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Test

von  silly
30.05.2009
Tintenherz
Getestet auf DS/DSi/Dsi XL, Sprache Deutsch

Schon im Jahr 2003 erschien der erste Band der Tintenwelt-Trilogie von Cornelia Funke. Passend zur Verfilmung der literarischen Vorlage gibt es das Adventure-Spiel für den Nintendo DS. Ob es sich dabei um ein lediglich für den Film produziertes Spiel oder um ein waschechtes Adventure handelt, das wollten wir wissen.

Schmöker-Spiel

Zu Beginn des Spiels macht man, wie im Buch auch, Bekanntschaft mit dem Buchbinder Mo und seiner Tochter Meggie. Während des Spiels wird der Nintendo DS dabei wie ein Buch gehalten, was man schon von Titeln wie „Hotel Dusk - Room 215“ oder den Gehirnjogging-Spielen von Dr. Kawashima kennt. Dabei liegt das Gerät gut in der Hand und man hat fast ein bisschen das Gefühl, in einem echten Buch zu schmökern.

In der Geschichte selber findet Mo in einem Antiquariat eine der letzten Ausgaben des Buches „Tintenherz“. Während Meggie draußen wartet, kommt ein Fremder auf sie zu, der sie in ein Gespräch verwickeln will. Das weiß Mo allerdings zu verhindern, schließlich handelt es sich um Staubfinger, ein Mann, vor dem Mo anscheinend große Angst hat. So beginnt eine wilde Verfolgungsjagd, bei der man Staubfinger entwischen muss.

Auf der Flucht

Und so landet man schon beim ersten Geschicklichkeitsspiel innerhalb von Tintenherz. Man muss mit einem Schlitten schneller als Staubfinger sein. Dazu lenkt man mit Hilfe des Steuerkreuzes den Schlitten um Hindernisse wie Pfützen und Autos herum. Eisschollen gelten dabei allerdings als Beschleuniger und bringen einen teilweise ganz schön ins Schlittern.

Hat man diese Aufgabe gemeistert, findet man sich im Haus von Meggie und Mo wieder, wo es nach altbewährter Point-and-Click-Manier gilt, das Haus zu erkunden und dabei das ein oder andere Rätsel zu lösen. Dazu hat man viel Anleitung, Mo schickt einen beispielsweise los, um ein paar Gegenstände zu suchen. Also läuft man im Ober- und Untergeschoss des Hauses herum und erkundet alles haargenau mit dem Stylus. Gegenstände, die man benutzen kann, wandern dabei ins Inventar und können dort später genauer betrachtet oder aber auch miteinander kombiniert werden.

Ziemlich schnell wird einem klar, dass die Verweildauer im Haus begrenzt ist, nach kurzem Packen geht die Reise von Mo, Meggie und Staubfinger weiter in das Haus von Tante Elinor. Insgesamt werden ziemlich viele Locations, die in der Geschichte von Cornelia Funke beschrieben sind, angesteuert. Dabei hält sich die das DS-Spiel streng an die literarische Vorlage des Buches.

Gut gegen Böse

Mo, Meggie und Staubfinger machen sich auf die Suche nach dem Autor des Buches „Tintenherz“, dem Schreiber Fenoglio. Mo hat nämlich eine sehr einzigartige und außergewöhnliche Gabe; er kann Menschen durch sein Vorlesen aus Büchern herauslesen. Leider ist ihm dies beim Vorlesen von „Tintenherz“ mit einem wirklichen Bösewicht namens Capricorn passiert, und auch Staubfinger ist kein normaler Bürger, sondern ein Gaukler aus eben jenem Buch. Fenoglio soll nun durch das Umschreiben seiner Geschichte Mo die Gelegenheit geben, die Bösen wieder in das Buch hineinzulesen.

Das wollen Capricorn und seine Schergen, allen voran der finstere Basta, natürlich verhindern. Sie wollen im Gegenteil, dass der „Schatten“, der Oberbösewicht aus „Tintenherz“, in die wirkliche Welt gelesen wird und so versuchen sie Mo, den sie auch Zauberzunge nennen, in ihre Gewalt zu bekommen. Ein Wettlauf gegen die Zeit und die Widersacher beginnt, während dem man in die Rollen von Meggie, Mo oder auch von Staubfinger schlüpft.

Ich sehe was, was du nicht siehst

Während des Spielens wechseln sich die Rätselpassagen zwischen Point-and-Click-Stellen und Geschicklichkeitsspielchen ab. Bei Ersteren wird jeweils die Figur mit dem Stylus gesteuert - ein Druck auf den A-Knopf zeigt einem die Hotspots im jeweiligen Bildschirmabschnitt an. Wie oben beschrieben, muss man Sachen einsammeln, die man dann miteinander kombinieren und an anderer Stelle wieder einsetzen kann. Geübte Rätselfreunde werden diese Aufgaben wahrscheinlich als zu leicht empfinden. Zum einen ist dem Spieler immer klar, was er tun muss, zum anderen kommt man auch durch bloßes Ausprobieren sehr schnell ans Ziel. Das Rätseldesign ist sehr linear aufgebaut. Hat man beispielsweise die Flucht aus einem der zahlreichen Gefängnisse geschafft, wartet bereits die nächste Geschicklichkeitsübung auf einen. Dabei werden die Anforderungen von Mal zu Mal schwerer, an der Art des Spieles ändert sich allerdings nichts.

Ein Buch ist ein Buch ist ein Buch ist ein...

So muss man etliche Male bildlich aus einem Buch vorlesen, sprich man muss mit dem Stylus einen roten Faden nachziehen, der sich von rechts nach links über den rechten Bildschirm windet. Schafft man es, diese Linie genau nachzuziehen, hat man alle Wörter richtig vorgelesen und wird in den nächsten Rätselabschnitt entlassen. So genau nimmt es das Spiel dabei allerdings nicht, auch wenn man nicht so exakt den Faden trifft, kommt man zum Erfolg.

Eine andere Art dieser Geschicklichkeitsspiele ist das Schleichen durch von Wachen bevölkerte Gebiete, vor denen man sich entweder verstecken oder die man dann später auch ausschalten kann. Jedes Spiel für sich ist an sich nicht schlecht, in der häufigen Wiederholung können sie allerdings rasch zu einem Ärgernis werden.

Wenn ein Buch zum Film zum Spiel wird...

...dann beschleicht einen schnell das Gefühl, dass man den Hollywoodhype um den Film auch im Gamessektor zu barer Münze machen möchte. Augenscheinlichster Bezug zum Film ist, dass die Figuren in dem Spiel wie die Kinoschauspieler aussehen. Spricht man im Spiel mit Mo bzw. den anderen Charakteren, so sieht man rechts das stilisierte Konterfei von Brendan Fraser, Helen Mirren und den anderen Darstellern. Die Antwortmöglichkeiten sind auf dem linken Bildschirm aufgeführt, hier kann man sich mit dem Klicken des Stylus die jeweiligen Fragen oder Antworten auswählen.

Die Porträts sehen ganz ansehnlich aus – leider kennen diese Gesichter immer nur den einen, gleichen Gesichtsausdruck. Auch die Figuren sind in der Animation sehr hölzern und wirken vor den vor den schön gezeichneten Hintergründen oft ziemlich deplatziert. Leider sind aufgrund der begrenzten Größe des DS-Bildschirms in der jeweiligen Location Details sehr schlecht zu erkennen, was das Finden von spielrelevanten Gegenständen bisweilen ziemlich schwer macht. Da schafft, wie bereits erwähnt, das Drücken der A-Taste Abhilfe. Leider kann man selbst dann oft nicht genau erkennen, was einem da blinkend angezeigt wird. Tippt man auf einen Gegenstand, den man mitnehmen kann, wandert dieser automatisch ins Inventar, wo man ihn dann auch groß betrachten und sich die zusätzlich aufgeführten Informationen durchlesen kann. Im Inventar selber kann man die Gegenstände dann nach Bedarf auch miteinander kombinieren, um sie dann im Spiel selber wieder einzusetzen.

Musik muss nicht immer sein

Leider trifft dieser Satz auf Tintenherz genau zu. Ständig sich wiederholende Musikschleifen, die uninspiriert vor sich hindudeln, zwingen einen irgendwann die Musik auf lautlos zu stellen. Hier wäre durchaus das Potenzial gewesen, durch stimmig komponierte Musik dem Spielgeschehen mehr Atmosphäre einzuhauchen. Auf Sprachausgabe muss man, wie auf dem DS üblich, verzichten.

Zudem ist der Spielspaß bei Tintenherz recht kurz. Bereits nach drei Stunden war das Spiel in unserem Test vorbei, eindeutig zu kurz für einen Vollpreistitel. So bleibt das Spiel leider weit hinter den Erwartungen, die nach dem großen Erfolg des Buchtitels vorhanden waren, zurück. Es findet keine rechte Einführung in die Geschichte statt und ehe man richtig „in Stimmung“ ist, ist das recht zweifelhafte Spielvergnügen auch schon wieder vorbei. Dem Tivola-Verlag ist es also nicht gelungen, ein packendes und spannendes Spiel zu veröffentlichen, dieser Titel reicht allenfalls dazu aus, sich in Bus und Bahn zwischendurch kurze Ablenkung zu verschaffen.

thumb
Tintenherz – Der Erfolg einer Geschichte Als im Jahr 2003 der erste Band der Tintenherz-Trilogie erschien, war Cornelia Funke längst keine Unbekannte mehr. Nach ihrem Abitur in Nordrhein-Westfalen zog es sie nach Hamburg, wo sie nicht nur Pädagogin, sondern auch Illustratorin wurde. Durch ihre Arbeit mit Kindern und dem Malen für Kinderbücher wurde sie zum Selber-Schreiben inspiriert. So hatte sie bereits 30 Kinderbücher veröffentlicht, bis sie mit dem Buch „Herr der Diebe“, welches im Jahr 2000 erschien, auch den internationalen Buchmarkt eroberte. 2002 stand Herr der Diebe wochenlang in den Bestenlisten in Amerika. Dort lebt sie auch seit 2005 und schreibt weiter an ihren Büchern, welche teilweise in 37 Sprachen übersetzt wurden. Das TIME Magazine zählte sie 2005 zu den 100 weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ich habe mich sehr auf die spielerische Umsetzung des Titels „Tintenherz“ gefreut. Umso größer war dann meine Enttäuschung als ich mit dem Spielen begann und sehr schnell merkte, dass aus der Vorlage ein sehr kurzes und sehr einfaches Adventure-Spiel geworden ist. Selbstverständlich verlieren solcher Art fantastische Geschichten immer etwas von ihrer Ausstrahlung und Atmosphäre, aber dieses Spiel wirkt für mich schon sehr „zusammengeschustert“.

Oft wirkt das Spiel so, als hätte ihm ein wenig mehr Zeit in der Entwicklung ganz gut getan. So entsteht für mich der Eindruck, dass passend zum Film ein Spiel auf den Markt gebracht wird, dass den Erwartungen an einen Vollpreistitel leider nicht gerecht werden kann. Viel zu schnell ist man mit den Rätseln und der Story am Ende. „Tintenherz“ hätte in meinen Augen deutlich mehr Potenzial gehabt. Schade, dass das nicht umgesetzt werden konnte.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tintenherz
  • Schön gezeichnete Hintergründe
  • Angenehme Handhabung
  • Nervige Musik
  • Mäßige Animationen
  • Sehr kurz
  • Repetitive Minispiele
  • Dünnes Rätseldesign