Seite 1 von 1

Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 23.03.2018, 00:42
von Werner1612
Hallo in die Spielerrunde,
ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Thema schon einmal angesprochen habe. Aber da ich meine paar Games, die ich mir vor einiger Zeit beim großen Fisch gekauft habe, mal wieder anspielte (nein, "Drawn" ist es nicht, die Reihe ist komplett aussen vor), fiel mir halt zum zigsten Male auf, dass die Grafik sehr schön ist, märchenhaft romantisch verspielt, das Interface eigentlich auch ganz ok, ABER nur der ganze Rest des Games, das auch noch unter Adventure rangiert, zum allergrößten Teil hirnloses Wimmelspiel ist. "Drawn" klammere ich hier aus. Auch die von mir gespielten Titel "Lost Lands" und "Haunted Hotel" gehen noch so, sind graphisch sehr schön, aber halt leider der Rest im Programm ist halt reines Wimmeln, mehr oder weniger. Nun denke ich: warum geht nicht eine so nette Grafik plus Interface, plus ner guten Story auf wirklicher Adventureebene? Die tollen Grafiken bei einem Wimmelspiel über ein Ukrainisches Studio schütteln sich doch auch nicht aus dem Ärmel. Warum funktioniert nicht nette Grafik mit guter Story? Oder warum versucht keiner die zwei Stränge zu verbinden?
LG Werner1612

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 23.03.2018, 09:24
von Uncoolman
Jede Schmiede hat nur einen begrenzten Etat zur Verfügung. Ich bastele selbst Spiele und kann ungefähr abschätzen, wieviel Zeit, Energie und letztendlich Geld ich in die Hauptbereiche investieren kann. Wimmelspiele haben eine verhältnismäßig überschaubare Spiel-Strategie. Deren Löwenanteil sind schön gemalte Stills. Meistens gibt es keine animierten Figuren, nur ein lineares Rätseldesign und selten Synchronisationen. Die Kosten sind überschaubar, und wenn die Engine bereits steht (Wimmelspiele sind ähnlich aufgebaut), ist für ein kleineres Team die Grafik eben das Wichtigste.

Trennen wir ein Spiel in die Bereiche Szenen-Grafik, Programmierung, neues Rätseldesign, Ton und Musik, Figuren- und Objektanimation, Interface, Marketing, dann sind drei Mitarbeiter schon am Limit. Mehr Kreative bedeuten aber mehr Gehaltskosten. Hier muss entschieden werden, was Priorität hat. Nehmen wir "Edna bricht aus", so ist die Grafik angemessen, aber eben kein ästhetisches Kunstwerk wie bei "Memoria". Damit ist nichts gegen die Grafik gesagt - es ist eben ein Cartoon-Stil. Mehr braucht es aber auch nicht, denn das Spiel soll ja grotesk sein, und lebt vom Witz und von der Synchro. Dafür ist das Spiel viel komplexer als ein Wimmelspiel. Auch MI lebt trotz oder wegen der zurückhaltenden Grafik, und ist trotzdem nicht umsonst auf Platz 1 der Adventurespiele. Vermisst man dort superrealistische Grafik..?

Du willst jetzt ALLES gleich toll. Klar geht das. Einige der "großen" Spiele, wie z.B. "Syberia" liefern von jedem das ziemlich Beste. Dann hast du aber gleich zwei bis drei Jahre Entwicklungszeit und ein Team von >10-20 Leuten. Dass das oft schief gehen kann, zeigen die letzten Daedalic-Ausflüge. Es gilt also: soviel tolle Grafik wie möglich, aber nicht mehr als nötig. Man muss erstmal 200 handgemalte Kulissen bezahlen (oder gerenderte).

Dann sollen die Figuren nicht deplaziert wirken, sie brauchen also stimmige und viel (!) Animationen, weil den Spieler liebloses Rumgeschubse oft mehr stört als nicht perfekte Bilder. Immerhin soll ja die Phantasie wirken.

Für mich gilt: schöne Grafik macht fast die Hälfte meiner Energieinvestition aus. Darauf folgen gleich Animationen und Charakterdesign. Im Grunde bleibt für die Programmierung und für das Rätseldesign keine Zeit mehr. Der Sound steht ganz am Ende - da fehlen nämlich Stimmen und die Zeit.

Wie du siehst: möglich ist alles, man muss es nur wuppen ...

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 23.03.2018, 21:46
von Sternchen
Das Wimmelbildspiele einen Tick, eine etwas schönere Grafik haben, ist Ansichtssache.
Es gab eigentlich bis dato noch kein Adventure wo ich mir dachte, das die Grafik schlecht ist.
Es wird immer uralt Adventures geben und wenn die kein Remake kriegen, können sie unmöglich aussehen, wie neue Spiele oder Wimmelbildspiele.
Wimmebildspiele haben eine schöne grafische Grafik ja, müssen sie auch haben weil sie sonst nix außer Wimmelbild Rätseln dem Spieler geben, und die Story bei weitem nicht so stark ausgeprägt ist wie Adventures.
Aber wer weiß vielleicht gibts ja mal ein Adventure mit Wimmelbildfaktor man weiß ja nie. :wink:

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 24.03.2018, 09:44
von Vainamoinen
Werner1612 hat geschrieben: 23.03.2018, 00:42Warum funktioniert nicht nette Grafik mit guter Story?
Gibt's doch. Nur eben bei weitem nicht so oft, wie man sich das wünschen würde.

Ich werfe einfach mal die Theorie in den Raum, dass es daran liegt, wer aus welchen Gründen Spiele macht. Behauptung ist, dass man nicht so einfach beschließt, Point&Click-Adventures zu machen, ohne für das Genre eine besondere Liebe zu empfinden. Da muss also jemand am Ruder stehen, der die Erwägungen des Marketings und der Profitabilität zumindest nicht auf Platz Eins stellt. Und derjenige steht dann meist ohne Budget da, und eben auch ohne Künstler und Designer, und möchte trotzdem irgendwie irgendwas aus dem Boden stampfen. Anders beim Wimmelbild. Über Mobile verkaufen sich die Dinger wie blöd. Hallo, hier CEO, hier Budget, hallo Künstler, dann mach mal, danke, eine Million verkauft, bitte gleich nochmal.

Eine weitere Problematik bei den Point&Clicks ist natürlich, dass an die Bildkomposition ganz andere Anforderungen gestellt werden. Schon der Name "Wimmelbild" weist ja ganz elementare klassische Kompositionsprinzipien zurück. Übersichtlichkeit, Blickführung, Storytelling, darum macht sich der Wimmelbildkünstler ja keine Gedanken. Er muss sich um die Platzierung, Bewegung und Sichtbarkeit eines Protagonisten in seinem Bild keine Gedanken machen. Der wirklich einzige Fokus beim Wimmelbild ist es, den Bildschirm mit schönen Dingen vollzuklatschen, und das geht doch eine ganze Ecke einfacher.

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 25.03.2018, 00:50
von Werner1612
Vainamoinen hat geschrieben: 24.03.2018, 09:44
Werner1612 hat geschrieben: 23.03.2018, 00:42Warum funktioniert nicht nette Grafik mit guter Story?
Gibt's doch. Nur eben bei weitem nicht so oft, wie man sich das wünschen würde.

Ich werfe einfach mal die Theorie in den Raum, dass es daran liegt, wer aus welchen Gründen Spiele macht. Behauptung ist, dass man nicht so einfach beschließt, Point&Click-Adventures zu machen, ohne für das Genre eine besondere Liebe zu empfinden. Da muss also jemand am Ruder stehen, der die Erwägungen des Marketings und der Profitabilität zumindest nicht auf Platz Eins stellt. Und derjenige steht dann meist ohne Budget da, und eben auch ohne Künstler und Designer, und möchte trotzdem irgendwie irgendwas aus dem Boden stampfen. Anders beim Wimmelbild. Über Mobile verkaufen sich die Dinger wie blöd. Hallo, hier CEO, hier Budget, hallo Künstler, dann mach mal, danke, eine Million verkauft, bitte gleich nochmal.

Eine weitere Problematik bei den Point&Clicks ist natürlich, dass an die Bildkomposition ganz andere Anforderungen gestellt werden. Schon der Name "Wimmelbild" weist ja ganz elementare klassische Kompositionsprinzipien zurück. Übersichtlichkeit, Blickführung, Storytelling, darum macht sich der Wimmelbildkünstler ja keine Gedanken. Er muss sich um die Platzierung, Bewegung und Sichtbarkeit eines Protagonisten in seinem Bild keine Gedanken machen. Der wirklich einzige Fokus beim Wimmelbild ist es, den Bildschirm mit schönen Dingen vollzuklatschen, und das geht doch eine ganze Ecke einfacher.
Hmmm... ja, das ist sicher richtig, aber es hat doch auch schon Adventures gegeben, die stilistisch sehr gut waren, z. B "Syberia" , TWW, oder TBoUT. Und die haben sich sicher gut verkauft. Also was würde eine gute grafische Verquickung mit gutem Storrytelling unmöglich machen? Da könnten doch alle davon profitieren. Man müsste halt nur mal über den Schatten springen. Solange es keiner versucht, verändert sich auch nichts, genau wie mein Eintreten für OPW-Adventures. Angeblich über Moder zu Gothic schon im Ansatz umgesetzt. LG Werner1612

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 25.03.2018, 09:29
von z10
Ich glaube nicht, dass die Entwickler absichtlich hässliche Spiele machen, wenn es nicht gerade Stilmittel ist. Es hat auch niemand gesagt, dass es unmöglich ist. Es wurden jedoch Gründe geliefert, warum die vorhandenen Budgets für die Spiele das oft nicht erlauben.

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 25.03.2018, 10:10
von mudge
Hmh, zumal auch die "körpereigene Wahrnehmung" (going to be trademarked!)
da eine Rolle spielt: Was ist ein Spiel/Adventure mit guter Graphic? *Ist* das wichtig?

Ich tänzlte ziemlich lange Zeit um "The Cat Lady" herum, was mich als mutmaßliches
Indi-Adventure graphisch nicht sonderlich ansprach - wie falsch ich lag.. Faszinatorisch
toppt es (auch wieder, sicherheitshalber, "für mich) ein 3,3 Mio. (Etat) game.

Ich liebte auch damals Pirates und Maniac Mansion.

Wenn jmd. mit Herz, Seele, Verstand ein Spiel schmiedet - dann riechen/bemerken wir das auch.
Wir = alle "alten Hasen/Häsinnen", die entsprechend mit Adventures in Kindheit/Jugend aufgewachsen sind
(sorry für Pauschalisierung, mag ich hier da ebenso Teil davon anbringen)

Mag jmd. nur Geld, hat tolle Graphicians, dann wird es *hier* bemerkt.
(unter anderem ein Grund warum es mir hier so gut gefällt)

Wer da leidenschaftlich dahinter steht, etwas gutes kreiert, um den Spielern/Spielerinnen ein
fasziniertes Lächeln in junggebliebene Adventure-Bespiel-Herz zu schmieden, soll und wird nicht scheitern.

Edith raunt rum: Wg. der "Drawn" Erwähnung *muss* (na.. *mag*) ich dann abba auch die für mich
fesselnde "Ravenhearst" Reihe (u.a. mit Adventure-Elementen u. fordernden Rätseln) einbringen.
Da gab es noch mehr, doch wenn ich die aus dem Stehgreif neben Drawn nachgucken müsste,
hat das sicher auch einen Sinn, sie hier nicht zu erwähnen..

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 25.03.2018, 16:40
von Kikimora
Die Zielgruppe und damit Käufergruppe von Casual-Wimmelbildspielen dürfte deutlich größer sein als die von Adventures. Ein Spiel wie BOUT hat mehrere Jahre Entwicklungszeit gekostet - ein finanzielles Risiko, was bei einem Nischenspiel wie einem Adventure doch kaum ein Entwicklerstudio sich mehr leisten kann. Dass ein Adventure, in das soviel Zeit und Geld geflossen ist, am Ende schöner aussieht als eines, an dem die Entwickler aus finanziellen Gründen nur drei bis sechs Monate arbeiten konnten, ist dann überhaupt kein Wunder. Da können die Entwickler/Grafiker noch so leidenschaftlich dran gearbeitet haben - gibt man ihnen nicht die nötige Zeit, wird das eben nicht konkurrenzfähig.

Mit einem "The Cat Lady" ist das wohl auch schwer vergleichbar, da so ein Spiel eine noch kleinere Zielgruppe ansprechen dürfte - und wenn es noch so "faszinierend" ist für Spieler, die die visuelle Hürde und die ersten Spielminuten erstmal überwunden haben. Ich fand das Spiel inhaltlich auch großartig, würde es aber eben nicht jedem empfehlen, schon gar nicht jemandem, der nach visuell ansprechenden Spielen sucht. Aber BOUT wiederum hab ich nur angespielt, weil ich den Humor und die Charaktere einfach nur unsympathisch fand.

Daedalic hat da mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nach Edna bricht aus schon gute (visuell bessere) Spiele abgeliefert, auch wenn sowas wie Deponia auch wieder nicht jeden inhaltlich begeistern kann. Aber egal wie gut ein Spiel sich am Ende verkauft - bis zum Release muss das Studio eben erstmal finanziell über die Runden kommen. Das hat mit "über den eigenen Schatten springen" oder "nicht wollen" wenig zu tun.

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 25.03.2018, 17:49
von Uncoolman
Nebenbei angemerkt: das pseudorealistische Gemäldefeeling von Wimmelspielen muss auch nicht automatisch "schön" sein. Manchmal hat es etwas Kitschiges, das man zuhauf bei Kaufhaus-Fließband-Ölbildern findet. Gerade auch das Experiment in Stil und Reduktion kann ungemein ästhetisch sein, z.B. die Verwendung von nur schwarzweißer Grafik oder Aquarell oder Scherenschnitt-Technik.
Dadurch, dass buntes Rendering und 3D heute bezahlbar und für jeden Gerademalso-Künstler zugänglich ist, mag der Großteil der Spiele vielleicht nett anzuschauen sein, ist aber auch austauschbar und manchmal phantasielos. Ein unübliches und dadurch gewagtes Design würde mir mehr gefallen, als die zwanghaft auf Realismus getrimmten Computermännchen. Wie schon erwähnt wurde: wenn die Grafik und die Story eine Idee durchblitzen lassen, muss es kein Gemälde des 19. Jahrhunderts sein, sondern darf auch impress- oder expressionistisch, sogar naiv rüberkommen.

Re: Adventures graphisch so schön wie Wimmelspiele

Verfasst: 25.03.2018, 22:21
von neon
Das versuchen ja viele Indies, teilweise auch mit Erfolg. Da bin ich auf deiner Seite. Ich mag auch grafische Stile, die ein bisschen aus der Masse hervorstechen. Insgesamt muss es stimmig sein, aber ich bin auch ein Freund davon, zu experimentieren.