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Test

von  Hans Pieper
17.02.2015
Decay - The Mare
Getestet auf Windows, Sprache
  • Deutsch
  • Englisch

Sam hat es gerade nicht besonders leicht: In einer Entzugsklinik plagen ihn wahnhafte Albträume. In Decay - The Mare muss er diesen auf den Grund gehen, um das dunkle Geheimnis seines Aufenthaltsortes zu lüften.

Die Welt

Damit wäre die Hintergrundgeschichte des Spiels fast vollständig zusammengefasst. Die meiste Zeit innerhalb der drei kurzen Episoden des Spiels wandelt der Spieler durch mehr oder weniger gruselige Räume und lässt sich von Jump-Scares einschüchtern oder bleibt unbeeindruckt sitzen. Auf dem Weg werden mehrere Leichen entdeckt - beziehungsweise das, was von ihnen übrig ist. Praktisch: Weil alles nur ein Albtraum ist, steht auch einer Unterhaltung mit den Verblichenen nichts im Weg. Schließlich steuert das Spiel auf eines von zwei wenig überraschenden Enden zu. Über das gesamte Spiel hinweg bleibt die Charakterzeichnung dabei recht unscharf. Alle vorkommenden Personen sind nur grob skizziert, allzu viel über sie und vor allem über ihre Motive bleibt nicht hängen. Das ist einer der Gründe, weshalb es schwer fällt, sich wirklich auf das Spiel einzulassen. Ein anderer: Die Grafik.

Eine grafische Schönheit<br /><br />ist das Spiel nicht

Es grieselt auf dem Bildschirm

Denn die kann nicht wirklich überzeugen. Jede Szene und jedes Video grieselt unablässig. Was in den Albträumen vielleicht noch als Stilmittel durchgehen würde, zieht sich jedoch durch das gesamte Spiel, auch in den Momenten in der ""Wirklichkeit"". Ansonsten wirken die Orte durch die veraltete Grafik auffallend unecht - hier ist der Spieler inzwischen deutlich besseres gewohnt. Sehr schade ist, dass in Rätseln zum Teil keine grafischen Elemente, sondern Texte zum Einsatz kommen (""Hebel drücken"" oder ""Zeiger wechseln"" sind hier zwei Beispiele). Darunter leidet die Atmosphäre. Deutlich störender ist jedoch, dass vor jedem Aufheben eines Gegenstandes und vor jedem Ortswechsel, bei dem eine Leiter benutzt wird, die Frage erscheint, ob der Spieler das jetzt wirklich tun will. Ja, will er! Es gibt auch keine andere sinnvolle Aktion, um weiterzukommen. Aber Danke fürs Fragen...

Die Dialoge werden direkt am linken unteren Bildschirmrand eingeblendet und bestehen aus einem simplen, weißen Text, was ebenfalls etwas befremdlich wirkt. Insgesamt erwecken diese Dinge den Eindruck, das Spiel sei noch nicht ganz fertig.

Doch natürlich ist die grafische Präsentation längst nicht so entscheidend für ein gutes Spiel wie die Rätsel.

Lieber nochmal nachfragen...

Klassische Knobelkost mit netten Elementen

Aufgabentechnisch hat Decay einige nette Elemente zu bieten. Mit einer Polaroid-Kamera können in der zweiten Episode Dinge sichtbar gemacht werden, die vorher nicht zu sehen waren. Und mit einer Taschenuhr können in der dritten Episode Gegenstände zurück durch die Zeit geschickt werden - eine äußerst bequeme Form des Aufräumens. Ansonsten bewegen sich die Rätsel auf leichtem bis mittlerem Niveau. Hauptsächlich müssen Gegenstände gefunden und richtig eingesetzt werden. Hin und wieder geht es auch darum, Hinweise in Texten zu finden und Objekte miteinander zu kombinieren. Wenn sich der Spieler einigermaßen auf die Umgebung einlässt, können die Aufgaben durchaus Spaß machen - in Sachen klassische Rätselkost macht der Titel vieles richtig.

Einmal das Inventar-Classico, bitte!

Die Steuerung

geht so weit in Ordnung, ist aber auch nicht besonders komfortabel. Ins Inventar gelangt man über ein ""I"" auf dem Bildschirm oder drückt die entsprechende Taste. Darin bieten sich drei Optionen: In einer 3D-Ansicht können Objekte gedreht und näher untersucht werden. Auch kombinieren ist durch Auswählen und Durchschalten der anderen Inventargegenstände möglich. Als dritte Option kann ein Gegenstand verwendet werden. Das Spiel prüft dann automatisch, ob das Objekt irgendwo in der Szene passt. Sonst gibt es ein schlichtes ""Nein"" oder ein klassisches ""kann hier nicht verwendet werden"".

Sich durch die Klinik und ihre Albtraum-Version zu bewegen, funktioniert ähnlich wie in Myst aus der Ego-Perspektive und per Klick nach oben, unten, rechts oder links. Dreiecke zeigen dabei an, wo es weitergeht. Leider ist der Hauptcharakter sehr drehfreudig, was nicht unbedingt zur Orientierung beiträgt. So kann es an mehreren Stellen passieren, dass zwar geradeaus durch eine Tür gegangen wird, danach aber die Ansicht auf die Tür zeigt, aus der man gerade gekommen ist.

Im Inventar lassen sich <br /><br />Objekte näher untersuchen

Der Audioteil

Die Musik spielt angenehm unauffällig vor sich hin und stützt die Atmosphäre ein wenig. Die Geräusche schaffen das weniger gut, einige werden an verschiedenen Orten eins zu eins wiederholt und auch insgesamt wirkt keines davon allzu realistisch. Der englische Sprecher (das Spiel bietet nur deutsche Untertitel) liefert eine passable Leistung ab, kommt jedoch längst nicht immer zum Einsatz, wenn Texte auftauchen. Auch hier entsteht wieder der Eindruck, das Spiel sei nicht ganz fertig geworden.

Etwas springt dich an in 4... 3... 2...

Der Gruselfaktor

Durch die mangelnde Tiefe fällt es schwer, das Spiel richtig ernst zu nehmen und in die Welt einzutauchen. Dadurch entfalten die - zum Teil durch Bilder recht unheimlich gestalteten Schauplätze - längst nicht ihr gesamtes Gruselpotential. Die häufigen Scarejumps dürften den ein oder anderen sicher einmal zusammenzucken lassen. Aber ein subtiler, gut gemachter Horror bleibt aus. Wie bei Pineview Drive steht plakativer Geisterbahnschock durch ""Buh-""Rufe sowie die Darstellung von Leichen oder Körperteilen im Vordergrund. Und damit kommen wir zum

Fazit

Noch recht überzeugend für ein kleines Adventure zwischendurch sind bei Decay - The Mare die Rätsel. Die machen durchaus Spaß und enthalten das ein oder andere kreative Element. Allerdings hinkt das Spiel in Sachen Grafik, Atmosphäre, Geschichte und Gruselfaktor hinterher. Auch wirkt der Titel insgesamt noch ein wenig unfertig. So bleibt nach etwa drei Stunden Spielzeit - unnötigerweise auf drei einzeln zu ladende Episoden verteilt - nur ein passables Adventure übrig. Dass die Spielzeit bei der Jagd nach allen der zahlreichen (zum Teil für recht affige Dinge verliehenen) Achievements durch nur einen einzigen Speicherstand künstlich verlängert werden kann, macht die Sache nicht besser. Die Kurzform: Ganz ok, aber kein Pflichttitel.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Vielleicht liegt es daran, dass für mich beim Spielstart als Erstes das Daedalic-Logo im Vordergrund stand, jedenfalls hatte ich deutlich mehr von Decay erwartet. In den ersten Minuten bin ich tatsächlich etwas erschrocken - nicht wegen des Spiels, sondern wegen seiner Präsentation. Langsam habe ich versucht, besser hineinzukommen und wurde mit dann überraschend netten Rätseln belohnt. Aber nochmal würde ich bei der Test-Verteilung nicht Hier! rufen, könnte ich die Zeit mit der Uhr aus dem Spiel zurückdrehen. Dabei ist das Spiel nicht durch und durch schlecht, sondern nur irgendwie unausgereift.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Gute, klassische Rätsel
  • Clevere Ideen beim Rätseldesign
  • Alternative Enden
  • Grieselige, altbackene Grafik
  • Zum Teil verwirrende Momente bei der Navigation
  • Wirkt unfertig