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Test

von  Benjamin "Grappa11" Braun
30.10.2010
The Filmmaker
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Christopher M. Brendel ist in der Adventure-Szene kein Unbekannter. Der US-Amerikaner hat mit Titeln wie Lifestream und Shady Brook bereits vor längerer Zeit in kleinerem Kreis von sich reden gemacht. Mittlerweile steht mit The Filmmaker das dritte Adventure seiner Entwicklerfirma Unimatrix Productions zur Verfügung, welches auf der Website unter anderem als wahrhafte, interaktive B-Movie-Erfahrung angepriesen wird. Ob das Spiel seine rund 15 Dollar Kaufpreis wert ist, haben wir für Euch genauer untersucht.

Fivefold Feature

Nachdem wir uns morgens zurechtgemacht haben, begeben wir uns zum Carson Stiles Gateway Theater, um dort einer Filmvorführung beizuwohnen. Wie unser namenloser und stummer Held verwundert feststellen muss, ist das Lichtspielhaus jedoch nicht auf seine Ankunft vorbereitet. Die Türen sind verschlossen und niemand steht am Ticketschalter, den er um Hilfe bitten könnte. Nachdem er es doch schafft, ins Innere des Filmpalasts zu gelangen, wird er mit weiteren seltsamen Dingen konfrontiert: Eine mysteriöse Stimme beauftragt ihn, mehrere Kristalle aufzutreiben, die sich irgendwo im Gebäude befinden sollen. Sobald wir die Objekte beisammen haben, gibt sich der Fremde als Filmmacher Claude Ferucil zu erkennen und ist plötzlich nicht mehr ganz so freundlich gesinnt wie zu Beginn. Im weiteren Verlauf machen wir Bekanntschaft mit den ehemaligen Bediensteten des Kinos, die allesamt Selbstmord begangen haben sollen und deren Seelen nun auf Erlösung hoffen. Doch ihr Schicksal ist an Ferucils Filme gebunden, aus denen wir die insgesamt fünf Menschen befreien und deren Schöpfer wir über kurz oder lang zur Strecke bringen müssen...

B-Movie-Spiel mit C-Movie-Story

The Filmmaker startet recht holprig in eine Handlung, die zu keinem Zeitpunkt zu ernst genommen werden darf, sich selbst dabei aber manchmal etwas zu ernst nimmt. Der Versuch, B-Movie-Charakter zu erzeugen, ist erst später in Ansätzen von Erfolg gekrönt, sobald wir in die verschiedenen Filme einsteigen, die sowohl parodistischen als auch Hommage-artigen Charakter aufweisen. Das Spiel vernachlässigt es aber über weite Strecken, eine einigermaßen sinnvolle und interessante Geschichte zu erzählen, um so für den nötigen Ansporn zu sorgen. Beim eigenen Anspruch, ein interaktiver B-Movie zu sein, darf es natürlich auch durchaus trashig werden, allerdings hat man oft den Eindruck, dass dies an einigen Stellen bewusst massiv forciert wird, während sich das Spiel an anderen Stellen selbst viel zu wichtig nimmt, um die gewünschte Atmosphäre erzeugen zu können. Mit dem gnadenlos überzeichneten Gegenspieler Claude Ferucil, der tristen, jedoch stilistisch gelungenen Film-Noir-artigen Szene im Büro eines Privatschnüfflers, den langweiligen, an Draculas Schloss erinnernden Katakomben oder einer eintönigen Schwarz-Weiß-Location in einem Wald ist das Spiel aber vor allem deutlichen atmosphärischen Niveauschwankungen unterworfen, die es insgesamt nicht unbedingt interessanter machen und angenehm für Abwechslung sorgen, sondern auch optisch einen Anreiz zum Weiterspielen vermissen lassen, auch, da es selten viel nebenher zu entdecken gibt.

Die durchaus gut geschriebenen und passabel vertonten Dialoge sind auf der anderen Seite teils zu dick aufgetragen, womit die Erwartungen des Spielers an zukünftige Ereignisse dem Spiel etwas über den Kopf hinauswachsen, und zudem schlecht portioniert. Die Gespräche, bei denen unsere Figur lediglich Zuhörer ist, finden gehäuft im zweiten Spielabschnitt statt und sind ansonsten sehr selten vorzufinden.

Sobald man den ersten Film betritt, wobei man frei bestimmten kann, in welchen man zunächst einsteigt, keimt eventuell Hoffnung auf, dass lediglich der Start mit inhaltlichen Schwächen zu kämpfen hat. Leider gelingt es dem Spiel bis zum Schluss nicht, aus sich selbst heraus oder aus den B-Movie-Klischees nachhaltig Kredit zu schlagen. Nachteilig erweist sich zudem an zahlreichen Stellen das Gameplay, welches aufgrund seiner Langatmigkeit und des teils nicht-linearen Aufbaus einer dramaturgisch ansprechenden Inszenierung zuwiderläuft.

Auflösung ist nicht alles

Optisch kann man das Spiel durchaus als gelungen bezeichnen, wenngleich die rein technische Qualität mit seiner relativ geringen Auflösung von 1024 x 768 Pixeln und den teils deutlichen Qualitätsunterschieden der Hintergründe nicht unbedingt zu beeindrucken weiß.

Was dem Entwickler teilweise sehr gut gelungen ist, sind die Intros der Filme und andere Filmsequenzen des Spiels. Gerade dort merkt man, dass Entwickler Unimatrix neben seinen Adventure-Projekten in diesem Bereich tätig ist. Aber auch in den Videos, die recht umständlich von der Spiel-DVD geladen werden müssen, gibt es recht deutliche Qualitätsunterschiede. Unter Windows 7 kann es außerdem zu ein paar technischen Problemen kommen (Fehlermeldungen, nicht ausgeführte oder übersprungene Animationen, Abstürze z.B. beim Betrachten der Inventarobjekte), die wir durch das Umschalten in den Kompatibilitätsmodus für Windows XP allerdings weitestgehend umgehen konnten.

Einige der Hintergründe erscheinen im Laufe des Spiels in unterschiedlichen Lichtstimmungen. Mal ist es dunkler, mal ist es heller, mal ist das Bild rotstichiger, mal geht es eher ins Grüne. Wer genauer hinschaut, dem werden sowohl die durchaus deutlichen Unterschiede als auch der Aufwand, der dahinter steckt, auffallen. Atmosphärisch zur Geltung kommen diese Effekte jedoch kaum, sondern wirken eher wie ein Versuch, zumindest für ein wenig Abwechslung im sonst so trist und statisch wirkenden Theater zu sorgen.

Auch Laien können sprechen

Erstaunlich gut gelungen ist die Sprachausgabe. Obwohl ausschließlich Laien - darunter auch die Entwickler selbst - zum Einsatz kommen, passen die Sprecher sehr gut und intonieren ihre Sprechzeilen sehr authentisch. Da wird, von wenigen Ausnahmen abgesehen, weder monoton vorgetragen noch übertrieben betont.

Die Musik klingt häufig vertraut, was nicht bloß in einem an Raumschiff Enterprise erinnernden Schauplatz der Fall ist, sorgt für ein angemessenes Ambiente und ein fast schon heimisches Gefühl. Bei zunehmender Spieldauer lassen sich aufgrund des nicht übermäßig großen Angebots an Stücken gewisse Abnutzungserscheinungen aber nicht vermeiden.

Was schert mich Grafik, was schert mich Story

Den Schwerpunkt legt das Spiel eindeutig auf die spielerischen Elemente, denen sich sämtliche der übrigen Aspekte unterordnen. The Filmmaker bietet dabei ein ganzes Sammelsurium an Puzzles und Logikrätseln. Wer es liebt, nach kleinen, teils gut versteckten Hinweisen zu fahnden, häufiger Rätsel mit Hilfe von Papier und Bleistift zu lösen und auch mal etwas um die Ecke zu denken, der dürfte sich vom Anfang bis zum Ende gut unterhalten und nur selten unterfordert fühlen.

Die Komplexität und der Schwierigkeitsgrad schwanken dabei relativ stark, was teils auch dem nicht-linearen Spielverlauf zu verdanken ist. Manche Rätsel lassen sich fast schon im Vorbeigehen lösen, andere, wie zum Beispiel mehrere Wörterrätsel in einem der Filme, sind teilweise bockschwer. Um später eine Seele retten zu können, müssen meist mehre Filme besucht werden, wobei in beinahe jedem Fall ein Springen von Film zu Film erforderlich ist, um sämtliche Aufgaben erfüllen zu können. Die Verknüpfung ergibt zumindest im Nachhinein meist ein durchdachtes Bild, in den Zwischenstadien allerdings fehlt manchmal der Durchblick. Der abschließende Aha-Effekt wird zudem nicht nicht selten von der Frage nach dem Warum begleitet, wenn wir scheinbar überflüssige oder teils bis zuletzt schlecht durchschaubare Aufgaben erledigen müssen.

Womit The Filmmaker eindeutig übertreibt ist ein Orientierungsrätsel in einem der Filme. Wenn ein Spiel einerseits das genaue Erkunden der Umgebung erfordert und man kein halbwegs konkretes Ziel vor Augen hat, dann muss man den Spieler nicht auch noch in eine wenig ansehnliche und noch dazu wenig einprägsame Umgebung schmeißen, die man dann erst mal eine Stunde lang sorgsam kartographieren muss, damit man sich einigermaßen zurechtfindet. Das sorgt nicht für Atmosphäre oder Freude über die Aufgabe, sondern für Langeweile und allenfalls für eine Steigerung der Spielzeit.

Antiquierte Steuerung trifft Runaway-Syndrom

Aber auch sonst hat die Orientierung aus der statischen First-Person-Ansicht ab und zu ein paar Macken. An einzelnen Punkten kommt man nicht umhin, sich fernab der eigenen Intuition oder halbwegs klaren Hinweisen folgend einfach mal blind in alle Richtungen zu drehen, damit einem zum Beispiel nicht der Zugang zum Keller entgeht. Andere First-Person-Spiele mit festen Blickwinkeln machen das meist deutlich besser. Etwas ähnliches gilt für das Aufsammeln und das Auffinden von Objekten. Meistens sind die Hinweise recht klar, dass man beispielsweise eine Parfumflasche im Inventar haben sollte und trotzdem verlangt The Filmmaker erst nach einem Grund, warum die Flasche mitgenommen werden sollte. Da stellt sich natürlich die Frage, wenn man 20 und mehr Objekte zugleich ins Inventar packen kann, weshalb man nicht auch dieses direkt aufnehmen oder wenigstens bereits zuvor anklicken kann. Umgekehrt können zuvor schließlich teilweise Objekte auch dann einfach aufgenommen werden, die man im aktuellen Spielabschnitt benötigt, selbst wenn man deren Verwendungszweck noch nicht kennt.

Wirklich problematisch wird das in The Filmmaker zwar eher seltener, man könnte zudem auch sagen, dass das einfach zum Spiel gehört. Wenn in solchen ""Features"" aber häufig die größte Herausforderung liegt, dann ist das sicherlich kein Grund zur kollektiven Freude.

Fazit

The Filmmaker richtet sich in erster Linie an die Adresse von Rätselfans, für die teils etwas komplexere Aufgaben und extrem altmodisches Gameplay am wichtigsten ist. Gemessen daran erfüllt das Spiel seine Aufgabe ganz gut. Es wagt dabei dennoch, mit einem Geschicklichkeitsspielchen und in Bezug auf die Story in gewisser Weise mit seiner verinnerlichten, aus der Mottenkiste stammenden Verkrustung zu brechen, was allerdings auch nicht so recht gelingen mag. Dafür fehlt es zu sehr an spielerischer Originalität, inhaltlicher Ausgewogenheit und Einzigartigkeit, bei der sich das Spiel zu ernst nimmt und auch deshalb nur selten von der leicht trashigen B-Movie-Atmosphäre profitieren kann. Dies ist oft auch der veralteten Spielmechanik geschuldet, die so viel Tempo aus dem Geschehen herausnimmt, dass The Filmmaker sein inhaltliches Potenzial nicht effektiv nutzen kann.

Die Rätsel selbst gehören zwar nicht zu den originellsten, sind aber - wenn man sie unabhängig voneinander betrachtet - überwiegend schön designt. In Kombination sind sie teils nicht gut genug zu durchschauen, wirken manchmal überflüssig und somit zu oft wie künstliche Spielzeitstrecker. Im Zusammenhang damit erweisen sich teilweise die Objektsuche und das zähe Durchschreiten der verschiedene Schauplätze nicht selten als atmosphärisch und spielerisch unnötig hinderlich.

Mit gerade mal 15 US-Dollar punktet das Spiel jedoch immer noch mit einem ganz guten Preis-Leistungs-Verhältnis und dürfte damit für Adventure-Spieler, die einer recht umfangreichen, teils etwas diffus wirkenden Rätselsammlung mit ein wenig Inhalt nicht abgeneigt sind und die über eine gewisse Leidensfähigkeit verfügen, durchaus interessant sein.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ich bin mit The Filmmaker nicht richtig warm geworden. Die Rätsel sind von wenigen Ausnahmen abgesehen, bei denen es zu leicht, einen Tick zu schwer oder zu undurchsichtig wird, in Ordnung und machen das Spiel durchaus spielenswert. Allerdings wirkt beinahe alles übrige wie übelgestülpter Ballast, was besonders schade ist, da zweifellos viel Arbeitszeit in die Umsetzung geflossen ist. Mir fehlte es vor allem an einer Motivation durch eine ansprechende Story, die mich dazu verleitet, die Rätsel innerhalb des Spiels überhaupt lösen zu wollen, die man so oder so ähnlich schon zuhauf gesehen hat und die oft einfach ein Mindestmaß an Originalität vermissen lassen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Einstieg in Filme
  • Gute Grundidee
  • Überwiegend gelungene Sprachausgabe
  • Absolut fair im Preis (15 US-Dollar)
  • Teilweise schöne,...
  • ... aber selten originelle 'Rätselsammlung'
  • Wenig interessante Story und Charaktere
  • 'Runaway-Syndrom'
  • Technisch und spielerisch angestaubt
  • Qualitativ allgemein sehr wechselhaft
  • Ätzendes 'Orientierungsrätsel'