Muss den Thread mal kurz ausgraben, weil ich das Spiel gestern auch endlich mal beendet habe. Mir geht es wie den meisten hier - ich hatte mir mehr versprochen, fand das Ende absolut besch...eiden und hab auch sonst so einiges an dem Spiel auszusetzen. Dabei hatte alles so schön begonnen - das erste Kapitel ist sehr gut gelungen, da passt die Atmosphäre, da passen die Rätsel, es klingt alles super spannend... und dann wird es von Kapitel zu Kapitel uninspirierter und langweiliger. Meine Hauptkritikpunkte:
- Die Story wurde meiner Meinung nach nicht völlig ausgereizt, da hätte man viel, viel mehr rausholen können, auch, was die Nebencharaktere angeht - die waren allesamt sowas von blass und austauschbar, ich kann mich grad noch an den alten Mönch in Kairo erinnern, und das auch nur, weil der permanent salbungsvolles Zeug von sich gegeben hat. Man hätte einige Nebenstränge, die nur kurz angerissen wurden, super einbinden können - die komische Sekte in Wien, das seltsame Verhalten der Leute in Rumänien, die ganze Hintergrundstory mit den ermordeten jungen Frauen in London... das kam mir alles viel zu kurz, ich glaube, da wäre eine viel dichtere, spannendere Story dringewesen als einfach nur "Rette Mina". Ja toll. Das durfte ich auch schon in Dracula: Resurrection, nur war das um Klassen besser inszeniert und vor allem eines: gruseliger.
- Die Atmosphäre. Mann. Echt. Ich hab mich so gefreut, als ich anfangs auf dem nebeligen Londoner Friedhof rumirren durfte, die Atmosphäre war genau das, was ich von einem Spiel mit dem Namen Dracula im Titel erwarte - düster, etwas gruselig, unheilvoll. Und dann? Dann latscht man auf einmal durchs sonnige Kairo! Zwar war das, wie auch der Rest des Spiels, grafisch sehr schön umgesetzt, aber Sonne? In einem Spiel, in dem es um einen *Vampir* geht?? Das hat die Atmosphäre total ruiniert, finde ich; obendrein war das Kairo-Kapitel gefühlsmäßig das längste des ganzen Spiels.
- Logiklöcher, Sinnlosigkeiten und angeschnittene Themen, die nie wieder vorkamen - ich hab das schon gar nicht mehr mitgezählt, so viele waren das. Beispiel: die Rosen auf den Gräbern in London. Ich dachte, die müssten irgendwie wichtig sein, weil Van Helsing eine Verbindung zwischen ihnen und den Rosen in Minas Zimmer hergestellt hat bzw. weil später noch mal Rosen vorkommen, aber nix. Was mich besonders geärgert hat, war
Sowas regt mich auf, weil ich dabei das Gefühl habe, dass hier nur meine Zeit verplempert wird. Wenn mir die Spielfigur sagt, dass Gegenstand A absolut wichtig ist, dann erwarte ich auch, dass Gegenstand A entsprechend zum Einsatz kommt - dasselbe mit diesem blöden Schild, bei dem ich mich sowieso frage, warum Dracula das Teil *aufhebt* anstatt es einfach zu zerstören und so die Gefahr zu bannen, damit ausgelöscht zu werden. Noch so ein Logikloch...
Völlig sinnlos: Sewards plötzliche und total unmotivierte Krankheit; Seward war ohnehin nicht soooo wichtig, also warum plötzlich so ein Drama um den Kerl? Hat für mich nicht gepasst, war unlogisch, unmotiviert und sinnlos.
Verwirrend: Als Van Helsing ein bestimmtes Tor öffnet - nachdem man zuvor brav das dazugehörige Rätsel gelöst hat -, brabbelt er plötzlich einen seltsamen Satz vor sich hin, nicht ohne vorher zu sagen "Jetzt sag ich den Satz, den Herodot mir beigebracht hat". In dem Moment dürfte auf meinem Gesicht ein riesiges Fragezeichen erschienen sein - ich konnte mich nämlich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass Herodot Van Helsing besagten Satz beigebracht hatte, oder hab ich das einfach nur überhört?
... und das ließe sich noch eine ganze Weile so fortsetzen
- nervige Sprüche - Van Helsing ging mir spätestens ab der Hälfte mit seinen Standardsprüchen und seinem ewigen "Perfekt!" furchtbar auf die Nerven; ich glaube, seit Jo Danter (Belief & Betrayal) fand ich keine Spielfigur mehr dermaßen penetrant und nervig, wenn es um Standardsprüche geht.
- viel zu wenig Schauplätze, da hätte man auch viel mehr draus machen können
- Dracula himself: Wo war der bitte die ganze Zeit?? Ich meine, ok, in anderen Dracula-Spielen kriegt man ihn auch kaum zu Gesicht (Dracula: Resurrection, Dracula 3...), aber derart wenig Screentime fand ich schon heftig - es gab auch keine Möglichkeit, mit ihm zu interagieren (außer am Schluss, aber das läuft ja alles vollautomatisch ab - sowas hasse ich auch wie die Pest, ich will mir meine Schlusssequenz bitte *verdienen*), dabei fand ich das mal eine richtig interessante Konzeption des alten Blutsaugers, sowohl optisch als auch vom Background her. Man hätte diese Ambivalenz noch viel, viel besser ausarbeiten können.
Und so weiter und so fort

Im Großen und Ganzen hat mich das Spiel zwar unterhalten, es war aber nicht mal annähernd das, was ich mir erwartet hatte und hat mir längst nicht so gut gefallen wie das in etwa zeitgleich erschienene Dracula 3, das nicht nur die bessere Atmosphäre, sondern auch eine längere Spielzeit, dafür aber den hässlicheren Dracula hatte (musste bei dem eigentlich außer mir noch jemand an Michael Jackson denken?).