die Ecke verkrochen anstatt zu sterben?
Doch bei Half Life wirkt sich die Zensur auch merklich aufs Gameplay aus, zumindest in der Steamversion: es spritzt kein Blut oder irgendeine andere Körperflüssigkeit, wenn man auf Gegner schießt. Das frustriert und raubt ganz schön den Spaß. Warum? Weil das Feedback fehlt, ob man den Gegner nun getroffen hat oder nicht. Wenn dieser dann mal tot umfällt, ist das schon fast ne Überraschung. Zudem lösen sich die Gegner vor einem in dünne Luft auf, was die Atmosphäre weiter stört.
Auch im bereits genannten I have no mouth and I must scream wurde durch die Zensur sowohl dem Gameplay als auch der Story geschadet. Zum einen fehlt durch die Abwesenheit von Nimdok dem Naziarzt ein ganzes Fünftel des Spieles, damit alle Zusammenhänge zum Nationalsozialismus entfernt werden konnten. Doch nicht nur das, durch diesen Cut ist es unmöglich das Spiel zu gewinnen. Ja, man gelangt an ein Ende, aber es ist mehr ein Game Over und nicht das anzustrebende Happy End.
Doch gerade I have no mouth and I must scream lässt mich fragen: Wer ist Schuld an dem Zerstückeln und Amputieren einzelner Teile dieses Spieles? Ich weiß nun nicht, ob die damalige BPjS dem Publisher geraten hatte alle Nazireferenzen zu entfernen, aber Tatsache ist, um das Spiel wurde nicht gekämpft. Stattdessen wurde in einem Falle von voreiligem Gehorsam das Spiel der BPjS so goutiert, dass sie es freigibt.
Das ist schade, denn I have no mouth and I must scream hätte ein Präzedenzfall sein können, wie es ihn potenziell so wohl nur ganz selten gibt, und das aus mehreren Gründen:
1) Es basiert auf dem geschriebenen Wort, einer Kurzgeschichte. Harlan Ellisons I have no mouth and I must scream ist ein Klassiker des Science-Fiction und erforscht einige philosophische und theoretische Fragen. Wie könnte die Welt nach einem 3. Weltkrieg aussehen? Was macht den Menschen zum Menschen? Inwieweit macht der Mensch sich von Maschinen abhängig und läuft der Gefahr entgegen sie so übermächtig zu gestalten, sodass sie eines Tages den Schöpfer unterjochen? Ist die künstliche Intelligenz, über all ihren Nutzen hinaus, nicht viel mehr eine Gefahr?
Man merkt der Geschichte natürlich die Zeit an, aus der sie stammt, zur Zeit des Kalten Krieges geschrieben und mit seinen möglichen Konsequenzen als Hintergrund. I have no mouth and I must scream ist kein leichter Stoff, und das Spiel baut nur darauf auf. Während in der Kurzgeschichte die 5 Überlebenden zusammenbleiben, erforscht das Spiel jeden Charakter im einzelnen.
Die Wurzeln in der Kurzgeschichte sind wichtig, denn die Frage ist: Was macht diese zur Kunst, was dem Spiel fehlt, damit es keine Kunst ist? Harlan Ellison war selbst sehr am Spiel involviert, ein "künstlerische Händchen" war somit beteiligt.
2) Es ist ein Adventure. Okay, genauer gesagt, es ist kein "hirnloser Egoshooter", man muss nicht grundlos schießen. Die meisten Aktionen in dem Spiel sind vollkommen harmlos und dienen meist dazu den Charakter mit seiner Vergangenheit abschließen und zufrieden werden zu lassen. Ein Geisteszustandsbarometer füllt sich auf, wenn man positive Handlungen durchführt und ein hoher Stand ist nötig, um das Happy End zu erreichen. Es ist kein "Tötungssimulator", jede Handlung, Aktion, hängt mit der Geschichte zusammen.
Zudem muss man in jeder der fünf Geschichten die persönlichen Schwächen, Zweifel und Mängel überwinden.
3) Zuletzt, der Nationalsozialismus wird in all seiner Grausamkeit und Abscheulichkeit geschildert, er wird nicht verharmlost, geschönt oder propagiert, ganz im Gegenteil. Nimdok sieht seine Fehler ein und lässt sich zum Schluss töten.
In wievielen Fällen haben Publisher ernsthaft gegen die Zensur gekämpft und wie oft haben sie einfach nachgegeben? Ich erinnere mich eigentlich nur in einem Falle, dass gegen eine Indizierung geklagt wurde, und das war gegen den einmaligen Fall, indem ein Spiel indiziert und ab 16 freigeben wurde: C&C: Generals.
Zugegebermaßen, Spiele müssen schleunigst auf den Markt, um nicht zu veralten, und da kommt ein langer juristischer Kampf nicht gerade recht. Aber wie soll es sich sonst jemals ändern?
Inwieweit betrifft es mich persönlich, dass von Politikern und Beamten hier in Deutschland so wenig von Computerspielen gehalten wird? Nun, es betrifft mich insofern, dass ich jedes Spiel, in dem es blutet und splattert, aus dem Ausland importieren muss, um es nicht verstümmelt wahrnehmen zu müssen. Zuletzt habe ich sowohl Left 4 Dead als auch die Orange Box aus den UK importiert.
Mir bleibt noch zu sagen, dass ich in der BPjM nicht mehr als Paragraphenhüter sehe, denen es nicht möglich ist sich selbst als Institution und Computerspiele als Medium kritisch zu hinterfragen.
Man redet immer von fürchterlichen Gewaltdarstellungen, von Tötungssimulatoren und listet akribisch all die Abscheulichkeiten auf. Doch, wie wirkt es auf den Menschen? Etwa, Kill Bill war auch ein furchtbar brutaler Film, der vielleicht ein wenig eklig, aber eigentlich viel mehr lustig war. Evil Dead wiederum, nun, den fand ich schon eher übel. Beide ähnlich brutal, aber mein Kopf verarbeitet es trotzdem ganz anders. Denn worauf es ankommt ist doch, wie der Mensch es verarbeitet, wie er damit klarkommt. Die Belastung der Psyche spielt doch die Rolle. Wenn Gewalt total nebensächlich vorkommt oder gar auf eine lustige Art und Weise präsentiert wird, bin ich dadurch belastet? Wohl kaum. Ein ernsthafter Horrorfilm geht da schon eher an die Nerven und ist da weniger für das jüngere Publikum geeignet.
Vielleicht fällt es den Herren und Damen dieser ehrwürdigen Institution so schwer dieses scheinbare Paradox aufzudröseln, aber ich bezweifle, dass sie in diesem Fall dann für den Beruf geeignet sind.
Mit 13 oder 14 Jahren habe ich zum ersten Mal Quake 3 gespielt. Schon damals fand ich es nicht brutaler als Badminton. Es ist ein reiner Wettkampf, jeder gegen jeden oder ein Team gegen das andere. Es ist ein Wettbewerb, indem die Reflexe die wichtigste Rolle spielt. Der beste gewinnt, so wie in jeder Sportart auch. Jep, man schießt auf Polygonhaufen, die wie Menschen aussehen, es spritzt Blut und es fliegen Fleischbrocken umher. Aber man denkt da gar nicht groß darüber nach. Man spielt es ja nicht deswegen. Auch hier sind Blut und Gore für das Feedback nicht unerheblich. Ich kenne niemanden, der sagt, dass er es geil findet, wie das Blut umher spritzt.
So, das sind glaube ich all meine wesentlichen Gedanken zur Zensur und ihre Auswirkungen. Es braucht vermutlich ein Spiel, dass sich ernsthaft mit dem Nationalsozialismus beschäftigt und ein ewiges Gerichtsverfahren, damit Spiele hierzulande irgendwann den Status als Kunst anerkannt bekommen. I have no mouth and I must scream hätte eigentlich schon solch eine Gelegenheit sein können.
Ich denke es ist der Politik auch nicht klar, dass sie der dt. Wirtschaft mit den unverhältnismäßig strengen Gesetzen und Regelungen schadet. Importe aus anderen EU-Länder sind wohl kaum eine Seltenheit.