Zuletzt gab es hier drei Indietitel jüngeren Datums, und zwar "Distraint: Deluxe Edition", "Bad Dream: Coma" und "Another Lost Phone: Laura's Story".
Am besten davon fand ich
Bad Dream: Coma, das optisch und akustisch zunächst zwar recht unscheinbar daherkommt, mit zunehmender Spieldauer aber eine unglaubliche Tiefe entfaltet und abhängig von unseren Entscheidungen einen signifikant anderen Verlauf nimmt.
Insgesamt sind drei verschiedene Enden erspielbar, wobei bereits buchstäblich auf dem ersten Screen die Weichen für den weiteren Verlauf gestellt werden können. Auch einzelne Puzzles, Dialoge, Räume und Szenen unterscheiden sich dann merklich. Bisher habe ich mir zwei Enden erspielt, habe aber noch lange nicht das Gefühl, wirklich alles gesehen und erlebt zu haben.
Auch wenn das Gameplay zugegebenermaßen ein paar Macken hat (etwas Pixelhunting, einige Trigger), ist Desert Fox in 2017 hiermit ein im besten Sinne ungewöhnliches Spiel gelungen, das einen beträchtlichen Wiederspielwert aufweist bzw. beim zweiten Durchgang erst wirklich interessant wird. So werden aus drei bis vier Spielstunden am Ende durchaus acht oder zehn.
Mich würde übrigens brennend interessieren, ob der letztjährige Nachfolger "Bad Dream: Fever" ähnlich gut ist, falls es jemand kennt. Was ich davon bisher gesehen und darüber gelesen habe, hat mich leider weniger überzeugt: Irgendwie ein komplett anderer, vergleichsweise "professioneller" und aufgeräumter Stil ohne größeren spielerischen Fortschritt. Da täusche ich mich aber gerne.
Distraint war ebenfalls ganz gut, auch wenn ich hier stärker von Thema und Atmosphäre angetan war, als von der eigentlichen spielerischen Umsetzung. Mit Tastatursteuerung komme ich grundsätzlich zwar gut zurecht, aber an einer zentralen zeitkritischen Stelle wirkte sich das fummelige Inventarmanagement recht frustrierend und spürbar spielverlängernd aus. Rätsel waren im Prinzip auch kaum vorhanden; das ist aber wohl zu verschmerzen, weil hier ganz klar die kapitalismuskritische Story im Vordergrund steht. Gerade die phantasievoll umgesetzten Traumsequenzen, die überwiegend spielbar sind, bleiben davon in Erinnerung.
Auch hier kenne ich das Sequel noch nicht und bin für Meinungen dankbar.
Another Lost Phone: Laura's Story schließlich habe ich schon bei Erscheinen wahrgenommen, allerdings konnte ich mir unter dem Spielprinzip damals nichts Rechtes vorstellen. Da das Spiel gerade auf
indiegala verschenkt wird, habe ich nun doch einmal den Versuch gewagt.
Grundsätzlich handelt es sich um ein exploratives Adventure, bei dem es ausschließlich darum geht, das von uns gefundene Smartphone der jungen Laura nach Anhaltspunkten über ihr Verschwinden zu durchforsten.
Apps und Funktionen, die uns anfangs noch versperrt sind, werden erst durch aufmerksames und vergleichendes Lesen ihrer Chats, Notizen oder Fotos zugänglich. Meist gilt es, Informationen aus verschiedenen Quellen miteinander zu kombinieren, um Zugriff auf vormals geschützte Bereiche zu erlangen. Durch das Lesen intimster Nachrichten kommen wir nach und nach auch dem Menschen Laura, ihren Ängsten, Hoffnungen und Sorgen näher, sodass vor unserem Auge eine glaubhafte, "reale" Person vor dem Hintergrund alltäglicher Beziehungen entsteht. Und das Ende hat mich dann wirklich überrascht - und sehr bewegt. Gerade, weil es so folgerichtig ist.
Auch wenn einen das Spiel nicht länger als vielleicht zwei Stunden in Anspruch nehmen dürfte und sehr linear abläuft, wird es für mich eine unvergessliche Erfahrung bleiben.
Erwähnenswert ist, dass "Another Lost Phone" auch über einen fabelhaften Songtrack verfügt. Einzelne Titel lassen sich passenderweise innerhalb der Spielumgebung, d.h. auf Lauras Handy, anwählen, was die Immersion noch ein ganzes Stück steigert. Schließlich sind das "ihre Songs".