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Test

von  Mithrandhir
21.10.2009
Drawn: Der Turm
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Einleitung

In Zeiten breiter Internetanbindungen sind sie die Alternative zur Fahrt zum Elektronikdiscounter oder dem sehnsüchtigen Warten auf den Paketdienst: Internetseiten, die ein Spiel per Account-System zum Download anbieten. Big Fish Games ist ein solches Online-Spieleportal und bietet eine recht ansehnliche Menge an Puzzle-, Denk- und Knobelspielen an; bedient wird vorrangig das Casual-Gamer-Segment, welches für wenige Euro ein wenig spielerische Kurzweil erwerben kann.

In der Kategorie "Abenteuer" sind dabei nicht wenige Spiele, die auch für klassische Adventure-Freunde interessant sein könnten, unter anderem das Abenteuer Drawn: Der Turm.

Es ist Leben in der Farbe

Iris ist verschwunden. Das kleine Mädchen wurde in einem Turm eingesperrt, der mit böser Magie versiegelt wurde - niemand, so scheint es, kann sie retten. Trotzdem muss es jemand versuchen und die Rätsel lösen, die den Weg zum Turmdach pflastern. Dabei könnte Iris´ Gabe hilfreich sein, Gezeichnetes oder Gemaltes zum Leben zu erwecken - denn es scheint, als habe sie auf dem Weg nach oben viele unterschiedliche Welten in Form von Gemälden hinterlassen. Kaum sind die ersten Schritte im Erdgeschoss gemacht, zieht es uns auch schon in einen dieser ölgewordenen Träume...

Seiten aus dem Märchenbuch

Die grafische Präsentation ist unerwartet gut gelungen: Man blickt auf Myst-ähnliche Standbilder aus einer statischen Perspektive, diese sind schön vorgerendert und -je nach Umgebung- durch allerlei Animationen wie glitzernde Sterne, Vögel oder knabbernde Eichhörnchen aufgepeppt. Zusätzliche Effekte wie zum Beispiel dynamische Schatten oder Ähnliches gibt es daher nicht; Video- bzw. Zwischensequenzen werden zumeist durch Bildfolgen und Off-Sprecher geleistet. Stilistisch im Comic-Bereich angesiedelt, ist die Grundstimmung des Spiels eher düster und mystisch angehaucht. Aus der Egoperspektive erforscht man den Screen und sucht sensitive Stellen oder Levelausgänge, die ganz nach klassischer Adventure-Manier anklickbar oder manipulierbar sind. An vielen Stellen zeigt das Spiel eine verspielte Liebe zum Detail und wirkt manchmal, als hätte ein Märchenbuch-Zeichner mitgeholfen.

Wenig Stimme, viel Melodie

Hatten Grafik und Story bereits einen magisch-mystischen Touch erkennen lassen, so fügt die Spielmusik dem Ganzen noch eine tragische und epische Note hinzu. Jeder Bereich des Turms hat seine eigene musikalische Untermalung; mal sind Streicher, mal Klavierklänge oder auch sakraler Chroral zu hören. Jedes dieser Klangbilder ist stimmig, qualitativ überzeugend und passt sich dezent ins Spiel ein. Die Sprachausgabe beschränkt sich auf einen Erzähler, der vor allem die Zwischensequenzen begleitet und in passender Dramatik die Geschichte immer weiter erzählt. Ansonsten sind die "Gesprächspartner" recht stumm; das meiste wird textuell erschlossen.

Nicht das Objekt, sondern ein Bild davon!

Trotz des geringen Umfangs von ca. 5 Stunden wurde an Denkaufgaben im Spiel nicht gespart: Jede Etage des Turms beinhaltet diverse Aufgaben, die zudem das Wiederaufsuchen bereits besuchter Orte nicht ausschließen. Ganz klassisch müssen dabei Objekte gefunden, benutzt oder im Inventar manipuliert werden, wobei die Anzahl der Objekte überschaubar bleibt und diese meistens unweit des Ortes liegen, an dem sie gebraucht werden.

Ein wenig um die Ecke denken muss man zu Beginn schon, betten sich doch die meisten Gegenstände in eine magische Verständniswelt ein: Von meisten Objekten finden wir nur eine Zeichnung, die jedoch genau wie ein physisches Objekt eingesetzt wird. Fehlt ein Türknauf, so können wir mit einem Bild eines Knauf selbigen auf die Tür zaubern. Hat man sich einmal auf diesen Zusammenhang eingelassen, sind die Rätsel gut greifbar, relativ einfach und logisch nachvollziehbar. Ein wenig Hilfe erhält der Spiel von einem einfachen, aber effektiven Hilfesystem: Zu jeder Knobelei gibt es einen kleinen thematischen Eintrag. Daneben tragen wir einen Spiegel mit uns, der ein Konterfei des Erzählers zeigt. Sobald wir einen Tipp zu einem Thema benötigen, genügt ein Klick auf den Spiegel und wir erhalten stufenweise Tipps zu einem Bereich. Ein wenig Geduld wird uns aber abgerungen: Nach jeder Benutzung müssen wir etwas warten, bevor wir ihn erneut verwenden dürfen.

Für alle Rätsel und Minispiele gibt es zudem einen Fortschrittsbalken, der sich während der Knobelns füllt. Wenn dieser Balken voll ist, dürfen wir das Rätsel überspringen. Nett: Einfach Überspringen und Durchklicken geht also nicht, der Spielfluss wird anderseits auch nicht unnötig gehemmt.

Sparsam mit Profil

In Sachen Steuerung hält es Drawn: Der Turm recht einfach: Die Point-and-Click-Steuerung birgt keine Überraschungen und ermöglicht eine komfortable Bedienung. Eine Speicherfunktion gibt es nicht; das Spiel speichert den Fortschritt selbständig und bietet beim Neustart den Punkt "Weiterspielen" an. Somit ist ein Laden älterer Spielstände nicht möglich. Zumindest bietet das Abenteuer einen Spielerwechsel an: Jederzeit lassen sich weitere "Spieler" hinterlegen, die alle ihren eigenen Spielstand bekommen und diesen über "Weiterspielen" anspringen können.

Gefangen im Turm

Atmosphärisch gesehen kann Drawn: Der Turm in der kurzen Zeit erstaunlich viel aufbauen: Der gesamte Spielfluss wird von der märchenartigen Kulisse getragen und von einer tragischen musikalischen Note begleitet. Das Gesamtbild aus Grafikstil, Klang und Story weiß durchaus einzufangen und motiviert, den dunklen Turm weiter hinaufzusteigen, um zu erfahren, warum dieses Mädchen dort gefangen gehalten wird. Natürlich ist keine Zeit für Charakterentwicklung oder Storytiefe bei diesem kleinen Abenteuer, man fühlt sich aber dennoch im Geschehen drin.

Fazit

Dieses Adventure verwendet keine renommierte Engine und hat auch keinen renommierten Sprecher zur Hand - dennoch muss man sagen, dass das Spiel eine gute Figur macht und unter Berücksichtigung von Preis und Umfang anspruchsvoll gemacht ist. Von der Aufmachung und dem Umfang her richtet sich das Spiel eher an den Gelegenheitsspieler, der auf Kürze, leichte Zugänglichkeit, einfache Rätsel und intuitive Bedienung Wert legt.

Für Einsteiger ins Genre ist dieses Kleinod daher eine echte Empfehlung; aber auch der erfahrene Abenteurer kann sich diesen "Zwischendurch"-Happen durchaus schmecken lassen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Das Spiel ist klein und nach ein paar Stunden gespielt. Trotzdem hatte ich zwischenzeitlich den Eindruck, dass Drawn: Der Turm insgesamt runder ist als manch ein Vollpreistitel, den ich gespielt habe. Sicher, in den meisten Kategorien wurde stark verschlankt, aber die Dinge, die mir geboten werden, fügen sich gut zueinander: Ein wenig Story, ein bisschen Rätseln, durchaus nette Grafik und Musik.
Wenn man das Preis-/Leistungsverhältnis betrachtet, hat man es schon mit einem guten Geschäft zu tun. Das Abenteuer spielt in einer kleineren Liga, macht seine Sache dort aber wirklich gut.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Stimmiges Gesamtbild
  • Schöne Hintergrundmusik
  • Interessante Rätselwelt
  • Keine Dialoge
  • Keine Videosequenzen
  • Kurze Spielzeit