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Vorschau

von  Benjamin "Grappa11" Braun
26.09.2008
A Vampyre Story - Angespielt
433]Am 30. Oktober soll es endlich soweit sein: Publisher Crimson Cow will die Spielergemeinde nicht länger auf Bill Tillers Comic-Abenteuer A Vampyre Story warten lassen, das mit bewusst klassischen Adventure-Elementen besonders Fans der alten LucasArts-Spiele ansprechen soll. Einen Vorgeschmack darauf, wie sich das Vampirabenteuer anfühlt, konnten wir anhand einer Preview-Version bekommen, die das gesamte erste der beiden Kapitel beinhaltet.

Ein Schloss, tief in der Karibik in Draxylvanien

Mona de Lafitte lebt im Schloss Warg im düsteren Draxylvanien. Doch sie ist nicht freiwillig hier: Der listige Besitzer der alten Gemäuer, Baron Shrowdy von Kiefer, hält Mona wie eine Gefangene - es ist seine einzige Möglichkeit, die untote Schönheit in seiner Nähe zu wissen. Monas einzige Freude besteht darin, ihre Stimmgewalt im eigens hierfür errichteten Theatersaal zu proben und mit ihrem ständigen Begleiter, der vorlauten Fledermaus Froderick, zu kommunizieren. Eines Tages aber gerät Shrowdy, als er wieder einmal ohne Mona das Schloss verlässt, in eine Falle eines Vampir jagenden Priesters. Die Gelegenheit zur Flucht will sich Mona natürlich nicht entgehen lassen. So versucht sie, nun einen Weg aus dem Schloss zu finden, um ihren Traum endlich wahr werden zu lassen, in der Stadt der Liebe als Opern-Diva auf der Bühne zu stehen. Um ihren Wunsch zu erfüllen, gilt es jedoch ein paar Hürden zu überwinden. Und dabei ist Seemonster Inky nicht die einzige Skurrilität in und um das Schloss mitten im See.

Monkey Island in 2,5D

Schon in den ersten Spielminuten wird deutlich, wie sehr sich der Stil an den von Monkey Island 3 anlehnt. Zwar hat man es bei A Vampyre Story mit einer wesentlich aufwändigeren 2,5D-Optik zu tun, die sowohl mit ihren wunderschön gezeichneten 2D-Backgrounds als auch mit den detailliert ausgearbeiteten 3D-Charakteren überzeugen kann, ein Gefühl, in 'die gute alte Zeit' zurückversetzt zu werden, mischt sich aber stets darunter. Der Comic-Look der Schauplätze wird durch die weichen Animationen der Spielfiguren und zahlreiche animierte Objekte abgerundet. Die vielfältige Gestik und Mimik von Mona, Froderick und Co. sind überaus gelungen und kommen besonders während der Dialoge zur Geltung. Dabei schaltet das Spiel meist in eine Nahansicht um, in der auch feinere Gesichtsanimationen sichtbar werden. Nicht nur bei diesen Gelegenheiten erkennt man die Liebe und Sorgfalt, mit der man sich den Charakteren gewidmet hat.
Die Szenen des ersten Kapitels sind, obwohl der Schauplatz lediglich das Schloss umfasst, sehr zahlreich und bieten optisch genügend Abwechslung. In einzelnen Hintergründen wird etwas an sichtbaren Hintergrunddetails gespart, dafür gibt es kaum Objekte, die Mona nicht untersuchen kann und zu denen insbesondere Froderick nicht immer wieder einen bissigen Kommentar beisteuert. Vor allem aber setzen sich die Handlungsorte zu einem absolut stimmigen Ganzen zusammen.
Wer alle Anspielungen findet<br>hat alle Anspielungen gefunden.
Sehr schön ist auch, dass die Lichtquellen im Spiel neben einer glaubwürdigen Beleuchtung der jeweiligen Szenen auch die Charaktere berücksichtigt. Nähert sich Mona etwa dem Kaminfeuer des Esszimmers, wird ihrem Kleid - und auch ihrem kreidebleichen Gesicht - eine entsprechende Farbnuance verpasst.
Die Zwischensequenzen werden derzeit bei Entwickler Autumn Moon finalisiert, damit am Ende sowohl Qualität als auch Kompression stimmen. Die Cutscenes, die uns im ersten Kapitel begegnet sind, machen aber schon jetzt einen guten Eindruck. Inhalt und Timing sind jedenfalls allererster Güte.

Wenn hier einer lacht, der kriegt gescheuert

Wenn jemand die Lacher des Spielers mit einer Ohrfeige quittierte, würde bei A Vampyre Story wohl so was wie ein Backpfeifenkonzert die Folge sein. Wir können zwar bislang nur von der englischen Version berichten, aber die ist teils brüllend komisch, ganz besonders, wenn Fledermaus Froderick wieder einen seiner Kommentare beisteuert. Aber auch die übrigen Figuren haben es in sich und sorgen stets für Heiterkeit. Die Qualität der Texte, die trotz des hohen Umfangs nie langweilig sind, und die passende Sprecherwahl, sorgen jedenfalls für einen herausragenden akustischen Genuss. Ob Crimson Cow eine vergleichbar hochwertige deutsche Lokalisierung auf die Beine gestellt hat, bleibt abzuwarten. Wenn sie aber auch nur im Ansatz den Unterhaltungswert der englischen Fassung erreicht, dürfen wir uns auch hierzulande auf ein Abenteuer mit Humor der Extraklasse freuen.
Die Musik im Spiel stammt vom Portugiesen Pedro Macedo Camacho, der in diesem Jahr den Hauptpreis in der Kategorie 'Excellence in audio' beim Independent Games Festival gewonnen hat. Unseren bisherigen Eindrücken nach trägt die meist sanft im Hintergrund anklingende Musik ihren Teil zum stimmigen Gesamterlebnis bei.

Interface für Nostalgiker

Wer die alten LucasArts-Spiele Vollgas und Monkey Island 3 gespielt hat, wird auf Anhieb mit der Point-and-Click-Steuerung von A Vampyre Story zurecht kommen, denn auch hier erscheint eine Art Optionskasten, bei dem man zwischen Betrachten, Benutzen und Reden auswählen kann. Hinzu kommt ein Aktionsfeld mit dessen Hilfe Mona sich in eine Fledermaus verwandelt, und versucht, ansonsten unerreichbare Plätze zu betreten. Ähnlich wie man es aus Sam & Max: Hit the Road kennt, darf man Monas geflügelten Freund Froderick bei verschiedenen Gelegenheiten benutzen, zum Beispiel wenn es darum geht, durch eine Falltür in ein stinkendes Loch hinabzusteigen, um dort nach brauchbaren Gegenständen Ausschau zu halten.
Häufig zum Einsatz kommt auch das so genannte Gedankeninventar, bei dem sich Mona den Standort bestimmter Objekte merkt, um diese dann bei Bedarf auf direktem Weg dort abzuholen. Im Inventar kann man aber auch verschiedene Gegenstände miteinander kombinieren, die dann ebenfalls zunächst als Idee im Inventar abgelegt werden. Das kann genauso eine Fackel sein, die zusätzlich noch entzündet werden muss, oder auch Froderick, der für Mona einen Tiergeräuschesimulator bedient. Auf diesem Weg werden außerdem Informationen im, passenderweise als Sarg dargestellten, Inventar hinterlegt, also zum Beispiel die Kombination für ein Vorhängeschloss. Es gibt aber natürlich auch gewöhnliche Inventargegenstände. Als Gedanke hält Mona Objekte im Normalfall nur dann fest, wenn sie zu groß oder zu schwer wären, um sie ständig mit sich herum zu tragen.
Mona wird von der gezeichneten<br>Umgebung beleuchtet - schick!
Das Rätseldesign bleibt dabei klassisch, bietet im ersten Kapitel aber vor allem Inventar- und Kombinationsrätsel an. Im Zusammenhang damit spielen die zahlreichen Dialoge jedoch auch eine sehr wichtige Rolle. Diese kommen zwar meist ohne verzweigte Dialogrätsel aus, geführte Gespräche schalten aber deutlich häufiger neue Dialogoptionen für andere Gesprächspartner frei, als das in anderen Adventures oft der Fall ist. Zudem wird deutlich, wie wichtig der Wissensstand der Spielfigur ist. Einzelne Aktionen können oft erst dann ausgeführt werden, wenn es auch für Mona einen nachvollziehbaren Grund gibt. Das gilt allerdings nicht für aufnehmbare Objekte, die Mona grundsätzlich immer direkt an sich nehmen kann bzw. als Gedanken speichert.
Auch andere Rätseltypen haben es ins Spiel geschafft, kommen aber im Gegensatz zu Inventar- und Kombinationsrätseln etwas seltener vor, dazu zählt zum Beispiel eine Codescheibe, die man später im ersten Kapitel korrekt einstellen muss. Auch verschiedene Rezepturen müssen hergestellt werden.
Besonders schön an den Rätseln im ersten Kapitel sind die teils längeren Verkettungen von Aktionen, die sinnvoll und logisch aufeinander aufbauen. Im Rahmen der Story und um nicht unlogisch zu werden, ist eine gewisse Linearität vorgeschrieben. Es gibt aber viele Aktionen, die man in mehr oder weniger beliebiger Reihenfolge durchführen kann. Absoluter Leerlauf bei Hängern sollte sich auf diese Weise also nicht so schnell einstellen.
Der Schwierigkeitsgrad im ersten Kapitel ist im mittleren Bereich, dürfte aber für Einsteiger an manchen Stellen schon herausfordernd sein. Das zweite Kapitel, das im Dorf spielt, soll neben einem höheren Umfang auch komplexer ausfallen.

Stichtag: 30. Oktober

Bill Tiller hat in den vergangen Monaten schon mehr als einmal die Fertigstellung von A Vampyre Story in Aussicht gestellt und mit diesen Aussagen mehr als einmal für graue Haare beim Publisher gesorgt. Aber egal, was von seinen Äußerungen von früher zu halten war, nähert sich das Spiel mit großen Schritten der Fertigstellung. Beim Blick auf die erste spielbare Version im Mai dieses Jahres war die Stabilität noch alles andere als ausreichend. Schon auf der Games Convention allerdings sah man, wie Entwickler Autumn Moon vorangekommen war. Störend waren hier aber noch die langen Ladezeiten, die sich bereits deutlich verkürzt haben. Die aktuelle Preview-Version, die uns gerade mal einen Monat nach der GC erreicht, verdeutlicht nochmals, dass man die eigene Technik offenbar im Griff hat. Zwar gibt es noch einzelne Fehler, die geplante Hotspot-Anzeige fehlt und an die Videos muss noch letzte Hand angelegt werden, doch wir sind optimistisch, dass die Entwickler auch die letzten Ecken und Kanten noch abschleifen können und werden. Das glaubt man allerspätestens, wenn man weiß, dass auch der 30. Oktober als Termin nicht in Stein gemeißelt ist und - sofern es notwendig wäre - auch nochmals verschoben würde. Producer Georg Hach von Publisher Crimson Cow, der die letzte Produktionsphase vor Ort bei Autumn Moon Entertainment begleitet, hält den zuletzt genannten Termin aber weiterhin für realisitisch. Wenn alles glatt läuft, sollte das Spiel also pünktlich zu Halloween in den Handel kommen.

AVS = Das Adventure?!

Spätestens seit den ersten Bildern und ausführlicheren Infos zum Spiel macht sich gerade bei den dienstälteren Adventure-Spielern große (Vor-)Freude breit. Endlich wieder ein Point-and-Click-Abenteuer alter Schule, das alles bietet, was Fans der Klassiker so geliebt haben: interessante, schräge Charaktere, witzige Dialoge, viele Rätsel, comichafte Optik mit gezeichneten Hintergründen usw. Die Erwartungshaltung war entsprechend hoch und damit natürlich auch der Druck auf Entwickler und Publisher. Nach frühen, sehr vielversprechenden Vorschauberichten in unterschiedlichen Print- und Onlinemagazinen, verschiedenen Termingerüchten und der irrtümlich als extrem hoch eingeschätzten Entwicklungszeit, waren die Befürchtungen bei den Spielern immens, dass am Ende die große Enttäuschung droht. Die Preview-Version entzieht diesen Berfürchtungen aber definitiv den Nährboden, denn ohne in Superlativen verfallen zu wollen, inhaltlich wird A Vampyre Story - gemessen am ersten Kapitel - den Erwartungen mehr als gerecht. Wenn die letzten technischen Schwachpunkte beseitigt werden, das zweite Kapitel das hohe Niveau des ersten halten kann und die deutsche Lokalisation gelungen ist, steht mit A Vampyre Story ein Adventure aller erster Güte an, das nicht nur Fans der alten LucasArts-Spiele begeistern wird.

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Sieht gut aus