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Test

von  Michael Stein
15.03.2012
Corrosion - Cold Winter Waiting
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

An seinem ersten Adventure-Titel, dem First-Person-Horror-Adventure Corrosion - Cold Winter Waiting, arbeitete der unabhängige Einmann-Entwickler Viperante Creative Media mehr als vier Jahre. Was dabei herausgekommen ist, beleuchten wir in unserem Testbericht.

In einer kleinen Stadt

Alex Truman langweilt sich. Sein Job als Sheriff in der Kleinstadt Deacon Oaks besticht nicht gerade durch spannende Tätigkeiten. Das ändert sich schlagartig, als er im Winter 2009 einen Mann auf einer Landstraße anfährt. Dieser wird zwar nicht stark verletzt, steht jedoch unter Schock und spricht nicht. Nach einer ersten Behandlung wird er in ein örtliches Sanatorium eingeliefert. Im Januar 2010 tobt gerade ein Schneesturm, als Alex von dort einen Anruf erhält. Der Patient hat gesprochen, er wiederholt jedoch immer nur die gleichen Worte: Cold Winter Farm.

Die Farm ist Alex ein Begriff und so fährt er hin, um dem Geheimnis des Fremden vor Ort auf den Grund zu gehen. Kaum hat er den Keller des Gebäudes betreten, stürzt jedoch ein Baum auf das Haus und der Polizist ist eingesperrt. Dafür findet er einen unterirdischen Militärkomplex, der ein grauenhaftes Geheimnis in sich birgt.

Ab ins kalte Wasser

Nach einem kurzen Intro, bestehend aus Fotos und Texttafeln, wird der Spieler direkt in den ersten Gang des Untergrundkomplexes geworfen. Von nun an ist er auf sich allein gestellt, weder eine weitere Einführung noch eine integrierte Hilfe geben Hinweise zum Spielablauf. Genau dies ist jedoch Sinn und Zweck des Spiels, denn das Ergründen der Geschehnisse und vor allem deren Grund ist das primäre Ziel. Technisch gibt es nicht viel zu erklären. Corrosion ist ein klassisches First-Person-Adventure, welches aus Standbildern besteht. Perspektivisch macht es keine Experimente, man läuft nur geradeaus oder dreht sich über seitliche Hotspots um 90 Grad nach links oder rechts. Dass man dadurch stellenweise im Zickzack läuft, mutet etwas seltsam an. Wenigstens ist aber, im Gegensatz zu anderen Vertretern seiner Art, immer offensichtlich, in welche Richtung man gerade schaut.

Perspektivisch korrekt, aber der Dreck an<br /><br />Wänden und Decken wiederholt sich.

Grafik aus den 90ern

Grafisch wirkt Corrosion sehr rückständig. Der grafische Stil erinnert an die frühen 90er Jahre und Spiele wie The Journeyman Project. Die vorgerenderten Bilder verfügen über klare Konturen, alles ist irgendwie gerade. Selbst der Schmutz auf den Wänden und den Böden folgt einem regelmäßigen Muster. Teilweise wirken die Materialien unecht und auch die Beleuchtung stimmt nicht. Insgesamt ist die Szenerie, gemessen an den wenigen Glühbirnen, die an den Decken hängen, viel zu hell und auch atmosphärisch hätte eine düsterer in Szene gesetzte Umgebung dem Spiel passend zum Thema gut gestanden. Animationen gibt es nur sehr wenige und diese sind relativ schlecht in Szene gesetzt. So erfüllt die Grafik spielerisch zwar ihren Zweck, trägt aber zur Horror-Stimmung leider nicht viel bei.

Unheimliche Klänge

Diesen Part übernimmt bei Corrosion die musikalische Untermalung. Die Musikstücke aus der Feder von Michael Pflug erzeugen einen durchgehend unheimlichen und spannenden Klangteppich, welcher der Atmosphäre von Anfang an einen guten Schub gibt. Auch die Soundeffekte sind richtig platziert und passend, eigene Schrittgeräusche fehlen jedoch komplett. Die vier Sprechrollen werden laut Credits von einem Sprecher und einer Sprecherin gesprochen. Sollte dies stimmen, ist die Leistung von Christopher Williams beachtlich, denn bei den Dialogen zwischen zwei männlichen Charakteren lässt sich nicht heraushören, dass es sich dabei um die gleiche Stimme handelt. Laura Post, welche die weibliche Rolle spricht, kann mit ihrer Leistung leider nicht ganz überzeugen.

Exploratives Gameplay

Was Corrosion - Cold Winter Waiting trotz all der technischen Mängel zu einem interessanten Spiel macht, ist die Art und Weise, wie sich die Geschichte entwickelt. Dabei kann man genau genommen nicht von einer sich entwickelnden Geschichte sprechen. Vielmehr gilt es, die Geschehnisse der Vergangenheit aufzudecken. Sehr schnell erfährt der Spieler, dass in dem unterirdischen Komplex Menschen gefangen gehalten und gefoltert wurden. Aus welchem Grund dies geschah, wer dafür verantwortlich ist und wie es dazu kam, das gilt es zu ergründen. Die anfangs stark eingeschränkte Spielwelt wird durch das Erfahren von Zugangscodes und dem Finden von Codekarten nach und nach erweitert. Einfach ist dies nicht immer, denn viele benötigte Informationen sind gut versteckt oder müssen errechnet werden. Dass gerade ein etwas komplexeres Code-Rätsel direkt zu Beginn auftaucht und es auch noch in der zeitlich begrenzten Demo-Version vorkommt, ist sehr unglücklich gewählt. Denn das Spiel hat nicht nur solche Kopfnüsse zu bieten. So müssen zum Beispiel in einer Situation einfache Gebrauchsgegenstände so zusammen- und umgebaut werden, dass zwei Rohre miteinander verbunden werden können. An anderer Stelle steht dem Spieler ein lokaler Webbrowser zur Verfügung, dessen Eintragungen wichtige Informationen liefern. Auch ist es wichtig zu erfahren, wann und wo sich bestimmte Ereignisse zugetragen haben, um im Video-Archiv nach dem entsprechenden Eintrag zu suchen, der dann weitere Informationen liefert. Vor allem das aufmerksame Lesen von Schriftstücken ist zum Lösen der Rätsel unumgänglich. Ohne die notwendigen Informationen und ohne diese in der richtigen Art und Weise zu nutzen, geht es oft nicht weiter. Etwas unlogisch wirken einige Gegebenheiten innerhalb der Spielwelt. So ist es innerhalb eines militärischen Komplexes zwar realistisch, dass alle Türen mit Kartenschlössern gesichert sind, warum aber jeder Zugangsberechtigte für jede einzelne Tür eine separate Karte braucht, ist, vor allem bei der Menge an Türen, nur schwer erklärbar.

Diese Armlehne dient nicht dem gemütlicheren Sitzen.

Das Grauen ist in dir

Obwohl der Trailer zum Spiel darauf hinweist, hinter jeder Ecke lauere die nächste Gefahr, ist während des Spielens meist keine direkte Bedrohung zu spüren. Der Horror-Effekt greift eher beim Lesen der Schriftstücke oder beim Stöbern in den Akten der Gefangenen. Diese subtile Art des Grauens funktioniert innerhalb der gegebenen Spielwelt recht gut. Gerade gegen Ende gesellen sich Szenen hinzu, die den einen oder anderen Schockeffekt beinhalten, ohne jedoch all zu übertrieben zu wirken.

Fazit

Corrosion - Cold Winter Waiting ist ein interessantes Spiel, das trotz technischer Unzulänglichkeiten in der Lage ist, die Motivation zum Weiterspielen aufrecht zu erhalten. Es nutzt die Neugier des Spielers, die Hintergründe des Geschehenen erfahren zu wollen, geschickt aus, indem es bröckchenweise Informationen heraus gibt. Die Mängel in der grafischen Präsentation treten dabei in den Hintergrund, so dass sie zumindest aus technischer Sicht ihren Zweck erfüllt. Die Spielzeit dürfte, je nachdem wie gut der Spieler die nötigen Informationen finden und verarbeiten kann, bei 5 bis 6 Stunden liegen. Corrosion kostet als Download knapp 19 Euro, damit dürfte das Preis-/Leistungsverhältnis gerade so passen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Corrosion - Cold Winter Waiting ist kein schlechtes Spiel, richtet sich aber an eine kleine Zielgruppe - nämlich die jener Spieler, welche First-Person-Spiele mögen und auf grafische Highlights verzichten können, solange das Spiel spannend ist. Mir persönlich hat es recht gut gefallen, die kniffligen Rätsel zu lösen. Auch konnte mir das Spiel den einen oder anderen Schauer über den Rücken jagen. Wenn der Entwickler an seinen technischen Fähigkeiten feilt oder in der Lage ist, sein Team um einen Grafiker zu erweitern, könnte das nächste Spiel von Viperante noch ein ganzes Stück interessanter werden.

Der erste Eindruck, den Corrosion auf mich gemacht hat, war durchschnittlich. Sparsames Intro, recht sterile Grafik. Allerdings gesellte sich durch die Perspektive und das Gefühl, langsam immer tiefer in einen militärischen Komplex mit grausigen Geheimnissen einzudringen, sehr schnell auch eine gute Atmosphäre hinzu. Und dann waren da die Rätsel: Schon ab dem Start extrem fordernd, sodass ich schon ganz schön die Zähne zusammenbeißen musste, um mehr von der Story zu erfahren. Die zahllosen Male, in denen ich mich in den immer gleich aussehenden Gängen verirrt habe, machten das leider auch nicht besser. Also ging ich dazu über, mich des Öfteren wieder auf die Lösung schubsen zu lassen und genoss dann sehr schöne Spielstunden mit einem vielversprechenden ersten Titel eines neuen Entwicklers.
Hans Duschl

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Gutes Story-Konzept
  • Gute Hintergrundmusik
  • Interessantes Rätseldesign
  • Rückständige Grafik
  • Teils hakelige Steuerung
  • Stellenweise unlogisch