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Test

von  Antonio Moss
19.05.2016
Kathy Rain
Getestet auf Windows, Sprache
  • Deutsch
  • Englisch

Clifftop Games, ein neues, unabhängiges Entwicklerstudio, welches lediglich aus Joel Staaf Hästö besteht, hat kürzlich Kathy Rain über Raw Fury für PC und Mac auf den Markt gebracht. Ob das nostalgisch anmutende Adventure überzeugen kann, lest ihr hier im Test.

Die Neunziger sind zurück

Kathy Rain spielt Mitte der Neunziger im fiktiven Örtchen Conwell Springs irgendwo in den USA. Kathy, die titelgebende Protagonistin, ist eine gewitzte Journalismus-Studentin und teilt sich ein Zimmer mit ihrer Kommilitonin Eileen, die ihr so manches Mal aushilft. Dass das Spiel noch vor der Jahrtausendwende abläuft, erkennt man auch an der elektronischen Ausstattung des Zimmers - Computer haben lediglich ein Diskettenlaufwerk und Farbdrucker sind zu der Zeit die Speerspitze moderner Technik. Auch Referenzen zu damals aktuellen und noch kommenden Filmen sind in den Postern versteckt. Wer also selbst seine Kindheit oder Jugend in diesem Jahrzehnt verbracht hat, wird sich schnell wohl fühlen. Nicht nur das Setting weckt Erinnerungen an damals. Clifftop Games ziehen das Neunzigerjahre-Ding voll durch und verpassen dem Spiel nicht nur den Look der alten Schule, sondern bringen das Ganze auch noch im 4:3 Format. Die Grafiken sind keine aufwändigen 3D-Modelle, sondern schöne pixelige Sprites, wie man sie von früher oder - um aktuelle Beispiele zu bringen - den Wadjet-Spielen kennt. Gesteuert wird das Ganze per Maus. Die Tastatur wird auch als solche an manchen Stellen im Spiel genutzt, ansonsten kommt sie nur beim Eintippen des Speicherstandnamens zum Einsatz. Der Fortschritt darf übrigens jederzeit gesichert werden.

Wer kennt diese Klassiker nicht?

Kombiniere, kombiniere…

Um die Geschichte, das Lüften des Geheimnisses um Kathys Großvater, voranzutreiben, muss der Spieler in gewohnter Adventure-Manier verschiedene Personen und Gegenstände anklicken, um mit ihnen zu interagieren. Veranschaulicht wird das durch ein Aktionsrad mit mehreren Icons. Bei Personen sind das meist zwei - eines zum Reden, das andere zum Anschauen. Gegenstände dagegen kommen mit drei Möglichkeiten daher - anschauen, darüber nachdenken und mit anderen Dingen kombinieren beziehungsweise sie nehmen, falls möglich. Objekte können übrigens auch mit Menschen kombiniert werden. Im Laufe der Story wird dies sogar mehrmals nötig sein. Ansonsten liegt der Fokus eher darauf, verschiedene Gegenstände in Verbindung zu bringen, um etwa ein Zahlenschloss zu knacken oder ein Gedicht zu entschlüsseln. Somit befinden sich also abwechslungsreiche Rätsel im Spiel, die vom Schwierigkeitsgrad her von einfach bis mittelschwer reichen. Das Inventar befindet sich am unteren Bildrand in Form einer Tasche, die zum Öffnen angeklickt werden muss. Zu allem darin Befindlichen gibt es mal mehr, mal weniger lustige Kommentare von Kathy anhören. Wer es über Steam spielt und die Errungenschaften freispielen möchte, sollte hier und da besonders kreative Kombinationen ausprobieren.

Das Haus am See...

Reden ist manchmal auch Gold

Die Geschichte um Kathys verstorbenen Großvater, der zu Lebzeiten einem Geheimnis auf der Spur war, eröffnet sich dem Spieler hauptsächlich über die Gespräche, die geführt werden. Während die Sprachausgabe ausschließlich auf Englisch ist, sind die Texte auch auf Deutsch verfügbar. Das beschränkt sich aber nicht nur auf die Untertitel, auch Schriftzüge an Wänden oder das Namensschild eines Schauplatzes sind dann übersetzt. Doch zurück zu den Dialogen. Manchmal gibt es sogar mehrere Antwortmöglichkeiten, welche die Handlung allerdings nie wirklich verändern, sondern mehr nur die unmittelbare Reaktion darauf variieren lassen. So kann Kathy zum Beispiel auf vier unterschiedliche Arten auf eine Einladung zum Essen antworten. Zwar ist es immer ein “nein”, doch es reicht von einer einfachen Ablehnung bis zu einer wirklich bösen Abfuhr. Hier wird dem Spieler gezeigt, dass die Protagonistin ihre Meinung klar vertritt und, wenn es sein muss, das auch noch sehr frech vermitteln kann. Fernab davon laufen die Unterhaltungen dann so ab, dass die Porträts der Gesprächspartner links und rechts im Bild zu sehen sind, während in der Mitte auf einem Notizzettel die Themen aufgelistet werden, zu denen Kathy sein Gegenüber befragen kann. Auch das Inventar kommt hierbei zum Einsatz. Es ist sogar sehr wichtig. Leider blieb aber auch dieser Titel nicht vor der berüchtigten “Videospiellogik” verschont. Wenn der Spieler etwa eine Person von etwas überzeugen muss, es aber nicht schafft, wird das Gespräch einfach neu gestartet und das Gegenüber tut so, als wäre der Misserfolg davor nie passiert. Das wirkt immer etwas seltsam, aber natürlich muss das so sein. Ansonsten wäre das Spiel dann vorbei, da kein Weiterkommen mehr möglich wäre. Kommt der Spieler allerdings überall gut durch, so erlebt er eine spannende Handlung, die teilweise auch scheinbar paranormale Ereignisse bietet und die Protagonistin mit ihrer Vergangenheit und schwerwiegenden Entscheidungen aus selbiger konfrontiert.

Man wird sich ja wohl noch beschweren dürfen!

Die Sache mit der Konsequenz…

Nun könnte man sagen, dass das Spiel ja quasi von nur einer einzigen Person entwickelt wurde und man deshalb das eine oder andere Auge zudrücke. Oder dass es ja nur konsequent sei und genau so sein müsse. Trotzdem ist es etwas schade, dass aufwändigere Animationen kaum vorhanden sind. Stattdessen bekommt der Spieler einen schwarzen Bildschirm und hört nur, was dahinter wohl geschieht. Auch eine Idle-Animation - also eine Animation, die abläuft, wenn die Figur über einen längeren Zeitraum nicht bewegt wird - gibt es nicht. Das ist zwar verschmerzbar, dennoch hätte der Entwickler hier noch etwas mehr herausholen können. Über den Sound lässt sicht nichts Schlechtes sagen. Wird der Ort gewechselt, gibt es eine Übersicht aller freigespielten Schauplätze. Während der Auswahl düst Kathy lässig auf ihrem Motorrad über eine Landstraße. Auch Musik, wenngleich recht simple, wird abgespielt. Hat der Spieler sich für einen Ort entschieden, gibt sie ordentlich Gas und fährt mit einem passenden Motorengeräusch rechts aus dem Bild. An den meisten Schauplätzen gibt es dann die Grundstimmung unterstützende Hintergrundmusik anstelle von melodischen Stücken, was nicht weiter stört, denn so kann sich mehr auf das Geschehen konzentriert werden.

Rauchen ist ungesund! <br /><br />Aber im Ernstfall kann ihr ja direkt geholfen werden...

Fazit

Als Fan von Spielen wie Baphomets Fluch oder den Titeln von Wadjet Games findet man an Kathy Rain schnell Gefallen. Die Story, die an sich zwar abgeschlossen ist, den Spieler allerdings mit ein paar Fragen zurücklässt, hat einen düsteren Anstrich, wird aber durch Kathys direkte Art hin und wieder etwas aufgelockert. Schnippische Kommentare und zum Beispiel auch Wortspiele mit Filmtiteln aus der damaligen Zeit zeigen, dass es dem Spiel nicht an Humor fehlt. Die Steuerung per Maus ist sehr einfach und intuitiv, was auch auf die Menüführung zutrifft. Der erste Titel aus dem Hause Clifftop Games ist also sehr zugänglich und verspricht etwa acht Stunden Spielspaß. Wer also mit den oben erwähnten Adventures etwas anfangen kann, sollte auch hiermit mehr als zufrieden sein.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Es gibt nicht mehr viel hinzuzufügen. Stellenweise ist das Spiel echt sehr spannend und lässt einen so schnell nicht wieder los. Ich würde es sehr begrüßen, wenn daraus eine Serie wie etwa Cognition oder Blackwell entstünde.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Nostalgischer Look
  • Spannende Geschichte
  • Humorvolle Dialoge
  • Starke Heldin
  • Nur englische Sprachausgabe