Anzeige

Vorschau

von  Benjamin "Grappa11" Braun
28.08.2008
Black Mirror 2
434]Im März dieses Jahres verkündete die Firma KingArt aus Bremen den Abschluss der Konzeptphase zum Nachfolger eines der erfolgreichsten Adventures der letzten Jahre, Future Games' Black Mirror – Der dunkle Spiegel der Seele. Die weitere Entwicklung übergab Publisher dtp der Firma Cranberry Production, die aus den 4Head-Studios hervorgegangen war. Auf der diesjährigen Games Convention konnte man uns bereits erste Spielszenen aus dem 12 Jahre nach dem ersten Teil spielenden Sequel zeigen, das nicht nur Fans des ersten Teils aus dem Jahre 2004 begeistern soll.

Rückkehr nach Willow Creek

Physikstudent Darren arbeitet in einem kleinen Fotoladen in Biddeford, einem Küstendorf im US-Bundesstaat Maine. Er gilt als verschlossener Einzelgänger und erträgt seinen unsympathischen Chef Fuller nur, da seine einzige Leidenschaft der Fotografie gilt.
Eines Tages betritt eine junge Engländerin Fullers Laden, die Darrens Aufmerksamkeit weckt. Sein übellauniger Chef sorgt aber dafür, dass sich die beiden nicht zu nahe kommen. Der Hochschüler beobachtet, dass jemand der hübschen Angelina folgt, nachdem sie den Laden verlassen hat. Als der jungen Frau etwas zustößt und Darrens Chef scheinbar irgendwie darin verwickelt ist, sinnt Darren nach Rache, Fuller muss dafür büßen.
Fortan plagen ihn schlimme Alpträume, die Darren nach England führen, in eine kleine Stadt namens Willow Creek, dem Sitz von Black Mirror Castle…

Downgrade auf 2,5D

Bereits recht früh hat man die ursprüngliche Planung verworfen, Black Mirror 2 komplett in 3D umzusetzen. Gerade Fans des ersten Teils werden es den Entwicklern danken, denn das Spiel sieht klasse aus und fängt den Stil des Vorgängers sehr gut ein. Die gerenderten Hintergründe und die 3D-Charaktere sind detailliert ausgearbeitet und hinterlassen einen ähnlich guten Eindruck, wie die eigens für Black Mirror 2 neu entwickelte Grafikengine. Rund 150 Szenen sollen es am Ende werden, die der Spieler im Laufe des Abenteuers erforschen kann. Viele Hintergründe sind bislang lediglich in Form grundlegender Skizzen vorhanden und werden nach und nach ausgearbeitet. Wenn die noch unvollendeten Spielteile die Qualität der bereits weiter fortgeschrittenen Locations erreichen, braucht man sich rein optisch zumindest erst mal keine Sorgen zu machen.
Wie in Black Mirror können manche Schauplätze sowohl bei Tag als auch bei Nacht betreten werden. Besonders die Szenen bei Nacht oder im Morgengrauen machen einen sehr atmosphärischen Eindruck: Ein Gebäude unmittelbar am Meer vermittelt bei diesigem Wetter, in Nebelschwaden und blau-gräuliches Licht gehüllt, eine schaurige Kälte. Bei Tageslicht sieht das Ganze etwas einladender aus, wenn der authentisch gestaltete Küstenort in Sonnenlicht getaucht ist. Doch selbst hier schafft man es, der Umgebung eine gleichsam trostlose wie leicht beklemmende Note zu geben. Das gelingt zum Beispiel besonders gut in Fullers Fotoladen, in dem man die staubige, abgestandene Luft förmlich inhalieren kann.
Gut gefallen hat uns auch einer der scrollbaren Hintergründe, der sich gut und gerne über die Breite von drei Bildschirmen zieht. Solche Backgrounds soll es mehrere im Spiel geben. Der Gezeigte stellt einen größeren Platz in Biddeford dar, der schon jetzt sehr belebt wirkt, trotzdem animierte Bildteile, Licht- und Schatteneffekte noch nicht vollständig in die Szene integriert waren. Etwas weiter fortgeschritten war bereits Black Mirror Castle, eine der aus dem Vorgänger bekannten Locations. Kenner des ersten Teils werden hier aber nicht nur ein Déjà-Vû-Erlebnis haben, sondern sich gleichzeitig am gestiegenen Detailgrad erfreuen und wohl bei jedem Blitz, der beißend grelles Licht ins Innere des Anwesens schmettert, zusammenzucken.
Neben dem Schloss werden auch zahlreiche andere Schauplätze aus Black Mirror wieder auftauchen, dazu gehört neben dem Dorf Willow Creek etwa auch die Dorfkirche nebst Friedhof.

Ein echtes Black Mirror?!

Die Entwickler sind sich bewusst, dass man vor allem Fans des ersten Teils nicht mit unnötigen Experimenten vor den Kopf stoßen darf. Auch deshalb fällte man wohl die Entscheidung, auf 2,5D zurück zu gehen und jene, die Steuerung aus Teil 1 beizubehalten. Sowohl die Form als auch die Funktionen des Cursors sind eins zu eins übernommen worden.
Beim Rätsel-Design orientiert man sich ebenfalls am Vorgänger, so wird es neben Inventar- und Dialogrätseln auch wieder Schalter- und Puzzleknobeleien geben. Auf besonders anspruchsvolle Schiebepuzzles oder Rätsel, die man nicht ohne entsprechendes Vorwissen oder nur mithilfe externer Quellen lösen kann, wie etwa das Schieberätsel mit den Sternzeichen, will man aber nicht zurückgreifen. Außerdem sollen die schon im Vorgänger von nicht allen geliebten Logikpuzzles bei Bedarf auch vom Spieler übersprungen werden können. Der Aufbau soll dabei strikt linear sein, was auch für die Handlung selbst gilt, die wieder in Kapitel unterteilt sein wird.
Auf unbeliebte „Features“ wie die verzögerte Verfügbarkeit von Hotspots oder auch bestimmte Ereignisse, die erst nach dem Ablaufen einer bestimmten Anzahl von Bildschirmen eintreffen, will man ganz und gar verzichten. Die Sterblichkeit des Hauptcharakters an bestimmten Schlüsselstellen allerdings, wird es auch in Black Mirror 2 geben. Während man im Vorgänger aber unvorbereitet in derartige Situationen geraten konnte und der letzte Spielstand unter Umständen erzwang, nochmals Spielszenen absolvieren zu müssen, die man bereits hinter sich hatte, so wird in Black Mirror 2 eine Autosavefunktion an solchen Stellen zum Einsatz kommen, um die Nerven des Spielers nicht unnötig zu strapazieren.
Musikalisch orientiert man sich ebenfalls am ersten Teil. Die Musikstücke aus dem Vorgänger sind klangtechnisch auf den aktuellen Stand gebracht und neu abgemischt worden. Neue Musikstücke im Black-Mirror-Stil soll es aber auch geben.
Auch Fotos wird man wieder schießen können, allerdings ist noch nicht sicher, wie weit dieses Feature spielrelevant sein wird. Geplant ist jedenfalls, dass man durch Fotos bestimmter Gebäude oder Gegenstände Gimmicks wie Artworks und ähnliches freischalten kann.
Was bei Black Mirror natürlich auch nicht fehlen darf ist der ein oder andere Mord. Da unnatürliche Todesfälle naturgemäß eine grausame Komponente enthalten, rechnet man seitens dtp auch eher mit einer Altersfreigabe ab 16 Jahren.
Zu guter Letzt will man auch eine weitere der Eigenschaften von Black Mirror aufrecht erhalten oder zumindest so nah wie möglich an sie heranreichen – der hohe Spielumfang. Ob Cranberry Production dieses hehre Ziel erreicht, kann man noch nicht abschätzen.

Noch ein Jahr bis zur Vollendung

Das, was wir bislang von Black Mirror 2 zu sehen bekommen haben, macht einen vielversprechenden Eindruck. Offenbar ist man sich den nicht gerade kleinen Fußstapfen bewusst, die Black Mirror hinterlassen hat und die man nicht mit einem Schnellschuss ausfüllen kann. Das Spiel in 2,5D umzusetzen scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein, stilistisch erinnern die Bilder deutlich stärker an Black Mirror als die ersten Szenen im 3D-Gewand.
Interessant wird werden, wie genau man das erste Abenteuer in die Geschichte einbindet. Der Trailer verspricht genauso wie die neue Einrichtung des ehemaligen Fotoladens in Willow Creek, in dem ein Wachsfigurenkabinett die Morde zwölf Jahre zuvor darstellt, viele Anspielungen, ein Poster am Messestand, auf dem Darren im Spiegel Samuel Gordon erblickt, auch einen inhaltlichen Bezug.
Im Gegensatz zur verworfenen 3D-Technik der Firma KingArt fließt die inhaltliche Vorarbeit des Bremer Entwicklers in das Projekt ein, die mit ihrem aktuellen Titel The Book of Unwritten Tales einen äußerst positiven Eindruck hinterlassen haben. Future Games ist weiterhin nicht an der Entwicklung beteiligt, Ratschläge habe man sich aber hin und wieder bei den tschechischen Entwicklern geholt.
Etwa ein Jahr will man sich noch für die Entwicklung von Black Mirror 2 Zeit geben. Ein langer Zeitraum in dem noch viel passieren kann. Der Entwickler befindet sich unserem Eindruck nach auf einem sehr guten Weg, weshalb wir optimistisch nach vorne blicken.

Sieht gut aus